Bigottesstaat

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 28. November – Vorspiegeln falscher Tatsachen im Hinblick auf “eine oberste Direktive” und dadurch immer mehr Macht ausbauen – fertig ist der Bigottesstaat. Den Mitmenschen etwas von Wohlstand und Sicherheit vorschwadronieren, während man in Wirklichkeit dem ökonomischen Diktat obliegt und sehenden Auges auf den Abgrund zusteuert. Hauptsache der Ping-Pong-Index des ungesunden Volksbefindens liefert laufend neue Daten für die Imagepflege. Mit Populist und Tücke nasführen die Geldscheinheiligen ihre Immernochmehrheiten in ein digitales Paradies, vor dem uns besser graust. Denn hinter den Versprechen und dem schönen Schein grinst uns die böse Absicht des Betrugs ins Hirn: Man will uns glauben machen, dass jeder Scheißdreck, wenn er nur verkauft wird, wertvoll sei …

Maskenpflicht im Bigottesstaat“An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen …” Und so schauen wir uns um im zweiten Coronajahr und sehen wenig Fruchtbares bei den “politisch Verantwortlichen”. Die haben wohl alle etwas anderes zu tun als das, wofür wir sie bezahlen. Sie singen uns zwar dauernd die Ohren voll, dass sie zu unserem Besten handeln”, erweisen sich in der Tat jedoch als jeder neuen Entwicklung planlos hinterherhampelnde Reagierung. Zudem entpuppt sich ihr Handeln in erschreckender Widerholung als unzureichend. Im Zustandekommen undurchschaubar, in der Kommunikation unklar und ungenau, im Großen und Ganzen unbefriedigend. Sollten wir uns lieber gleich einen Maulkorb aufsetzen? Vielleicht hilft das ja? Oder wir nehmen uns Brasilien zum Vorbild – die haben einen vollkommen irrlichternden Brandstifter als Präsidenten und trotzdem (oder sagen wir dem zufleiß) in Städten wie São Paulo eine Impfquote von über 90%.

Nicht, dass wir uns da jetzt falsch verstehen, auch hierzulande irrlichtern die “politisch Unverantwortlichen” mit ihren Wurmkuren und Heilsverbrechen durch die asozialen Medien. Facebook ist überhaupt das beste Beispiel für den Bigottesstaat neuen Typs: Vorspiegeln von Gemeinschaft während gefühllose Algorithmen eiskalt selektieren, Behauptung einer “obersten Direktive” (Gemeinschaftsstandards) während in den “Hidden Layers” die “Hidden Agenda” namens Unternehmensgewinn die alleinige Maßgabe bleibt. Et voilá – da ist sie jadie globale Machtstruktur ohne Kontrolle!

Warum nur muss ich plötzlich an Überbevölkerung und die Haltung der katholischen Kirche zur Geburtenkontrolle (Empfängnisverhütung) denken? Bigott – ja, wer hats erfunden?

 

Der Ast, auf dem wir sitzen

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 21. NovemberGibt es noch Hoffnung? Oder haben wir den Ast, auf dem wir sitzen, inzwischen unumkehrbar abgesägt? Ist die menschliche Spezies zum Aussterben verurteilt? Oder können wir (als die gesamte Menschheit) die Folgen der von uns verursachten Umweltschäden noch rechtzeitig in den Griff bekommen? Kann das bei einer Weltbevölkerung von fast 8 Milliarden (und weiter steigend) überhaupt gelingen? Oder sind wir längst über den sprichwörtlichen “Point of no Return” hinaus geraten? Inhaltlich überaus passende Gedanken zum sogenannten “Totensonntag”, doch denken wir dabei einmal nicht nur an diejenigen, die bereits gestorben sind, sondern vor allem auch an die, die noch sterben werden, und an die nach ihrem Tod niemand mehr denken kann, weil es niemand mehr gibt.

Der Ast, auf dem wir sitzenEs war in den späten 70ern, als sich das No-Future-Lebensgefühl auch hierzulande auszubreiten begann und Bands wie Joy Division diesem existenziellen Vorauswissen unser aller Vergänglichkeit musikalischen Ausdruck verliehen – es begab sich also zu jener Zeit, dass im ZDF der Psychiater, Autor und Journalist Hoimar von Ditfurth den Zweiteiler “Der Ast, auf dem wir sitzen”, man muss geradezu sagen, vor die Säue warf. Denn nach wie vor sind “Meinungen”, die etwa den Klimawandel leugnen oder verharmlosen, im öffentlichen Bewusstsein oft prominent vertreten, und das nicht nur bei den üblichen Verschwörungsepileptikern. Die erwähnte Sendung stammt aus dem Jahr 1978 und präsentiert eine Reihe von Erkenntnissen und Überlegungen, die heute noch genauso gültig und bedeutsam sind wie damals vor über 40 Jahren. Sie sind zeitlos und genau deshalb verstörend. Und sie erweisen sich (von heute aus betrachtet) im besten Wortsinn als prophetisch.

