Stimmen aus dem Massengrab

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 28. April (wird als Themensendung am 30. April um 14:06 Uhr wiederholt!) Zur Würdigung des Gedenktags 75 Jahre Salzburger Bücherverbrennung am Residenzplatz. Am Abend des 30. April 1938 fand daselbst nämlich schon kurz nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich die einzige öffentliche Feuervernichtung von im Nationalsozialismus unerwünschtem Schriftwerk und Gedankengut statt. Die „Initiative Freies Wort“ bietet allerdings heuer eine Reihe von Veranstaltungen rund um die nunmehr schon 75. Wiederkehr dieses schaurigen Ereignisses, dessen offizelles Erinnern sich jedoch peinlicherweise erst 2011 (!) in der Anbringung einer schlichten Gedenktafel manifestierte. 😛 Das detaillierte Programm findet sich hier auf der Homepage des Literaturhauses. Und auch wir knüpfen aus gutem Grund bei Erich Kästner an – nicht nur den Sendungstitel betreffend…

Mahnmal 1Denn Erich Kästner war 1933 persönlich beim Verbrennen seiner Bücher in Berlin anwesend und berichtete schon bald nach Kriegsende darüber:

„Dann tauchte Goebbels auf. Er stand auf einer von Mikrofonen belagerten Estrade und gestikulierte vor dem Feuerschein wie ein Teufelchen vor der Hölle. Er zeterte, salbaderte, rief Schriftsteller bei Namen und überantwortete ihre Bücher den Flammen und dem Vergessen. Das war kein Großinquisitor sondern ein kleiner pöbelnder Feuerwerker. Hier rächte sich ein durchgefallener Literat an der Literatur. Hier beseitigte ein durchtriebener Politiker für viele Jahre jede intellektuelle Opposition.“ (9. Mai 1947) Derartig Mundtotmachendes soll aber auch künstlerisch keinesfalls unbeantwortet bleiben. Und vor allem niemals ununtersucht! Bedienen wir uns diesfalls bei einem Liedtext von Erblast, einem weiteren Musikprojekt vom Goethes Erben Gründer Oswald Henke:

Pure Aggression (-> YouTube)

Keiner sucht
Keiner weiß
Es ist vorbei
Das Allerlei
Deiner Worte
Falsche Münzen
Spricht dein Mund

Formt er Lügen
Triffst du mich
Treff ich dich
Mit dem Spiegel
Deiner Taten
Jede Wahrheit
Ist mein Preis

Es ist pure Aggression
Pure Aggression
Zu schweigen

Mahnmal 2Erich Kästners Bücher wurden sogar noch ein weiteres Mal öffentlich verbrannt, diesmal 1965 von einer Jugendgruppe des „Bundes entschiedener Christen“ – und wie sichs für solche braven Bürger und anständigen Rechthaber gehört, auch mit einer ornungsgemäßen Genehmigung vom zuständigen Ordnungsamt! Wenn wir also der von den Nazis ausgemerzten Dichter gedenken, dann fragen wir uns schon, inwieweit es nicht heute auch Mechanismen des Zumschweigenbringens gibt – wenn auch etwas andere! Denn der jeweils herrschende Mainstream ist immer und überall. So errichten wir hiermit ein Hördenkmal der Vielen, die innerlich verbrennen, ohne überhaupt jemals gehört zu werden oder irgendwie zur Geltung kommen zu können. Und üben ebenso Kritik an den Konzepten des Gedenkens, die allerlei prominente und etablierte Autor_innen medienwirksam zu Gedächtnislesungen aufmarschieren lassen – und die dabei viel zu wenig Gespür für die Opfer gegenwärtiger Gewalt aufbringen.

Die in der Sendung gelesenen Texte von Christopher Schmall und Norbert K.Hund sind auch als PDF auf der CBA-Seite zum Download verfügbar ( -> „Dokumente“) 😉

 

Vier Frauen und ein Todesfall

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 21. April – Gerhard Greiner im Gespräch über die Dreharbeiten zur ORF-Kultserie und sein Leben als Toni Steiger in Dorf Ilm. Vom Postler zum Polizisten umgeschult wächst er in seiner Rolle über sich hinaus und definiert so – an der Seite von Raimund Wallisch, Michael Ostrowski und natürlich Adele Neuhauser – die Abgründe der österreichischen Landseele noch einmal ganz neu. Und abgesehen von der erfreulichen Entwicklung dieser an sich schon nicht unbizarren Krimiserie ins zunehmend Spleenige und Psychedelische, ist Gerhard allemal ein echter Salzburger „Künnstler“, dessen vielseitige Ausbildungen immer wieder von der selbst gestellten Frage „Kunnst des ned a nu amoi ausprobiern?“ befördert wurden. In diesem Sinne freuen wir uns schon auf anregende Einblicke ins Bio-Utopische der Kreativität…

