Schluss mit Schluss!

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 28. DezemberWir sind noch da 😀 und das bleiben wir auch im kommenden Jahr! Also, keine Widerrede – wer nicht hören will, muss eh nicht. Doch wer da kann – soll auch wollen dürfen! Und umgekehrt. Oder möchte jemand das Gegenteil von sich selbst behaupten? Na also. Wir können jedenfalls nichts dafür – wir sind halt einmal so. Schwierig genug in Gezeiten wie diesen, wo allenthalben uns der Dosenmüll umblubbert – und die Häppchenkultur uns zunehmend Abmerksamkeit verlangt. Zwing Zwang Zweck und funktionieren, Zeit ersparen, einsortieren, nichts verstehen, alles glauben, Damenmoden, Daumenschrauben! Um mir immerhin einen Reim auf diese Gegangenheitsverbewaltigung gemacht zu haben. Selbst natürlich, selbstverständlich. Und ihr seid unser Welpenkorb. In Nämlichkeit,

AUFS OHRAmen. Denn wir haben nicht nur (wie immer) noch lange nicht genug – wir hauen euch gerne auch aufs Ohr – und uns dabei nach Möglichkeit weg. Humor ist, wenn man trotz all dem Wahnsinn in der Welt nach Kräften lacht. Ernst ist sowieso fürn August und bis dahin noch eine lange Weile! Die feine Klinge aus Wort und Witz verstehen wir wohl zu unserem Selbstschutz zu gebrauchen, jedoch manch groben Klötzen verlangt es allzusehr nach einem ebensolchen Prügel. Denen darf dann schon mal der Hammer unseres Zorns die Unwucht ihrer Existenz aufzeigen. Wir nehmen wahr, wir drücken aus – wiewohl, nicht ohne zu verdichten. Wir leben immer Eigenes dar in unseren Themen und Geschichten. Und seien wir einmal ganz ehrlich, wo in all dem Medienvielflat gibt es heute noch Originäres, Unorthodoxes, Verqueres und Widerborstiges? Staat dessen macht uns, Code sei Dank, Kommerz an Herz und Seele krank. Aber wir machen nicht mit bei den Gelalldudlern monoklon klingelnden Österreichts. Retzt erst lechz! Die Freien Medien sind für die freien Meinungen da – und nicht fürs imitatorische Nachwappeln von andernorts quotengeil längst bis zum Anspeiben ausgelutschten Einheitsdrecks. Formate Fadessadenverbehübschung…

Mit ohne uns! Wir sind ein geiles Institut 😛

 

Krampuslauf Disintegration

> Sendung: Artarium vom dritten Adventsonntag, 14. Dezember – Zwei Stunden Sendung zwischen Teufelszauber und dem überlangen Album von The Cure. Eine Spurensuche durch die verhangenen Welten dieser irgendwie magischen Jahreszeit. Schon längst einmal wollten wir Disintegration (inklusive aller Bonustracks) ungekürzt spielen, doch bei dessen Gesamtlänge von fast eineinviertel Stunden können wir das nur im Rahmen einer genauso überlangen Sonderausgabe bewerkstelligen. Daraus ergibt sich natürlich die Frage, womit wir die übrigen 45 Minuten zubringen möchten. Es sollte ja immerhin zur Stimmung und zum Thema passen, schaurig und schön zugleich, sich rituell geheimnisvoll offenbarend, Kunnst einfach! Da schau her, wir sind in Bildern fündig geworden – und haben den Hersteller dieser Arbeiten ins Studio eingeladen:

S.Koidl2014_ScreamStefan Koidl aus Hallein ist aber nicht nur ein aufregender Zeichner (hier ein Album) mit dem Ziel, sich dem Fotorealismus technisch so weit es geht anzunähern – er ist auch ein inzwischen ziemlich erfolgreicher Krampusmaskenschnitzer (einige davon sind hier zu sehen). Passt doch perfekt zur Jahreszeit! 😈 Zudem führt er seine eigenen Kreationen neuerdings sogar selbst auf – in der von ihm mitbegründeten Krampuspass Schergen des Kronos. Da wollen wir doch einmal hinter der Maskierung nachschauen – und ergründen, was das wohl für ein Mensch ist, der mit solch einer schon an Besessenheit grenzenden Leidenschaft derart düstere Themen bearbeitet. Vor allem interessiert uns, aus welchen Inspirationsquellen sich seine Motive speisen, und was für kreative Prozesse da im Hintergrund ablaufen, während so ein Bild seinen Weg vom Kopf aufs Papier findet (oder so eine Maske eben in die fertige Gestalt). Wie hat das angefangen, wie fühlt sich das an – und wo will es hin? Wir ergehen uns in höllischen Phantasien und nachtkalten Krampusläufen, während wir im warmen Radiostudio gemütlich beisammen sitzen. Dazu gibts die gewohnt geeignete Musik…