So ist beispielsweise ihre Vorhersage der Erderwärmung durch Zunahme von CO2 in der Atmosphäre (2°-3° Celsius bis 2050) erstaunlich präzise. Oder legt derlei den Schluss nahe (wie vielerorts im Internet behauptet), dass die “Systemmedien” schon seit den 70ern eine “Klimahysterie” betreiben? Ist das dazugehörige Video auf dem Kanal “Klimaquatsch” ein Webfail des Betreibers oder eine listige Einflößung von Fakten in die “Diskussion” der Schwurbler? Wie dem auch immer sei, den Zorn der Zuspätgeborenen sah von Ditfurth damals jedenfalls schon voraus. How dare you?

Einzig die Überbevölkerung, die er damals als die allen Umweltproblemen zugrunde liegende Ursache heraus arbeitete, scheint seitdem ein Tabuthema geworden zu sein. Ich erinnere mich an das peinlich betretene Schweigen, das am 80. Geburtstag von Arik Brauer in einer ORF-Livesendung ausbrach, als der Jubilar auf die Frage nach dem seiner Meinung nach größten Problem der Menschheit zur Antwort gab: “Dass es immer mehr werden.” Deshalb widme ich diese Sendung auch meinem einstigen Biologielehrer Peter Reischütz, der schon in den 80ern über den Tellerrand dachte.

Gibt es noch Orte, wo wir hin können …

PS. Wo wir heute im Hinblick auf unser Aussterben oder Überleben stehen, könnt ihr euch leicht am Beispiel der weltweiten Wasserkrise (eine ARTE-Doku) ausrechnen. Da kommt richtig Stimmung auf!

 

Palila – Rock’n’Roll Sadness

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 14. November“Es gibt drei Arten von Musik, die das Rad nicht komplett neu erfindet: die total egale (die klare Mehrheit), die gestrige (Nostalgie!) und die zeitlose (selten). Es ist fürchterlich schwer, die letzten beiden auseinanderzuhalten. Vor allem wenn einen Musik berührt.” So bringt es der Kollege Jochen Schliemann hier über das Debütalbum von Palila zum Ausdruck. Und weiter: “Das hier ist nicht gestrig. Und egal sowieso nicht. Das hier ist JETZT.” Hier und jetzt erleben wir also das soeben bei Kapitän Platte erscheinende Album “Rock’n’Roll Sadness” des Hamburger Triumvirats Palila. Denn, wie wir zu sagen pflegen, der emotionale Nährwert jeglicher Darreichung lässt sich ausschließlich durch eigenes Hinspüren feststellen. Und alles andere wäre Betrug am Hören …

PalilaEine Formulierung aus obigem Artikel fand ich speziell erfrischend, gibt sie doch zugleich Antwort auf eine der letzten Fragen unserer Musikgeschichte: “Und wenn ein ganz alter Sack mich noch fragen würde: „Beatles oder Stones?“ – „Beatles. Es geht um Songs, nicht um Attitüde.“ So hab ich das noch nie einsortiertaber klar war mir das vom Hinspüren her eh schon immer. Und so lässt sich auch die unmittelbare Berührungskraft der Musik von Palila erklären, die dem erwähnten Herrn recht pathetische Worte entströmen lassen: “Bin ich jetzt hoffnungslos subjektiv (und/oder nostalgisch), weil Palila aus Hamburg auf ihrem Debütalbum einfach ihr Herz rausreißen und genauso hochhalten, dass es aussieht wie meines? Es ist jedenfalls wohltuend, auch wieder einmal so hoffnungsvoll subjektiv über Musik zu sprechen, wo uns doch ringsumher fast nur noch das inhaltsleere PR-Gephrasel der Marktalchemisten (die jeden Dreck zu Geld machen, angeblich) umdröhnt. Die aber sicher all unsere Sinne mit wohlfeilem Sondermüll zuscheißen – was sie dann “Kunst und Kultur” nennen.

Es mag durchaus verschiedene Stilrichtungen geben, genauso wie verschiedene Geschmacksvorlieben. Akustisch oder elektrisch, Synthesizer oder Gitarren oder alles zusammen. Klavierkonzert, Kammermusik, großes Orchester, klassisch oder elektronisch – oder eben Rockband. Und Genre- oder Untergenrezuschreibungen können da auch durchaus sinnvoll sein – zur groben Orientierung. Darauf dauernd herumzureiten jedoch hilft bei der Frage nach persönlicher Berührung generell nicht. “Indie-Rock” etwa wird dem, was Palila in uns auslösen können, keinesfalls gerecht.

Wer die Hörfahrung gern noch etwas roher möchte als im gegenständlichen Album, dem/der sei die Doppel-EP mit dem herausragenden Titel “Tomorrow I’ll come visit you and return your records” herzlich ans Ohr gelegt – und das heißt empfohlen!

Palila – NY Family Plans