Wir fordern Frühling!

Sendung: Artarium vom Sonntag, 25. MärzJetzt! Sofort! Augenblicklich!  Kalendarisch hätte der Frühling eigentlich schon angefangen, auch der Osterhase steht bereits erwartungsfroh vor der Tür – doch wir frieren immer noch an Leib und Seele, dass es nur so scheppert. Höchste Zeit also, einen lyrischen Kosmos gegen Kaltfront und Nachtfrust anzurühren! Einen inwendig warmen Polarluftschutz, aus dem heraus sich die Landschaft um uns wie durch Zauber verwandelt. Ein Wunder der Dichtung gegen die Tristesse der Vernunft. Ein Schlüsselblumenerlebnis gegen das sibirische Eisbärenballett. Lasset uns Frühling machen! Oder, wie ich es dem jüngst mit dem Günther-Anders-Preis für kritisches Denken ausgezeichneten Autor Dietmar Dath in den Mund schöbe: “Lasset uns davon berichten, wie es sein sollte!

Ursprung FrühlingEinmal in der Woche strahlt der Radiosender Ö1 eine Art Collage namens “Du holde Kunst” aus, in der eine Stunde lang Gedichte und instrumentale Musik zu hören sind. Diese Sendung wurde erstmals im Oktober 1945 vom ORF-Vorläufer “Rot-Weiß-Rot” produziert – und läuft seitdem ununterbrochen im öffentlich-rechtlichen Programm. Ihr ursprüngliches Ziel war, “dem vom Krieg und den unmittelbaren Nachkriegswirren zerrütteten Publikum die schönsten und edelsten Schöpfungen von Literatur und Musik nahe zu bringen” und “den Schmutz des Krieges aus den Herzen zu vertreiben.” Zudem sollte ihre “Lyrische Ästhetik eine Art Flucht aus dem harten Alltag vermitteln, aber auch die Sehnsucht nach einer lichteren und schöneren Welt zum Ausdruck bringen.” Ein Anliegen von bleibender Brisanz und – angesichts der Weltlage – auch von erschreckender Aktualität. Die dienstälteste ORF-Sendung erreicht nach wie vor (abgesehen von den Nachrichten) das meiste Zuhören und wurde sogar schon als Forschungsprojekt zur Lyrikvermittlung im Radio gewürdigt. So begegnen sich nun unsere Interessen, das Vermitteln von poetischer Schönheit als Gegenpol zum Weltwetter ist fürwahr auch in unserem Konzept ein roter Faden.

Allerdings erweitern wir, bei der Musikauswahl wie bei den Darstellungsformen, den engen bildungsbürgerlichen Kanon in ein experimentelleres Ambiente aus Pop, Jazz, Spokenword und Spontaneität. So feiert sich der totale Frühling, 73 Jahre nach dem Ende des II. Weltkriegs – und 20 Jahre nach dem Fall des Rundfunkmonopols

 

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Über artarium

Seit Herbst 07 "das etwas andere Kunnst-Biotop" in der Radiofabrik und seit Anfang 09 daselbst "im Schatten der Mozartkugel" als Artarium unterwegs. Immer auf der Suche nach neuen Gästen, Themen und Gestaltungsformen... Hochfrequenter Wortwetz- und Mundwerksmeister zwischen Live-Unmoderation und Poesie-Performance. Psychodelikate Audiocollagenkunst, stimmungsexzessive Hörweltendramaturgie, subversiver Seelenstriptease, unverzichtbares Urgewürz und... In diesem Unsinn zeig ich euch hier einen tieferen! Ab- und hintergründige Neu- und Nettigkeiten aus der wundersamen Welt des Artarium, seinen Gästinnen und Hörerichen. Kunnst mi eigntlich gern ham. So do mi - i di a! Bussal...