Innergebirg

Artarium am Sonntag, 12. Oktober um 17:06 Uhr“Innergebirg einmal anders”, könnte man so sagen, wenn einen die ab- und hintergründigen Geschichten von Thomas Mulitzers neuem Mundart-Album entgegenwehen. “Zehn Lieder aus der Schattseite der Heimat”, so heißt es in der Erscheinungs-Ankündigung auf seiner Homepage. Und das ist gewiss nicht untertrieben. Kunstvoll in der Schwebe gehaltene Ambivalenzen zwischen gefühlter Identität und schleichendem Erschrecken formen ein Gesamtereignis, das der tatsächlichen Wirklichkeit des Lebens und Erlebens erstaunlich nahe kommt. Dazu hat mit Sicherheit die feine Arbeit von Produzent Fabio Schurischuster von der Grazer Mischerei beigetragen, die das neue Solowerk in ein Klangbild einbettet, das ausgewogen zwischen Hoamat und International changiert.

Thomas Mulitzer - InnergebirgWir freuen uns ja erheblich daüber, dass wir dieses Heilmittel gegen die einseitige Heimattümelei pünktlich zu den verordneten Jubelfeiereien erhalten haben, die gemeinhin und gemeinerweise den Herbst zu einer patriotismusbesoffenen Jahreszeit verunstalten. Kaum sind wir einem immer noch lederhosendepperter werdenden Rupertikirtag mit seinen plumpen Fickdirndln entronnen, da dräut uns auch schon der Kärntner Landestrubel (10. Oktober) – dafür zum Ausgleich zwei Partisanen – und dann auch noch der sonderbare Nationalfeiertag am 26. Oktober, dem wir heuer zum Glück ebenfalls einen schönen Kontrapunkt aufsetzen können, nämlich mit einer Sendung zur Brecht-Inszenierung “Die heilige Johanna der Schlachthöfe” von und mit Cassandra Rühmling, auch im Hinblick auf Bertolt Brechts österreichische Staatsbürgerschaft, die er vor 75 Jahren erhielt. Da war aber bald Feuer im Karton und die Geschichte als ein Beispiel dafür, warum es in diesem Land so ist, wie es ist, sei hier nachgelesen. Es macht viel Arbeit, zu dem, was wir hier erleiden, Stellung zu beziehen – zudem auf eine Art und Weise damit umzugehen, die uns unsere Lebenslust und Freude nicht verdirbt

Da könnten wir beim Pongauer Poeten und seinem neuen Album “Innergebirg” nachfragen, wie das denn gehen soll, im speziellen Fall “die Heimat lieben”, dabei zugleich “hinter den schönen Schein der Fassaden und Klischees zu blicken”. Und wir könnten uns anschauen, wie das andere Vertreter der Kunstform kritische Heimatdichtung so mundhaben. Als ein besonders gutes Beispiel erscheint uns der Weiherer, zumal der ja auch in seiner Mundart singt und dabei oftmals scheinbare Gegensätze überbrückt, unter anderem den zwischen Hans Söllner und Fredl Fesl.

Bei dem Lied Fährmann” trifft er sich mit Thomas Mulitzer definitiv im Abgründigen. Im Pressetext zu dessen am 24. Oktober erscheinen wollenden Werk heißt es ja unter anderem: “Inspiriert von der Tradition der Murder Ballads verhandeln die Lieder lokale Geschichten, Mythen und unaufgeklärten Verbrechen – immer mit einem Blick für das, was Friedrich Achleitner das G’fäude nennt: das Verfaulte und Verfehlte, das ansonsten keine Beachtung erfährt, das aus dem Normalzustand herausreißt und eine unheimliche Dimension freilegt. Zwischen Wahrheit und Fiktion erzählt …”

 

Innergebirg einmal anders – so wie es ist.

 

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