Out of the Light into the Dark

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 9. Oktober“Dekadenz ist ästhetischer Widerstand um den Untergang zu ertragen.” Dieser schöne Satz stammt aus einem dokumentarischen Zweiteiler, der zur Zeit in der ARTE-Mediathek wütet. Darin kommt die Ambivalenz von Dekadenz (im allgemeinen Verständnis) elegant zum Ausdruck: Einerseits die Suche nach Schönheit (speziell im Verfallen) sowie die Lust am Ergründen des Abgrunds, andrerseits die moralische Empörung über den drohenden Untergang sowie der kreative Widerstand gegen dessen Verursacher. Rückblickend haben wir uns ja schon des öfteren mit derlei “tiefgründigen Themen” beschäftigt, was läge also näher, als zwischen Herbstbeginn und Zeitumstellung der “Düsterkeit des Zwielichts” zu obliegen. Es wird finster – ist das nicht auch schön?

Dark in the LightVom Herrn Hölzel vulgo Falco, dem internationalen Erfolgsösterreicher mit dem tragischen Abgang, gibt es den Song “Out of the Dark into the Light”, dessen Hoffnungskonzept angesichts der uns bevorstehenden Untergänge doch etwas abgegriffen wirkt. Auferstehung Reloaded und Phoenix im Kontext des Abgangs des Abendlands… So ging ich auf die Suche nach dessen Umkehrung und fand nach geraumer Odyssee tatsächlich ein Musikstück namens “Out of the Light into the Dark”, komponiert von Michiel de Groot für das Online-Game-Universum von “The Elder Scrolls”. Und so ward der Inspiration für einen zur dämmrigen Jahreszeit passenden Sendungstitel füglich Genüge getan. Lasset uns schwelgen in der Schönheit des untergehenden Lebens! Zu keiner Zeit ist das Licht intensiver als im Herbst, wo es doch von Tag zu Tag weniger wird. Zu keiner Zeit dringt das Leben stärker ins Bewusstsein als im Angesicht des Todes. Da ist auf einmal alles nichtig und lächerlich, so wie Thomas Bernhard das beschrieben hat, und zwar wirklich alles, was uns zuvor noch wichtig, übermächtig und unentrinnbar erschienen ist. Mein Herz schlägt mich innerlich tot

Blackberry by XöEin kraftvolles Kunstwerk zum Thema Licht und Finsternis, hier von Helmut Xö nachbearbeitet. Versucht einmal, den Schriftzug unter der Schwarzbeere (ja, da ist einer) zu entziffern. Wo hört Licht auf? Wo fängt Schwarz an? Dark Colours sind eben auch Farben – oder doch nicht? Das Spiel mit dem Dunkeltum löst dessen schwer zu bestimmende Grenzen scheinbar auf und befördert uns dadurch in die Dimension, die es nicht gibt – oder eben doch. Mein Leben ist ein tägliches Duell mit dem Gegenteil. Und es steht nach wie vor unentschieden. Der Herr Hase radelte heut sprichwörtlich durch die Vorstadt im Fön und nahm dabei einen sehr speziellen Geruch wahr, den er nicht benennen konnte. Irgendwie süßlich jedenfalls, und da fiel mir “es riecht nach Rattenchor” ein. Das legendäre Motiv von Georg Trakl, zu dem wir vor fünf Jahren ein ganzes Artarium gestaltet haben! Dieser Dichter der Dekadenz des Fin de Siècle ist wie kein anderer berufen, auch düsterer Stimmung glühende Sprache zu verleihen.

Light in the DarkDas “im Zwischen leben” und sich nicht für irgend eine der zwei oder mehr Seiten zu entscheiden, das “zwischen den Stühlen sitzen”, sitzen bleiben und die Spannung der Ambivalenz aushalten, das ist auch eine Möglichkeitsform, egal was uns die Schwarzweißmaler ins Schachterl scheißen. Ich entziehe mich der vorgesetzten Zweiheit des Entwederoder und erweitere sie hiermit ins Entoderweder oder ins Goisern’sche Entwederundoder. Multiple Choice is no choice at all – ist Multiple Scheiß! Niemand muss sich “fürs Leben entscheiden”, um zur Welt zu kommen. Es ist eine sexuell übertragbare Tröpcheninfektion, die ausnahmslos tödlich verläuft. Und zugleich ist darin immer auch die Anfrage an einen selbst enthalten, es anzunehmen, es zu bejahen, damit einverstanden zu sein. Zelebrieren wir die Schönheit des fast unmerklichen Übergangs, des gleichzeitigen Vorhandenseins von Leben und Tod, des Ineinanderfließens von Vergangenheit und Zukunft, in der Gegenwart, die keine Zeit ist – und also auch nicht dauert. Flüchtige Anwesenheit inbetween! Die “Besitzer” der erfundenen Dauerhaftigkeit seien dahingehend gewarnt: Nobody lives forever

 

Im Weltkrankenhaus

>>> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 11. September – Woran krankt die Welt? Versuch aus einer Stadt, die von allerlei Symptomen des “Großen Welttheaters” gezeichnet ist – und in deren Schauspielgeschichte es von Allegorien nur so wimmelt: Mammon, Glaube, Tod – geschenkt. Frau Welt hat das Coronavirus, nebst Hitzewallungen, Mundtrockenheit und Wasser, wos nicht hingehört. Ist diese Klimakrise ein ernstes Anzeichen für das Klimakterium der Menschheit (Die letzten Tage Reloaded) oder für eine schleichende Vergiftung durch die Weltwirtschaft? In unserem Weltkrankenhaus versammeln sich die besten Diagnostiker (von Dr. House bis Dr. Manson), um nichts Geringeres zu vollbringen, als die Welt zu retten. Und um zu erörtern, inwieweit das überhaupt (noch) möglich ist. Sonst – schlägts Dreizehn!

