Die Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 8. Mai fand diesmal dem Thema gemäß als ein sich wiederholendes Selbstzitat statt. In aller gebotenen Ironie servierten wir Ausschnitte aus der Gepflegten Koinzidenz sowie aus den Märzhasen. Dazwischen jedoch gab es die Aufzeichnung unserer COPY RIOT Performance vom Donnerstag, von der nunmehr eine soundoptimierte Version (24:59) zum Download bereit steht. 🙂
Im Rahmen der Civilmedia15 präsentierten Norbert K.Hund, Christopher Schmall (Voices) sowie Daniel Danko (Sounds) ein metalogisches Work-In-Progress aus den Bastelköpfen der Ideenanreicherung: Durch Rezitation und Verfremdung wohlvertraut anmutender Textpassagen im Wechselspiel mit unvorhersehbaren Klangräumen entsteht eine Momentaufnahme unseres Umgangs mit dem unsortierten Material der postmodernen Wirklichkeit. Aus Wiederholungen von möglichen wie scheinbaren Zitaten – in ihrem einstweiligen Unzusammenhang – können sich für diejenigen, die sich ungeschützt darauf einlassen, vollends neuartige Formen eigener Sinnstiftung ergeben. Oder auch nicht. Wir übernehem jedenfalls keinerlei Verantwortung für das Erreichen irgendeines Zieles – oder die Erfüllung irgendeiner Funktion…
Wir sind vor allem da – und wir tun es – öffentlich: In dieser Sendung wiederholen wir die Aufführung vom 7. Mai (bei der Civilmedia15 im Kunstquartier Bergstraße 12, Beginn 18:00 Uhr) Diese Word & Sound-Performance sollte ein unterhaltsames Statement sein – und zudem noch ein Beitrag zur Diskussion um eine notwendige Neufassung des Urheberrechts, etwa an Werken der Kunst. Die Ursache (sic) dafür war das Verbot einer Thomas Bernhard Lesung im Salzburger Literaturhaus durch den Suhrkamp Verlag, und zwar im Auftrag von Bernhards Halbbruder Peter Fabjan, dem ebenfalls das Testament des Autors ignorierenden Erben der Verwertungsrechte.
Unsere These dazu ist einfach, allerdings für die Arbeit in niederschwelligen, nichtkommerziellen Kultureinrichtungen (wie eben auch in Freien Radios und anderen Community Medien) nicht unwesentlich:
Veröffentlichte Werke stehen der Weiterverbreitung sowie interpretativen Bearbeitung unentgeltlich zur Verfügung, und zwar all jenen, die keinen materiellen Gewinn daraus erwirtschaften. Erst ab einem substanziell messbaren Profit seitens der Rechtenutzer sollen diese im Verhältnis zu ihrem Profit abgeltungspflichtig sein. Und solange die bestehenden Gesetze gelten, müssen für den nichtkommerziellen bezw. gemeinnützigen Sektor der Kulturvermittlung entsprechende Sonderregelungen (wie leistbare, gern auch “symbolische” Pauschalen etc.) auf Verbandsebene ausgehandelt werden…
Dieses Handout mit Ankündigung und (obigem) Hintergrundtext gibts hier als PDF 😉 Und wenn wir schon dabei sind, etwas auszuprobieren (von dem wir naturgemäß nicht wissen, wie es sich in der jeweiligen Situation darbieten wird) mashen wirs doch up:
Sprache ist Sprache
Niemand kann sie besitzen
Sie gehört uns allen
zitieren
wiederholen
zitieren
wiederholen
zitieren
wiederholen
zitieren
wiederholen
zitieren
wiederholen
zitieren
miserable Drecks-Orte wiederholen
diesen unfeinen Titel zitieren
wenn nicht einen Dreckigeren wiederholen
dieses Rückständige zitieren
Bornierte wiederholen
Hinterwäldlerische zitieren
gleichzeitig wiederholen
geradezu zitieren
abstoßend wiederholen
Größenwahnsinnige zitieren
Land wiederholen
zitieren
in dieser Stadt
direkt in die Menschenverzweiflung
Bahnsteigtoiletten
Trümmerfeld
Scherzhauserfeldsiedlung
Vormittag
Gesteinsbrocken
wie ein Tier
die ganze Dummheit
immer geläufig gewesen
ängstigende Kälte
Friedhofsarkaden
Stumpfsinn
Heuchelei
Geistlosigkeit
siehst du, siehst du, siehst du?
