OCBoddity 168 (26.07.2010)

Die 168. Ausgabe von OCBoddity räumt älteren Semestern in der Musikbranche Zeit ein, ihren derzeitigen Ansatz zu illustrieren: Prince auf der Suche nach 80er-Jahre-Sound, Sheryl Crow auf der Suche nach dem Blues, Sting auf der Suche nach Inspiration durch Philharmoinie, Peter Gabriel auf der Suche nach Stille, Paul Weller, der alles gefunden zu haben scheint, und Tom Petty, der nicht wirklich nach Neuem suchen muss! Die Schlaglichter dazu kommen von Jonsi, !!! und Interpol! OCBoddity168 – da ist für jeden `was dabei!

PLAYLIST
Jonsi, Animal Arithmetic
Prince, Compassion
!!!, Wannagain Wannagain
Paul Weller, Find The Torch Burn The Plans
Interpol, Barricade
Crowded House, Archer’s Arrow
Sheryl Crow, Our Love Is Fading
Sting, Next To You
Peter Gabriel, My Body Is A Cage
The Black Keys, Next Girl
Tom Petty & The Heartbreakers, Running Man’s Bible
Joe Henry, The Man I Keep Hid

Und wer’s hören will … klickt hier

OCB’s Radiofabrik-Album der Woche: “Exile On Main St.“ von The Rolling Stones

1972 war ein gutes Jahr für die Rockgeschichte. Die Depression des Beatles-Aus war überwunden, der Glam-Rock verkleisterte die Hitparaden mit schrillen Farben, The Grateful Dead eroberten Europa und die Zukunft des Genres konnte Newcomern à la David Bowie und Elton John überlassen werden. Einzig die Rolling Stones wollten sich noch nicht zu Grabe tragen lassen, wenngleich vieles für ihr Endes sprach: Von den englischen Steuerbehörden gejagt mussten sie das Land verlassen, mieteten sich an der Cote D’Azur in das heruntergekommene Schloss Nellcote – wo 30 Jahre davor die Gestapo hauste – ein. Dort fühlten sich alle so unwohl, dass Mick Jagger als Jungehemann lieber die Welt des Glamour suchte, Keith Richards seinen Kummer in steigendem Heroinkonsum tauchte und Bill Wyman Nellcote überhaupt bestmöglich mied. Zudem stand die Band nach der Trennung von Manager Allen Klein vor einer ungewissen Zukunft.
Doch das Chaos gebar einen Meilenstein der Rockgeschichte. „Exile On Main St.“ erblickte im Frühjahr 72 das Licht der Welt, trug ein grässliches Cover, bot keinen Hit, hatte als Doppelalbum schon den Makel der Überlänge aufgedruckt und wurde folglich von Kritik und Publikum nur sehr verhalten aufgenommen. Erst allmählich drang die aufregende Mischung aus Rock, Blues, R’n’B, Soul und Psychodelic zu ihren Hörern durch. Auf etlichen Aufnahmen sind die feuchten Keller von Nellcote – in den kaum ein ganzer Track aufgenommen werden konnte, weil kein Saiteninstrument die Stimmung über vier Minuten halten konnte – spürbar. Richards schlampige Gitarre wird von der Genialität Mick Taylors aufgefangen: so gut sollte das später nie wieder funktionieren. Nicky Hopkins (Piano), Bobby Keys (Sax) und Jim Price (Trompete) waren längst schon Mitglieder der Stones-Familie und konnten etlichen Songs Farbe und Dichte verleihen. Und Jaggers alkoholdurchtränkte Stimme tut das Ihre dazu!
„Exile On Main St.“ knarzt, kracht, rumpelt und rockt auch rund 40 Jahre später und mit der Neuveröffentlichung in diesem Jahr ist es gelungen, den Charakter des Albums zu erhalten. Das ist löblich und was dem Doppelalbum 1972 verwehrt blieb, erreichte die Doppel-CD 2010 – auf CD 2 findet sich bislang Unveröffentlichtes – binnen weniger Wochen: die Spitze der britischen Album-Charts!
Anlässlich seiner Neuveröffentlichung präsentiert „Hörenswert – Das Radiofabrik-Album der Woche“ einen echten Klassiker, ein Highlight der Rockgeschichte: The Rolling Stones, „Exile On Main St.“!


PLAYLIST

Rocks Off
Rip This Joint
Shake Your Hips
Tumbling Dice
Sweet Virginia
Torn & Frayed
Sweet Black Angel
Loving Cup
Happy
Ventilator Blues
I Just Wanna See His Face
Let It Loose
All Down The Line
Stop Breaking Down
Shine A Light

Ausgelassene Songs
Casino Boogie
Turd On The Run
Soul Survivor

Und wer nachhören will, klickt hier.

The National Live in Dachau

Keine Macht dem Hochglanz!
Mit dem Aufstieg einer geschätzten Band ist das so eine Sache. Zum einen gönnt man ihr Erfolg und Ansehen, zum anderen ist zu fürchten, dass der Eintritt in die Hochglanz-Popwelt ihren Tribut fordert und Anpassung und Lieblichkeit die zuvor prägenden Kanten abwetzt. Das Konzert am Mittwoch (14.7.) beim Dachauer Musiksommer hat bewiesen, dass derartige Ängste bei der New Yorker Indie-Rock-Kombo The National unbegründet sind.

