Stimmen hören

Volksschule_StuhlfeldenStimmen hören. Der Bericht über ein Projekt, das im Mai dieses Jahres in Stuhlfelden im Oberpinzgau realisiert wurde. Stimmen hören, eines der Siegerprojekte im Rahmen der Initiative Wahre Landschaft des Landes Salzburg, ist eine akustische Intervention im öffentlichen Raum.
Zwischen 3. und 11. Mai waren an 11 Stellen im Ort kleine mit Audioabspielgeräten bestückte Lautsprecher versteckt, die subtil für Irritation sorgten.
Das Konzept zum Projekt Stimmen hören bezieht sich auf die faszinierende Theorie von Julian Jaynes, wonach Skulpturen und Bilder einst die Funktion hatten, die Stimmen der Götter (bzw. unserer Vorfahren) in uns leichter vernehmbar zu machen und uns dabei zu helfen, Entscheidungen zu treffen. Heute steht die so genannte Informationsgesellschaft vor dem Problem der Überfülle an Information, die einer Orientierungslosigkeit Raum gibt und uns erneut Entscheidungen schwer macht.

In Klanginstallationen bzw. subtilen klanglichen Interventionen im Bereich der Bild- und Skulpturtradition im öffentlichen Raum wurde mit „Stimmen hören“ auf diese inneren, verloren gegangenen Stimmen aufmerksam gemacht. Als Ausgangsmaterial zu diesen Klangarbeiten dienten Aufnahmen von Gesprächen mit den Ältesten der Gemeinde, deren Erfahrung und Wissen im Überangebot der heutigen Medienwelt allzu oft ungehört bleiben und letzten Endes fehlen. Mitgemacht haben Erna Gandler, Adolf Gruber, Altdechant Peter Hofer, Lina und Hans Keil, Franz Pfeffer, Theo Schett, Anna Steger, die Oberbäckn-Bäuerin Anna Steger, Maria und Sepp Wolf und die Volksschule Stuhlfelden.

An den elf Orten, an denen sich Bilder oder Skulpturen befinden, wurden mittels kleiner Lautsprechersysteme diese Bilder und Skulpturen akustisch belebt. Sie bekamen Stimmen und Klänge, die die Vorbeigehenden und Zuhörenden mit ihren Ansichten und Problemen in ein aktualisiertes, dynamisches, lebenskulturelles System einzubinden versuchten. Diese in Zeiten der medialen Bilderflut oft nicht mehr wirklich wahrgenommenen aber dennoch wirkenden Relikte vergangener Zeiten wurden so für kurze Zeit wieder zu aktuellen, sprechenden Kunst-Orten.
Wir bringen Ausschnitte aus diesen Hör- und Klangbildern, an denen die Salzburger Künstlerin Esther Moises und der Salzburger Komponist Manuel de Roo künstlerisch mitgearbeitet haben.

Netzwerk:Lobbying – neue Strategien der Kunstschaffenden: Wohin?#14 – micafocus Salzburg

Ausschnitte aus einem Gespräch zum Thema Netzwerk:Lobbying – neue Strategien der Kunstschaffenden, das im Rahmen unserer Gesprächsreihe Wohin? am 4. Juni in der Galerie 5020 in Salzburg stattgefunden hat. Wohin?#14 war – in Zusammenarbeit mit mica – music austria gleichzeitig auch ein micafocus Salzburg, weiter Kooperationspartner waren die IG Komponisten Salzburg und Estrela, Verein zur Förderung Salzburger Elektronikmusik am internationalen Markt

Am Podium waren Paul Estrela (Verein zur Förderung Salzburger Elektronikmusik am internationalen Markt) Lothar Knessl (einer der profundesten Kenner der zeitgenössischen Musik in Österreich)Didi Neidhart (Musiker, Journalist, Leiter der mica-Servicestelle Salzburg) Christian Reiser (Fachverband Film- und Musikindustrie Salzburg)
Hannes Schalle (Filmmusiker, Moonlake Entertainment GmbH).
Moderation Wolfgang Seierl

