Über artarium

Seit Herbst 07 "das etwas andere Kunnst-Biotop" in der Radiofabrik und seit Anfang 09 daselbst "im Schatten der Mozartkugel" als Artarium unterwegs. Immer auf der Suche nach neuen Gästen, Themen und Gestaltungsformen... Hochfrequenter Wortwetz- und Mundwerksmeister zwischen Live-Unmoderation und Poesie-Performance. Psychodelikate Audiocollagenkunst, stimmungsexzessive Hörweltendramaturgie, subversiver Seelenstriptease, unverzichtbares Urgewürz und... In diesem Unsinn zeig ich euch hier einen tieferen! Ab- und hintergründige Neu- und Nettigkeiten aus der wundersamen Welt des Artarium, seinen Gästinnen und Hörerichen. Kunnst mi eigntlich gern ham. So do mi - i di a! Bussal...

D.I.Y.

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 12. April – diesmal rund ums Thema D.I.Y. oder explizit „Do It Yourself“ – wobei wir jetzt aber gewiss nicht die Industrialisierung des Heimwerkertums durch Bastelshops und Baumärkte beleuchten wollen, nein – ganz im Gegentum. Wer sich mit uns zusammen in die Begrifflichkeiten von D.I.Y. als Konzept kritischer Kunst- und Aussageproduktion einleben möchte, dem sei hier zunächst der ausgezeichnete Dokumentarfilm Noise and Resistance empfohlen (der sich wohl immer wieder unter wechselnden Links in unser aller Internet finden lässt) 😀 Und nachdem wir bekanntlich auch nicht die Hilfsprediger irgendwelcher Welterklärer sind, sondern durchaus die Spielfreunde der Selbstgestaltung im Kunnst-Biotop der unendlichen Möglichkeiten, könnt ihr in diesen drei Stunden ja auch selbst auf Entdeckungsreise gehen. Willkommen im kreativen Vakuum! Hören sie genau hin…

verschwindenWir haben Musik und Spoken Word Beiträge vorbereitet, aus denen sich der Impuls zum kreativen Selbermachen immer wieder heraus hören lässt – auch wenn es sich zum Teil um Werke von inzwischen nicht nur kommerziell höchst erfolgreichen Künstler_innen handelt. Und doch unterscheiden sich gerade diese oft auf wohltuendste Weise vom allumbrodelnden Einheitshype geldquetschender Berechnung. Was haben sie nun also gemeinsam mit den anderen Beispielen aus unserem Radiofundus, etwa den spontanen Gastauftritten und nächtlichen Aufnahmesessions aus jugendlicher Schaffensfreude? Was verbindet sie zum Beispiel auch mit den von uns selbst zumeist als Konzepte, Entwürfe und Anregungen vorgetragenen Texten? Sind es die persönlichen Geschichten, die da jeweils dahinter stecken, sind es die inneren Beweggründe, die einen zur Darstellung geradezu zwingen können? Oder geht es um die Notwendigkeit, etwas auszusagen über uns selbst und über die Welt, in der wir leben? Machen wir einen Versuch:

das kreative vakuumWas empfindest du bei diesem Bild? Was würdest du dazu sagen wollen? Stell es dir einfach vor! Hier ist das kreative Vakuum:

 

 

 

 

 

 

 

Und schon ist etwas von diesem D.I.Y.-Spirit verwirklicht. Zugleich veranschaulicht sich aber auch etwas ganz Wesentliches: Derartige Selbstaussagen brauchen Platz – und zwar in jeder Hinsicht. Um etwas Eigenes spüren zu können, braucht es schon einmal Zeit. Um es dann auch noch als Mitteilung an andere zu formulieren, braucht es noch mehr Zeit. Und Zeit in unserem Leben ist nun einmal nichts anderes als ein möglicher Raum, in welchem wir etwas gestalten können – oder auch nicht. Weil uns womöglich „keine Zeit bleibt“ für uns selbst – oder wer bestimmt eigentlich darüber, wie viel Zeit wir „haben dürfen“? Jetzt kommen wir allerdings dem Wahnsinn plötzlich ganz nahe, gegen den sich auch dieses öffentlich versteckte Mahnmal richtet…

auswandernNun braucht es aber nicht nur Zeit als persönlichen Freiraum, sondern auch den einen oder anderen Ort, wo man sich treffen und irgend etwas ausbrüten könnte. Wo man spontan hinmalen, sich aufführen, jemand etwas vorhupfen, die Wand anschreiben, den Raum umstellen oder sonstwie selbstbestimmt gestaltend tätig sein kann. Doch auch solche Örtlichkeiten und Plätze werden immer seltener, was unsere Bedürfnisse nach kreativem Ausdruck fortwährend in uns zurück hinein stopft und so unsere Köpfe zu restlos virtuellen Bühnen verkümmern lässt. Das kann doch aber alles nicht wirklich gesund sein, oder? Nichtsdestotrotz sollen wir immer noch mehr Zeit für irgendwelche fragwürdigen Leistungssteigerungen aufwenden, während uns ringsumher jedwede Stadt und Landschaft zur Wirtschaftszone wegverzweckt wird. Findet da ein regelrechter Eroberungskrieg gegen das Eigene in uns statt? Gegen unseren Raum, gegen unsere Zeit, gegen unsere individuelle Freiheit? Schauen wir genau hin – wie Aussagekunst entsteht – und lassen wir uns inspirieren 😉

 

Déviation Erotique

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom 8. März – Wir würdigen den Weltfrauentag mit einem sehr eigenen Höhepunkt 😉 Wir erinnern uns an die einst selbstverständliche Solidarität der verschiedensten Emanzipationsbewegungen zur Zeit der „sexuellen Revolution“ Mitte der 70er Jahre. Der längst überfällige Kampf um Ebenbürtigkeit und Entvormundung in unseren patriarchal-hierarchisch verfassten Gesellschaften vereinte die Frauenbewegung irgendwie unausgesprochen mit anderen prononciert progressiven und gesellschaftsrevolutionären Gruppen wie etwa der damals noch alternativ-avantgardistischen Schwulenbewegung. Heute erwachen wir plötzlich in einem erschreckend biederen Diskurs über Frauen in Führungspositionen und homosexuelle Lebenspartnerschaften. Wollen wir jetzt nur noch die Wirtschaftsmacht und eine möglichst katholische Ehe? Wie könnten wir das gute alte „SISTERS UNITE!“ augenzwinkernd UND ernstgemeint über die (Gender?) Grenzen hinweg wiederbeleben?