gerhard_greiner_1Auch wenn wir in dieser Sendung beileibe nicht ausschließlich auf unseren „Vier Frauen…“ herum reiten wollen, eines ist uns dabei schon aufgefallen, und das soll durchaus nicht zu kurz kommen: Die Wandlung des Toni Steiger vom anfangs noch recht gelegentlich auftretenden Sprüchemacher zum nunmehr integralen Bestandteil des Dorf Ilmer Polizeipostens, dessen kongeniale Spielwütigkeit die insgesamt ohnehin exzentrische Dramaturgie noch weiter befeuert und vorantreibt. Wer die Serie aber nicht kennt oder die letzten Folgen noch nicht gesehen hat, möge sich doch durch den hier verlinkten Zusammenschnitt von Szenen mit Gerhard Greiner als Polizist einen Überblick darüber verschaffen, wovon die Rede ist. Und wer der Serie bereits mit Haut und Haar verfallen ist, wird hier noch einmal, aber verdichtet, auflachen können 😉

gerhard_greiner_5Nun ist es allerdings auch noch so, dass sich Gerhard und ich schon vor fast einem Vierteljahrhundert kennen lernten – und seitdem immer wieder als Protagonisten diverser Inszenierungen von einander erfuhren… Während ich etwa Anfang der 90er ein Jahr lang in Fuschl am See herum survivalte und Gedichte schrieb, hatte er eine Wohnung unweit der Elisabeth-Bühne bezogen und erging sich dort leidenschaftlich in kreativer Bildung. Zu jener Zeit besuchte ich ihn auch einmal und wir verkosteten dabei einen hausgebrannten Vogelbeerschnaps, dessen Nachwirkungen sich mir seither freundlichstenfalls als eine Art Nahtoderfahrung eingeprägt haben. Mit dieser kleinen Anekdote sei jedenfalls noch eine weitere Gesprächsebene eröffnet, die wir vielleicht Erinnern, Erzählen und Erfahrungen austauschen nennen könnten. Mal sehen, was dabei so zu hören sein wird 😛

 

M4quadrat – Depp? Wurst!

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 14. April (Teil 1) und weils ein Double-Feature war, hier auch gleich das M4Quadrat feat. Artarium vom Sonntag, 14. April (Teil 2)

Ausnahmsweise möchte ich hier nicht allzuviele Worte machen 😛 nur soviel sei gesagt: Wir laden diesmal die lieben Kollegen Markus Brandt und Mark Schneider von der Sendung M4quadrat zu uns ein – und besuchen sie dann gleich anschließend in ihrer Sendungsstunde. Und ganz ähnlich wie unlängst beim Co-Feature mit Battle & Hum verschmelzen wir die beiden Sendungskonzepte zum Zweck des gegenseitigen Kennenlernens. Das Wesentliche bei den Kultshows der beiden durchaus nicht einsilbigen Herren besteht also zum Beispiel darin, jede Stunde thematisch und querassoziativ jeweils um ein einziges einsilbiges (oder noch schlimmer einvokaliges) Wort kreisen zu lassen – und dabei Musik zu hören, Spaß zu haben – und sich darüber öffentlich unterhaltsam zu unterhalten. Herzlich Willkommen!

Warhol oder Lüge?Die Grundidee zu dieser Gemeinschaftsarbeit dürfte bereits etwas älter sein, wie dieses Bild vom Herbst 2010 zeigt. Damals war gerade die Graffiti-Zone in der Alpenstraßen-Unterführung freigegeben worden und ich beschäftigte mich mit den Begriffswelten einer sich selbst oft allzu todernst nehmenden Sprayer-Szene.

Vor allem Originalität und Kopismus waren dortselbst ein wiederkehrendes Thema, welches ich – offenbar nach einem Sendungswort-Brainstorm mit den M4quadranten – künstlerisch zu hinterfragen trachtete. Dazu lackierte ich erst einmal eine Salatgurke gelb und malte sie anschließend im Andy Warhol Stil zur Velvet Underground Banane um. Ähnliches beging ich des weiteren  auch mit einer kleinen Presswurst und noch mit anderen Objekten. Wozu? Es ging einfach um ein spielerisches Erforschen von Begriffen – von Original und Zitat, von Haltung und Pose, von Tatsache und Behauptung – und vom Wert und Unwert der Wiederholung. „Images. Keep repeating. And repeating. Images.“ (Lou Reed – Songs for Drella) Doch so tief wollte ich ja hier eigentlich nicht tauchen. Das heben wir uns lieber für die gemeinsame Sendung auf. – Depp? Wurst! – Das sind nämlich unsere beiden Worte. Und viel Vergnügen 😉 Apropos Depp:

Wurscht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und überhaupst – Oarsch, Wiaschtl, Wuarscht 😀