Dr. Hund & Dr. Hase im Weltkrankenhaus “Grüß Gott, ich bin der Arzt. Und sssippe sssappe!” Lachen soll ja gesund sein, vor allem wenns ernst wird. Dr. Hund und Dr. Hase sind stellvertretend überfordert mit dem Ernst der Situation. Was? Die Welt geht unter? Da müssen wir schnell den Müll trennen, Biofleisch kaufen und mehr Elektroautos produzieren! Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: “Du, ich hab Menschen.” Sagt der andere: “Mach dir keine Sorgen, das geht auch wieder vorbei.” Unlängst hab ich den Film “Das Kapital im 21. Jahrhundert” gesehen, in dem Dr. Paul Piff sein “Monopoly-Experiment” erläutert. Dabei stellt sich heraus, dass Menschen, die durch den Zufall eines Münzwurfs reich werden und gewinnen, diesen Umstand schon bald als eigenen Verdienst durch eigene Leistung ansehen und sich ihren (durch Zufall armen) Mitspielern gegenüber zunehmend rücksichtslos verhalten. Dr. Harald Lesch zeigt uns hier das Experiment in deutscher Sprache…

Dr. Helnwein & Dr. Manson im WeltkrankenhausWie krank muss eine Welt sein, dass sie solche Symptome hervorbringt, wie sie unter anderem von Dr. Helnwein und Dr. Manson dargestellt werden. Eine “bessere Gesellschaft”, die sich für (grundlos!) auserwählt hält, bringt alles um, was nicht in ihre Wahnvorstellung von Recht und Ordnung passt. Das Weltkrankenhaus in guter Absicht kommt jetzt unweigerlich an die Kapazitätsgrenze des Fassbaren: “The Punk-Rocker deserved to die – because he looked the way he did.” So kommentiert Marilyn Manson die Ermordung von Brian Deneke. Machen wir uns nichts vor, dieser “Einzelfall” (es sind deren unzählige) ist auch nur ein einzelnes Symptom einer bösartigen Krankheit. Aber welche kann das sein? Kapitalismus? Fernsehwerbung? Glaubensplemplem? Oder ist es gar das Zusammenwirken all dieser – und noch anderer, bislang unerkannter Seuchen? Wir hatten doch so schöne Hoffnungen und Träume (High Hopes) und dann kommt Dr. Ariadne von Schirach und diagnostiziert uns “Die psychothische Gesellschaft”, eine systemische Erkrankung, die das Überleben der Menschheit in Frage stellt

Dr. House im WeltkrankenhausAllerdings lautet der Untertitel ihrer als Buch erschienenen Diagnose auch “Wie wir Angst und Ohnmacht überwinden.” Das legt immerhin die Hoffnung nahe, dass es Hoffnung gibt. Und die hegen ja auch wir bis zuletzt, sonst würden wir hier nicht mehr hörbar in Erscheinung treten. Und im Weltkrankenhaus Doktor spielen mit der Frage: “Was ist los mit dieser Menschheit, dass ringsum zunehmend der Wahnsinn regiert?” Ich hätte da noch eine Diagnose, die alle bisherigen Symptome erklären könnte: Die Welt leidet nicht einfach nur an Menschheit, sondern an deren Erwachsenensyndrom. Nicht das Heranwachsen, die Geschlechtsreife oder die Fertigkeiten der Lebensgestaltungnein, das nachträgliche Abwerten der eigenen Kindheit im (falschen) Bewusstsein, etwas geleistet und “es geschafft” zu haben, wodurch man auch glaubt, ein Recht auf Macht über andere zu besitzen – just wie im erwähnten Monopoly-Experiment

Für diese Erkrankung suchen wir derzeit noch nach einer geeigneten Therapie.

 

Fetzenspielsommer

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 14. August – Hochverehrtes Publikum! Die Salzenburger Fetzenspiele, wie der geniale Ernst Jandl einst dieses österreichische Kultursymbol (nebst Operam, Burgentheatern und Schrammenmusik) bezeichnete, finden auch heuer, im 100. Jahr nach ihrer Gründung, wieder statt. Und das, obwohl die COVID-19-Pandemie sonstüberall den Hochkulturbetrieb stillgelegt hat. Das große Welttheater hängt förmlich in Fetzen. “Wir wollen keine Ausnahme”, sprach unsere Lieblingspräsidentin, und promt öffnete das alljährliche Schaulaufen der Systemelefanten als einziges internationales Kunstfestival seine Pfort*innen für die zahlende Kundschaft. Das wird fürwahr ein fröhlicher Fetzenspielsommer. Und heißt Fetzentandler nicht auf Wienerisch Kleidergeschäft? Maske auf und los gehts…

Fetzenspielsommer 1Garantiert virenfrei (weil im Radio) sind unsere Einlassungen rund um ein selbstgemachtes Programm, ein wahres Festspiel der Herzen. Ein etwas anderer Ohrenschmaus der Phantasien und Wünsche. Wir spielen quasi mit der Liturgie einer allsommerlich zelebrierten Messe und eines diese Stadt unentrinnbar prägenden Hochamts der Kunst und … “Des Satans Fangnetz in der Welt hat keinen andern Nam’ als Geld.” Was würdest du dir wünschen, was kunnst du dir vorstellen, dass es im Rahmen der altehrwürdigen (manche meinen auch “zu Tode tradierten”) Festspiele stattfinden sollte – wenn du deren Intendant*in bezw. künstlerische Leiter*in wärst? Wohin könnte sich die 100-jährige Institution weiter entwickeln? Welche bislang nicht (oder kaum) in Erscheinung getretenen Kunst- und Gestaltungsformen sollten künftig stärker vertreten sein? Und welche etablierten Traditionen wären (auch in gewandelter Gestalt) erhaltenswert? Setze selbst Schwerpunkte – und erlebe, wie Beton schmeckt.