DSCN8038„Zwei Geschlechter wohnen, ach, in meiner Brust“ oder „Halb zog es ihn, halb sank sie hin“. Zitat-Adaptionen, die uns nicht so wirklich befriedigen können bei dem Spannungsbogen, der sich da zwischen und in uns auftut. Eine Synthese schaffen aus alternativen Sexualitäten und Frauenemanzipation – noch dazu in nur 3 Stunden – wie soll das denn funktionieren? Mit deiner Phantasie, du Lulu! Im Zweifelsfall fragen sie ihre großen Schwestern. Und siehe da, *tätärätääää* Patti Smith, eine der ersten E-Gitarre spielenden Frontfrauen der Rockgeschichte und seit ihren legendären Auftritten (und Ausritten) im New Yorker CBGB’s zudem eine Godmother of Punk, hat uns schon vor Jahrhunderten 😀 ein sinnstiftendes Gedicht vermacht, welches wir auch diesmal gern heranziehen wollen, weil nämlich Gutes gut ist und bleibt und sich auch beim wiederholten Zitieren nicht abnützt! „Female Feel Male“ war schon einmal Nachtfahrt-Sendungsthema – jetzt gibt uns das wunderbare Wortspiel dieser Titelzeile Gelegenheit, unseren Übergang vom Freiheitsfest der weltweiten Weiblichkeit hin zu den erotischen Emanzipationsbedürfnissen der männlichen Inwendigkeit zu strukturieren…

DSCN8132Und so wollen wir auf die Suche gehen nach dem Nichtunterdrückten und dem Nochzubefreienden in uns selbst – und spiegelbildlich in der uns umgebenden Gesellschaft. Denn wie hat es Arno Gruen schon in seinem ersten bekannten Buch „Der Verrat am Selbst – Angst vor Autonomie bei Männern und Frauen“ geradezu hellsichtig auf den springenden Punkt gebracht: „Die in gesellschaftlicher Unterdrückung lebenden Eltern geben in ihrem Bemühen um Anpassung an die herrschenden Sachzwänge ihre eigene Unfreiheit unbewusst an ihre Kinder weiter.“ An dieser Formulierung erweist sich wieder einmal etwas ganz Grundlegendes: Emanzipation im Sinne von gemeinschaftlicher Selbstfreisprechung aus manipulativen Machtstrukturen ist eine Notwendigkeit, die uns im Wesentlichen alle beschäftigt. Und zwar nicht nur die tatsächlich um ihre selbstverständlichsten Rechte betrogenen Opfer dieser strukturellen Gewalt, sondern sogar auch die Systemprofiteure der von ihnen selbst (aber mit unserem Schweiß, unserem Leid, unserem Geld – mühsam 🙁 aufrecht erhaltenen ungerechten Herrschaftsverhältnisse. Nun, unser Mitgefühl mit diesen angemaßten Autoritätern ist insofern endenwollend, als die meisten Representant_innen (jawohl!) des etablieterten Ausbeutungsbetrugs sich ja auch weigern, ihren eigenen Empfindungen ehrlich gegenüber zu treten. Mitgefühl im Kontext emotionaler Abspaltung – schwierig…

DSCN8069Emanzipation ist eben eine Initiative, die von unten ausgeht und aus eigenem Betroffensein heraus die Dinge selbst in die Hand nimmt, um so die ungerechten Verhältnisse möglichst nachhaltig zu verändern. Das braucht einen langen Atem – und viel Phantasie, denn die „Herrschaft“ verändert ihr Auftreten und Aussehen ja auch andauernd! Zudem erfordert es Mut und Verwegenheit, um bestehende Grenzen zu überschreiten, hergebrachte Gebote zu übertreten und angeblich seit Urzeiten allgemein anerkannte Vorstellungen von Sitte und Zucht, Ordnung und Moral, Ruhe und Anstand (oder wie immer sonst die derartigen Gummikategorien jeweils heißen mögen) ihrer gedeihlichen Verkompostierung im Zuge einer fröhlichen Menschwerdung zuzuführen. Was also können wir zwei Liebestypen dazu heute beitragen? The Female – jene Frauen, bei deren Auftreten uns das Freilandherz im Gefühlsleib herum hüpft. The Female Feel – jene Männer, die eine speziell androgyne und/oder einfühlende Haltung verkörpern. Und schließlich The Feel Male – jene Musen, bei deren bloßer Anhörung uns die Amygdala feucht wird und die Hypophyse anschmilzt 🙂 Also drei Stunden befriedigende Selbstbefreiung, Brüderinnen und Schwesteriche…

Und wers doch gern noch etwas tatsächlicher-weiblicher haben möchte – am Sonntag gibts die Missfits im Artarium! Gnadenlos, versprochen 😛

 

Beyond Fantasy (Norbert)

Podcast/Download: Die Perlentaucher-Nachtfahrt vom Freitag, 8. Februar – Phantasien? Was geschieht denn mit uns in unseren Träumen? Woher kommen die verschiedenen Vorstellungswelten? Und was ist das überhaupt für ein sagenumwobener Stoff? Nicht das, was du jetzt denkst – der, aus dem die Träume sind, du Kasperl! In dieser Sendung wollen wir anhand des Entstehens eigener Phantasiegeschichten und anderer surrealer Texte dem Phänomen des Ausdenkens und Erfindens von nicht in der „realen Welt“ beheimateten Gedankengängen nachspüren. Was ist das für eine Energie, die uns Visionen beschert und tief in uns Bilder, Ideen, ganze Welten hervor bringt, welche im Wortsinn „nicht von dieser Welt“ sind – die uns aber nichtsdestoweniger beeinflussen, voranbringen und umtreiben?  Und was fangen wir – gemeinsam – mit all dem an?

Zwei TiereChriss warf vor einiger Zeit öffentlich die Frage auf, was denn diese drei Begriffe „Energie, Phantasie und Worte“ gemeinsam hätten. Kein Wunder, schreibt er doch schon länger an einer komplexen Phantasiewelt-Geschichte, in welcher die Gesetzmäßigkeiten unserer gewohnten Wirklichkeit ebenso gelten – wie auch aufgehoben sein können. Eine Grenzwanderung an der Überschneidung und wechselseitigen Beeinflussung von Alltags- und Anderswelt also, eine ambivalent fluktuierende Spannungszone zwischen Schwerkraft und Sinnenrausch, in der allerdings das dauernde Durchdrungensein der einen (realen) Welt mit der anderen (Traum-) Welt absoluten Sinn ergibt! Ein ambitioniertes Unterfangen jenseits der flacheren Vertreter des Fantasy-Genres, die sich mehrheitlich in manichäischen Schwarzweißwelten mit dazugehörigen Endsiegen und Erlösungen der Gut/Böse-Frage ergehen – ja, die sich, den meisten Game-Designern dabei nicht unähnlich, nur allzu gern in ihren Götterwelten und Heldentümern verirren – und uns so verwirren. Wenn man heutzutage schon auf den Spuren etwa eines J.R.R. Tolkien wandelt, dann sollte man zumindest seine Weltsicht auch überwinden wollen! Allzuviel Anbetung schadet nur der Kreativität. Und Phantasie ist eben eine Möglichkeit, schon hier und jetzt eine bessere Zukunft auszurufen. Eine zumindest gerechtere und gewaltfreiere Welt zu erschaffen…

Drei FigurenGemeinsam sind wir das Festspielpräsidium. Sind wir mitten in Salzburg das geile Institut der Phantasien und Wünsche. Sind wir auch eine gute Therapie gegen die gestohlene Zukunft, erkennen uns immer am Aroma unserer Hoffnungen und Träume, am Geschmack unserer Geschichten und am Gewebe unserer Wortspiele und Wortneuschöpfungen. Wovon leben all die Produzenten und Zurschaustellerinnen, wenn nicht von der Macht des Ausgedachten? Die zunehmende Industrialisierung des Kunst- und Kulturbetriebs verschleiert doch nur die wahre Bedeutung und den tatsächlichen Wert ihres eigentlichen Rohstoffs – unserer Phantasie! Und wenn sie dir erst einmal in den Arsch gekrochen ist, die geölte Profitmaschine deines Aufstrebens, deines Künstlerseins, deiner Vermarktung – dann geht sie aber ab wie ein Fieberzapferl und fürwahr kein kleines! Das geflügelte Wort vom „Arsch voller Geld“ sollte uns an dieser Stelle zu denken geben. Also mach dein Ding, aber lass dich nicht einkaufen! Versteh mich nicht falsch – verdien dein Geld und lebe gut von deiner Kunst, aber lass dich nicht einspannen für diese dubiose Diktatur des Geldes um des Geldes willen! Denn das Popozuckerl der Weltfinanzreligion kommt irgendwann wieder raus – dann hast du zwar den Arsch voller Kohle – aber auch den Mund voller Scheiße! 😀

