Musenschmusen (Chriss)

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. April

Inspiration sucht sich heute selbst. Musen schmusen, Feen gehen und Götter vergöttern einander. Was bleibt am Ende? Ein kränkelnder Stift und leere Blätter…

LakeLightWaysEin Wort. Ein Bild. Ein Zeigen.
Wer zeigt mir die Unterfläche? Wer zeigt mir die Schichten der eigenen Geschichten? Die einzelnen Daseinsformen der wachsenden Bedeutungen meines Erkundens der inneren Welt? Brauche ich einen Führer? Jemanden der mir eine Landkarte reicht, damit ich im Dschungel meines Hirns unbeschadet die andere Seite erreiche? Jemanden der mir Licht ist in den kalten, nächtlichen Stunden meiner Seele? Gibt es so jemanden überhaupt? Oder stelle ich diese Fragen nur um mich vom Eigentlichen abzulenken? Nicht hinschauen zu müssen? Nicht hineinschauen zu müssen in den Schattenspiegel? Oder führen mich all diese Fragezeichen genau dorthin, wo ich mich nicht mehr von mir unterscheiden kann und will? An diesem Punkt der Überlegungen beiße ich mir die Zunge ab um keine Worte mehr zu vergeuden. Doch Sprache muss nicht artikuliert sein um zu existieren. So stehe ich wieder am Anfang meiner Gedanken und erkenne, dass ich ein Kreis bin. Da mir Ellipsen lieber sind verbiege ich mich ein wenig. Jetzt wabere ich im Raum. Seltsam genug, dass ich mehrdimensional bin, meine Brennpunkte fangen Feuer -violett- und warum sollten sie auch nicht? Immerhin muss ich mich warm halten. Erfrieren wäre echt das Letzte!

AugenscheinIch öffne den Mond. Ich öffne den Mund. Ich schließe die Sätze. Ich verschließe mich.
Mein Schloss ist rosig oder bemoost. Auf dem Schlüssel wächst ein Wald. Sein Bart ist Jahrtausendalt. Und schon wieder geht es ums Finden, Erforschen, Durchschreiten, Wegebegehen, Pfadestreuen, Brotkrumenlegen. Labyrinthe haben auf mich schon immer eine große Faszination ausgeübt. Ich übe mich im Übertreiben und treibe meine Sprache an. Es gibt keine Grenzen mehr. Ich werde grenzenlos und losgelöst, löse mich auf und beginne wieder von vorn…

Inspiration sucht sich heute selbst. Musen schmusen, Feen gehen und Götter vergöttern einander. Was bleibt am Anfang? Ein sprachloser Stift und hungrige Blätter…

 

Musenschmusen (Norbert)

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. April – Ein frei umher assoziierender Textmusikreigen quer durch das Spannungsfeld von Schönheit und Schrecken aus dem Salzburger Musentempel der Hoch- und Huchkultur. Ist Volkskultur populär? Oder Popkultur Industrie? Letzteres mit Sicherheit! Hilft uns die Flucht aus der Frustration, die traurige Realität zu bewältigen? Wir retten uns jedenfalls vor aller Ohren in etwas andere Phantasien … Ich wollte ohnehin schon längst wieder einmal einen literarischen (was ist das überhaupt?) Artikel verfassen, der weniger darüber aussagt, was wir hier machen, sondern mehr davon anzufühlen gibt, wie es hinter den Kulissen, unter den Oberflächen und zwischen den Zweifeln so zugeht. Nur soviel sei verraten: Jeder Text, jedes Lied, jedes Bild ist ein Teil von etwas, das noch entstehen wird…

SalzburgIch träumte vom großen Glück, neu anzufangen. Eine neue Stadt, eine neue Umgebung, eine vollkommen neue Gesellschaft. Jauchzend begriff ich, dass hier keines der einst über mich verfügten Vorurteile mehr Gültigkeit besaß – ich war mit einem Mal ein freier Mensch – und ich hatte alle Zeit der Welt. Ich konnte nach Lust und Laune abbiegen, einkehren, verweilen, mir unbekannte Gassen und Plätze vertraut machen – und mit Fremden, die noch nie etwas von mir gehört hatten, Freundschaft schließen. Ich war durch eine glückliche Wendung meines Lebenswegs aus dem Gefängnis der Gerüchte heraus geraten – und begann auf der Stelle wieder mit meinem eigentlichen Menschsein – als ein vom auswendigen Unrecht der Eingefleischten niemals Beschmutzter.

