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Straßenhunde, Elend oder Freiheit

Mit dem Begriff „Straßenhunde“ verbinden wir sehr unterschiedliche Bilder. Einerseits denken wir an die Freiheit und Unabhängigkeit der Straße, Sozialromantik irgendwie, andererseits tauchen vor unserem inneren Auge Bilder unendlicher Grausamkeit und schlimmster Zustände auf. Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen diesen beiden Extremen.

 

Eigene Erfahrungen statt Propaganda

 

Sendungsmacherin Karin Immler, lässt 2 Menschen zu Wort kommen, die tatsächlich aus eigenem Erleben von den Straßenhunden berichten können. Sandra Pfaffinger ist Hundetrainerin aus Österreich und lebt seit 3 Jahren in Snagov, Rumänien. Dort betreibt sie die erste und einzige positiv arbeitende Hundeschule „natürlich mit Hund“ in der Umgebung von Bukarest. Außerdem engagiert sie sich für das SPEP – Stray Prevention and Education Program und betreibt unermüdlich Propaganda für Kastrationsprogramme.

Warum ist für Kastrationen im Ursprungsland spenden soviel „unsexier“ als aus Tötungen „retten“?  Sandra Pfaffinger

nach der Kastration werden die Hunde zurück in ihr Revier gebracht, wo sie von den Kumpels schon erwartet werden.

Die Hundetrainerin, die auch immer wieder Straßenhunde zu sichnimmt und verbildlich vermittelt, hat eine interessante Rechnung aufgestellt, wieviele Kastrationen mit dem Geld vorgenommen werden könnten, das der Betrieb eines Shelters im Jahr kostet. Eine beeindruckende Bilanz, die noch mehr verdeutlicht, wie wichtig Kastrationsevents, wie sie genannt werden, vor Ort sind.

Dabei geht es nicht nur darum, Hunde zu kastrieren, die tatsächlich ohne menschliche Fürsorge leben, sondern vor allem auch Hunde, die zu Menschen gehören, denen die Vorteile von Kastration zu wenig  bekannt sind bzw. die sich diese für ihre Hunde nicht leisten können.

 

Sind Straßenhunde gefährlich?

 

Bardhi Murati, seines Zeichens Dipl. Hundepsychologe & Verhaltensberater von der Hundeschule couragiert reist immer wieder nach Makedonien, unter anderem um die dortigen Straßenhundpopulationen zu beobachten. Für den Hunderundeblog hat er über die Gefährlichkeit von Straßenhunden geschrieben:

 

Gefährlichkeit von Straßenhunden in Menschenobhut

Bardhi Murati c)MuratiOb ein Tier sozialverträglich ist, hängt von vielen Faktoren ab. Erfahrungen, vorgeburtliche, züchterische und genetische Einflüsse sind maßgeblich daran beteiligt, wie sozialverträglich ein Individuum gegenüber Tieren oder Menschen ist. Kommunikation und soziale Kompetenzen müssen erlernt werden. Wir Menschen beeinflussen, zusätzlich zu den vorhin genannten Bereichen wie vorgeburtliche Einflüsse und Co., wie sozialverträglich unser Tier wird. Hunde relativ isoliert zu halten, oder aber schlecht geführte Welpenschulen können dazu beitragen, dass negative Erfahrungen gesammelt werden. Die Frage die sich hieraus ergibt ist jedoch, wer sich bei den Straßenhunden um genau dieses Thema kümmert. In der Regel sind es die Hunde selbst. Ein unverträglicher Hund wird lernen, dass es keinen Sinn macht sich ständig unbeliebt zu machen – denn es kann und wird Konsequenzen geben. Doch keinesfalls darf als Appell gesehen werden, alle Hunde von der Leine zu nehmen. Schließlich gibt es genügend „Die machen sich das schon aus“-Befürworter. Das klappt bei unseren Haushunden nicht so einfach. Straßenhunde sind ständig der Situation Straße ausgesetzt und kennen die Regeln und Gepflogenheiten. Doch auch hier darf nichts pauschalisiert werden. Schließlich leben Straßenhunde häufig in Großstädten und haben nicht selten sehr viel mit dem Menschen zu tun. Genauso wie Hunde, die von einem Menschen ausgesetzt wurden, auch andere frühkindliche Erfahrungen gemacht haben als jene, die auf der Straße groß geworden sind. Beeinflussungen durch den Menschen sind also niemals auszuschließen. Ob das eher Nach– oder Vorteile bringt, ist von Tier zu Tier unterschiedlich.