Eine PhantasieNun wollen wir nicht mehr Worte machen zu unseren drei Stunden mit ihren vielsagenden Untertiteln „Energy, Fantasy, Words“. Bei dieser Nachtreise durch das noch Unbekannte und das noch Unausgesprochene geht es ja darum, dass wir uns gemeinsam darauf einlassen, dorthin zu gelangen, wo wir noch niemals vorher waren. Daher laden wir euch jetzt nur noch mit den Worten des phantastischen Dichters Jan Plewka (Selig) ein, uns auf eine emotionale Expedition in unsere ungefähre Zukunft zu begleiten:

Wenn sich die Nacht auf deine Schultern legt
Und der Schlaf in dich kriecht wie ein Gebet
Wenn der Mond am Fluss spazieren geht
Und Mutter Fuchs ihre Kinder nach Hause trägt
Wenn die Krähe im Flug mit der Dunkelheit schwimmt
Und ein Mädchen im Schlaf helle Lieder singt
Hier werden wir uns wieder sehn:
Am Ufer der Nacht und schwimmen gehen
Da ist ein Fenster in meinen Träumen
In diesem Fenster brennt ein Licht
Da ist ein Fenster in meinen Träumen
Und dieses Licht dort brennt für dich

Wenn der Tag dich quält und du weiter willst
Sich die Welten drehen und du nichts dabei fühlst
Wenn du nicht mehr weißt was der Morgen will
Du erwachst in dir und alles ist still
Wenn du zu sehr liebst, dass du’s nicht erträgst
Komm in die Nacht, es gibt einen Weg
Hier werden wir uns wieder sehn:
Am Ufer der Nacht
Da ist ein Fenster in meinen Träumen
In diesem Fenster brennt ein Licht
Da ist ein Fenster in meinen Träumen
Und dieses Licht dort brennt für dich

Zwischen Zeichen und Schatten und Zwischenräumen
Hinter Trümmern und Türen und all unsern Träumen
Über Berge, Zeit und Raum
Meine Liebe findet mich im Traum
Zwischen Zeichen und Schatten und Zwischenräumen
Hinter Trümmern und Türen und all unsern Träumen
Über Berge, Zeit und Raum
Meine Liebe findet mich im Traum
Da ist ein Fenster in meinen Träumen
In diesem Fenster brennt ein Licht
Da ist ein Fenster in meinen Träumen
Und dieses Licht dort brennt für dich

(Selig – Traumfenster)

 

 

Abstrakt

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 11. Jänner – Zur systemischen Therapie der postweihnachterln und perisilvestrivialen Symptomatiken: Sesam, Sound und Schrugl für die freiassoziative Restmenschheit oder ein einigermaßen wohltemperiertes Kunnst-Biotop zum Wiederaufbau der emotionalen Authentizität nach den Drogenorgien der Familienfeiern. Oder wars umgekehrt? Wie dem auch sei – wir machen es uns und euch drei Stunden lang gemütlich – auf die Synapsen. Kein Troll ist uns zu hoch, kein Durst zu weit und kein Ei zu grün, als dass wir nicht unsere eigene Fahne auf die höchsten Zinnen der Sandburg pflanzen würden. Und das alles ohne künstlichen Sauerstoff! Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage…

MottoSesam! Willkommen in der Seltsamstraße eines neuen Jahres. Und sind wir nicht alle irgendwie ausgefranst wie die Semmerl? – Butter? Senf?

„Jeder Augenblick ist ewig, wenn du ihn zu nehmen weißt, ist ein Vers, der unaufhörlich Leben, Welt und Dasein preist…“ Konstantin Wecker

Dieser Text verbindet sich bereits in der Signation mit Roger Waters, Aviv Geffen, Pavarotti und Placebo zu einem hochwirksamen Hörerlebnis. ACHTUNG – kann Spuren von Pink Floyd, Green Day, Chumbawamba und Andreas Spechtl enthalten! Was aber entsteht sodann aus der möglichen Mischung von Arthure Rimbaud (auf Griechisch!) mit Ella Fitzgerald, Brian Eno, The Waterboys, fetisch:MENSCH, Data Bank A oder Our Lady Peace? Sehr Sesam…

ZitatSound? Auf jeden Fall klingt unsere Auswahl diesmal noch etwas kontrastreicher und ungewöhnlicher als sonst eh auch schon immer. – Chriss? …ich kann nix dafür… 😀

„Berührst mich mit deinen Worten tiefer als jeder Kuss es vermag. Ich denk an dich Tag und Nacht. Jeden Augenblick, der frei ist.“ fetisch:MENSCH

Gesprochene Worte, Spoken Word Musik, Songs mit speziellen Texten – so zieht sich in etwa der rote Faden der Sprachverliebtheit durch unsere Unterhaltungen. Und so fügen sich je nach Stimmung klang/textlichle Seltenheiten zwischen bekanntere Stücke, entsteht ein spontaner Crossfade aus Brüchen und Emotionen. Vitalic, The Naked and Famous, The Venus in Furs, Colombin, Disturbed und – gänzlich instrumental – Eivind Aarset. Sound!!!

BildSchrugl…

„Auf einmal bin ich in einen Fromach gekommen. Rund um mich riesige Stirzen und Frimpe, in denen die Murken gewimpst haben. Da seh ich in der Ferne ein kleines Stirriwink zwiegeln. Na, Gott sei Dank, hab ich mir gedacht, wenigstens ein Stirriwink. Aber wie ich…“ Martin Auer

Dieses Kleinod einer Phantasiegeschichte bringen wir euch in der wahrlich wundersam vertonten Fassung von Klaus Trabitsch und Liederlich Spielleut zu Gehör. Denn ist uns nicht allen oft schierlig und schrugl zumute, wenn wir ganz allein in den Schlumperwald gehen – oder in sonst eine ungewisse Zukunft? Wie wärs dazu noch mit etwas Marilyn Manson, Soap & Skin, Solee, Grauzone oder halt nochmal Placebo? Zum Trost gibts eh Hannes Wader…

Wir wünschen noch eine wundersam traumreiche und aushängig anregende Nacht! 😉 Kennwort zum Download der Gesamtsendung gibts von uns auf Anfrage.

