Nachtrag zu B&H #68!
Schon 1955 hat der junge H.C. Artmann seine visionären und mutigen Gedanken in einem Gedicht festgehalten, damals hätten wir eine Chance gehabt dem ganzen Kriegsunfug eine Absage zu erteilen. Nein, Mut kommt in Österreich nur in dem Wort Mutter vor! Österreich frisst Brei!
Hier nun das Gedicht (Manifest):
wir protestieren mit allem nachdruck
gegen das makabre kasperltheater
welches bei wieder einführung einer
wie auch immer gearteten wehrmacht
auf österreichischem boden
zur aufführung gelangen würde…
wir alle haben noch genug
vom letzten mal –
diesmal sei es ohne uns!!
es ist eine bodenlose frechheit
eine unverschämtheit sondergleichen
zehn jahre hindurch
antimilitärische propaganda zu betreiben
scheinheilig schmutz und schund zu jaulen
zinnsoldaten und indianerfilme
(noch kleben die plakate …)
als unmoralisch zu deklarieren
um dann
im ersten luftzug einer sogenannt
endgültigen freiheit
die kaum schulentwachsene jugend
an die dreckflinten zu pressen!!
das ist atavismus !!!
das ist neanderthal !!!
das ist vorbereitung
zum legalisierten menschenfressertum !!!
wir rufen euch alle auf:
wehrt euch gegen diese barbarei!
lasst euch nicht durch radetzky-
deutschmeister und kaiserjägermarsch
aug und ohr auswischen …
pfeift auf den lorbeer
und laßt ihn den linsen!!!
denkt daran
welche ehre es für österreich
bedeuten würde
bliebe es wie bisher
der einzige staat der welt
der diese unsägliche trottelei
den anderen dümmeren überläßt !!
genau so wie sich der kannibalismus
der urmenschen und höhlenbewohner
überlebt hat
muss nun endlich auch die soldatenspielerei
der vergangenheit überantwortet werden !!
lasst uns die drei milliarden –
oder weißgott noch mehr –
die ein neues bundesheer verschlänge
für kultur und zivilisation verwenden !!
wozu diese schildbürgerintentionen
senilgewordener bürokratengehirne …??
ein österreich
das nach wiederbewaffnung schreit
ist mit dem quakfrosch zu vergleichen
der mit bruchband und dextropur versehen
einen antiken dragonersäbel erheben wollte…
(mai 1955)
Meine Lieblingszeile: „pfeift auf den lorbeer und laßt ihn den linsen“
Wer will kann sich das auch von Artmann selbst vorlesen lassen!
Die KollegInnen von „akin“ bzw. „Schallmooser Gespräche“ haben das auch schon zu Gehör gebracht!