Doch nun zur eigentlichen Frage – der Gefährlichkeit.

Häufig kommt von Tierschutzorganisationen das Argument, dass ein Hund aufgrund seiner Straßenhund-Erfahrung besonders sozialverträglich ist. Auch ich bin dieser Meinung, doch mit einem wichtigen Hinweis: Ja, sind sie, sofern die Hunde auch da bleiben, wo sie sind – und zwar in ihrer gewohnten Umgebung. Nur weil ein Hund auf der Straße keinerlei Probleme innerhalb einer Hundegruppe hat heißt das nicht automatisch, dass alle Hunde toleriert werden. Hier ergibt sich schon die erste Gefahr: ein als sozialverträglich angepriesener Hund kann plötzlich, angekommen beim Menschen, nicht mehr so sozialverträglich sein wie geworben.

 

Andere Hunde zu kennen oder Sozialkontakte zu pflegen heißt nicht zwangsläufig sich zu lieben, um es vermenschlicht auszudrücken. So romantisch diese Vorstellung auch sein mag! Zum Sozialverhalten gehören auch Komponenten wie Aggressionsverhalten und Flucht. Auch die plötzliche Bewegungseinschränkung in einem Zwinger oder beim Menschen in einem Haushalt kann dazu führen, dass Verhaltensauffälligkeiten und Probleme entstehen. Es kann mitunter lange dauern, bis ein solcher Hund wirklich beim Menschen angekommen ist. Von Verhaltensstörungen bis hinzu generalisierten Angststörungen kann alles mit dabei sein. Genauso so gut kommt es aber vor, dass sie schnell zu unkomplizierten Wegbegleitern werden. Und das bei Straßenhunden zu beantworten ist nicht einfach. Sie gleichen häufig einem Überaschungsei, so wie viele Hunde aus dem Tierschutz. (Bardhi Murati)

 

Servicebox:

Sandra Pfaffinger
Hundetrainerin nach Animal Learn
Hundeschule natürlich mit Hund
Facebook
SPEP – Stray Prevention and Education Programm

Bardi Murati
Tierschutzqualifizierter Hundetrainer (Vetmeduni Vienna)
Hundetrainer der Volkshilfe Wien („A G’spia für’s Tier“)
Therapiehunde-Ausbildner (Sozial Medizinischer Dienst)
Hundeschule couragiert
Facebook

Lesetipps:

Hunde: Neue Erkenntnisse über Herkunft, Verhalten und Evolution der Kaniden , Ray & Lorna Coppinger
Streuner! Straßenhunde in Europa, Stefan Kirchhoff

https://canisindipendicus.blog/2017/08/11/im-sinne-des-tierschutzes-weil-wissen-hilft-nicht-mitleid/

 

Hier geht’s zur aktuellen Sendung

Musik:

Hansen Band – Junger Hund
Flatt & Scruggs – Old Salty Dog Blues
Tracy Chapman – Hound Dog. a Tribute to Buddy Guy

Sendung anhören:

Live auf der Radiofabrik 107,5 oder per APP immer am 2. Mittwoch im Monat um 12:08 Uhr und am 2. Donnerstag im Monat um 19:08 Uhr. Nachhören ebenfalls über die Radiofabrik, über den Hunderunde Blog oder direkt über das Archiv .

Feedback und Kontakt: Karin Immler,  www.knowwau.com

 

 

Tun wir unseren Hunden gut?

Tun wir unseren Hunden gut?

So gut, wie sie uns tun?

Bevor ein Hund ins Haus kommt, wird oft lang und intensiv überlegt, ob der Hund den oder dem Menschen gut tun wird. Ich wage zu bezweifeln, dass auch nicht annähernd so oft darüber nachgedacht wird, ob man selbst dem Hund gut tun wird.

Katrin Bargheer setzt in ihrer Tätigkeit als Hundetrainerin ihre Lebensphilosphie um „Aufrichtig authentisch!“ Sie sieht die Menschen deutlich in der Pflicht, sich über die Bedürfnisse ihrer vierbeinigen Gefährten zu informieren und sich mit ihrem  Kommunikationssystem auseinanderzusetzen.

