Charles Janko Nachruf

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 26. NovemberSchuld ist wie so oft der Berlinsalzburger Schriftsteller Peter Hodina, dem wir die überaus inspirierende Begegnung mit Charles Janko ursächlich verdanken. Denn am 27. 2. 2015 fand in Alrun Pachers literarischem Salon eine feine Zweierlesung von Peter Hodina und Christopher Schmall statt, welche der inzwischen völlig zu Unrecht verstorbene Charles mit meisterlichen Klavierimprovisationen umrahmte. Doch dieser ebenso banale wie hier angebracht erscheinende Begriff wird seiner tatsächlich ausgeübten Kunstfertigkeit eigentlich überhaupt nicht gerecht. Statt auf so eine rein äußerliche Funktions-Zuschreibung sollte sich unser Augen- und Ohrenmerk doch viel mehr auf die innere Haltung von Charles‘ spontan-kreativem Musikausdruck richten.

Charles Janko Literaturhaus Salzburg Nov 2016Erzählen wir die Geschichte: Während das Publikum den Lesenden andächtig lauschte, saß Charles meditativ in sich versunken am Flügel, um in den Pausen augenblicklich zu seiner ganz eigenen Verdichtung der zuvor offenbar gesammelten Eindrücke anzuheben. Und was er da improvisierend wiedergab, war nicht einfach nur Begleitung, Behübschung, tonale Garnierung – nein, es war in höchstem Maß die erweiternde Teilwerdung am Moment des Geschehens, eine nachgerade organische Verganzheitlichung dessen, was rund um ihn im Hier und Jetzt vor sich (und bestimmt auch durch ihn hindurch) ging. Wollen wir das aber nicht verkehrt verstehen: Die dargebotenen Texte an sich waren schon ganz, deren Vortrag in Resonanz mit dem Publikum erst recht, die ganze Inszenierung dieses Literarischen Salons sowieso, alles war ganz und gar ganz (im Sinn von vollkommen). Und doch – wenn Charles‘ Musik nicht hinzu gekommen wäre, hätte der gesamten Darbietung etwas gefehlt. Was wiederum nur dadurch erkennbar wurde, dass er sie spielte! Mich erinnerte dieses Geschehen an Gefühlseindrücke, die ich vor Jahren beim gemeinsamen Hören von Keith Jarretts “The Köln Concert” gehabt hatte, und eben darauf sprach ich ihn (nach dem Ende der Veranstaltung) an. Es entspann sich sofort eine derart befreiende, einfühlsame, weltoffene Unterhaltung, dass sich nur eins sagen lässt: Charles Janko war ein Mensch, der ganz in seiner Kunst lebte.

Ausgehend davon kam es auch dazu, dass sich Charles im November 2016 bereit erklärte, “auf splitterwegen und zerbrochener zeit”, die Geburtstagslesung von Chriss im Literaturhaus Salzburg, kongenial musikalisch zu “illustrieren”. Davon haben wir eine recht improvisierte Aufnahme hergestellt, bei der man die Lesenden trinken und tuscheln hört, ganz im Sinn einer spontan-assoziativen Gesamtkunst. Jetzt gibts diese “Charles Janko Literaturhaus-Improvisationen” zum Nachhören.

“Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.”  Bertolt Brecht

 

Kritische Literaturtage

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 19. November“Ich hegte die Hoffnung, dass es Hoffnung gibt.” Dieses Zitat stammt zwar von keinem toten Dichter, sondern aus der deutschen Synchronfassung des Actionfilms “The Rock”, dafür passt es aber zur derzeitigen Situation von engagierten Verlagen und kritischen Leser_innen wie der sprichwörtliche Faust aufs Auge. Oder wie der Kern in den Pudel. Weil nämlich Sean Connery damit die Frage beantwortet, wie er überhaupt jahrelang als Gefangener eines korrupten Systems überleben konnte. Womit wir ebenfalls beim Kern dessen angelangt sind, was demnächst als Kritische Literaturtage 2017 in der ARGEkultur stattfindet. Und bei Christian Lorenz Müller, der diese ambitionierte Veranstaltung hier in Salzburg mitveranstalten wird – und der uns so einiges über deren Hintergründe berichten kann.