Musikalisch einbegleitet wurde das Gespräch von Matias Monteagudo, einem Musiker Komponisten und Produzenten aus Caracas Venezuela, der seit 2008 in Salzburg lebt.
Der britische Sozialwissenschaftler Colin Crouch bezeichnet mit seinem Begriff Post-Demokratie die unter dem Druck der Globalisierung und Neoliberalisierung in den nationalstaatlichen Demokratien der westlichen Dienstleistungsgesellschaften sich herausbildende neue politische Konstellation. Die einzige Chance, in dieser von den großen Konzernen beherrschten Situation Interessen von Minderheiten durchzusetzen, ist – nach Crouch – gezieltes politisches Lobbying. Dieses meint das politische Management von Informationen mit dem Ziel, politische Entscheidungen zu beeinflussen.
Um die Frage, ob Netzwerken oder Lobbying, oder die Verbindung von beidem die Strategie der Künstlerinnen von heute sein kann, kreisen die Beiträge in dieser Sendung.

Mani von Pierluigi Billone und Adam Weisman, soeben auf unserem Label einklangrecords erschienen. Die drei Kompositionen von Pierluigi Billone für Schlagzeug, gespielt vom Percussionisten Adam Weisman, haben einen gemeinsamen Nenner, die Hand, so Grazia Giacco im Booklet der CD. Diese beschränkt sich nicht darauf, nur eine Funktion als Greif- und Tastwerkzeug zu übernehmen, sondern trägt vor allem das bei, was Billone die Intelligenz der Hand nennt, nämlich die Fähigkeit, einen lebendigen Kontakt mit dem Klang zu erschaffen. Die Berührung ist in Billones Musik Ausdruck eines Kontaktes: die Hand, welche auf die Materie trifft, sie in Schwingung versetzt, selbst Teil dieser Schwingung wird und eine Resonanz im Körper und um den Körper herum bewirkt. Haut und Knochen entdecken den uralten Raum des Klingens, suchen neue Horizonte des Fühlens.

Billones Musik hört man nicht nur mit den Ohren, sondern auch mit dem Atem, mit der Haut, mit dem Gewicht des beim Hören sitzenden oder liegenden Körpers, mit den Augen, wenn sie – nach Möglichkeit – die Gesten des Interpreten verfolgen, Tänze von klingenden Körpern – spielt der Interpret das Instrument oder verhält es sich umgekehrt?

Adam Weisman

„Billone gehört zu jenen seltenen Magiern, welche die lineare Zeit außer Kraft zu setzen im Stande sind. Man vermeint bei seiner Musik einen kultischen Raum zu betreten.“ (Heinz Rögl)

Pierluigi Billone, 1960 in Italien geboren, lebt in Wien. Er studierte bei Salvatore Sciarrino und Helmut Lachenmann. Für seine Werke erhielt er den Kompositionspreis der Stadt Stuttgart (1993), den Busoni-Kompositionspreis der Akademie der Künste Berlin(1996), den Wiener Internationalen Kompositionspreis (2004) und den Ernst-Krenek-Preis der Stadt Wien (2006). 2010 wird er mit dem Förderpreis der Ernst-von-Siemens-Musikstiftung München ausgezeichnet.

Adam Weisman studierte bei Fred Hinger and Chris Lamb an der Manhattan School of Music in New York, bei Sylvio Gualda in Versailles und bei Peter Sadlo in München. 1991 wurde er beim ARD Musikwettbewerb in München und 1992 beim Internationalen Musikwettbewerb in Genf ausgezeichnet. Als Spezialist für Neue Musik arbeitet er regelmäßig mit dem Klangforum Wien, dem Ensemble Modern, mit Zeitkratzer (Konzerte mit Lou Reed) und mit dem Scharoun Ensemble der Berliner Philharmoniker zusammen. Als Komponist gestaltete er Musik für Theaterstücke am Bayerischen Staatsschauspiel München und am Landestheater Linz.