 

Christgsindlmarkt

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 14. Dezember – Die etwas andere Herbergsuche zwischen Hektik und Stress. Vier eilige Könige entsteigen dem Hamsterrad der Adventszeit und eröffnen Ausblicke ins Innenleben. Vier Stunden Musik/Text-Dramaturgie mit launigen Gesprächen, Geschichtenerzählen und gepflegter Hausmusik. Eine Zwischeninsel zum Luftholen und Untertauchen ins Meer unserer Erinnerungen und Assoziationen. Ein Versuch, dieser emotional verdichteten Jahreszeit voller Adventevents und Familienfeiern doch auch etwas von dem abzugewinnen, wonach wir uns jetzt alle eigentlich am allermeisten sehnen: Zeit! Zeit für uns selbst, Zeit für einander, Zeit zum Innehalten, zum Spüren, zum Wahrnehmen. Bald ist wieder Wintersonnenwende, die längste Nacht des Jahres, der alljährliche Totpunkt unseres Lebens – und da sollten wir nicht zuallererst einmal in aller Ruhe  – einkehren?

Eventkalender! Als Kinder sind wir einfach in diese wundersame Weihnachtswelt eingetreten, voller naiver Zuversicht und in unserem Vertrauen immer auch beschützt vom Zauber des Anfangs. Wir haben uns aufgemacht – doch was ist uns davon geblieben? Nur Erinnerungen, um später ungestört darin zu leben?

Männer haben Muskeln,
Männer sind furchtbar stark,
Männer können alles,
Männer kriegen ’nen Herzinfakt,
ohh Männer sind einsame Streiter
müssen durch jede Wand, müssen immer weiter.

Männer habens schwer, nehmens leicht
außen hart und innen ganz weich
werden als Kind schon auf Mann geeicht.
Wann ist ein Mann ein Mann?

(Herbert Grönemeyer – Männer)

Eventsingen! Wer sind wir – in dieser Zeit? Die Jugend kommt über uns mit neuen Eindrücken und inspiriert zum Ausprobieren. Hinaus ins Abenteuer, singen, lieben und auch Krampus jagen! Parallel dazu Schulalltag und Familienleben. Werden wir vielbeschäftigt im Wettlauf ums mehr – oder verlieren wir uns zwischen den Leben?

I am a little tired
So please don’t get me wrong
It’s not that I don’t want to stay
It’s not that I can’t hear
The sound of the bells and the …
But .. we just begun
You are the reason why I came here
Now I got this look upon my face
You say the night is young and so are we
Give me a kiss or tell me
What lies so heavy on your chest

(Ghost of Tom Joad – Snow in the Summertime)

Eventkrampf anzünden! Zum ersten Mal nein sagen und Weihnachten in seiner bisherigen Form verweigern. Mit neuen Freunden in die noch unbekannte Welt der Philosophantasie eintauchen und die Nacht jenseits der Würstelsuppe entdecken. In der Früh dann zu Fuß noch nicht nach Hause! Für mich leben – in der Zwischenzeit?

Und all deine Hoffnung und deine Taten, sie sind nicht dumm –
nein, sie sind wunderschön.

Die Einsamkeit, die du fühlst zwischen vielen Menschen
ist die Unzufriedenheit mit dieser Welt.
Und die Wut über die, die nicht den Unterschied kennen
zwischen friedlich und befriedet.
Und all deine Tränen, sie sind wunderschön.
Und alles hat Sinn, jede Sekunde.
Nichts ist vergeblich, nichts ist verloren!
Wir sind am Leben, spür wie dein Herz schlägt!
Nichts ist vergeblich und nichts ist verloren!

(Früchte des Zorns – Nichts ist vergeblich)

Elementare Ereignisse! Die Nacht nach all dem Stille-Nacht-Feiern gehört dir allein. Alles schläft, einsam wacht – bist du da? Was wird sein am anderen Ende der Nacht, wenn du dir begegnst, gleichsam beschenkt und entblößt? Hast du dann Angst vor dem Schweigen des Lärms, vor dem Gähnen des Abgrunds, vor dir selbst? Hast du Lust, dich zu spüren und in ein neues Jahr zu springen, einen neuen Tanz zu vollführen, ein neues Bild anzufangen, mit einer neuen Idee ins Bett zu gehen, die dich liebkost und die du danach nie mehr vergessen kannst? Was also macht diese Nacht mit dir – was machst du mit ihr? Wer bist du – in deiner eigenen Zeit, wenn du sie dir selbst schenkst?

I swallow the sound and it swallows me whole
Till there’s nothing left inside my soul
As empty as that beating drum
But the sound has just begun

As I move my feet towards your body
I can hear this beat it fills my head up
And gets louder and louder
It fills my head up and gets louder and louder

There’s a drumming noise inside my head
That starts when you’re around
I swear that you could hear it
It makes such an almighty sound

(Florence + the Machine – The Drumming Song)

 

Strange Straight Special (Norbert)

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 9. November – „Hilfe, ich bin normal!“ – Keine Angst, das kommt nur auf den Standpunkt an. Wenn wir den Exkursen unseres Experten Prof. Weiherer folgen, dann stellen wir schnell fest, dass alle Beteiligten (zwischen Songwriting und Stratosphärensprung) jeweils ihren Schlag abhaben, je nach dem Blickwinkel der Betrachtung. „Wie bitte? Was redt er?“ Eine Sendung über die Relativität des „Normalen“ (einer Vorstellung, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt) und ein Plädoyer für die individuelle „Verrücktheit“, welche letztendlich unser aller „State of Mind“ darstellt. Und zwar atmosphärisch und assoziativ, denn die menschliche Wahrheit findet sich (wenn überhaupt) zwischen den Zeilen! Was unsere drei Reisenden verbindet, das ist ihr täglicher Umgang mit dem Außergewöhnlichen, dem Nichtdurchschnittlichen und mit der Überraschung an sich…

Christopher Schmall leistet seinen Zivildienst beim Verein Menschenrechte und hat es dort mit dem Recht von Menschen zu tun, sich in einer für uns fremden Muttersprache über die Hintergründe ihres Asylansuchens oder dessen behördliche Ablehnung auszutauschen. Eigentlich ganz normal, möchte man meinen. Oder etwa nicht?

„Das Ringen um Worte für Gefühlszustände, die bislang noch nicht ausdrückbar schienen, das ist Spracharbeit. Den Zuhörer daran teilnehmen zu lassen, wie Emotionen aufplatzen oder versickern, ihn anzustiften, heraus zu fordern, mit einzubeziehen, diese Unsagbarkeit des Betroffenmachenden auch selbst um den einen oder anderen Begriff zu vermindern – das ist lebendige Dichtung. Alles andere ist leider nur Literatur. Ist Herrschaftssprache. Und ein Geschäftsmodell. Ist alles zwangsfreiwillige Selbsteinordnung in die bestehenden Sprachverhältnisse. Amtssprache, Fachsprache, Schulsprache, Staatssprache… Das alles hat mit den Lebenswirklichkeiten von uns aufgrund unseres Andersseins Ausgegrenzten nicht das Geringste zu tun. Das ist Ablenkung und Behübschung, also Unterhaltung im Staatsdienst. Darum heißt es wohl auch Staatspreis. Und der „freie Markt“ als die gegenwärtige herrschende Staatsreligion bildet da keine Ausnahme – im Gegenteil!“

Norbert K.Hund regt sich schon seit Jahrhunderten auf über die sexualnormative Strukturgewalt in unserer Gesellschaft. Gute Gesetze hin oder her, der heimliche Heterrorismus behindert seit je her die Entwicklung der eigenen Identität. Kein einziger junger Mensch mit anderssexuellen Interessen ist wirklich gleichberechtigt, diese ungestört zu erleben.