„High Violet“, das aktuelle Album der Band, erklomm in ungeahnter Weise die Albumcharts auf beiden Seiten des Atlantiks. Hochglanz-Videos, Fernsehauftritte und ein via YouTube weltweit übertragenes Konzert folgten. Doch live – und anscheinend besonders gerne am Rathausplatz im Bayerischen Dachau, den sie schon vor zwei Jahren im Rahmen des hiesigen Musiksommers bespielten – lassen The National die vordergründig polierte Fassade fallen und tun, wofür sie von den heuer zahlreich erschienenen Fans geliebt werden: Sie zelebrieren Indie-Rock auf höchstem Niveau.

Im Mittelpunkt des Geschehens: der Sänger und Texter Matt Berninger. Er steht im Bühnenzentrum steht, verloren wirkt er, wenn er seine Zeilen singt, murmelt und keucht. Seine oftmals düsteren Worte stehen in einem spürbaren Spannungsfeld, aus dem er selbst kaum zu entkommen und doch jeden Moment zu explodieren scheint. Bisweilen jedoch zeigt sich Berninger an diesem Abend gelöst, scherzt mit dem Publikum und wagt sogar einen Ausflug in die Menge, um dann vor dem Erklimmen des Laternenmasts mit den Worten „This doesn’t work with me!“ zurückzuschrecken.

Hinter seinem warmen, sonoren Bariton bauen die Gebrüder Dessner und Devendorf kaskaden-artige Songs von greifbarer Dichte auf. Dem intim anmutenden Konglomerat aus hypnotischen Gitarren-Arpeggios und dezenten Bass-Grooves entspringen ein immer kräftiger werdender Beat, eine kreischende Bratsche und deftige Bläsereinsätze, die besonders den Nummern aus jüngerer Zeit ihren Stempel aufdrücken: Songs von schmerzvoller Schönheit entstehen, aus denen das verzweifelte Schreien Berningers einen Ausweg andeutet: „I’ll explain everything to the Geeks!“
Der Schwere des Stoffs wird energiegeladenes Musizieren und erfrischende Spielfreude entgegengesetzt. Highlights wie „Secret Meeting“, „England“, „Fake Empire“ oder „Afraid of Everyone“ ziehen das Publikum ganz dicht an sich heran und scheinen es erst mit einem finalen Kraftakt wieder wegzustoßen. So verschmilzt die bestens auf einander eingespielte Formation zu einem Gesamtwerk, dessen greifbar authentisches Auftreten die Befürchtungen einer der Popbranche geschuldete Hochglanz-Unterkühltheit vertreibt. Dafür spendet das begeisterte Publikum jubelnden Beifall und entlässt The National nur ungern in die gewittrige Sommernacht.

OCB

Dieser Text ist kürzlich erschienen in der Salzburger Kultur-Tageszeitung im Internet DrehPunktKultur.

OCBoddity 167 (12.07.2010)

Neuerscheinungen aller Art prägen die 167. Ausgabe von OCBoddity. Vom 60s-Beat von The Coral über Indie-Edelgesteine a la Broken Social Scene und The National – am 14. Juli live in Dachau – geht’s zu älteren Semestern (Lostboy aka Jim Kerr und Crash Test Dummies (wieder vereint!)), gemischt mit Soundbastlern (Gorillaz und LCD Soundsystem) und am Ende siegt das Weib, wie’s Kate Nash, Lissie oder Macy Gray tun oder übernimmt zumindest eine tragende Rolle, wie The New Pornographers, The Cranberries – am 16. Juli live in Wiesen – oder Cowboy Junkies beweisen! OCB nimmt sie alle mit … und ihr könnt hier reinhören.

PLAYLIST
The Coral, Roving Jewel
Broken Social Scene, Art House Director
The National, Anyone’s Ghost
Lostboy!, Refugee
Gorillaz, Melancholy Hill
Crash test Dummies, You Said You’d Meet Me
LCD Soundsystem, All I Want
Kate Nash, Early Christmas Present
The New Pornographers, Silver Jenny Dollar
Lissie, In Sleep
The Cranberries, Dreams
Cowboy Junkies, Sir Francis Bacon
Macy Gray, The Sellout

OCB-„Two Shows This Week“-Oddity

… Fleißaufgabe gemacht!

OCB ist in den nächsten Tagen mit zwei Sendungen (+ zwei Wiederholungen) am Start!

Am 12. Juli, 21h, und 13. Juli, 15h, gibt’s die 167. Auflage von OCBoddity.

Und am 16. Juli, 14h08, und 22. Juli, 0h bringt OCB das Album der Woche ein: The Rolling Stones, Exile On Main St.!

Da heißt’s: Termine fett anstreichen!

OCBoddity 166 (30.06.2010)

Ein defektes Mischpult kann OCB nicht stoppen und so ging die 166. Ausgabe von OCBoddity einfach zwei Tage später on air. Und auch die gute Laune des – endlich eingetroffenen – Frühsommers kannte keine Schwächen. Ein veritables Feuerwerk an poppig treibenden Neuerscheinungen – von Arcade Fire bis Blitzen Trapper – fegte aus der Radiofabrik über Salzburg hinweg. Prädikat: C’mon!

PLAYLIST
The Soft Pack, C’mon
Hot Club de Paris, I’m Not In Love And Neither Are You
Ocean Colour Scene, Saturday
Nada Surf, Agony Of Lafitte
Arcade Fire, Ready To Start
Portugal The Man, 1000 Years
Teenage Fanclub, Sometimes In Don’t Need To Believe In Anything
Keane, Stop For A Minute
Rogue Wave, Permalight
James, Ten Below
Andrew Collberg, Clementine
John Grant, I Wanna Got To Marz
Blitzen Trapper, Destroyer Of The Void
Und wer’s hören will … klickt hier