DisintegrationAnschließend an unser Gespräch, wie angedroht und versprochen, das ganze Album Disintegration von The Cure in vollster Länge und ohne jedweden Hineinquatsch. Warum just dieses doch 72-minütige Ohrwerk im tiefsten Mittwinter lauthals zu Gehör gebracht wird? Weil es ein Innehalten ist inmitten schleunigen Lärms, ein Inzwischen aus leisen Tönen und dröhnendem Bombast. Weil ihm aufregende Stille ebenso innewohnt wie beruhigender Wahn, weil rauschhaftes Einvernehmen hier so grenzgenial in angepasstes Widerstreiten übergeht, dass Revolution nur noch innerlich stattfinden kann – aber stattfinden muss! Weil es genau die Medizin ist, die wir in den längsten Nächten des Jahres brauchen, eine psychedelische Filmkulisse zum Sterben und Erwachen – mit unserem Selbst als erlebendem Darsteller und handelndem Zuschauer in ein und derselben Person: Ich bin viele – und wir sind eins. Alles klar?„The Cure waren zu dem Zeitpunkt, als Disintegration entstand, keine verzweifelte Depri-Band, genausowenig, wie sie das heute sind. Disintegration ist happy-sad, vielschichtig, manchmal hymnisch und manchmal düster, the best album ever und will in meinen Augen irgendwie nicht mit der ganzen Cure-Klischee-Anhäufung zusammenpassen.“ (Cure-Fan-Replik auf obiges Review)

 

Das Ende ist nah

> Sendung: Artarium vom ersten Adventsonntag, 30. November – Zum nunmehr endgültigen Ende des Kirchenjahres und zur unvermeidlichen Wiedereröffnung des Salzburger Christkindlmarkts tragen auch wir entsprechend Stimmungsvolles bei. Ein weihräucherner Lichterkranz aus bizarren Satiren und böhsen Liedern umschwebt unsere persönlichen Eindrücke vom Glühweinen und Turmbalzen. Ohzipft is! Ehre sei Gott – und die Preise in die Höhe! Und Fernsehen auf Erden und der Geschäftswelt ein Zumwohlbefinden! Der Abwändskalender ist eröffnet und als Hauptgewinn wartet die gelungene Weihnachtsverweigerung. Totaler gehts nicht – zu diesem Zweck haben wir ein paar unanständige Volks- und Andachtslieder des genial grantigen Wiener Urgesteins Richard Weihs mitgebracht. Was? Es wird scho glei dumpfer 😀

Märkte und Mächte„Ich arbeite an der Idee, dass eine faire Verteilung der vorhandenen Ressourcen für alle möglich sein muss, wenn auch in einer Zukunft jenseits dieses konsumistischen Vermarktungszwangs jeglichen wie auch immer definierten Eigentums. Und so soll auch mein geistiges in diesem Sinn als eine Art Vorleistung darauf bezahlfrei bleiben. Auf eine bessere Welt! Pirat statt privat“ 😉 Nach dieser Adventlesung aus dem Evangelium des Antikapitalismus kommen wir nun zum Ende unserer feierlichen Einstimmung – mit den wahren Worten des Propheten: „Eine Wirklichkeit, in der es selbstverständlich ist, die Zuschauer inmitten wesentlicher Erkenntnisse eines Films mit Fernsehwerbung hirnzuficken, wird von mir bestimmt nicht anerkannt. Sie existiert auch überhaupt nicht! Außer als eine verbrecherische Übereinkunft zum Zweck der Beherrschung des Menschen durch die Behauptung.“ Na dann ist es ja gut 😛 The Matrix has you. Unser Schiff ist ein Radiostudio und unsere Waffen sind unsere Worte. Knoch, knock, Neo! Wer die blaue Pille nimmt, wird diese Sendung nie gehört haben. Bedenke, alles was wir dir anbieten, ist die Wahrheit. Deine eigene – entgegen all dem, was du glauben sollst. Wir wünschen besinnliche Einkehr

 

Für immer jung!