Fetzenspielsommer 2aWie prophetisch Kunst ist veranschaulicht dieses Bild: Die Behauptung, ein Ohr für die Sorgen und Nöte der einfachen Menschen (des “gemeinen” Volks) zu haben, erweist sich speziell bei näherer Betrachtung als Kunststoff-Kulisse. “Ich bin die Volkspartei”, sprach die Kirche, “und wer nicht für ihn ist, ist widerlich.Eine Idee, die sich allerdings “vor der schönsten Domfassade” genauso niemals inszenieren wird lasssen wie vor 70 Jahren Bertolt Brechts Salzburger Totentanz. Im Kopftheater unserer Vorstellung dahingegen geht alles, und so wird es eine Eröffnungsfeier mit Ernst Jandl geben, eine Lesung mit PeterLicht, eine längst überfällige Würdigung des Komponisten Frank Zappa sowie des legendären Cellisten Wolfram Huschke. Dazu Beiträge und Collagen von und mit Markus Hinterhäuser, Wilfried Haslauer, Helga Rabl-Stadler und Gerard Mortier, naturgemäß durch den Wortwolf gedreht vom Verein der Freunde der Gegenkultur (im Schatten der Mozartkugel)… Unser Fetzenspielsommer soll das Fadenscheinige entlarven, das Unvollendete einen guten Tag sein lassen – und das Zukurzgekommene in ein etwas anderes Bewusstsein rufen. Der Geldkoffer heißt nämlich nicht nur so – er ist auch einer.

Wer nichts wird verwirrt (halt nicht uns).

 

Zuvielversum

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. JuliWieviel Versum ist ein Zuvielversum? Und wo würde man das lernen? An der Zuvielversität? Vielleicht im Dichterwettbüro von “Zuviel Versum Hysterie” aus Klagenfurt? Zwischen dem alles enthaltenden Einen und seiner Aufsplitterung in unendlich Zuvieles muss doch auch noch genügend Platz bleiben für ein menschliches Maß in deren Auffassung. Und so spielen wir als zwischenraumfahrende Sternschnupperer mit den einander scheinbar entgegen gesetzten Weltsichtweisen herum – bis sie sich in Wohlleben auflösen. Das geheime Leben der Lebewesen möchte man sagen. Wieviele Perlen wurden nicht schon vor die Säue geworfen – und es hat wieder keine Sau interessiert. Von Hasen haben wir derlei Sprichwörtliches allerdings noch nie gehörtJuuhuu!

Zuvielversum - Die PiratenEin Fall für zwei unerschrockene Kulturfreibeuter. Nutzen wir die Kunst der Stunde! Und plündern wir das gesamte Zuvielversum der Text-, Musik- und Bildbeiträge, so dass es wiederum denen gehört, die es lieben und bestaunen, und nicht denen, die es zum Nutzzweck ihrer Geldwelt verwursten. Pfuiii Deifi!!

“Der Wald kommt zurück. – Es wäre nur schön, wenn wir dann noch da sind …”

Zuvielversum - Die richtige RichtungDer Weltraum ist ein Biotop und keine Fleischfabrik. Ja wer hätte das gedacht? Unser Weltenraum ist ein kreativer Freiraum und keine Naturzerstörung vom Fließband. Unser Kulturraum ist Platz (also auch Zeit) zum Denken, Fühlen – und zum Aussortieren der viel zuvielen Eindrücke, die werbewirksam von überallher auf uns einklingeln, einplärren und einkrakehlen wie eine Kakophonie für Millionen. Nichts wirklich Neues unter unserer Sonne seit Propangasminister Goebbels: “Wir machen Sendungen für die Millionenmassen.” Und an dieser Volksempfängnis aus Massenblödien, Quasselödien und Kassenschmähdien hängen nach wie vor die braven Bürger, der kleine Mann und seine kleine Frau, die Durchschnitte. Nicht mit uns, Oida!

“Die Artikel zur Sendung sind Assoziationsmaterial zum selbst weiter denken …”

Zuvielversum - Derdiedas ChaosmosDie Digitalisierung schreitet voran. Der freiwilligen Selbstverblödung entkommt eh kaum noch irgendwer. Zeit ist Geld – und wir sind alle eine lustige Hochleistungsgesellschaft. Thronald Dump ist Bräsigdent der Verunreinigten Statuten – und die Festspiele spielen fest. Vollholler Reidulliöh und auf ins Verderben!

“Wir schwelgen stets in ausgewählten Kostbarkeiten aus dem – Zuvielversum …”

Hurz!