„Oft interpretieren wir Hunde falsch und werden so eher zur Last als zur Lust für den Hund“

Völlig unterschätzt wird ihrer Meinung nach das Schlaf- und Ruhebedürfnis der Hunde, die es ganz schön schwer haben, unseren dicht getakteten Alltag mitzumachen.

Katrin Bargheer ist ursprünglich Pharmazeutisch technische Assistentin, wo sie in der Beratung ihrer Kunden das Hauptaugenmerk auf auf die ganzheitliche Betrachtung einer Krankheit legt.  Als Hundetrainerin und Verhaltensberaterin für Mensch und Hund liegt ihr Schwerpunkt auf Stressreduktion und Traumalösung. Zu ihrem Haushalt gehören 2 große Kinder, 3 Hunde und 4 Katzen.

Eines ihrer Projekte ist der Schnüffelgarten, über den Sie ein paar Zeilen für unsere HörerInnen geschrieben hat. Schnüffelgarten, Katrin Bargheer 2017. Wenn Sie in der Nähe zuhause sind, dann sollten Sie dort unbedingt einmal vorbeischauen.

Straßenhunde sind sowieso arm!?

Straßenhund c) Murati
Straßenhund c) Murati

Bardhi Murati ist seit 2014 selbstständiger Hundetrainer und Autor von zahlreichen Fachartikeln. Er trägt das staatliche Gütesiegel „Tierschutzqualifizierter Hundetrainer“, studierte Hundepsychologie sowie Hundewissenschaften und ist seit 2017 an der Veterinärmedizinischen Universität Wien für das Studium der „angewandten Kynologie“ eingeschrieben. Neben seiner Hundeschule COURAGIERT ist er Hundetrainer für die Volkshilfe Wien und arbeitet außer mit Hunden auch professionell mit Hühnern, Lauf- und Pekingenten. Neben seinen eigenen Hunden, einem Weißen Schweizer Schäferhund und einer Tervuerenhündin, gehört sein Herz den Straßenhunden in Makedonien.

Sie zu beobachten ohne zu intervenieren oder zu stören, ermöglicht  ihm viele Erkenntnisse über die soziale Kompetenz von Hunden. Das gänzlich andere Verständnis von Hundehaltung in Makedonien bedingt auch einen gänzlich anderen Umgang mit den Tieren. Dennoch sind die gewonnenen Erkenntnisse auch für unsere Herangehensweise von Interesse, wie Bardhi Murati ausführt.

Ein Hundeleben in Makedonien  ist – zumindest auf dem Land – gänzlich anders, als eines in Wien, Dortmund oder Brüssel. Die Hunde, die tatsächlich beim (nicht im) Haus leben, sind vielfach Kettenhunde. Große, kräftige Hunde, die Respekt einflößen, tief und drohend bellen und – gewollt – aggressiv sind. Auch die anderen, die auf der Straße leben, in kleinen Gruppen, sind durchaus gut genährt. Auffallend ist die soziale Kompetenz dieser Hunde, die an Konflikten nicht interessiert sind und im Allgemeinen gut miteinander auskommen.

Servicebox

Katrin Bargheer
Hunde-Institut
Facebook Schnüffelgarten
Publikationen: Mein Herz bellt

Bardhi Murati
Hundeschule couragiert
Facebook
Publikationen: YourDog Hundemagazin

Lesefutter

Turid Rugaas, Calming Signals
Kurt Kotrschall, Hund und Mensch, Einfach beste Freunde
Gudrun Braun, Yvonne Adler, Mensch und Hund, ein starkes Team
Patricia McConell, Liebst du mich auch? Die Gefühlswelt bei Mensch und Hund
Karin Immler, Zweierlei Hundeleute

Sendung anhören

Live auf der Radiofabrik 107,5 oder per APP immer am 2. Mittwoch im Monat um 12:08 Uhr und am 2. Donnerstag im Monat um 19:08 Uhr. Nachhören ebenfalls über die Radiofabrik, über den Hunderunde Blog oder direkt über das Archiv https://cba.fro.at/series/hunderunde.

Feedback und Kontakt: Karin Immler,  www.knowwau.com

 

Hundewissen zum Hören im Hundepodcast von know wau.