> Sendung: Artarium am Sonntag, 23. November – Das Jahr der Jubiläen hat zugeschlagen – und wir schlagen unerbittlich zurück. Gesundheit! In Würde älter werden heißt eben auch, Freude am Bock zu haben. Oder inmitten all des Verfalls jung zu bleiben an Geist und Seele. Wir zelebrieren daher ein Lebensfest der Künnste, der nie enden wollenden Möglichkeitsformen, der Einheit von Zweiheit und Freiheit in Ewigkeit, Amen 😀 Wenigstens jedoch die fröhliche Versöhnung mit dem Einstweiligen, das wir solange gestaltend bepflanzen, bis es unserem Zutun und Sein endlich entschwimmt. Wie bitte? Danke! Denn die bloße Vorstellung von verfügbarer Unendlichkeit in jedem noch so endlichen Augenblick unseres Schaffens und Erlebens – das hat schon etwas dermaßen Beruhigendes an sich, dass ich mich gleich ganz entspannt zurücklehne. Aber zuerst…

TraumbildBetween the desire
And the spasm
Between the potency
And the existence
Between the essence
And the descent
Falls the Shadow

Life is very long

T. S. Eliot – The Hollow Men

Es gibt allerdings eine spezielle Qualität des Jungseins, die es einem in jedem Alter und in jeder Lebenslage möglich macht, aus den unendlichen Ressourcen der eigenen Innenwelt zu schöpfen. Eine „Weltanschauung“ hat sowieso jede(r) von uns – die Frage ist nur, ob sie auch aus eigener Anschauung, also aus eigenen Empfindungen und aus selbstgemachten Überlegungen erwachsen ist – oder einfach aus vorhandenen Vorschriften zusammengeklaubt, also aus unbekannter Quelle als angeblich eigene Einstellung übernommen wurde. Wie belebend sind junge Männer, die im Einklang mit ihren Emotionen spontan zärtlich sein können und nicht darauf schielen, ob jemand ihr Verhalten als falsch oder richtig bewertet! Wie alt sehen dagegen jene aus, die als junge schon verkrampft versuchen, einer (wessen?) Vorstellung von sich zu entsprechen…

 

Dub Side of the Moon

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 16. NovemberDem abgründigen Humor der wundersamen Easy Star All-Stars sei es getrommelt und gepfiffen, dass wir diesmal ein ganzes Album aus dem Jamaikanischen Geräuschegarten rund um den Roots-Reggae und seine diversen ekletifizierten Absprösslinge (wie Dub, Dubstep, Trip Hop etc.) spielen. Oder auch dem Umstand, dass Pink Floyds jüngstes Werk The Endless River in deren Musikschaffen zwar jetzt den Schlusspunkt, keinesfalls jedoch den Höhepunkt darstellt. Somit greifen wir zurück auf ein ungemein kreatives und inspirierendes Tribute-Album, welches 2003 zum 30-jährigen Erscheinungs-Jubiläum von Pink Floyds Meilenstein The Dark Side of the Moon vom erwähnten Dub-Reggea-Kollektiv des All Star Labels eingespielt wurde – das schön schamlose Rework namens Dub Side of the Moon 😉

ja wir wollen lustig sein

Das Cover eines weiteren Easy Star Reworks: „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“

„If you’ve ever, via hallucinogens, expanded your mind to Dark Side Of The Moon, all you need to do is change your drug of choice and Dub Side… might easily sound like the best thing you’ve heard, if you inhale deeply enough. Even without a spliff, it still sounds pretty fine as a bunch of rastas take a voluptuous dubbed-up trip around the Floyd’s psychedelic masterpiece. Highlights include Ranking Joe’s toast on „Money“ and Kirsty Rock’s bonged-out yodelling on „The Great Gig In The Sky“. It fits so perfectly you wonder why it took 30 years for someone to think of it.“ >UNCUT

Es mag mit allerhand immergleich wiederkehrenden und quasireligiösen Ritualen einer verschworenen Subkultur zusammenhängen, dass das erweiterte Reggaetum bei uns eher selten zu hören ist. Oder auch mit einem allzu bierernsten, muss hier heißen weihrauchschwangeren Selbstverständnis, das mehr nach Glaubensgemeinschaft als nach Freiheitsbewegung schmeckt. Oder wie war das mit „Emancipate yourself from mental slavery…“ ursprünglich gemeint? Unser Zugang zu allen Kunstformen ist immer der kreative, der des selbstbestimmten Gestaltens und nicht der des Normnachhupfens. Deshalb lassen wir uns auch gern vom fröhlichen Plünderertum der Easy Star All-Stars anstecken, liebgewordene Hörgewohnheiten wieder einmal völlig neu zu interpretieren. Und empfehlen zur weiteren Neugierde dieses Interview zu ihrer Arbeit auf pop-break.