 

Wucht und Fluffigkeit

> Zur Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 12. Juni – Veronika (oder wer auch immer), die Ambivalenz ist da. Das zeigt allein schon die österreichische Zeitgeschichte: Wir sind schuld. UND: Wir können nix dafür. Beides trifft zu. Immer auch gleichzeitig. Moskauer Deklaration hin, Mauthausen-Gedenkstätte her. Da ist es von der “Unerträglichen Leichtigkeit des Seins” nicht weit zur “Unerklärlichen Fluffigkeit des Steins”. Das gepflegte Aushalten der Ambivalenz erscheint uns als angewandtes Paradoxon. Für seine Abhandlung von “Krieg und Frieden” brauchte Leo Tolstoi mehr als 1.500 Seiten, für “Wut und Zärtlichkeit” brauchte Konstantin Wecker immerhin ein ganzes Album, ebenso wie Das Trojanische Pferd für “Wut und Disziplin”. Bei uns gibts “Wucht und Fluffigkeit” in gerade mal drei Stunden

Welpentier FluffigkeitIn der poetischen Wortschöpfung stehen uns Mittel zur Verfügung, unser realitätsträge gewordenes Gehirngedärm wieder an die Kost der Ambivalenz zu gewöhnen: das gleichzeitige Vorhandensein von Licht und Schatten – jeweils in ein und derselben Angelegenheit. Ohne Sprachbilder wie etwa “zärtliche Explosion” oder “sanftgewaltiger Flügelschlag des Schmetterlings” können wir innere Vorgänge wie “wenn Terror in Geborgenheit kippt(beschrieben von Arno Gruen) oder psychologische Begriffe wie “Stockholm-Syndrom” nicht gut genug verstehen, um daraus Lebenssinnstiftendes zu gewinnen. Deshalb bemühen wir auch ein zweites Mal den “Bockerer” als Beispiel für lebensfreundlich gestaltete Geschichte. Und zwar nicht als Film von Franz Antel sondern als Theaterstück von Ulrich Becher und Peter Preses, aus dem sich ganz vorzüglich szenisch lesen lässt.

Wuchtige FluffigkeitInmitten von Unmenschlichkeit und Zerstörungswahn trotzt da einer in seiner kleinen Welt ungebrochen als mitfühlender Mensch der Diktatur der Angepassten. Vielleicht, weil er nicht aus hergebrachter Moral und idealisiertem “Gewissen” handelt, sondern schlicht stur und liebevoll sein ureigenstes Selbstsein gegen den Strom der Zeit aufrecht erhält. Diese Gleichzeitigkeit von äußerem Ungeist und innerem Widerstand ist eine Meisterleistung der beiden Autoren (die das Stück 1945 in der Emigration fertig schrieben) – und eben eine gelungene Darstellung der eingangs erwähnten Ambivalenz. Genauso wie das Video zu “Psycho Celtic” von Technical Hitch, welches die Themen Natur und Technik in ihrer Mehrdeutigkeit zueinander kontrastiert. Darüber hinaus soll unsere Musikauswahl diesmal sowohl Wucht als auch Fluffigkeit transportieren (was nicht immer in ein und demselben Stück gelingt). Geneigtes Publikum, bitte oszillieren sie

Zerbrechliche FluffigkeitDenn allein schon diese beiden Begriffe bedürfen einiger geistiger Gymnastik: Was wäre Wucht – zwischen Wurst und Wumms – Knackwucht? Oder locker flockig gedacht, bin ich fluffig depressiv? Wrdlflfft! Eben. Der Pferd, der hat vier Beiner. Auch im Juni. Bald ist Sommersonnwend – und Feier! Von da an wirds eh wieder finster, ein Zustand, der uns weltpolitisch leider nur allzu vertraut erscheint. Da müsste man mal so richtig mit WuchtHa! Eine mögliche Synthese aus Wucht und Fluffigkeit wäre doch Wuchtel, ein luftiges Backwerk, das auch als Synonym für unernste Gschichtln firmiert. Heiße Luft mit Germ sozusagen, und den gabs ja eine Zeit lang nur spärlich zu kaufen. Haben den vielleicht die Germ-Ahnen für irgend so ein selbsterfundenes Ritualfest gebraucht? Man kann aus allem und jedem was aufblasen – doch nur die Fluffigkeit hat Wucht.

 

Osterhasen Quarantäne

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. April Willkommen zu unserem Quarantäne-Workshop aus den Außenstudios des Ausnahmezustands. Wir lernen dabei heute, wie sich ein aus spontan-assoziativer Live-Begegnung und atmosphärisch verdichtetem Zusammensein erwachsenes Sendungsformat “von zuhause aus” produzieren lässt, und zwar ob wir wollen oder nicht. Denn die auch in der Radiofabrik geltenden Corona-Richtlinien verunmöglichen uns den Gebrauch des gewohnten Sendestudios – und so stehen wir vor einer eigentlich unlösbaren Aufgabe, nämlich die Sendung schon “im voraus” herzustellen und dabei dennoch einiges an Überraschung und dialogischen Live-Elementen einzubeziehen. Was sagt der Hund? “Eine Live-Sendung vorproduzierendes geht überhaupt ned.

Osterhasen Quarantäne MusikDabei soll die “musikliterarische Gefühlsweltreise” ihren unteren Titeln getreu auch in der heutigen Form “mit tiefgründigen Themen” zugange sein. Eine bloße Reflexion zur aktuell herrschenden Pandemie wäre uns aber zu langweilig, zumal wir erst unlängst im Artarium “Die Büchse der Corona” aufgemacht haben. Weltweite Virenkrise – das könnte einigen Globalsoziopathen allerdings gerade recht kommen, weils doch so schön ablenkt von all den hässlichen Nebenwirkungen der internationaler Konzernokratie und ihrer grenzenlosen Gier, wie etwa Lohnsklaverei, Massenverelendung und Umweltzerstörung. Alles geht so weiter wie bisher – und jedweder Widerstand wird durch Ausgehverbote im Keim erstickt. Irgendwie legt sich die derzeitige Zwangslage auch wie eine schleichende Krankheit auf Geist und Seele. Wer verbreitet das Virus? Richtig, die Wirtschaft. Bitte merkts euch das amal!

