Um meiner stetigen Entwicklung hin zum Paradenuschler und Artikulationsfaultier etwas gegenzusteuern, habe ich letztes Wochenende am Radiofabrikworkshop „Stimme und sprechen“ teilgenommen. Habe dabei auf unterhaltsame und abwechslungsreiche Weise viele gute Tipps bekommen und hoffe einiges davon umsetzen zu können. Mein spezielles Kompliment an Workshop-Leiterin Dorit Ehlers.
Gleichzeitig hat mich die Beschäftigung mit dem Thema „Stimme und sprechen“ wieder ganz massiv auf eine besondere Unzulänglichkeit meiner Sendung „Radio Lebenshilfe“ hingestoßen. Diese Sendung – Untertitel: Menschen mit Behinderung am Wort – soll Menschen mit geistiger Beeinträchtigung die Möglichkeit geben, vor einer größeren Zahl von Zuhörern über ihren Alltag und ihre Probleme zu sprechen. Meine Gäste sind meist Klienten der Lebenshilfe Salzburg, die diese Möglichkeit sehr gerne nutzen. Es gibt in der Lebenshilfe aber sehr viele Klienten, deren Behinderung zu schwer ist, um sich mit sprachlichen Mitteln ausdrücken zu können.
Da hilft kein Workshop und keine Logopädie. Auf diese Menschen wird leicht vergessen, auch in Radio Lebenshilfe kommen sie bisher nur am Rande vor.
Radio Lebenshilfe vermittelt vielleicht ein falsches – zu optimistisches – Bild von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, weil hier in erster Linie diejenigen, die sich artikulieren können, zum Zug kommen. Andererseits wäre es unfair und dumm, ihnen diese Möglichkeit nur deswegen zu nehmen, weil andere sie nicht nutzen können. Ich sollte also einen Weg finden, auch die anderen irgendwie ins Bild zu bringen. (Man entschuldige die für eine Radiosendung schiefe Metapher, aber „ins Wort zu bringen“ klingt noch schlechter.) Ich habe mir fest vorgenommen, daran zu arbeiten. Porträts wären vielleicht eine Möglichkeit: Menschen mit Schwerstbehinderung und ihr Leben durch andere beschreiben zu lassen, durch Verwandte, Betreuer und Freunde. Ist sicher schwierig, dabei den richtigen Ton zu treffen, aber einen Versuch ist es wert. Vielleicht bietet die Radiofabrik ja einmal einen „Feingefühl-Workshop“ an. Den besuche ich sicher.
Michael Russ