 

Aufmarsch der Zipfelmänner

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 26. Oktober – Zum heurigen Nationalmusiktag mit Programmschwerpunkt Szenenwechsel – Lokale Sounds aus den Freien Radios wollen wir nicht hintanhalten, den gesamtaustriakischen Alpenpop in einem satirischen Aufwasch zu erwürdigen. Denn nichts scheint uns an diesem volkstumsschwangeren Nationalfahnenfest zur Beibehaltung der geistigen Individualgesundheit so wertvoll zu sein wie eine ordentliche Portion Blasphemie in der Blasmusik. In diesem Sinne also: Willkommen bei unserer herzerfrischenden Herabwürdigung von allesamt fraglichen Heimatsymbolen. Kommet zu Hauf – und nehmet ganz unerschrocken Marschmusik, Mundartgesang oder Volksschauspiel je nach Lust und Laune auseinander, bis dass es euch freut! Oder – um es gleich auch als passendes Motto für die freie Radioarbeit zu verwursten: WIR sind das Volk – und wir spielen UNSERE Musik 😀 Aufmarsch!

lyapis trubetskoy feat. noize mc - bolt (video)Jössasmarandjosef, die Welt geht unter und das Bundesheer löst sich auch zunehmend auf. Nicht einmal flächendeckenden Schraubenschutz kann unsere Luftraumüberwachung garantieren, wenn die Trümmer aus schrottreifen Eurofightern regnen. Und was wird aus der Militärmusik?

lyapis trubetskoy feat. noize mc - bolt (video)Sollen sich die „Jungschwanz“ (so werden sie intern ja wirklich genannt) etwa pudelnackert zur Angelobung aufstellen, weil es an Uniformen fehlt? Vorm neuen Vereidigungsminister, der so heißt, weil hier ein Buchstabe eingespart werden kann. Erst das T und dann auch noch das Tätärätä?

lyapis trubetskoy feat. noize mc - bolt (video)Gemach, gemach – noch gibt es immerhin Fahne, Vogel und Staat. Und beim Auftreten von plötzlichen unerwünschten Nebelwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker, also uns 😛 Wir begleiten euch gern durch den Wust der Zeit ans Ziel – einstweilig selbst sein, hier und jetzt

gleich zur Entspannung anschaun: Lyapis Trubetskoy feat. Noize MC – Bolt (Vimeo)

 

Thomas Bernhard hätte…

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 19. Oktober…geschossen! 😀 So lautet jedenfalls der Titel des vorletzten Solo-Programms für mehrere Persönlichkeiten von Georg Schramm. Der aus eher niveauvolleren TV-Sendungen wie Scheibenwischer (mit Dieter Hildebrandt) und Neues aus der Anstalt bekannte Erregungskünstler ist auch einer der letzten noch lebenden Vertreter der inzwischen beinah ausgestorbenen Gattung des politischen Kabarettisten. Mit seiner eigenen Agenda jenseits von Publikumsdynamik und Humorbedienerei stritt er für eine gerechte Gesellschaft und wider den verordneten Stumpfsinn, speziell gegen den der fortwährend für blöd verkauften Wählerschaft. Dass man in einem solch absurden Theater schon mal auf die Idee kommt, das (Wahl)Volk zu erschießen, führt uns zurück zum Titelgeber der Sendung – zu Thomas Bernhard 😉

Oberstleutnant Sanftleben„Schramm schlüpft während seines Auftrittes in immer wieder andere Rollen, wechselt diese von einer Sekunde auf die andere und hält sogar alleine auf der Bühne Dialoge zwischen den einzelnen Charakteren. Jede dieser Figuren ist ein gut beobachtetes Bild von Teilen unserer Gesellschaft. Ob es nun der revolutionäre Rentner Lothar Dombrowski ist, den Schramm rigoros die Wahrheit gegen unser System aussprechen lässt und der so eine Art extremeres und cholerischeres Alter Ego zum Kabarettisten selbst bildet, oder der abgehackt sprechende Oberstleutnant Sanftleben, der die Maske des Militärs enttarnt, Schramm beherrscht sie meisterlich.