Osterhase in Quarantäneman greift schnell zur resignation
man greift schnell zu schuld und verleumdung
man greift schnell zu panik und furcht
man greift schnell zur illusionierung

man geht schnell durch gassen und märkte
man geht schnell zurück in sein haus
man geht schnell vorbei an den alten
man geht schnell zur arbeit und dankt

man glaubt schnell all den idioten
man glaubt schnell den fakten und zahlen
man glaubt schnell den falschen versprechen
man glaubt dem geld schnell und seinen vasallen

Auszug aus “zyklus viral” von Christopher Schmall. Dem ist nicht viel hinzu zu … außer vielleicht die Musikauswahl betreffend. Denn kaum richten wir den Blick ins Innere der Gefahrenzone, also in die Gefühlswelt der Gefährdeten, schon scheint das Bedürfnis nach Krachbumm und Intensität zuzunehmen, in jeder Quarantäne ziemlich genau dem Unvermögen des Draußenauslebens entsprechend.

Osterhasen Quarantäne im KopfUnd so soll dieser Versuch, das Unmögliche zu ermöglichen, ein weiteres Fragment werden – in den Versuchen vieler, der Isolation, der Angst und dem Wahnsinn kreativen Lebensmut abzuringen. Auch wenn wir dafür unseren gesamten, längst eingespielten Produktionsprozess über den Haufen werfen und quasi neu entwickeln müssen, die bloße Vorstellung, in diesem Monat keine neue Schöpfung zu gestalten war noch viel mühsamer. Auch wenn all dieses digitale “Verbundensein” weit entfernt von “The Real Thing”, nämlich “Life is Live” ist, auch von Krisen und Katastrophen (und von der Regierung, wäh!) aufgezwängte Grenzen sind dazu da, überwunden zu werden. Aus unserer häuslichen Abgeschiedenheit in eure Einsiedelei, Quarantäne, Verunsicherung gesendet, allerbeste Hasengrüße des Überdauerns, Überstehens und Überwindens, die etwas andere Collage aus Liebe, Poesie und Widerstand: Bleibts am Leben!

Die Landschaftsfotos verdanken wir der Musikgruppe Hasenbar

 

Harlekinese und Kasperliade

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 14. FebruarAchtung Achtung, Klasse! Nachdem wir uns jetzt alle gegenseitig an unsere eigenen Nasen gefasst haben, atmen wir einmal tief durch die selbige ein und schreien drei mal laut: Hurra – ich bin ein fröhlicher Homo Sapiens!“  Genauso gut könnte man da sagen: “Demokratie ist, wenn wir alle paar Jahre diejenigen wählen, die uns am lustigsten auf den Kopf scheißen.” Oder: “Großvati, Großvati, es hat geschneit!” – Wie dem auch sei, im nunmehrigen Februar findet vielerorts Fasching, Fastnacht oder Karneval statt, und wir haben beschlossen, diesem Zustand in unserer Sendung Rechnung zu tragen (solang es nicht allzuviel kostet). Und so hoppeln wir fröhlichfeucht durch eine ganze Kasperliade aus Scherz, Satire, Ironie und tieferer Bedeutungmit Gefühl.

Kasperliade 1Da das assoziative Gestrüpp zum Thema ebenso unübersichtlich wie reichhaltig ist, müssen wir uns, bei aller Vielheit, auf eine Hauptperson ausrichten – den Kasper. Reisen wir also ohne Stress quer durch alle möglichen Manifestationen dieser multiplen Personalunion mit sich selbst. Sozusagen mit Casper ins Kasperltheater, und gleich weiter zum Joker, zum Kaspar Hauser, überhaupt zum traurigen Clown und seiner genau deshalb entlarvenden Weltsicht. Der Titel der Sendung müsste eigentlich “Harlekinese, Kasperliade und Clownerie” heißen, aber wo ist heute noch Platz für so abgerundete Triologien? Oder Songtitel wie zum Beispiel “Die Verfolgung und Ermordung des Rockundroll, dargestellt durch die Musikertruppe des Hospizes zu Vicht unter der Anleitung des Herrn von Schroeder, Teil I” Hä? Eine rheinrhetorische Frage – also auf Kölsch. “Die Musik ist tot – gefoltert, gequält, der Unschuld beraubt. Die Musik ist tot – und mit ihr all das, woran wir geglaubt. – Rock’n’Roll ist tot.” Aber sicher nicht bei uns. Gut zu hören!

Kasperliade 2Nicht, dass wir zwei nicht lustig wären (siehe Bild), für den Höhepunkt des Rumkasperns (in der zweiten Stunde) haben wir uns dennoch kompetente Unterstützung vom Institut für Battle & Hum besorgt. Der Master of Cerebrity Randy Andy wird uns livehaftig die Rumkugel geben – und sich wie euch mit Kleinodien des etwas abgedrehteren Humors behupfdudeln. Oder der etwas abgründigeren Musik, etwa aus dem Soundtrack zu “Joker” von Hildur Ingveldardóttir Guðnadóttir. Wenn auch der zuvor zitierte Text von Schroeder Roadshow den Tod des Rock’n’Roll betrauert und dabei durchaus eine prophetische (1980) Kritik am Unwesen der Untenhaltung darstellt (ich sag nur Autotune), so gibt der darin angesprochene Mythos (vielleicht eh posthum) laute Lebenszeichen von sich. Im (definitiv posthumen) Michael-Glawogger-Film “Hotel Rock’n’Roll” jedenfalls, den wir hiermit aufs allerschärfste empfehlen (und der uns auch durch die Sendung begleiten wird), nebst weiteren Dopfencollagen aus Audio.

