Gedenken an Homosexuelle im NS und an jüdische Schülerinnen in Nürnberg

In Kürze werden zwei neue Gedenk-Orte in Nürnberg entstehen: ein Mahnmal soll an die unter den Nazis verfolgten Homosexuellen erinnern. Mit einem Kunstwerk im Stadtteil Gostenhof wird außerdem dem Schicksal der Schülerinnen einer jüdischen Mädchenschule gedacht. Außerdem sprachen wir mit dem Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg, Arno Hamburger, über Antisemitismus im heutigen Nürnberg.

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Dr. Isaak Bacharach – Nürnberg

Als Mathematiker war er unter seinesgleichen weltweit anerkannt, als Hochschullehrer war er beliebt und angesehen. Dennoch wurde Dr. Isaak Bacharach im Alter von 87 Jahren Opfer des NS-Terrors und nach Theresienstadt deportiert. Die Historikerin und Politologin Susanne Rieger bewahrt die Geschichte des Wissenschaftlers Bacharach vor dem Vergessen.

Ein Beitrag von Tobias Lindemann (Radio Z)

Hörstolperstein Dr. Isaak Bacharach

Simon Margulies – Nürnberg

Bereits im Oktober 1938 verloren über 17.000 in Deutschland lebende Jüdinnen und Juden ihre Existenz. Das NS-Regime hatte per Erlass beschlossen, alle polnischen Jüdinnen und Juden nach Polen auszuweisen. Viele von ihnen verstanden sich als Deutsche, doch die Gesetzgebung in Deutschland hatte es ihnen nicht gestattet, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Dem aus Galizien stammenden Nürnberger Geschäftsmann Simon Margulies blieb aufgrund einer Behinderung die Deportation 1938 erspart – dennoch konnte er der Tötungsmaschine der Nazis und ihrer „Endlösung der Judenfrage“ nicht entkommen.

Ein Beitrag von Tobias Lindemann (Radio Z)

Hörstolperstein Simon Margulies

Rudolf Benario – Fürth

„Jäh erlosch das Leben unseres geliebten Sohnes, Bruders und Bräutigams, des Herrn Doktor Rudolf Benario im Alter von 24 Jahren“, heißt es in Rudolf Benarios Todesanzeige vom 18. April 1933. Der Syntax der Todesanzeige verfälscht jedoch die Umstände, die tatsächlich zu Rudolf Benarios Tod geführt haben. Denn sein Leben erlosch nicht einfach so – es wurde ausgelöscht. Rudolf Benario wurde am Abend des 12. April vom SS-Kompanieführer Hans Steinbrenner, dem SS-Sturmführer Robert Erpsenmüller und den SS-Männern Hans Brunner und Max Schmidt im Konzentrationslager Dachau ermordet. Er war Jude und Kommunist. Auch deshalb gehörte Benario wahrscheinlich zu den Ersten, die in einem Konzentrationslager umgebracht wurden.

Ein Beitrag von Danny Schmidt (Radio Z).

Hörstolperstein Rudolf Benario

Karl Lehrburger – Nürnberg

Er war Jude und Kommunist – was ihn für die Nazis zum doppelten Feind machte. „Korle“ (so sein Spitzname aus der Jugendbewegung) war Leiter der KPD im Arbeiterbezirk Gostenhof und arbeitete im väterlichen Betrieb, einem Postkartengroßhandel. Am 25. Mai 1933 wurde Karl Lehrburger durch den SS-Offizier Hans Steinbrenner im KZ Dachau ermordet.

Ein Beitrag von Marco Schrage (Radio Z).

Hörstolperstein Karl Lehrburger

Stadt als Gedenk-Raum – von Stolpersteinen und anderen Orten des Erinnerns

Die Geschichte von Orten sichtbar und erfahrbar machen – das ist die Absicht dreier Projekte in Nürnberg, die in dieser Sendung vorgestellt werden. Neben den Stolpersteinen, die unserem Radioprojekt „Hörstolpersteine“ den Namen gaben, sind wir als ZuhörerInnen bei zwei Stadtrundgängen dabei. Es geht um das Gedenken an die Deportationen Nürnberger Jüdinnen und Juden vor 70 Jahren und um Orte des Erinnerns an NS-Greueltaten, aber auch an antifaschistischen Widerstand.

Johanna und Adolf Lehmann – Hersbruck bei Nürnberg

Adolf und Johanna Lehmann waren noch Kinder, als sie Opfer des nationalsozialistischen Völkermords an den Sinti und Roma wurden. Die beiden Kinder lebten mit ihren Eltern in Hersbruck bei Nürnberg. 1943 wurde die ganze Familie in das „Zigeunerlager“ nach Auschwitz deportiert. Dort wurden bald nach der Ankunft der achtjährige Adolf und  im Juli 1944 die dreijährige Johanna ermordet. Die Eltern überlebten. Rosa Lehmann berichtete Jahrzehnte später über das Schicksal ihrer beiden Kinder und ihre traumatischen Erlebnisse in der NS-Zeit.

Ein Beitrag von Michaela Baetz (Radio Z).

Hörstolperstein Johanna und Adolf Lehmann

Meta Schwarz – Nürnberg

Meta Schwarz wurde im Krankenhaus Fürth ermordet. Sie starb an einem Nierenleiden – die Ärzte und Schwestern hatten ihr die nötigen Medikamente vorenthalten, weil sie Jüdin war. Ihr Mann Ludwig starb 1937 angeblich wegen eines Schlaganfalls. 53 Jahre später stellte sich heraus, dass er von einer NS-Schlägerbande getötet wurde. Aufgezeichnet haben die Geschichte von Meta Schwarz und ihrem Mann der gemeinsame Sohn Meir Schwarz und die Historikerin Gisela Naomi Blume.

Ein Beitrag von Tobias Lindemann (Radio Z).

Hörstolperstein Meta Schwarz

Hella Kolb – Nürnberg

Hella Kolb wurde im Alter von 20 Jahren im Konzentrationslager Izbica getötet. Ihre Kindheit und Jugend steht exemplarisch für das Aufwachsen eines jüdischen Mädchens während des Nationalsozialismus. Die Geschehnisse an ihrer Schule, dem Mädchenlyzeum Findelgasse-Frauentorgraben, werfen ein Licht auf die Gleichschaltung des Schulwesens in der NS-Zeit.

Ein Beitrag von Tobias Lindemann (Radio Z).

Hörstolperstein Hella Kolb