Was nützt aber all diese Genialität im Angesicht des hergebrachten Kabarettpublikums? Lehrer, Ärzte, sogar ein Politiker waren da. Alle gut situiert und jenseits jeglicher Kritik. Sie wollen das System nicht hinterfragen. Sie wollen anscheinend nicht nachdenken. Sie gehen dorthin, weil es Kultur ist, weil man seine letzten Vorräte an Gold mal wieder ausführen kann. Sie wollen den letzten Rest ihres Alt-68er-Gewissens, das irgendwo zwischen Kommerz, Konsum und Profit noch in ihnen ruft, besänftigen, damit sie sich zuhause noch ein schönes Gläschen Wein in ihrem Einfamilienhaus gönnen und dann alles, was Schramm gesagt hat schnell vergessen.

Thomas BernhardIn der Pause habe ich ein paar Leute belauscht. Wir waren hoch motiviert, haben uns nach Schreiben, nach Austausch über mögliche Ansätze zur Weltverbesserung gefühlt (Hochgefühl und Inspiration pur). Und um uns herum standen nur Menschen, die über seine Outfits, seinen nachgemachten Dialekt oder seine Kalauer gesprochen haben. Wörtliches Zitat: “Also dieser Rentner, den er da spielt, der ist ist mir immer etwas zu krass.”

Und Schramm sieht sein Publikum, ist vorher schon darüber verzweifelt, hört wie es bei Kalauern lacht, wie es sich bei billigen Witzen wegschmeißt, mit denen er eigentlich die Dummheit der Leute zeigen wollte. Und was macht er? Nach dem Applaus, kurz bevor alle saturiert nach Hause gehen wollen und ihr Restgewissen zum Schweigen gebracht haben, lässt er einen Text von Thomas Bernhard einspielen (von Dieter Hildebrandt gelesen): „Ein eigenwilliger Autor“

Nun ist auch klar auf wen Thomas Bernhard geschossen hätte. Nicht nur auf die blöden Avatare da oben an der Macht, sondern auch auf uns, weil wir uns berieseln lassen und ständig in Kämpfen untereinander Gesagtes wieder- und wiederkäuen. Schramm ist radikal, Schramm sagt die Wahrheit! Auch, wenn ihr sie nicht hören wollt. Er ist nicht zynisch, die Realität ist zynisch. In seinem Humor fasst er unser ganzes krankes Gefüge zusammen.“

> Thomas Bernhard hätte geschossen – Georg Schramm hätte schießen sollen

 

Keine Angst vor großen Namen

> Sendung: Artarium am Sonntag, 21. September – Eine gewisse Abenteuerlust, Begeisterung, Neugierde – und auch eine Portion Unerschrockenheit kann beim Radio nicht schaden. Berührungsängste sind bei der Begegnung mit allerlei Berühmtheiten dagegen zunächst weniger hilfreich. Doch wie können wir im Umgang mit den großen Namen unsere Natürlichkeit bewahren, wenn wir während eines Interviewgesprächs eigentlich schon vor Ehrfurcht erschauern? Und wie kann es uns gelingen, nicht so fürchterlich automatenabgebrüht zu wirken wie viele der professionell gleichgeklonten Kolleg_innen vom kommerzamtlichen Nutzfunk? Ätzend allerweltstauglich und grundlos glücksbesoffen schwallern sie einem wie die Heizdeckenverkäufer ein Loch ins Hörn! Doch unsere lebendige Zwiesprache soll solcherner Zudröhnung entgegen stehen…