„Wenn du nur ein bisschen abweichst von der dich umgebenden Vorstellung von Nützlich und Normal – dann haben sie dich! Dann fallen sie über dich her, deine Nachbarskinder und Spielgefährten, deine Schul- „Freunde“ und „Kameraden“ ? Warum heißen die eigentlich so, wenn sie dich auslachen und bedrohen, dich unterdrücken und zur Anpassung zwingen? Sollten die nicht besser „Schulfeinde“ heißen und „Spielgefährliche“ und „Nachbarskiller“? Und woran solltest du dich denn anpassen? Wovor sollst du Angst haben? Davor, anders zu sein als die Allgemeinheit? Ihre blöde, hirn- und gefühllos hineingefressene Vorbildscheiße? Ihren Hass auf alle, die einen Gewissensgrund haben, sie selbst sein zu wollen, ja zu müssen, um eine eigene Identität zu entwickeln? Die sich noch nicht in eine vorgekaute Existenz als „Erwachsene“ hinein verstopft haben? Die sich nicht ins Hirn ficken lassen wollen – nicht ins Herz scheißen, nicht ins Gefühl trampeln, nicht ins Denken umweltverschmutzen, verweltwirtschaften und zärtlichkeitszerstören…“

Jakob Weinhäupl ist ein begnadeter Musiker und nicht nur auf der Gitarre ein feiner Gefühlsmensch. Außerdem strahlt er ein dergestalt integratives Selbstverständnis aus, dass einem ganz schwindlig ums Herz wird. Nicht umsonst betreut er als Zivildiener schwerstbehinderte Kinder in der Anna-Bertha-Königsegg Schule.

Die Frau, nach der diese spezielle Schule benannt ist, setzte sich übrigens in der Zeit des Nationalsozialismus als Leiterin eines kirchlichen Behindertenheims im Land Salzburg außergewöhnlich mutig und sehr direkt gegen die „Euthanasie“ genannte Ermordung ihrer Schützlinge ein und krachte schon seit 1940 heftig mit den Bonzen des Regimes zusammen. Anna Bertha Königsegg wurde mehrfach verhaftet, verurteilt und zuletzt unter Hausarrest gestellt, ihr Lebenswerk im Widerstand ist heute weitgehend vergessen. Gegen dieses Verblassen der Geschichte von Gewalt gegen wehrlose Menschen wollen daher auch unsere Hörstolpersteine als Gegenmittel wirken. Also aufgepasst!

„Das kindlich kreative Eigensein wird weltweit umgebracht. Genauso wie der Regenwald abgeholzt und die Ölreserven ausgeplündert werden. Genauso wie die Armen verhungert werden – und wie man uns das Artensterben, die Bankzinsen oder jedweden Reaktorunfall als eine Art unvorhersehbares Naturereignis verkaufen will. Deine Existenz als Mensch endet in dem Augenblick, in dem du beginnst, ihnen ihre Behauptung von Normalität und gottgegebener Ordnung zu glauben. Ihre einzige Ordnung besteht darin, dass du für ihren jeweiligen Vorteil nützlich bist. Und indem du anfängst, dich selbst nach ihren Werten zu bemessen, haben sie dich schon auf ihren Strich geschickt, musst du für sie anschaffen und dein Leben lang Leib und Seele für sie zu Markte tragen, ob du willst oder nicht. Deine spottenden und dich verächtlich machenden Klassenkollegen sind nichts anderes als ganz billige Kleinkriminelle in der großen Zuhälterei der Geldkirchenstaatsmafia. Wenn sie dich also wieder mal erniedrigen – dann glaub ihnen nicht!“

Alle Zitate wurden von Norbert K.Hund unterstellt. Passwort für den vollständigen Sendungsdownload auf Anfrage. Es wird gequatscht, gelacht, gelesen werden. Musik sowohl live & unplugged als auch von Konserve. Drei Interviewbeiträge zum Thema gibts vom Weiherer (unser Portrait) Den Rest vom Chaos/Kosmos müssts euch selbst sortieren: Radio für Selbstdenker! Wir sind ein geiles Institut 😀 -> Collage/Text/Artikel vom Chriss

 

Keine Ahnung…

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 12. Oktober – Der Ausflug auf Autopilot oder das kreative Vakuum, ein „zusammen unterwegs Experiment“. Der Arbeitstitel besagte bloß, dass wir zwischen dem aufwändigen „Apocalypse Now Jubiläum“ und einer nächsten tiefschürfenden Themenarbeit über Strange-, Straight- und Specialness schlicht keine Ahnung haben, was wir überhaupt spielen, lesen und machen wollen. Diesmal bleibt es dabei, dass wir uns von all dem, was da kommen mag, überraschen lassen. Ein paar Gedanken und Ideen wie kleine Leuchtschiffe in den Fluss setzen, ihnen beim Davontreiben zuschauen – und davon ausgehen, dass ihre Bewegungen eine Lichtspur erzeugen, der wir folgen werden…

Ein paar Stimmungsbilder gäbs wohl schon aus der barock dekadenten Memento-Mori-Menagerie dieser herbstlich hüstelnden Mozartiade. Den eiligen Aus- und Schlussverkauf der allsommerlichen Eitel- und Ewigjugendlichkeiten etwa oder den sich bald wieder über das Land wie die Seele ausbreitenden Nebel.

Alles Eindrücke, die uns doch irgendwie ans Überleben in der Pestgrube gemahnen, uns jahreszeitlich zwingend ins heurige „Alles is hin“ des Bänkelsängers Augustin hinein assoziieren oder uns zumindest ansatzweise an ein mögliches Altern in Würde denken lassen, mit oder ohne Rockmusik 😉 „Der Tod ist ein Trick“ fällt mir da ein aus dem Blumfeld-Song „Strobohobo“ – und natürlich auch das „Ring the bells, that still can ring“ aus Leonard Cohens „Anthem“ (einem so sauguten Liedtext, dass ich ihn mir endlich mal in einem anderen als diesem bekannt zuckersüß zugestreicherten Arrangement gewünscht hätte…) Womit wir schon mitten in diesem Artikel mitten im Zwischen der Zeilen, der Konzepte und der Gestalten landen – irgendwo da ist es – sind wir – unterwegs…

Dazwischen sind wir aufgespannt wie die Wäscheleinen und wie die Regenschirme – und hätten oft gern eine größere Bedeutung als die des Augenblicks. Wenigstens eine versöhnliche Synthese für die nächsten paar Herzschlagjahre, ein Abziehweltbild für unseren Flüchtlingskoffer.