perfide Fassade
Todeskrankheit
direkt oder indirekt
langsam und elendig
früher oder später
durch und durch
zur höheren Ehre
des jeweiligen
Adolfjesus Hitlerchristus
oder eines anderen
volksverdummenden
Abziehbildes ihres Gottes
des Marktgottes und Wertgottes
und des Marktwertgottes
besinnungslos Geld und Abgeld,
Scheingeld und Widergeld
herauspressenden
Spießbürger
eine in vollkommener
Unwissenheit und Gemeinheit
undurchdringbare
Menschengestrüpp-
Fortpflanzgesellschaft
Die Sprache
ist die Ursache
aller Andeutungen
Ein Missverständnis















„Ich fühle mich lose. Irgendwie heimatlos. Ich weiß nicht wirklich wer ich bin, was ich hier eigentlich zu suchen habe, wo ich hin gehöre… Ich beginne gerade mich auf die Reise zu machen… Ich will weg! Weg von Salzburg! Weg von Zuhause! Weg von den Straßen, deren Namen ich kenne! Weg von den Gebäuden, deren Anblick mich anwidert! Weg von den barocken Kirchen, Lustgärten und den ewig-gestrigen maskierten Nazis, die alles Andersdenkende versuchen auszurotten! Ja, mir ist schon bewusst, dass ich mich diesen Mechanismen und gesellschaftlichen Standards nicht völlig entziehen kann, aber ich muss raus! Ich möchte andere Landschaften sehen, andere Leute und Dialekte kennen lernen. Ich möchte zumindest temporär fliehen. Und sei es nur für einen Tag…“
Denn Pläne müssen sich ändern dürfen! Wenn man zu sehr an einer Vorstellung oder einem Konzept festhält, erstarrt man und wird unflexibel, unbeweglich, unvorbereitet auf Dinge die man nicht beeinflussen kann! Und im Endeffekt bleibt man enttäuscht auf dem kalten, nassen Boden der Erkenntnis sitzen… Wenn man allerdings die Planung etwas lockerer und offener angeht, sich einlässt auf Neues und vielleicht alles Bisherige auf den Kopf stellt, können sich einem Bilder, Begegnungen und Abenteuer eröffnen, die man niemals erahnt hätte. Ich halte die Naivität des Kindes sehr hoch und wenn ich durch eine Stadt gehe, öffne ich Augen, Ohren und Hände für die kleinen Details, die unbeachteten Facetten, die schwer wahrnehmbaren Zwischentöne, die Energie der Bewegung, das Unerwartete. Ich bleibe im Fluss, der sich stetig wandelt, der sich immer verändert. 


Da bin ich also… Allein auf der Straße ins Nichts auf der ich mein Leben lang schon war, die mich vorran trägt und meinen müden Geist. Meine Gedanken sind Nebelschwaden und Rattennester, mein Atem ein verfaultes Stück Holz, meine Beine und Arme nur Auswüchse eines Geschwürs das sich Körper nennt. Meine Lippen vermögen es nicht einen anständigen Satz zu formen und meine Augen sind erlöschende Flammen. Ich sehe nichts. Ich schmecke nichts. Ich fühle nichts. Nur meinen Herzschlag – immer weiter trommelnd. Ich höre Stimmen in den Baumwipfeln die mir flüstern: „Jeder trägt ein Totes mit sich.“ Ich verstehe. Aber ich will nicht verstehen, ich will be-greifen! Ich möchte jedes Wort, jede Silbe mit meinen verdorrenden Händen fühlen, zerlegen, neu zusammensetzten, einen neuen Sinn stiften, eine neue Sprache finden… ICH will NEU sein! Das ist wohl der Grund wieso ich mich auf diese Reise begeben habe… Aber der Grund verändert sich, verwandelt sich, schwebt vor meinen Augen als Licht – so nahe und doch so weit entfernt. Ich versuche es zu berühren, doch greife ich ins Nichts. Ich taumle, falle zu Boden, stehe wieder auf, gehe weiter. Ich sehe Tempel – alt, überwuchert – gepfählte Fratzen die mich auslachen, einen Mann gekleidet in schwarze Seide. Er reicht mir die Hand. Er reicht mir seine Stimme. Er reicht mir sein Herz. Er reicht mir seine Seele. Ich nehme an und erkenne…