Abschied vom Heimatfilm“Der Wald ist die Frisur des Berges, Schorschi.” – “Dem gehn oba sche longsom de Hoa aus.” Eben. Viele wunderbare Szenenbilder und noch mehr verdanken wir übrigens dem Luna-Filmverleih. Da bleibt keine Heimat trocken & Kebapaufstrich. Wenn schon das Wort eine Waffe ist … dann ist die E-Gitarre eine Abschussvorrichtung für noch erheblichere Auswirkungen. Und erst das Schlagzeug – bitte, im Italienischen heißt es eh “Batteria”. Im Anfang war die Wucht. Und die Wucht war bei sich. Die Wucht aber sprach – und siehe, es ward. “Let there be Rock” Wie find ich den Notausgang? Vielleicht wenn die Kasperliade selbst-systemkritisch rotzt: “Scharfe Waffen griffbereit im Handschuhfach, auf dem Müllplatz liegt ein letztes Stoßgebet. Verzweiflung, Angst und Wahnsinn halten uns in Schach, im Fernsehen spricht der Papst von Humanität. Schon wieder so ein Tag, so wunderschön wie heut. Und tatsächlich schon wieder all die furchtbar netten Leut. Massenmörder, Henker, Diktatooor – kommen eben nur im Märchen vor!”

Schroeder Roadshow – So ein Tag

 

Bombast Kontrast

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. JanuarBombast, Opulenz, Cinemascope! Wir senden die Neujahrsandacht des Hundepräsidenten aus dem etwas anderen Hasenbiotop zu Salzburg – und wünschen viel Verglühen. Thema unserer textmusikalischen Rundumverdichtung ist das Reichhaltige, das Unerwartete und das Vielschichtige. Ein zeitloser Spazierflug durch Gegenwart und Vergangenheit von Kunst und Kultur. Die Zukunft dazu ist jeglichenkopfs wie immer selbst zu erfahren, dem entsprechend, was sich darin daraus so entwickelt. Wir stellen ein zwirbeliges Geflecht aus Klangraum und Sprachzeit zur Verfügung und laden zu dessen Bereisung ein. Querassoziative Empfindungen, urplötzlich hervorquellende Bilderfluten oder einfach nur weltumspannende Einsichten

Ronnie Urini OpulenzAlles ist möglich! Kunst geschieht eben immer “im Kopf” derer, die sich ihr hingeben. Und dann ereignet sich Kunnst im Sinn von “könntest” im Leben derer, die sich das zu tun trauen. Wie bei diesem Herrn hier, der uns einstmals in Gestalt von Ronnie Urini & Die letzten Poeten mit den untergründigsten Textvertonungen erfreut hat, zum Beispiel mit H.C. Artmann “1001 Nacht”. “Seine unergründliche Opulenz” möchte man sagen. Bombast und Cinemascope sind da im Lebenswerk Programm. Und Robert Fripp (zu dem wir auch noch kommen werden) spielt auf diesem Stück das Mellotron – auch kein ganz kleines Gulasch. Was uns sogleich wieder zur Menschheizgeschichte an sich führt. Oder zu dem, was wir ja längst als “Quotentrotteltum” identifizieren. Ein System, das durch und durch “dem Erfolg” als “möglichst immer noch mehr Geld herauspressen” gewidmet ist, zerstört seiner Natur gemäß alles Individuelle und Nichtangepasste, also jedwede Regung des menschlichen Geistes jenseits des funktionsoptimierten Durchschnitts. Poeten, Propheten und andere Visionäre werden dadurch eiskalt ausgemerzt: “Das ist lustig und das ist schön – das ist das Zugrundegehen.”

King Crimson BombastDennoch stolperte ich beim Hupfen unlängst über ein bemerkenswertes Videoding aus der neueren Neuzeit: King Crimson – Starless (2016) ist nun wirklich Bombast in Reinkultur. Doch gar keine deppert zuckende Lasershow, dass es dir die Augen raushaut vor Schreck. Und schon gar nicht 100 synchronhampelde Duracelltrottel, dass du dich grad anspeibst vor lauter Üblichkeit und Bühnenshow. Nein, ernste Musik mit DREI Schlagzeugern, in einer hoch komplexen Verdichtung zu Gespür gebracht, dass dir nicht vom Scheinweltbeplempern schwindlig wird, sondern vom Inhalt. Es gibt noch Hoffnung! Doch seien wir uns ehrlich – etwas anderes hätten wir uns von Robert Fripp (da ist er also wieder) nicht erwartet. Und auch nicht von Tony Levin, der uns über die Jahre seiner Zusammenarbeit mit Peter Gabriel heftig ans Herz gewachsen ist. Das Stück “Here comes the Flood“ vereint die drei auf Gabriels erstem Soloalbum (Car 1978), dem der Meister im nachhinein auch schon einmal “zuu viel Bombast” bescheinigte.

Waluliso KontrastWollen wir uns zuletzt noch einer Verkörperung des “Wiener Originals” zuwenden, an dem sich die vollendete Perversion dessen, was “allgemein” als bedeutend, relevant oder wichtig angesehen wird, vornehm verdeutlichen lässt. Wer oder was war jener Waluliso wirklich, der oft als Friedens- und Umweltaktivist, als spinnerter Nudistenfreak, als nicht ganz dichter Selbstdarsteller oder was auch immer beschrieben wurde? Nach dem eine Brücke über die Neue Donau benannt ist und dem die Stadt Wien ein Ehrengrab am Zentralfriedhof gewidmet hat? Was wissen wir über die Innenwelt des öffentlichen Außenseiters? Und warum wird dieser zutiefst eigensinnige und im schönsten Sinn eigenArtige, sich selbst zum Kunstwerk machende Elementarmensch posthum derart gewürdigt? Weil man ihn so halt gut vereinnahmen und dadurch auch vermarkten kann. Ernst genommen hat seine Aussagen zeitlebens kein Politiker, kein Unternehmer, kein Medienkasperl. Die waren alle viel zu sehr mit der Aufblähung ihrer eigenen Wichtigkeit befasst. Einzig die Band Blümchen Blau hat ihm ein akustisches Denkmal gesetzt – mit einigen seiner eigenen Botschaften.