Wie lebensnotwendig ist solch ein mitternächtlicher Musenkuss, insbesonders, wenn ringsum der Terror des Trotteltums tobt. Wenn zwischen der Blödheit und Böswilligkeit der einen tagtäglich Befallenden nicht mehr zu unterscheiden ist. Wenn man nur noch die Macht ihrer Missgunst fühlt, die einem die Mauern des eigenen Luftholens fortwährend enger und enger rückt, dieses Zerquetschenwollen jedlebender Bewegung. Mordlüsterne Kasperltheater verinnerten Wohlanstands taumeln funktionierend durchs Bühnenbild – und erschlagen das eigentliche Befinden erfolgsam mit vorgegaukelten Phrasen. Die vernichtende Nachrede dieser sich Gesellschaft nennenden Automaten brandstiftet noch in den untersten Winkeln des Restbewusstseins den Angsthass (auf sich selbst) und schiebt ihn dann den Anderen unter.

UhrzeitAber du kannst doch nicht so auf die „normalen Menschen“ losgehen! Immerhin ist das die Mehrheit in dieser demokratischen Gesellschaft. Schimpfen auf die Verhältnisse hat auch noch nie was gebracht. Das führt nur wiederum zu noch mehr Verbitterung… Wie bitter? Das sind mir vielleicht so Alles-wird-gut-im-nächsten-Leben-Sätze aus der Dunkelkammer des tausendjährigen Beschwichtentums! Du sollst Vater und Mutter ehren – auch wenn sie dir nach dem Leben trachten. Denn alle Obrigkeit ist von Gott – geschissen. Patridioten aller Vaterländer, hupft euch taubstumm und verblödet zu euren Heimatklängen! Es ist bestimmt keine Industrie, die euch den Abfahrtslauf der Volksmusik listig ins Bewurstsein träufelt. Nein, es sind sicher eure eigenen Gefühle und Bedürfnisse, die so unkontrolliert aus euch hervorbrechen wie Frischgekotztes hinterm Feuerwehrzelt.

Eine Menschheit, die sich mit dem Unrecht gemein macht, muss beschimpft werden. Und zwar heftig. Das ist die einzige Möglichkeit, seine Feinde zu lieben – indem man ihnen die Wahrheit eben nicht vorenthält. Schon seit vor meiner Geburt halte ich ihr sämtliche andere Wangen und Arschbacken friedfertig ins Gesicht – und was tut sie? Mich unter Androhung des Ausschlusses aus der Volksgesundheit zum Nahtod erschrecken und mich sodann mit vorgehaltener Macht zu sexuellen Verrenkungen abkommandieren, die ich allein schon aus Gründen des guten Geschmacks niemandem zumuten möchte. Nein, solang die Einwohnergemeinheit dieser Stadt, dieses Landes und dieses Planeten nicht damit aufhört, auch nur einen Einzelnen aus Gewinnsucht und Gier von Kindheit an in ihr zutiefst fragwürdiges Betriebssystem einzugliedern – solange gibt es keinen Frieden auf Erden – und das muss dann auch gesagt werden.

Programm„Lasst ab von eurer Ungerechtigkeit. Verschenkt euren Reichtum an die Armen. Und urteilt nicht über eure Mitmenschen nach deren Ansehen, Ruf oder Stand.“ So etwa klang der Originaljesus, bevor man ihm eine Gewaltkirche übergestülpt und ihn zu deren Heilanstaltsleiter gemacht hat. Und so kann auch der Klang unseres Gemeinwesens sein: Befreiend und ermutigend gegenüber den Armen, Ausgelieferten und Bedrohten – und beinhart gegenüber den Mächtigen, die ihre Macht erst durch deren Angst und Not – und somit völlig zu Unrecht – besitzen. Solcher Einsicht ist allgemein jedes Kind fähig. Damit es aber gar nicht erst dazu kommt, wird ihm schon von klein auf mit der Muttermilch jenes Gewissen eingeflößt, das ihm fortan ungefragt mitteilt, wer es sein darf, wo es hingehört – und was es lieber erst gar nicht denkt.

Und so entstehen sie, die anpassungsfrohen Gerndabeiseier dieser sich immerdar selbst fortklonenden Gesellschaftsmehrheit. Sie sind das statistische Mittelmaß der Demografen und Thermoskannen – in der uns beärschenden Seistadsform der labermentalischen Deppokratiedemokratur. Ihr verzwungener Seinszwick ist die reine Mitmacht auf Seiten des Siegerns, kotze es was es wolle – und das macht sie auch so gefährlich, denn Mehrheitdennje wird von der Meinungsverorschung im Sinne der Gemacht. Und als ob das nicht schon schlimm genug Ware, haben, sein, sie sich ihrer, immer auch nur, Oberhaupt Sache Gewinnst. Die Frühlingsfetzenspiele der Volksdümmlichen im Musekantenstaat. Muse denn, Muse denn, zum Schädeldach hinaus, und du – mein Schatzssssss… Die neun Musen des Olymp. Die Humanisten. Der Hurenchor der Hochkultur.

Wer hats erfunden? Egal, solang du dafür bezahlst!