Artarium am Sonntag, 18. Mai um 17:06 Uhr – Ernst Jandl hat die Frage nach der Unterscheidbarkeit von Links und Rechts einmal mit folgendem Gedicht beantwortet: “manche meinen, rinks und lechts sind schwel zu velwechsern. werch ein illtum!” Und dem wäre nun auch wirklich nichts mehr hinzuzufügen, wenn die Frage nach Links und/oder Rechts sowie der ganze Wahnsinn (nicht nur der Sprache) sich nicht doch immer wieder aufdrängte und nach einem eigenen Standpunkt verlangte. Ich zum Beispiel habe vor Jahren, angespürs der mich umflutenden Verhältnisse, die ein von der Norm abweichendes Leben mit aller Gewalt zu verhindern trachten, jenes Gedicht in meine Situation übersetzt und quasi weiter gejandlt: “Verzweifelt blick ich rings und lechz – nur Angepasste links und rechts.” Sogar ein Schüttelreim, schau her …
Jetzt haben zwei wackere Streiter für das Gute, Wahre und Schöne (sand de Buam ned fesch?) aus der Radiofabrik zu Salzburg eine sehr unsalzburgische Veranstaltung an Land gezogen, und zwar “NORMAL – Eine Besichtigung des Wahns” von und mit Thomas Ebermann, Thorsten Mense und Flo Thamer. Und dankenswerter Weise gleich als szenische Lesung ins Literaturhaus gebracht, wo dieses satirisch und multimedial gesellschaftskritische Programm mit dem Untertitel “Ein Abend gegen Irrationalismus und instrumentelle Vernunft” am Donnerstag, 22. Mai um 19 Uhr stattfinden wird. Sowas dürfen wir uns nicht entgehen lassen, zumal die unglaublich dichte, dabei zugleich weise und witzige Machart des Vorgängerprogramms “Heimat – Eine Besichtigung des Grauens” nicht nur persönliche Erkenntnis (mit bewusstseinserweiternder Wucht) verspricht, sondern eben auch rings im Publikum alles andere als angepasste, gleichförmige, ignorante und sonstwie hässliche, abtörnende Menschen erwarten lässt. Rings … und Lechz!
Gestern hab ich mir die ganze zweieinhalbstündige Heimatveranstaltung reingetan. Im ersten Teil bin ich verdauungsbedingt kurz weggedöst, nur um dann kurz vor der Pause mitten in einer ungemein dichten Text- und Bildcollage beim Thema “Heimat ist ein zutiefst faschistischer Kampfbegriff” im wahrsten Wortsinn hochzuschrecken und meiner Nazifamiliengeschichte zwischen Heimatwerk und Heimatkunde wieder zu begegnen. Verstörend! Und wenn wir den Bogen zu “normal” spannen, landen wir bei Bedeutungen wie “der Vorschrift entsprechend” aber auch “geistig gesund” …