Fazit? Die herrschende “Ordnung” ist vollkommen verkehrtherum. Ich schließe meine heurige Andacht nun mit dem angeblichen Zitat eines jüdischen Wanderpredigers:

“Die Letzten sollen die Ersten sein.”

 

Allerleih Raunacht

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt am Freitag, 13. Dezember (Teil 1) sowie Perlentaucher Nachtfahrt am Freitag, 13. Dezember (Teil 2) – Heiliger Bimbam! Was für eine Reise! Quer durch den Gemütsgarten des Adventskrampfs vom Nikolausi bis zum Weinachteln – dann noch nach Silbvesper, nach Neu-Ja und Dreigönning, da verrutscht selbst das rauheste Haus der Nacht in die Allerleih. Denn zu dieser unserer (nun schon) 9. Dezembriade haben wir illustre Gäst*innen aus Wort und Bild eingeladen, uns einige ihrer Werke zur Gestaltung der Sendung anzuvertrauen. Wir leihen uns sozusagen allerlei Kunnst für unsere Themencollage aus – so entsteht Allerleih. Wir lesen Textbeiträge von Salzburger Autor*innen und präsentieren ausgewählte “Glimpfungen” von Helmut Xö. Dafür bedanken wir uns ausgesprochen saftig – speziell bei der SAG sowie bei Helmut Xö (Facebookprofil).

Orkanspende zur Rauhnacht“Here comes two of you. Which one will you choose?” Dieses legendäre Zitat aus dem Velvet-Underground-Cover von Bettie Serveert ist in der diesjährigen Signation gut zu hören. Und auch einige Zitate aus unseren bisherigen adventdezemberischen “Perlentaucher-Nachtfahrereien” seien allhier angefügt. So etwa aus dem Artikel zum Weihnachtsfeuer von 2016: “Ob Advent oder Event, Kranz oder Krampf – Kerzen sind nicht zum Scherzen, wiewohl es mannigfach Gründe fürs Anzünden geben mag. Und fürs Aufregen, in Zeiten wie diesen, wo eine derartige Vollverdodlung um sich greift, dass bald auch die Schneeräumung mit dem Laubbläser erfolgt. Halleluja! Was ganz oben sitzt und allen auf den Kopf scheißt, das ist in jedem Fall ein Arschloch, ganz egal welche Weltanschauklung, Religwution oder Idiotlogie es auch immer vertritt. Auf den Kopf scheißen ist niemals gut.” Oder wie Georg Kreisler sagte: “Jede Macht ist falsch.“

Allerleih Coca-Coala“I have my books and my poetry to protect me.” Von wegen “Niemand ist eine Insel”. Simon & Garfunkel bringen die Selbstverteidigung in Zeiten zwischenmenschlichster Betriebsamkeit auf den Punkt: “I am a rock. I am an island.” Dazu die Gedanken der Inselstifter aus dem Café Unstet (2015) mitten im Mittelmaßmeer der organisierten Durchnittlichkeit: “Gewähren wir einander doch Unterschlupf – an den Ufern unserer einstweilenen Zwischenweltinseln – und wenns nur für heut Nacht ist. Begleitet von Boker Tov Iran sowie No No Keshagesh winken wir euch zum Abschied noch einmal nach und wünschen viel Glück beim Selbstsein – im Wortschwall des Weltblabla!! Doch Augenblick mal – was sind das für verwegene Verrückte, die da am Lampedusa-Lagerfeuer noch lang nach der EU-amtlichen Sperrstund Musik machen und Herz und Hirn für die Freiheit der Verfolgten hinhalten?” Entsetzliche Klischees mit Häschen.

Allerleih Punk Ratius“Ein Faustschlag ins Gesicht der Pietät gehört zu den Taten, ohne welche man nicht von der Schürze der Mutter loskommt.” Meditiert einmal gründlich über diesen Satz von Hermann Hesse, enthalten im Album “Hesse Between Music“. “Hofft eigentlich heute noch wer auf sowas wie eine flächendeckende Volkserleuchtung? Oder befinden wir uns inzwischen alle im Zeitalter individualisierter Erkenntnis? In dem uns zwar noch gelegentlich ein Licht aufgeht, wir aber längst nicht mehr bemerken, dass wir alle Teil einer perfickten Weihnachtsdekoration sind? “So muss Weltherrschaft!” Und der Letzte macht das Licht aus. Nichtsdestodessen oder aber auch hinwiedertrotz: Frieden auf Erden und den Menschenähnlichen was Nettes ohne Konsumzwang. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter ruft ja nicht zum heldenhaften Helfen auf, sondern zum sich Hineinversetzen in die Lage des Bedürftigen.” Auf der Suche nach dem Licht (2017)

Allerleih Schal und Rauch“Er wüsste wie er geht, der letzte Beweis. Von oben fliegt die Erde einen elliptischen Kreis.” Diese Passage aus dem lieblichen Lied “Sie mögen sich” (ausgefuchste Animation!) von Shaban & Käptn Peng beschließt nun diese erste Etappe der musikliterarischen Gefühlsweltreise. Die zweite gibts als buntes Allerleih: “Alles schläft, einsam wacht – bist du da? Was wird sein am anderen Ende der Nacht, wenn du dir begegnest, gleichsam beschenkt und entblößt? Hast du Angst vor dem Schweigen des Lärms, vor dem Gähnen des Abgrunds, vor dir selbst? Hast du Lust, dich zu spüren und in ein neues Jahr zu springen, einen neuen Tanz zu vollführen, ein neues Bild anzufangen, mit einer neuen Idee ins Bett zu gehen, die dich liebkost – und die du danach nie mehr vergessen kannst? Was also macht diese Nacht mit dir, was machst du mit ihr? Wer bist du – in deiner eigenen Zeit, wenn du sie dir selbst schenkst?”

