Weiterjandln

Artarium am Sonntag, 9. November um 17:06 Uhr“Weiterjandln” So hieß das Geburtstagsfest, das die Salzburger Autor*innengruppe dem Sprachjongleur und Hintersinneinträufler Ernst Jandl unlängst ausgerichtet hat. Schon in unserer letzten Perlentauchersendung “komm mops komm” haben wir das Weiterleben seiner Denk- und Sprechwelt in vielen verschiedenen heutigen Ausdrucksweisen aufgezeigt. Und diesmal setzen wir noch einmal eins drauf, und zwar “ein Pasticcio” (eine Radiokunst, zusammengefügt aus Werken unterschiedlichster Herkunft, in denen wir die Einflüsse – Bezugnahmen wie Weiterentwicklungen – von Ernst Jandls genialen Schöpfungen wiederentdecken). Denn auch wenn ihr Hervorbringer nicht mehr unter uns weilt, so zeugt und gebiert doch sein lyrischer Kosmos immerfort neue Nachkommen …

Weiterjandln“Weiterjandln” bedeutet eben nicht nur, seine Sprechgedichte von jetzt lebenden Menschen immer wieder neu vorgetragen und interpretiert zu hörenaber halt schon auch! “Weiterjandln” kann genausogut im aufmerksamen Wahrnehmen von aktuellen Songtexten vorkommen … als signifikante Beispiele seien dazu etwa “Papageier Playa” von Viberqueen oder “Volxliedgut” von Jazzkantine angeführt und herzhaft zum Genuss empfohlen … oder im eingehenden “sich als Autor*in auf ihn und sein Werk einlassen” und sodann eine daraus entstehende Antwort hervorzubringen, sie wiederum mit anderen zu teilen, anderen mit-zu-teilen, derart in einen jetztheutigen Dialog mit anderen, gerade jetzt in der Gegenwart des verstorbenen Anstoßgebers wie in der Gegenwart der lebenden Anwesenden da seienden Menschen zu treten, was immer dabei dann heraus kommt … Hier das Programm des Geburtstagsfests.

“Weiterjandln” kann sich darüber hinaus als eine Spurensuche in Sprachwelten, in geschriebenen wie gesprochenen Texten oder auch ganz einfach in (mit)erlebten Gesprächen und Erzählungen bemerkbar machen. Wer es auch nur einmal “jandln” gehört hat, wird immerfort dafür empfänglich bleiben. Und je öfter man selbst “jandlt”, desto eher entdeckt man auch bei anderen diese typischen geradezu “jandlesken” oder “jandloiden” Sprachfiguren, Umschöpfungen, Zerdrehungen … ganz ähnlich wie beim Reime schütteln (Schüttelreimen) … aus Rückgabe wird schnell Gackrübe.

Erstaunt war ich, als ich diesen Effekt auf einem Video des Klangkünstlers Gerald Fiebig bemerkte. Seine im Jazzclub Augsburg zusammen mit einer genialen Band live improvisierte Spoken-Poetry-Performace (hier die Videoaufzeichnung davon) atmet geradezu die Sprachwelt, die Ernst Jandl zu seinen Lebzeiten umgab und aus der heraus er wiederum seine eigenen Experimente schuf, bis hin zur Livesession mit Jazzmusikern – die Beatpoetry lässt doch immer wieder grüßen. Und ich nehme all diese Anregungen zum Anlass, mit eigenen Ausführungen darauf zu antworten.

 

Sämtliche Sendungen mit Beteiligung von Gerald Fiebigaus dem Archiv.

 

Der persönlich-politische Gedichtband “Gegenstandslos” von SAG-Obmann        Christopher Schmall kann inzwischen bei edition fabrik.transit bestellt werden.

 

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