Der kritische BlickLiteraturkritik hat eben mehr mit Holzspalten zu tun als mit nerviger Besserwisserei. Das altgriechische Wort κρίνω bietet uns hierbei eine Vielzahl von Bedeutungsnuancen wie etwa “trennen, sichten, deuten, auslegen, urteilen, unterscheiden” . Eine kritische Haltung zu haben gegenüber der Welt und auch ihrer Literatur muss nicht zwangsläufig bedeuten, das Kind mitsamt dem Bad auszuschütten, bloß weil einem das irgendwer irgendwann einmal eingesagt hat. Wer sich im Wald der Worte ein Haus baut, weiß ja wohl selbst am besten, was dafür brauchbar ist – und was nicht. Worte wegwerfen oder Perlen vor die Säue? Inwieweit ist so eine alternative Buchmesse auch wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein der kommerziellen Gleichförmigkeit – oder eben doch eine notwendige Ergänzung zum Mainstream des Verlagswesens? To be or not to be, that is the Zerquetschen!

Das Programm dieser etwas sehr anderen Präsentation von über 40 Verlagen und Autor_innen bietet dicht gedrängt ebenso Bekanntes (Fritz Messner, Elias Hirschl) wie auch Entlegenes zum Wieder- oder Neuentdecken. Wir beleuchten in unserer Sendung speziell die “Thomas Bernhard Sprachlandschaften” der SAG und das dieser Arbeit zugrunde liegende Konzept “ins Leben schreiben”. Der “über alle Maßen kritische Salzburgdichter” ist für uns nämlich der ideale Schirmherr jeden kritischen Denkens.

Abgesehen davon lasst euch halt überraschen, wir wollen für nichts garantieren

 

Audiowastecooking

> Sendung: Artarium am Sonntag, 12. NovemberSeit 14:92 Uhr wird jetzt zurück entdeckt! Und seit 15:17 Uhr wird jetzt zurück gethesenanschlagt! 500 Jahre oder 500 Sendungen, Jubiläum hin oder her – wir lassen ungern was verkommen – von dem, was die Kulturgeschichte (geh bitte, ich brunz mich an vor Lachen!) uns an die Ufer des Bewusstseins schwemmt. Auch unter jenen Musikalien, die wir in vielen unserer Sendungen aus Gründen der Spontanität nicht mehr unterbringen konnten und die wir nur allzu gern noch gespielt hätten, finden sich appetitliche Überbleibsel, um die es schlicht zu schade wäre, wenn sie so ganz und gar ungehört verblieben. Daher gibts diesmal “Das ganze Album” zur selbstkreativen Resteverwertung – aus immerhin einer Hand voll “übriggebliebener” Songs und Sounds der Sendungsgeschichte.

AudiowastecookingNun ist ja “Wastecooking” an sich schon eine schöne Wortschöpfung, und ihre artivistische Auslegung durch den Koch- und Filmkünstler David Groß eine hoch ästhetische Ansage (die das Dumpstertum aus seinem Prekariats-Schmuddeleck befreit), aber im Hindenken an ein Hörperlenbuffet aus unberührten Ohrköstlichkeiten MUSS soo ein schöner Begriff geradezu erweitert werden – ins Audiowastecooking! Und deshalb lasst euch überraschen von unserem mehrgängigen Menü zum Hirnhören und Genießen. Nachdem wir ja naturgemäß zur Stunde noch nicht wissen können, was wir an klanglichem Rohmaterial in den Untiefen der Archive aufstöbern werden, seien hier auch weder Interpret_innen noch Songtitel angekündigt. Doch wer uns kennt, weiß längst, wie sich unsere Geschmäcker in ihrer Kombination auswirken: Immer wieder neu zu entdeckende Verbindungen aus Unerhört und Altvertraut bewirken feine Klang-Farben-Harmonien zum Kauen und Verdauen. In diesen Sinnen – “Besten Appetit beim Audiowastecooking-Festbeschmausen!”

Wir sind ein geiles Institut.