Christgsindlmarkt (2012)

Und jetzt? Allerleih Rausch!

 

Grenzenlos Guter Geschmack

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 8. November – Liebe Gemeinde, der Denk-, Fest- und Trauertage sind allerlei, speziell zur aktuellen Jahreszeit. Und dann auch noch die Zeitumstellung, ein Turbolader für jegliche Herbstdepression. Man spürt das nahende Ende aller blühenden Landschaftenund man ist verstimmt. Zwischen Hurrafeier- und Volkstrauertag wird des “Falls” der Berliner Mauer gedacht, die Reformation ist an sich selbst gescheitert – und Allerheiligen kann man auch als griechischen Vornamen übersetzen. “Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein.” In den letzten hellen und warmen Spätsommertagen sehnen wir uns nach etwas Wohlschmeckendem, das wir auf unserer langen Reise durch die Winternacht als Verpflegung mitnehmen können.

Grenzenlos Guter Geschmack - MusikAuf persönlicher Ebene habe der Mensch eine einzige Aufgabe, so sagte ein Freund einmal, nämlich sich in allen Dingen einen ganz und gar eigenen Geschmack zu bilden. Das sei so einfach, meinte er, wie etwa beim Essen oder beim Sex, und ließe sich in folgenden Worten ausdrücken: “Mmm, das mag ich!” sowie “Wääh, das mag ich nicht!” Alles, was einen Menschen davon abbringe, so sagte er weiter, diese Geschmacksbildung ungestört auszuüben, sei ein Angriff auf die Entwicklung einer individuellen Kultur und somit ein Verbrechen. Man müsse sich nur fragen, wer jeweils den größten Nutzen daraus ziehe und schon könne man die Verbrecher identifizieren. Derlei apodiktische Anschauungen in bester Bernhard’scher Denktradition waren das Fundament unserer Freundschaft. Und sie haben sich über Jahrzehnte bewährt und bewahrheitet. Schauen wir uns doch um im Matsch der Masse, da torkeln lauter von immer noch mehr Ablenkung zerplemperte Hordiot*innen voll gestört vor sich hin.

Grenzenlos Guter Geschmack - BuchcoverDie Ausbildung eines eigenen Geschmacks würde sich auch in den Musikvorlieben eines Menschen wiederspiegeln. Oder darin, was er gern isst. Und vor allem darin, WIE er seine Sexualität ausübt. Nur, dass von Letzterem nur die Wenigsten etwas mitbekommen (was vielleicht gar nicht so verkehrt ist). Schau dir einmal drei Pornos an. Und dann vergegenwärtige dir, wie “der Sexualakt” von der Mehrheit der Durchschnittchen “vollstreckt” wird. Wenn du die beiden Bilder, die dabei entstehen, übereinander legst, scheinen sie zunächst höchst unterschiedlich zu sein. Doch hinter diesem ersten Eindruck verbindet sie etwas Erschreckendes: Die im Kopf entstehende Vorstellung davon, was wie zu tun sei. Was normal, was richtig und allgemein üblich sei – und wie man daher (sogar im Intimsten) zu leben habe. Nächste Ebene: nur ein kleiner Schritt zu Evangelisation, Produktwerbung und Wahlkampfdideldei. So entstanden im Zusammenspiel mit besagtem Freund noch weitere Kopfszenarien, wie etwa der Ausruf: “Schleichts eich aus meiner Unterwäsch!” zu jeder Belästigung durch lauthalses Marketing und dergleichen Geplärr. Es ist völlig zu Recht strafbar, sich gegen den erklärten Willen eines Mitmenschen in dessen Intimbereich zu drängen. Es ist wunderlicherweise vollkommen legal, ihm als Staat, Partei oder Glaubensdings listig und hinterrücks Heilsversprechen ins Gehirn zu scheißen. Und zwar grenzenlos

Grenzenlos Guter Geschmack - TextTrübe Tage, klare Gedanken, ein grausiger Geschmack. An einen Grenzen. Vom vom zum zum. In zwischenen Zeiten. Grenzenlos wollen wir werden, indem wir uns zwischen alle Stühle setzen, die noch im Niemandsland befindlich sind. Vom Eisernen Vorhang zur Berliner Mauer. Im Todesstreifen schmeckt der Wein besonders gut. Bedenke, Mensch, dass du erblich bist (und alles sonst gewerblich ist). Wichtig ist stets der richtige Reiseproviant. Oder wie uns Jan Böhmermann lehrt – sogar für die SPD besteht noch Hoffnung. Also schultern wir unsere Jausensackerl für die kalte Jahreszeit – und begeben wir uns in den großen Hasensaal der Radiofabrik zu Salzburg, um die süßen Früchte des letzten Sommers mit euch zu teilen. Und es wird uns allen warm werden ums Herz und wir werden alle um das Lebensfeuer tanzen, ungeachtet des internationalen Volkstrotteltums

Apropos, wenn es stimmt, dass Kohl Blähungen verursacht, dann ist auch die AfD nichts weiter als ein Vogelschas in der unendlichen deutschdeutschen Geschichte.