Theo und LauraZu diesem Zweck bitten wir den sonnigsten Newcomer des heurigen Jahres zum Gespräch: Theo Kämmerer, gerade einmal 14 Jahre alt, der in seiner Sendung THEOS RADIO LAB schon eine Reihe von beachtlichen Interviews hervorgebracht hat. So etwa mit Galileo Extrem-Reporter Harro Füllgrabe und „Sexualkabarettistin“ Danny Meschtscherjakov. Zudem besuchte er schon einmal ein Bestattungsinstitut, unter anderem mit Fragen zum Leben nach dem Tod im Gepäck – oder er lud sich seine zumeist jugendlichen Gäst_innen auch gleich zum Livegespräch ins Studio ein. Immer eloquent, neugierig, unbefangen und in einer fast schon zen-buddhistisch anmutenden Weise gelassen naiv (als ein Unwissender an der Erkenntnis interessiert), er scheint sich einfach keinen Kopf zu machen, ob er grad eine 13-jährige Sängerin zu Gast hat – oder ob er mit einem bekannten TV-Star telefoniert. Phantastisch 😀

Gastmoderator Norbert K HundUnd weil wir hier zur Zeit auch nicht gerade unterversorgt sind mit bekannten Namen in unseren Sendungen (gerade erst waren wir mit Brita Steinwendtner live aus Schlierbach zu hören), wollen wir einmal den Gemeinsamkeiten wie auch den Unterschieden unserer jeweiligen Herangehensweisen auf die Spur kommen. Dazu erzählen wir einander am besten erstmal von unseren gelungensten Radiomomenten. Und dann schauen wir, was wir in der nächsten Zukunft noch so alles vorhaben. So will ich zum Beispiel die zwei Sondersendungen für Freitag, 26. 9. vorstellen: Einerseits die einstündige Nachtfahrt-Zusammenschau „Auf der Flucht“ (zu hören ab 19 Uhr) und andererseits das dreistündige Perlentaucher-Special (ab 22 Uhr live) mit Misha Schoeneberg, der extra aus Berlin anreist, um bei uns und im Literaturhaus das frisch erschienene Album Poem – Leonard Cohen in deutscher Sprache vorzustellen, eine Hommage an den großen Künstler zu dessen 80. Geburtstag, die wahrscheinlich nur durch Mishas jahrelange Beharrlichkeit und Übersetzungsarbeit zustande kam. Für uns ebenso sehr ein freudiges Ereignis, wie auch eine gewisse Herausforderung… So. Mehr wird jetzt aber nicht verraten. Gehts doch endlich alle nach Hause!

 

Live vom 4553² Literaturfestival

> Sendung hören: Artarium vom Freitag, 29. AugustLIVE auf Radio B-138 (Wiederholung am Sonntag, 31. August von 17:00 bis 19:00 Uhr in der Radiofabrik) Sondersendung mit Livegespräch und Darbietungen zum 2. Oberösterreichischen Literaturfestival 4553² in Schlierbach. Auf Einladung unserer lieben Radiomacher-Kolleg_innen aus Kirchdorf an der Krems gestalten wir als Programmerweiterung am zweiten Festivalabend eine Themensendung rund um Brita Steinwendtners aktuellen Roman „An diesem einen Punkt der Welt“ und seine Hauptperson Bernhard „Bez“ Samitz, dessen Lebensjahre im Käfergraben die Autorin darin detailliert nachzeichnet. Also erwarten wir die Brita im ersten Teil der Sendung, im Anschluss an ihre um 20 Uhr stattfindende Lesung, zum persönlichen Gespräch über das Buch und seine Geschichte.

Den Roman selbst haben wir ja bereits im Artarium letzte Woche ausführlich vorgestellt. Nutzen wir die Gelegenheit des Gastauftritts doch zu einer eingehenderen Erforschung der Entstehung dieses Buchs und seiner Sprache! Und widmen wir uns im Gespräch auch der offenbaren Faszination des „Lamandergrabenlebens“, wie es der „Tom“ der Erzählung führte – und wie es einige von uns noch beim „Bez“ im Käfergraben kennen gelernt haben: „Freitags-Beisel, sagten sie dazu. Alle waren da, die immer da waren, und ein paar neue dazu. Das Haus zog Menschen an, junge und ältere, von überall her im Bezirk. Fahrräder lagen im Gras, Mopeds standen an den Bäumen, Ribisel reiften. Drinnen lachen, reden, debattieren. Galopp in Adern und Kopf. Teil sein, sich fallen lassen. Rauchen, tändeln, lieben. Silberarmband, Ohrmuschel und einer, der fragt. Händedunkel und Lichterfäden, Gitarre, Drums und Allesvergessen. Hunger nach Anerkennung und Widerstand.“ Dergestalt schildert es Brita im ersten Kapitel – mehr davon gibts hier als Leseprobe.

