> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 11. August – “Die alljährliche Ambivalenz im Salzburger Festspielsommer mit all ihren Chancen und Risiken und vor allem Nebenwirkungen beschäftigt uns naturgemäß auch heuer. Ein Gefühlsbild unseres Befangenseins zwischen dem möglichen Theaterglück und dem rundum erschallendem Kommerzwahnsinn. Niemand, der in Salzburg lebt, bleibt von diesem “Sowohl als auch” unbetroffen, ganz gleich, wie bewusst oder unterbewusst dieser Einfluss auch sein mag. Und genau deshalb ist eine lyrische Darstellung wie diese geeignet, die widersprüchliche Gefühlsvielfalt in der Festspielstadt einzufangen – und wiederzugeben.” So steht es geschrieben im Begleittext zu unserer Collage “Ein fester Festspielflash”. Salzenburger Fetzenspiele. Ein Zuhörtheater in 3 Akten …
Der Tod spielt offenbar eine zentrale Rolle, die ganze Stadt ist Bühne und das Bühnenbild ist überaus barock. Auf den verwehenden Spuren von Thomas Bernhard jener “Friedhof der Wünsche und Phantasien”, in dem er sich als junger Salzburger immer ungern wahrgenommen hat. Eine einsame Seele zerschellt am Pompösen der beherrschaftlichen Duck-dich-Architektur und an der Monstrosität ihrer Ausstrahlung. Erst aus der Perspektive eines Ausländerkinds (oder eines anderen an Gewalt und Machtmissbrauch leidenden Menschen) wird die Wirklichkeit hinter dem künstlich schönen Schein erkennbar. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes vor einem Publikum, das finanziell über Leichen geht. Und noch eine Hightech-Spielstätte in den letzten freien Raum gequetscht. Und abgesperrt. Und abkassiert. Und ab dafür. “Schau rauf zum Himmel, diese Erde, sie ist gelb wie Stroh. Komm, lass sie uns verbrennen, ich will es so. Jetzt weißt du, wer ich bin. Herzlichen Glückwunsch …
“Deutsch Sprach sein Kunst. Sein ein Kunst-Sprach. Vaterland sein Kunst. Deutsch Sprach und Österreich Vaterland sein Kunst. Österreich sein ein Kunst-Land. Vater-Kunst-Land. Kunst-Vaterland. Salzenburger Fetzenspiele. Burgentheatern. Operan. Schuber und Brahmst. Schrammenmusik. Österreich sein ein Kunst-Land. Donau zu blau, zu blau, zu blau. Sein ein Kunst-Vaterland.
Viel Kunst heut nicht gut sein. Viel Kunst heut nicht viel gut sein. Sein viel Schmutzen. Kunst-Schmutzen. Sein viel viel Schmutzen. Viel viel Kunst-Schmutzen. Sein ich Kunst schutzen. Deutsch Sprach schutzen. Österreich Vaterland schutzen. Schutzen. Sein viel viel nicht Kunstler. Sein Kunst-Schmutzen. Sein Schmutzen. Schmutzenfinken. Schmutzenbacher. Pfui Gack.” Entschuldigen sie, wenn ich jandle …
Ein einigermaßen unorthodoxer Psychoanalytiker wurde unlängst gefragt, was in Jugendlichen so vor sich gehe, wenn sie auf “Sozialen” Medien dauernd mit Darstellungen zurechtgeschönter Idealfigur*inen zugeschüttet werden, die noch dazu auftreten, als hätten sie permanent Erfolg und umwerfend guten Sex. Er antwortete, dass es darauf zwei Reaktionen geben könne, nämlich entweder “Ich will auch so sein wie die” oder “Ich bring die alle um”. Nun wollen wir angespürs der recht ähnliche Auswüchse hervorbringenden Festspielsaison irgendwo zwischen Anpassung und Amoklauf in der Ambivalenz schweben bleiben – und die unendlichen Möglichkeiten des “Sowohl als auch” kultivieren. In diesem Sinn wählen wir nur Beiträge aus, die sowohl den kritischen Blick auf die Wirklichkeit nicht vermeiden, als auch kunstvoll der Phantasie der Verwandlung Raum bieten. Der bodenlose Bottich einer beinah leergefressenen Welt verwandelt sich in das kreative Vakuum des Neuerschaffens.