„With or without You“ wäre da eine Möglichkeit, die beides zugleich in sich umschließt, das Nichtlebenkönnenden des Zielerreichens wie des Herzverlusts. Dennoch singt es und schnappt nach Luft, lechzt voller Verlangen nach Erfüllung, fällt wimmernd in sich zusammen und lässt einen Vorgeschmack zurück von der Vereinigung der Gegensätze, von der einstweiligen Verfügung zum Frieden mit sich selbst. Und lassen wir die Dichter selbst zu Wort kommen, o du lieber Augustin reloaded, sei es Diskurspop oder Zen-Poesie, es gibt wohl kaum etwas anderes als Lieder vom Leben, von der Liebe und vom Tod:

Die Leute leben wie Schatten
Mit ihrer Sehnsucht nach Sinn
Der Tod ist ein Trick
Ich bin, was ich bin
Und spuck dem Tod ins Gesicht   (Jochen Distelmeyer/Blumfeld)

Ring the bells that still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack, a crack in everything
That’s how the light gets in      (Leonard Cohen)

 

The Soul is a Bird (Norbert)

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom 14. September (Die 48. Sendung!) – Wir erleben ein vierstündiges Abenteuer frei nach Apocalypse Now und entwickeln eine Expedition ins Herz der Finsternis. Was erwartet uns nach der Begegnung mit unserem inneren Schatten? Und ist solch eine Selbsterfahrungsfahrt nicht auch als modernes Märchen erzählbar? Wir wagen den Versuch – wie immer mit kontrastierender Musik und kontroversen Texten – doch ohne „Moral von der Geschicht“. Die ist und bleibt ein offenes Ende UND jeweils der eigenen Phantasie überlassen. Das Schöpferische in uns will nämlich zur Geltung kommen – und soll dabei schön zweckfrei bleiben dürfen! Die Entstehung dieser Sendung könnt ihr also auch in den zwei Artarien „Apocalypse Solo“ und „Apocalypse Duo“ nachvollziehen. Der Weg ist das Ziel…

Es beginnt alles mit einem Auftrag. Und mit einem seltsamen Gefühl, dass hier irgendwas nicht stimmt. Nicht stimmen kann. Noch nie gestimmt hat. Irgendwie beginnen Anspruch und Wirklichkeit zunehmend auseinander zu fallen. Zunächst unmerklich, mit dem nagenden Unbehagen, das wir in Alkohol und Drogen aufzulösen versuchen, das wir immer wieder beiseite schieben, nur um weiter machen zu können. Dann wird es persönlicher, trifft uns im Versuch, einen Menschen zu lieben und eine Gemeinschaft herzustellen. Wir stellen fest, dass wir das Wesentliche, das uns im Innersten beschäftigt, nicht mehr kommunizieren können, womöglich noch nie kommunizieren konnten. Uns fehlen die Worte, dies alles auszudrücken, wir sind wie betäubt, erschlagen – und wir resignieren, geben auf, lassen den Verlust zu. Noch mehr Alkohol, noch mehr Drogen, wir sehnen uns zurück ins Abenteuer, zurück in den Kampf, zurück in den Dschungel. Doch auch der neuerliche Auftrag, der uns den Fluss hinauf schickt, ins Herz der Finsternis, jenseits der Grenzen des Vorstellbaren, erscheint seltsam ambivalent und in sich selbst unstimmig zu sein. Ja, wir wollen endlich Klarheit, wollen wissen, was das für ein Wahnsinn ist, an dem wir alle so selbstverständlich teilnehmen und der uns gleichermaßen von Grund auf korrumpiert. Ja, wir verspüren eine unausweichliche Ahnung, eine fast schon übersinnliche Gewissheit…

Das, was wir verloren haben, das, was uns fehlt, das, wonach wir schon immer auf der Suche sind, zumindest solange wir denken können, solange wir uns zurück erinnern – was ist das überhaupt? Es hat etwas mit dem Entdecken von sexueller Lust zu tun, damals als der Blitz einschlug bei der ersten intimen Berührung durch jemand anderen. Es ist nah verwandt mit den ersten Erfahrungen des Rauschzustands, mit jener euphorischen Entgrenzung im gemeinsamen Taumel von Trinken und Tanzen. Mit Verliebtheit und mit Küssen und mit dem ersten Joint im jungfräulichen Bewusstsein. Mit einem Sonnenaufgang in den Bergen nach einer durchwachten Nacht. Mit Motorradfahrten in unbekannte Landschaften, mit Sonnenuntergängen am Meer und unglaublich wohlschmeckenden exotischen Speisen in fremden Ländern – und mit dem Gefühl, ganz wo anders – unvermutet – eine neue Heimat zu finden. Diese feinen Funken beim Entdecken von etwas Neuem, dieses unvoreingenommen unschuldige Staunen in elementarer Begeisterung, sprachlos machende Naturgewalten, die über uns herein brechen und unser Bewusstsein nachhaltig verändern. Sex, LSD, ewiges Kind sein im Hier und Jetzt. Der multiple Orgasmus der Verschmelzung mit sich selbst und dem Weltall. Reine Natur. Das Sein an sich. Gott. Mensch. Leben…

Gibt es das überhaupt? Da war einmal was – und wir fühlen, dass es uns entgleitet, dass wir es eigentlich schon längst nicht mehr wiederfinden können – egal, wie viel wir trinken und wie sehr wir uns mit dem „immer mehr nehmen, haben, wollen, tun“ abmühen. Sex, Sex, Sex – langweilig. War das schon alles? Da muss doch noch – etwas? – jemand? – gewesen? – sein! – Ich? – Es? – Wir? – Wollen wir dorthin zurück, wo alles zugrunde ging, um zu verstehen, weshalb? Wollen wir begreifen, was – und warum uns das fehlt, um zu akzeptieren, dass es nun einmal so ist, und um uns damit abzufinden, uns einzurichten im Unvermeidlichen – das ist nun mal der Lauf der Dinge, unsere Vergänglichkeit? Oder wollen wir dorthin, weil wir „es“ zurück haben wollen? Müssen? Das Verlorene – ohne das wir nicht leben können – im eigentlichen Sinn. Nur vegetieren, funktionieren, als angestellte Auftragskiller einer Kolonialwarenwelt, die aus dem angeblichen Nicht(mehr)vorhandensein des ursprünglich Essenziellen gute Geschäfte macht – mit den Ersatzdrogen der Lust? Ist es nicht der blanke Wahnsinn, dass wir genau dasjenige nich mehr antreffen, nicht mehr wiederfinden können in dieser schönen neuen Welt des Fortschritts, des Wohlstands und der verwalteten Bedürfnisse, das uns zu Menschen macht, die sich auch lebendig fühlen?

Ist es nicht gerade das wesentlichste aller menschlichen Bedürfnisse, dass wir nicht nur versuchen, zu verstehen, warum und wie wir dieses Lebendigmachende überhaupt verloren haben, sondern auch mit aller Kraft versuchen, es wieder zu finden, es wieder herzustellen und es dann wieder und wieder anzuwenden? In einem solchen Augenblick umfassender Klarheit haben wir mit dem etablierten Wahnsinn gebrochen, sind ausgestiegen – und haben uns von den Betreibern dieser betrügerischen, psychopathischen, verbrecherischen Weltkonstruktion losgesagt. Wir sind aufgebrochen in dem Versuch, uns so weit als nur irgendwie möglich davon zu entfernen. Seither verfolgt uns ihr „moralischer Terror“ als unser schlimmster Feind. Gibt es noch eine andere Lösung, als deren Wahnsinn verinnerlicht widerspiegelnd im Untergang zu versinken – von sich selbst und überhaupt allem?

Eine mögliche Verwandlung – einen Übergang – eine neue Sinn-Stiftung?

