Toleranz und so

Wer sehen will, wie man eine von Toleranz und gegenseitigem Verständnis geprägte Diskussion führt, dem seien folgende Seiten auf der Homepage von „Bizeps“ empfohlen.
http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=10632 (Teil 1)
http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=10656 (Teil 2)
Das von wegen Toleranz und so, ist natürlich ein Scherzchen von meiner Seite. Hier geht es ordentlich zur Sache. Die grüne Nationalratsabgeordnete Helene Jarmer hat in einem Zeitungsinterview festgehalten, dass sie schulische Integration nicht um jeden Preis verwirklicht sehen will. Mehr hat es nicht gebraucht. Die Befürworter von schulischer Inklusion und Integration sahen das teilweise sehr unlocker und teilweise ein bisschen dogmatisch. Natürlich muss das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderung gestärkt werden, aber dafür muss es auch Wahlmöglichkeiten geben und mit der Abschaffung der Sonderschulen zu Gunsten von integrativen Schulen, eliminiert man auch eine Wahlmöglichkeit. Aber so wie es momentan in Österreich ausschaut, werden wir die inklusiven Schulen erst fünf Minuten vor Beginn des allgemeinen Weltfriedens erreichen und das Ganze ist eine akademische Diskussion. Und in akademischen Diskussionen kann man Toleranz und gegenseitiges Verständnis ja bekanntlich einsparen.
Michael Russ

Besuch in Kainbach

Letzten Mittwoch habe ich mit drei Kollegen aus dem Lebenshilfevorstand das Johannes von Gott Pflegezentrum Kainbach der Barmherzigen Brüder in der Nähe von Graz besucht. In Kainbach werden an die 600 Menschen mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigungen betreut. Natürlich nicht in einem einzigen Gebäude, sondern auf einem riesigen Gelände, auf dem sogar Land- und Forstwirtschaft betrieben wird. Auch wenn man eine andere Philosophie vertritt – die Lebenshilfe betreibt kleine dezentralisierte übers ganze Bundesland verteilte Einheiten, muss man sich von Kainbach beeindruckt zeigen. Die Einrichtung gilt auch als Krankenanstalt, es ist immer zumindest ein Arzt anwesend. Die Betreuer in den Wohnbereichen sind PflegehelferInnen oder Krankenschwestern bzw. Krankenpfleger, die hausintern eine pädagogische Ausbildung erhalten. Daneben gibt es die unterschiedlichsten Therapieangebote, eine Schwimmhalle und einen Turnsaal.
Auf dem Gelände gibt es auch ein Beisl und ein kleines Geschäft, dass – besonders am Wochenende – auch von den Nachbarn gerne genutzt wird. Das Personal ist sehr freundlich, jeder grüßt, fast alle Klienten machen einen zufriedenen Eindruck. Man trifft in Kainbach auch Klienten, die früher bei der Lebenshilfe in Salzburg waren und meist wegen psychischer Probleme hier nicht mehr betreut werden konnten. Eine Reise von Salzburg nach Kainbach ist schon mit dem Auto eine lange Angelegenheit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es ein Unding, was den persönlichen Kontakt zwischen Klienten, die nach Kainbach kommen und ihren in Salzburg lebenden Verwandten sehr schwierig macht. In Salzburg mangelt es aus Kostengründen an entsprechenden Plätzen und das ist eigentlich ein Armutszeugnis. Hier ist dringend Abhilfe gefordert.
Michael Russ

Pension oder so

Am 1. Oktober war der internationale Seniorentag. Obwohl ich seit Juli die 5 vorne habe, altersmäßig meine ich, habe ich ihn nicht gefeiert. Aber nachdenken musste ich schon, nicht in meiner Funktion als auch schon bald Senior, sondern als Lebenshilfe-Vorstandsmitglied.
Nachdem die Nazis ganze Generationen von Menschen mit Behinderung umgebracht haben, gab es über Jahrzehnte nur wenige Senioren mit Behinderung in Österreich. Jetzt werden es mehr und das stellt uns vor einige Aufgaben. Lebenshilfeeinrichtungen müssen adaptiert werden, in Salzburg gibt es inzwischen zwei Wohnhäuser für ältere Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Das ist auch durchaus machbar, kann auf gute Weise gelöst werden.
Eine ganz andere Sache ist die Pensionsfrage. Klienten der verschiedenen Behinderteneinrichtungen erwerben keinen Pensionsanspruch, sie haben auch kein Gehalt, sondern nur ein Taschengeld, im Fall der Klienten der Lebenshilfe Salzburg sind das monatlich 80 bis 100 Euro. Das ist in den Landesgesetzen geregelt. Wirklich befriedigend ist das nicht.
Wenn die Krise vorbei, die Verwaltung reformiert ist und sonst einige Voraussetzungen erfüllt sind, kann man das ja vielleicht ändern. Klingt nicht realistisch, meint ihr, stimmt schon, aber ab und zu muss man sich auch für unrealistische Ziele einsetzen.
Michael Russ