Medienfachperson

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 27. Juli – Zwei Menschen lernen einen Beruf und erschließen sich mancherlei Möglichkeiten. “Medienfachmann/frau” wurde das bisher genannt, demnächst soll es dann “Medienfachkraft” heißen (was wir nicht soo poetisch finden). Darob, und weil die Radiofabrik (der Germ der Gesellschaft) den Beruf mit -mann/frau/* beschrieb, haben wir “Medienfachperson” zum Titel gemacht. Nach Hermes Phettberg hieße es wohl “das Medienfachy”Doch nun begegnen sich die zwei durchaus verschiedenen, wiewohl schon auch sinnverwandten Lernenden zum ersten Mal Live im Radio – und vergleichen ihre unterschiedlichen Ausbildungen: Luca Standler ist Lehrling in der Radiofabrik und Christopher Schmall nimmt am BFI-Kurs “Medienfachmann/frau Two in One” teil. Und wir dürfen neugierig sein

Medienfachperson… und uns in die Erlebniswelt ihrer Berufswahl hinein versetzen (lassen). Anmerkung: Wenn wir über “Sprache schafft Bewusstsein” nachdenken, dann wäre das ein klarer Fall fürs Mediopassiv. Wie ließe sich sowas “auf Deutsch” ausdrücken? Der Soziologe Hartmut Rosa … aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Jedenfalls hat das, was unsere beiden Menschys beschäftigt und begeistert (also womit sie sich herumschlagen und was ihnen wieder neue Perspektiven aufzeigt) viel mit Kreativität und neuen Ausdrucksmöglichkeiten zu tun. Wenn man sich in die oberbei verlinkten Lehrinhalte vertieft, dann entsteht der Eindruck, hier würde nicht bloß ein einzelnes Instrument erlernt, sondern eher ein ganzes Orchester und dazu noch wie man es sinnvoll dirigiert. Derlei versetzt einen im ersten Moment gern einmal in eine Art von “Hilfe! Hilfe!”-Überforderungsgefühl, das jedoch schon bald in ein neugierigmachendes “Boah, is des geil!”-Lernlustempfinden übergeht – und sich in weiterer Folge sogar zu einer echten “Ha! So geht des!”-Befriedigung auswachsen kann – und bei regelmäßiger Anwendung unweigerlich auch wird. Es geht doch nichts über den Gesichtsausdruck von jemandem, der/die gerade das entdeckt, was er/sie am liebsten mag, und dann sagt: “Des is sowos vo meins!”

Wie war das nochmal mit dem Andy Warhol?

Unlängst traf ich nach längerer Zeit wieder einmal eine dieser damals mit 14 recht ratlos wirkenden, von den Irgendwers gern mit dieser oder jener Begründung sprich Problemen sprich Diagnose ins schuldhafte Nichts ausgespuckten Gestalten, der mir von seiner “neuen Schule” erzählte, in der es genau um das geht, was ihn wirklich interessiert. “Weißt du”, sagte er, “ich hab mich zum ersten Mal freiwillig hingesetzt und gelernt. Das hab ich vorher noch nie jemals gemacht.” Ob Maschinenbau oder Medienfachperson oder  … was du noch nicht zu kennen glaubst, wiewohl du

es ja doch immer schon bist!

Wie war das nochmal mit dem Pinguin?

 

Die Fahne der Freiheit

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 20. Juli – Eine erweiternde und vertiefende Fortsetzung unserer ersten Erinnerungssendung “Living in the Past”, die sich dem gemeinsam erlebten Heranwachsen im Salzburg der 70er Jahre widmete. Diesmal richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die uns damals umgebende Atmosphäre des politischen Aufbruchs und wie diese Stimmungslage unsere Hoffnungen und Perspektiven beflügelte. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass sich da ein Begriff wie “Freiheit” ganz vortrefflich auf unser pubertäres Hormongefüge gereimt hat – und dass sich dieser Umstand bis heute in unserer Musikauswahl wiederfindet. Neben dem, was “Österreich modernisieren” für uns Jugendliche damals bedeutete, sei auch darauf hingewiesen, wie geradezu revolutionär die damalige Rockmusik war.

Die Fahne der FreiheitZu deren einstiger Sprengkraft (sowie heutigen Beliebigkeit) hat Bernhard Torsch unlängst eine feinsinnige Betrachtung verfasst. Sie stimmt weitgehend mit unserer Lebenserfahrung überein, wobei wir den stilistischen Schwerpunkt mehr beim “Progressive-” als beim “Blues-Rock” setzen – doch das ist letztendlich Geschmackssache. Die Grundtendenz der Kulturgeschichte ist hier wie dort die selbe. Jedenfalls beweist mir der erste Einfall beim Vorbereiten dieser Sendung (als nämlich die Frage auftauchte: “Was wollen wir jetzt spielen von dem, was wir damals immer wieder gehört haben?”) die Richtigkeit seiner “revolutionären” Zuschreibung. Denn was haben wir damals, unter dem Einfluss der Hormone wie auch der “politischen Großwetterlage”, rauf und runter gehört? Es war “Spartacus” von Triumvirat. Auch Nummern wie “Do The Strand” von Roxy Music, später das erste Album der Nina Hagen Band mit dem legendären “Pank” (“du alte Sau, gelle!”). All das ist eine Kampfansage ans unterdrückerische Establishment.

