Sexperience Objektophilie

Artarium Sexperience vom Sonntag – als Podcast zum ohrrübeln – Beziehung mit dem Gummibaum, Partnerschaft mit der Berliner Mauer, Eheschließung mit dem Eiffelturm. Ja, dürfens denn des? Erlaubt ist offensichtlich, was gefällt. Oder etwa doch nicht? Und, worin unterscheidet sich Objektophilie vom Fetischismus oder vom Gebrauch (auch pflanzlicher!) Sex-Toys?

Es begann alles mit dem legendären Anruf bei Jürgen Domian, in welchem ein gewisser Steffen seine sexuelle Beziehung zu einem Gummibaum namens Hans Georg ausbreitete. Nachdem wir alle gehörig gestaunt und auch gelacht hatten, beschlossen wir dem durchaus ernsten Kern der Geschichte nach zu gehen.

Denn Scherz beiseite, es gibt tatsächlich Menschen, die ihre Erfüllung darin finden, mit einem Objekt (also einem Ding, einer Sache) verbunden zu sein anstatt mit einem (oder mehreren) anderen Menschen. In einer solchen Beziehung kann Sexualität (genau wie zwischen Personen) eine mehr oder weniger bedeutsame Rolle spielen (was uns natürlich sofort wieder zu den abseitigsten Assoziationen verführt). Nun ist allerdings der Gummibaum – im Unterschied zum Eiffelturm etwa – ein Lebewesen, wenn auch ein rein pflanzliches. Wie verhielte es sich aber, wenn Hans Georg beispielsweise ein Haustier wäre, das rechtlich betrachtet zwar als Sache qualifiziert, in Österreich aber immerhin im Tierschutzgesetz (§ 5, Abs 2, 17) mit einem Sexualtabu belegt wird? Hallo???

Nachdem wir unseren wissenschaftlichen Fachbeirat Florian Friedrich zwecks Fortbildung nach Berlin ausleihen mussten, werden wir uns dem Thema wohl noch patchwork-assoziativer als sonst annähern. Von Kaktus über Knäckebrot zur Käsetheke und hinter der Obstkiste zurück zum Thema. Wir sind halt ein geiles Institut.

Kontakt zu Peter.W. zwecks Bespielung seines Bauches (FBB – Freie Bühne Bauch) „Wenn ihr kurze Stücke habt – und keine Bühne dafür – diese als Puppentheater oder sonstwie kreativ adaptiert aufführen wollt, lade ich euch herzlich ein, dies auf meinem Bauche zu tun. Das ist ein ernst gemeintes Angebot. Wirklich!“ E-mail: kaverne2000@yahoo.de

Du bist wie ich

Artarium inteam „Kongeniale Kreativität“ vom Sonntag, 20. 2. als Podcast/Download: Christopher Schmall & Norbert K.Hund gehen ihrer eigenen Wesensart auf den Grund – und gewähren Einblicke in ihre, aus diesen eigenartigen Übereinstimmungen entstehenden Koproduktionen. Annäherung an eine Arbeitsweise…

„Was ist das wohl für ein spezielles Verhältnis, das diese beiden Menschen verbindet?“ Derlei mag sich manch eine(r) bereits gefragt haben. „Wenn wir das wüssten!“ So würde ich vorschlagen, zunächst einmal darauf antworten zu wollen. Denn jene etwas anderen Symbiosen von kongenialen Perlentauchern und Sternenpflückern entziehen sich ihrem Wesen nach jeder noch so zupackenden Inbesitznahme durch Definition oder Kategorisierung. Ich erinnere mich aus gegebenem Anlass an einen recht schüchternen Besuch im Haushalt von Günter „Mo“ Mokesch und Karin Raab anno 1986. In was für einer Art von Beziehung diese beiden damals genau zusammen existierten, war für mich nicht erkennbar und ist mir auch heute noch hingebungsvoll wurscht. Mit ihnen gemeinsam Musik zu spüren, Ideen zu entwickeln sowie Anregungen auszutauschen war wesentlich – und hat einen bis in die Gegenwart wirkenden Eindruck erzeugt. Christo und Jeanne-Claude? Wie dem auch sei.

In diesem Sinne spielen wir nicht nur mit Erwartungen und Begrifflichkeiten, mit ungesagten Worten und mehrdeutigen Bildern, sondern auch mit so elegant gestohlenen Liedern wie jenem von Mo & The Gangsters in Love, das nunmehr auch den Kreis dieses Artikels schließt: Aus Pumpin‘ for Jill von Iggy Pop wird Du bist wie ich

x-beliebig – Das ganze Album

Das Artarium vom Sonntag, 13. 2. (hier als Podcast) präsentiert das ganze Album “x-beliebig” der legendären Wiener Neustädter Existenzialistenkapelle x-beliebig. Dem ist auch wirklich nichts elementar existenzielles hinzuzufügen. Außer, dass es mittlerweile einige anhörenswerte Tracks auf YouTube gibt – und sogar noch ein paar original Proberaum-Videos. Wir sind also nicht nur ein geiles Institut – wir haben eben auch das eine oder andere erlebt – und erinnern uns nun daran:

Vielleicht machen wir ein paar Anmerkungen zum individuellen Inspirationsgehalt des kreativen Minimalismus der frühen 80er Jahre, als Punk noch eine Philosophie und Gothic noch kein Genre war. Womöglich das eine oder andere Anekdötchen, wie denn diese Schallplatte nach virtueller Band-Scheidung in meinen Besitz geriet – und wie sie nebst der Ägydi-Räumung noch andere Existenz-Infragestellungen überlebte… Der Covertext jedenfalls fungierte damals in unserer WG als einstweilige Verfassung des Unfertigen, als Manifest einer Phantasie, die sich nie und nimmer mit den Realitätern ins Bett legen würde:

“Das Leben wird nicht gelebt, es wird aufgelöst wie ein Rätsel. Es ist wie ein Schauspiel, in dem Menschen Rollen vorspielen, die nicht ihr eigenes Ich zum Vorschein bringen. Pflichten erfüllen, Aufgaben erledigen – Begriffe, die auf Normen und Gesetze gestützt sind und nicht erklärt werden können. Hinter den sogenannten eigenen Meinungen steht Zwang, der von außen in sie eindringt und sie wie Marionetten, von falschen Autoritäten geleitet, herumirren lässt. Das Bewusstsein liegt im hintersten Winkel der vergänglichen Hülle begraben. Gewissen war und ist zweitrangig, denn die Angst vor dem eigenen Ich, die Angst, ehrlich zu sich selbst zu sein, die Angst, dem Wahren ins Gesicht zu blicken, ist zu groß. Man geht Umwege, um Schwierigkeiten zu vermeiden. Der kurze und wahre Weg ist unbekannt. In einer Gesellschaft, die sie sich im Überfluss geschaffen haben, gehen sie zugrunde. Probleme zu schaffen, um sie danach meistern zu können, zeigt, wie sinnlos Menschen handeln, zeigt auch, dass sie zum Untergang verdammt sind. Nach Katastrophen blicken sie auf, schauen sich an und suchen wieder am falschen Ort nach Ursachen. Es hat sich im Grunde nie etwas geändert. Die große Reformation ist immer ausgeblieben. Dinge, die gestern passiert sind, passieren heute mit anderen Vorzeichen. Viele möchten etwas ändern, doch keiner beginnt bei sich selbst.”

Detailreich zusammengestelltes Hinter- sowie Untergrundwissen hierzu kredenzt Martin Blumenau in seinem FM4 Journal unter dem Titel “Zufällige Erinnerung an die allerbeste österreichische Band von früher, die keiner kennt: X-Beliebig” allen geneigten Feinschmökern und Freund_innen der Populärenzyklopädie. Sein Ausritt ist höchst lesens- und allzumal eine Reise wert. Unsere Sendung (enthält das ganze Album) gibts dann wiederum hier. Zum Wohlsein, Österreich!

 

Ein weites Land…

Download/Podcast Nachtfahrt „Weites Land“ vom Freitag, 11. 2. – Diese Ausgabe widmet sich einer besonders bei gefühlstiefen und zur Schwermut neigenden Menschen beliebten Verteidigungsstrategie: dem entschlossenen Rückzug. Und begibt sich auf die Suche nach den Schutzzonen des Überdauerns, nach Wagenburgen, Wallanlagen und verborgenen Zufluchtsorten der Seele.

Nicht ohne der Tiefe des Themas eine gehörige Portion Ironie entgegen zu setzen, feiern wir doch alle – zumindest ein bisschen – Thomas Bernhards 80. Geburtstag. Also kommen nicht nur unsere eigenen Texte in den Trichter, sondern zum Beispiel auch welche von Gottfried Benn, Jochen Distelmeyer und Konstantin Wecker, per Vers oder prosaisch dargebracht von Norbert K Hund und Christopher Schmall, emo cremissimo in expressis verbis. Dazu servieren wir eine im schönsten Sinne des Wortes kranke Musikauswahl in wechselfiebrigen Anfällen von Ernst, Scherz und tieferer Bedeutung. Selbsterkenntnis kann durchaus auch vorkommen…

Die Idee zur Gestaltung der Sendung stammt aus einem Essay von Eugen Drewermann zum Thema Depression. Er entreisst darin den Begriff seiner üblichen Definitionen wie krankheitswertig, dysfunktional, defizitiär, behandlungsbedürftig – und kleidet das Charakterbild des Melancholischen in die Metapher vom weiten Land, das jegliche Invasion durch Rückzug aufzufangen vermag. Zudem skizziert er Begabung und möglichen Gesellschaftsbeitrag des Depressiven als beinahe unendlich weites Einfühlen und Verstehen.

Wären wir Gefühlsmenschen Spürtiere, wir lyrisch Liebesleidenden die anerkannten Propheten einer wohl besseren Gesellschaftsform, Zeitzeugen einer Zukunft, die einfach nicht mehr so weh tut, weil sie das Opfer annimmt, dass wir alle andauernd sind, zuinnerst – verleugnet, verdrängt, gemieden, bespuckt und abgewehrt von den Psychiatern der Anpassung. Gäben wir uns hin, nähmen wir einander auf, grüben wir unser Nest in die Lüfte wie eine Nacht, die am anderen Morgen herab stiege als eine wohlige Heimat, hätten wir diese Bedeutung in der uns umgebenden Welt, einen Wert jenseits von Ehre und Erfolg, eine zweckfreie Weite hinter dem Horizont, ein zartes Inzwischen bei uns beiden, wahrlich, wir lebten tieferen Sinn.

I don’t want to sing about rights and wrongs

I don’t want to sing all the same old songs

But I’ll sing them, and sing them – ‘til there’s no need to sing them

And then I can sing about love.

(Chumbawamba)