Um einen atmosphärischen Übergang vom Literaturprogramm in die spontane Freiheit der Nächte zu bewerkstelligen – ganz im Sinne des oben so trefflich beschriebenen Lebensgefühls und in freundschaftlichem Andenken an den echten Bez – werden wir im zweiten Teil unserer Sendung den Raum öffnen für Dichtung und Wahrheit abseits von Verlag und Verwertung. Für Unbekanntes aus dem kreativen Vakuum des Werdens und noch Unöffentliches aus dem saftigen Ideal des Fruchtgeschmacks. Von und für Gäst_innen und Weggefährtensuchende. Musik, Collagen und Gedichte, Songtexte und Statements, whatever. Was wäre die Essenz eines prophetischen Lebens denn anderes als: Spür mir zu – und mach was draus? Dazu ein plötzlicher Gedanke, der mich beim Aufbereiten dieses Themas ansprang: Wer vermag zu bemessen, wessen Lebenswortwerk wertvoll für die Welt – und wie weit es wesentlich für die Nachbarschaft ist, war, wird? Doch wohl die Berührten und über die Brücken der Bücher nach Neuland-Nirgendwo, in die Bio-Utopie des Selbstdenkmöglichen Verführten, die hilflos am Brustmund der Sprachschöpfung hängenden Einwohner von Phant-Asien, dem Land, in dem Milch und Honig fließen. Diese hin- und mitgerissenen Nachfahren ihrer gemeinsamen Erstbeschweigung. Es lebe der Erzengel Novotny!

Einen einstündigen Ausschnitt dieser Sendung (das ganze Gespräch mit der Autorin) gibt es jetzt ebenfalls unter dem Titel Brita Steinwendtner Backstage nachzuhören 😉

 

Rainald Grebe – auch mit Band!

> Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 10. August – „Dem Mann tut eine Band gut“ haben wir erst unlängst konstatiert. Zwar ist Rainald Grebe auch solo am Klavier ein gscheites Kasperltheater, vor allem, wenn man seinen einzigartigen Grimassenfundus dabei auch synchron zu sehen bekommt, wie zum Beispiel in den bekannten Livevideos „Künstler“ oder „Der Kandidat“. Dass der gestandene Schauspieler und Schwurbelkomiker (er trat am Anfang seiner Karriere in Sendungen für brachialen deutschen Plemplemhumor auf) inzwischen auch in den tieferen Themen des Tragikomischen angekommen ist (und dort durchaus der Sozialkritik eines Georg Kreisler nahekommt), das beweisen Nummern wie „Gilead“ und „Auf der Flucht“ in geradezu abgründiger Weise. Unserer Ansicht nach kommt dieser Vollblutmusiker allerdings inmitten des komplexeren Arrangements einer ordentlichen Musikkapelle noch weitaus besser zur Geltung:

rainals grebe massenkompatibelDas hat sich schon bei den ersten fürs Fernsehen aufgezeichneten Auftritten mit dem Duo „Kapelle der Versöhnung“ abgezeichnet, so etwa hier in „Massenkompatibel“, wo es gleich so richtig psychedelisch zur Ursache geht, wenn er da singt:

„Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, denn wo zwei oder drei versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Dieser Satz von Jesus, der war mir immer schon, der war mir immer schon popelig erschienen. Ich bin massenkompatibel, massenkompatibel, la la la la…“

Doch damit nicht genug, die um einige oder oft auch mehrere Musiker erweiterte Begleitband heißt nunmehr „Orchester der Versöhnung“ und spielt zu jedwedem Anlass meisterlich auf! Das wollen wir gern mit einigen Titeln aus deren gleichlautendem Studioalbum von 2011 unterstreichen. Davor gibts noch ein paar Solonummern aus dem „Rainald Grebe Konzert“ – We show you both best sides of this good man. Das allerneueste Orchesterprogramm „Berliner Republik“ bieten wir hingegen hier als wohlformulierten Audienzbericht zum Lesen an. Und spielen einen einzigen Titel daraus in unserem imaginären Best Of Album, nämlich das Kinderlied Dankwart ist Tankwart: „Bushido, Bushido – Bushido, lutsch meinen Schwanz. Was du kannst, kann ich auch, ich will auf den Index! Tötet, tötet, tötet Markus Lanz!“ 😀