Naturgemäß bekamen wir in jener Zeit auch die realen Gewaltausbrüche mit und sie wurden Teil unserer Lebensgeschichte. So waren einige unserer Freunde Chilenen, die wegen des Militärputschs 1973 ihr Land verlassen mussten, um nicht umgebracht zu werden. 1977 veröffentlichten die Schmetterlinge ihr Album Proletenpassion, auf dem sie einem der damals zu Tode gefolterten, dem chilenischen Volkssänger Victor Jara, ein beeindruckendes Denkmal setzten: “Companero Victor Jara : presente” Und wir waren, und sind heute noch, zwischen Aufbruch und Untergang unterwegs.

Was uns zu der Frage führt, wie wir angesichts der gegenwärtigen Weltlage mit ihren widerwärtigen Auswüchsen guten Gewissens und mit uns selbst übereinstimmig, also hier und jetzt, leben wollen. Dazu ist mir in einer Facebook-Gruppe (was für ein Auswuchs!) eine interessante Aussage begegnet. Dort beklagt ein Mitglied all die von Hass und Engstirnigkeit triefenden Kommentare zu (wie wir dieses Wort früher verstanden) “progressiven” Themen und bezeichnet dabei die anderen Teilnehmer als “alte Säcke, die der Vergangenheit angehören”. Darauf antwortet ein anderer:

“Wir alten Säcke sollten die Fahne der Freiheit (ja klingt überzogen) hochhalten, (sollten) dagegenhalten und nicht abtauchen. Wer wenn nicht wir. Prog ist Freiheit und Vielfalt!”

 

PS. Ist der Rock’n’Roll jetzt tot oder nicht?

 

Virgin

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 13. Juli – Virgin? Wohl nicht im Sinn sexueller Unberührtheit. Ganz im Gegentum, zurück zum Unzerstörten, das immer schon war und das sämtliche Sinne und Sensationen ganz natürlich in sich wahrnimmt – und sie aus sich selbst heraus ins Leben entfaltet. Virgin – das neue Album von Lorde öffnet mir Zugänge in ungeanhnte Welten jenseits der Hörgewohnheit, die jedweden allzu “massentauglichen” Pop von vorn herein ausblendet. Das ist einerseits ihrer zutiefst glaubhaften Poesiearbeit sowie ihrer überzeugenden musikalischen Gestaltung zu verdanken, die das Gesamtbild genauso stimmig wie selbstbestimmt klingen lassen. Und andererseits dem jahrelangen Bemühen meines Sendungspartners Christopher Schmall, von der Musik lyrisch zu erzählen. Und so beschreibt er “lordes virgin”:

Virgin (Lorde Album)junge frau
hämmert fragen
wandelt form zwischen
egotod und dna
augenblicklich
durchscheinblau
erwachsen aus scherben
könnt sie’s bloß sehen
loses abbild

nur logisch auf musik
mit poesie zu reagieren
verdichtungsreaktor einschalten
sich annähern mit rätselsinnlichkeit
nicht als funktionsinfozerrede
zwar kann über musik zu schreiben
so manches offenlegen
kann schleier lüften licht
werfen auf verborgene zusammenklänge
oder interviews mit der künstlerin
der herrscherin ihrer welt
in denen sie über ihr werk spricht
zum beispiel als nebenprodukt
innerseelischer entwicklungen
dich klararten mit klärkunst
dich freiheitern und basteln
am sound deiner selbstoffenbarung
greif in dein verstricktes dunkel
deinen urwald aus widerspruch
und gleichzeitigkeit aus dir
strömen lassen stöhnen
murmeln singen sprudeln
quellen krachend brechen

wrack werden horizont
jemand anderes erinnerung
als gäbe es keinerlei grenzen
so himmel so
himmlisch angesengt
so hin und her
wie schaukel über abgrund
sterne blinzeln herauf
und deine füße auf asphalt
in deiner hand flüssiger kristall
wunder über wunden
im blut die unnatur
die natürliche spaltung
und verschmelzung im blut
nicht mehr als versuche
die existenz zu ergründen
anzupinnen ans bewusstsein
vom atemhauch auf feuchtheißer haut
nach ekstase und ausschweifung
löst sich ein funke du
wir glühen alleinsam
also laufen ins messer
scharfe ungewisse wilde jetzt
in den moment in die halbe ewigkeit
zwischen zwei wimpernschlägen
wir tanzen und tanzen und springen
und krallen uns fest
auch an einander
und lassen nicht los
was wir glauben zu wissen
und stolpern ins leben
und fallen zerschellen
lassen uns sterben
aus den trümmern
setzen sich wieder und wieder
zusammen ein sein ein weiter
vielleicht nicht rein nicht unbefleckt
doch neugierig hungrig verwegen
jeder tag ein verwandeln
nichts bleibt still
die dinge sprechen aus dir
du hörst dir zu
bleibst dir nah
während du auf abstand gehst
um die fäden zu sehen
an die wir geknüpft sind
du malst bilder vom chaos
von der ruhe im wahnsinn
und der schönheit einer abgefuckten welt

 

Post Scriptum – Gespräche und Interviews, zum selbst Entdecken:

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