Die Selbst-Erfahrung ist eine Fahrt nach innen, eine Reise zu sich selbst, hinter die Ideale und Vorstellungen, wo Schicht um Schicht alles von einem abfällt – bis man auch dem eigenen Grauen ins Gesicht sieht. Zurück kommst du von dort immer allein! Ist nicht hinter der größten Angst und inmitten der tiefsten Verstörung, dort, wo nichts mehr anderes ist als Leere, Schicksalsergebenheit, das Ende von allem – ein neuer Anfang, eine Grenzüberschreitung – der Dreh- und Angelpunkt wirklichen Lebens?

 

Falsche Götter… (Norbert)

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. August 

„Ich mach mein Ding“ singt Udo Lindenberg und macht auf der gleichnamigen Tour höchst absichtsvoll Station in Calw in Württemberg, der Geburtsstadt des von ihm verehrten Hermann Hesse. „Ich mach mein Ding“ nennt Matthias Matussek seine aktuelle Spiegel-Titelgeschichte zum 50. Todestag des unangepassten Autors und verfasst darin echte, elektrisierende Literatur, höchst emotional, und zwar mit Schmackes! „Ich mach mein Ding“ übertiteln auch wir unausgesprochen unsere Radioarbeit aus dem Salzburger Kultur-KZ (und das könnte hier beispielsweise „Konsumismuszentrum“ heißen) – und so meinen wir das auch immer noch…

Ein guter Grund für uns, einmal mehr das Entlarven der uns umherrschenden Machtverhältnisse zu zelebrieren. Denn was wäre denn „Kunst“ anderes als Kreativität und gestaltende Phantasie, die es uns ermöglicht, Vorstellungswelten zu erschaffen jenseits von Sachzwängen und Realitäten. Traumbilder und Visionen sind emotionale Wirklichkeiten, die mit der betonbornierten Biederbürgerlichkeit und Geschäftigmacherei der Sachzwänger und Realitäter nichts zu tun haben, die den Eroberigkeiten von Geldgewalt und Weltbesitz ihren Übersinn entgegen trotzen, dass es nur so staubt und scheppert im videologischen Gebälk der Gierarchie. Ein elegantes Eigensein, das dem scheinheiligen Sakrazement des Kapitalskollegiums die Urnatur des Lebendigen dergestalt ins Gesicht menetekelt, dass es den alles Öffentliche verpiratisierenden Inventmentpäpsten vor lauter Scheck über sich selbst die Mammonstranz ihrer eiligen Konsumnion aus den knöchernen Klauen schlägt. Lauter leichgewordene Schiachbrechten, ein Salzburger Totentanz mörderisch sterblicher Restspielgerippe, einzig bekleidet mit den munter pestglöckelnden Narrenkappen ihrer jeweiligen Gönner. Götzengötter. Geldverbrenner. Jeeeeedeeermaaaaaann!

Und sofort zitiert der ob seiner Stimme und Erzählkunst von mir sonst durchaus geschätzte Michael Köhlmeier im profil-Gespräch den Geheimrat Goethe: „Man merkt die Absicht und man ist verstimmt“. Hesse, meint er, verführe den Leser zu seiner eigenen Weltsicht, stelle nicht einfach nur das „was ist“ dar. Das sei nicht Wesen und Aufgabe von Literatur, weshalb auch viele Hesse-Leser lediglich an Ideologie und Esoterik interessiert seien, nicht aber an Dichtkunst. Literatur in seinem Sinne, also ein „Sehen der Welt mit ersten oder letzten Augen“ müsse sich auf das reine Beschreiben des Seienden beschränken und dürfe nicht durch subjektive Vorauswahl die Welt interpretieren. Hallo? Ist der jetzt auch schon Staatsbeamter, der Köhlmeier? Was der dann wohl zu Thomas Bernhard absülzen würde? Ich will es gar nicht wissen! Im totalitären Konsumismus ist ohnehin fast nur noch garantiert ideologiesteriles Behübschungsgelaber (nach vorgäriger geschäftsgermanistischer „Qualitäts“kontrolle) erwünscht und marktfähig. Würg!

Also haben wir uns einen jungen und unverdorben subjektiven Mitstreiter des kreativen Eigensinns an Bord geholt, um diese Götzendämmerung mit uns gemeinsam zu begehen. Emanuele ist ein dermaßen vielseitig begabter und künstlerisch gestaltungsversessener Mensch, dass ihm die wenigen und zudem vordefinierten und beschränkten Ausdrucksmöglichkeiten in der provinziellen „Kunstmetropole“ schon jetzt zu eng, zu einseitig und zu langweilig erscheinen. Also dann: Er wird auf dieser Themenreise drei dramaturgisch durchkonzipierte Text/Musikblöcke beisteuern, mit eigenem und adaptiertem Material zu den drei Stunden/Stationen: „Hohe Ideale, Gefallene Engel, Falsche Götter“. Besonders gespannt darf man auf die unzensierte Version seiner Bearbeitung des „Jesus Christus Erlöser“ Vortrags sein, in welcher Kinskis Gefühle während der Performance von 1971 mit dem Text verschmelzen. Darüber hinaus beackert Emanuele weitere tiefe Themen rund um den eigenen Lebensentwurf. Wie hätte Hesse gesagt: „Wir sind Menschen. Und für den Menschen gibt es nur einen natürlichen Standpunkt, nur einen natürlichen Maßstab. Es ist der des Eigensinnigen.“ (1917)

Doch der Kunstmarkt hat seit damals die Reihen wieder fester geschlossen. Auch der Verleger Jochen Jung tönte im Artarium „Es gibt Literatur – und es gibt Selbsthilfegruppe.“ Ach, ja wirklich? Und wer bestimmt den Unterschied? Wer steht an der Rampe und selektiert das Werte vom Unwerten? Wer qualifiziert denn da die Aussagen, die Gedanken und Texte nach ihrer Arbeitsfähigkeit oder Restlebenszeit? Der Herr Doktor Geldgemengele? Auschwitz reloaded! Womit wir auch schon wieder mitten im Salzburger Gunstbetrieb angelangt wären. Ja, natürlich, sagt der Festspielhausverstand, Kunst ist, was Geld bringt. Die Diktatur des Wohlfeilen. Die Prozession der sich Prostituierenden. Haben wir den Begriff des Feudalismus jetzt eigentlich vergessen oder verdrängt? In der Kunstgeschichte der Hochkulturen ist doch fast ausschließlich das erhalten geblieben, was der Imagepflege von brutalen Herrschern und ihren Weltmachtideologien diente. Michelangelo Superstar ist das Ergebnis einer fortwährenden Castingshow – von Machiavelli Multimedici…

Deshalb ist auch Francois Villon echter Rock’n’Roll, echter Existenzialistenpunk, weil er nie Auftragsgünstler war! Aber die derzeitige Ideologie der industriellen Vernutzzweckung macht aus jeder Selbstäußerung eine Handelsware, wenn sie nicht bei drei auf dem Baum ist. Darüber ließe sich noch ebenso endlos wie trefflich schimpfen. Doch wo bleibt das Perspektivische? Was macht ein „gutes Bild“ aus? Der Jahrhundertfotograf Robert Capa soll gesagt haben: „It’s not the technique. It is the attitude.“ Die skandalöse Verführung in der Kunst ist eben nicht eine erkennbare Weltanschauung des Kunstschaffenden, sondern eine um den Preis der Gefühlsabspaltung behauptete Neutralität gegenüber der dargestellten Welt. Sie bedeutet die Leugnung der eigenen Emotionen und Bedürfnisse und somit die Aufgabe der Autonomie des Menschen. Klar, denn der muss sich ja als Künstler dem Diktat des marktwerten Erfolgs unterwerfen. Und jetzt aber Schnauze, Köhlmeier! Wir verführen euch allerdings – in aller Offenheit – hier zu diesem: „Mach dein Ding!“ Denn wir sind ein geiles Institut 😀

Love and Desperation (Norbert)

Podcast/Download: Die Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 13. Juli spannt einen weiten Bogen zwischen den scheinbar so widersprüchlichen Polen von Liebe und Verzweiflung. Sind das wirklich so extreme Gegensätze? Wenn unsere Liebe Erfüllung findet, dann ist der Endsieg der Seligkeit ein für alle Mal errungen. Und wenn unsere Liebe Enttäuschung und Verlust zeitigt, dann stürzen wir unweigerlich in den Untergang unserer Ideale. Liebe oder Tod? Gewinn oder Verlust? Zufriedenheit oder Zugrundegehen? Sind wir dermaßen gehirngefickt von der uns umherrschenden Ideologie der Nutzbarmachung, Besitzbarmachung, Verwertbarmachung jeglicher Lebensregung? Sind wir dem Schwindel von der Selbstverewigung durch Anpassung und Erfolg bereits vollständig verfallen? Sind wir die Glücksjunkies des 21. Jahrhunderts?

Nun ja, vor nicht ganz 2 Wochen musste ich auch von meiner Tante Elfriede Mader Abschied nehmen, die ein sehr wesentlicher Mensch für mich gewesen war. Sie hatte schon sehr früh meine eigenwillige Kreativität und Sprachbegabung entdeckt und nach Kräften gefördert, sowie mich dann auch ein ganzes Leben lang gegen gewaltsame Vereinnahmungen durch die allzu Angepassten und dem Durchschnitt, der Normalität Hörigen in Schutz genommen. Ihr Tod trifft mich als ein umfassender Verlust – nicht nur an menschlicher Wärme und Zuneigung, sondern auch an meinem Grundgefühl von Geborgenheit und Vertrauen. Es ist eine ebenso subtile wie nachhaltige Erschütterung meines gesamten Erlebens, wie ich mich in der Welt befinde – und wie ich mich den Eindrücken dieser Welt gegenüber verhalte. Manchmal fühle ich mich den Menschen in meiner Umgebung plötzlich ganz und gar schutzlos ausgeliefert – und meine verwirrten Empfindungen brauchen viel länger als sonst üblich, um die wohlmeinenden von den böswilligen Exemplaren zu unterscheiden. Ich möchte mich oft am liebsten verkriechen – und warten, bis jemand kommt und mir die wackelige Welt wieder zurecht rückt…

Und selbst inmitten der großen Liebe macht sich die Verzweiflung breit. Sie wohnt ganz nahe beim Lebendigen, sitzt mit ihren Verwandten Mutlosigkeit, Trauer und Wut am Tisch unseres Herzens und zieht einen dunkelgrau trüben Vorhang über die Früchte des Vergnügens. Sie ist düster, staubig und verraucht, aber nicht gleichmütig oder deprimiert. Sie ist voller Zorn und Zweifel und verhindert sich doch selbst beim Versuch, sich auszudrücken. Sie plappert pausenlos vor sich hin, schimpft, spuckt und grantelt, doch nie von den eigentlichen Themen, sondern immer irgendwie drum herum. Die Verzweiflung als eine hochtourig am Stand laufende Maschine zur Energievergeudung, gespeist aus der Begegnung mit unentrinnbarer Endlichkeit und der Gefährdung durch unverrückbare Vergeblichkeit. Wir könnten jetzt, um sie wieder los zu werden und um uns zu erleichtern, entweder uns selbst oder andere verletzen, etwa indem wir sinnlos herum streiten oder auf  Schwächere losgehen. Doch das ist unsere Art nicht, dazu haben wir einfach zu viel Glück im Unglück, dazu sind wir – auch und gerade im Angesicht des Todes – zu lebendig. Also versuchen wir einen anderen Weg zu gehen, einen unserem Wesen entsprechenderen:

Besinnen wir uns auf das Wesentliche! Was hat uns bisher – und immer wieder – am tiefsten bewegt? Womit beschäftigen wir uns – schon seit der Entdeckung unserer Eigensprachlichkeit? Und welche Themen haben uns jetzt und hier – in all unserer Zerbrechlichkeit – zusammen geführt? Ist es nicht die tiefe Erfahrung von Leid und Unrecht, wenn wir erleben, wie besondere Menschen, Individualisten, Künstler und Tagträumer von gedanken- und gefühllosen Gruppen, von unmenschlichen Ideologien und Machtsystemen ausgegrenzt, herabgewürdigt und misshandelt werden? Und ich meine hier gar nicht die chinesische oder syrische Militärdiktatur. Ich spreche von unseren Salzburger Schulen, von unseren Kirchen, Parteien und Vereinen. Von unseren Freundeskreisen, Nachbarschaften und Verwandten. Und ich spreche ganz klar von unserer geldhierarchisch gegliederten Gesellschaftsordnung, von der Erfolgsdiktatur und vom Leistungsterror unseres menschenverachtenden Wirtschaftssystems, vom massenblödial gefühlsabspaltenden Konsumwichteltum des Mozartkugelfaschismus, vom gutbürgerlich maskierten Plünderungsfeldzug am Gemeinschaftseigentum, vom Verprivatisieren des Öffentlichen Raumes durch die Besitzbesatzer und ihre Amtskomplizen. Ich spreche vom Schrecken und von der Ungeheuerlichkeit all dessen, was uns tagtäglich als vorgeblich unabänderliche Normalität umbrandet und umtost, in die wir uns angeblich ohne Widerspruch und ohne Rücksicht aufs eigene Wohlergehen gefälligst einzufügen hätten. Et cui bono?

Wir alle, die wir noch eine Stimme haben, können sie erheben – gegen das Vergessen und Verdrängen – und gegen die Verblödung unserer Umwelt. Wir alle, die wir noch zum Mitgefühl fähig sind, müssen unsere Wahrnehmungen mitteilen – und zum Gegenstand öffentlichen Gesprächs machen – für all jene, die üblicherweise an den Rand gedrängt, zum Opfer gemacht und ihrer Würde beraubt werden. Für all jene, die sonst für immer zum Jasagen oder zum Schweigen gebracht würden. Und natürlich auch für uns selbst, denn unsere Verzweiflung ist nur die dunkle Schwester unserer Liebe – und beide wohnen sie in unseren Herzen! – Bleiben wir lebendig …

wie lange noch

wie lange noch
werde ich alles hinunterschlucken
und so tun
als sei nichts gewesen

wie lange noch
werde ich auf alle eingehen
und mich selbst
mit freundlicher miene vergessen

wie lange
müssen sie mich noch schlagen
bis dieses lächerliche grinsen
aus meinem gesicht fällt

wie lange noch
müssen sie mir ins Gesicht spucken
bis ich mein wahres
zeige

wie lange
kann ein mensch
sich selbst nicht lieben

es ist so schwer
die wahrheit zu sagen
wenn man gelernt hat
mit der freundlichkeit zu überleben

peter turrini

PS. Ich empfehle überdies, auch die feinen Gedanken vom Chriss zu diesem Sendungsthema zu lesen 😉