> Sendung: Artarium vom Sonntag, 9. Dezember – Nun ist das Freie Radio eben auch eine Einrichtung, um das eine oder andere Vermächtnis des Freien Lebens vor dem Vergessen der Vielflatterer zu bewahren. Vor allem, wenn es sich dabei um die Nachlässe derer handelt, die “im großen Geschäft”, sprich im Scheißhaufen dieser um Geldzweck und Kaufzwang kreiselnden Aufmerksamkeitsindustrie nicht genug “einbringen”, um sie zur gefälligen Untenhaltung des Publikums zu verbrauchern. Oder um jene seltenen Exemplare der Gattung Mensch, die trotz heftiger Nötigung lebenslang zwischen den Kategorien wohnen blieben – und sich so jeder Einteilung ins allgemein Übliche entzogen. Ein Schaffenserbe des vielgestaltigen Kunst- und Musik-Kollektivs Chumbawamba möge uns hierfür zum guten Beispiel gereichen:
Denn die ursprünglich der Punk- sowie Hausbesetzerbewegung im Norden von England entstammende kreativ-anarchistische Truppe mit dem durchaus eigenwilligen Namen Chumbawamba, die nunmehr nach 30 produktiven Jahren leider den Bühnenbetrieb eingestellt hat, war speziell in den 90ern regelmäßig in Salzburg zu Gast – und inspirierte dadurch viele Nichtangepasste auf geradezu osmotische Weise, indem sich ihre lustvoll dargelebte Wesensart mit den Seinsweisen der an diesen Auftritten Teilnehmenden verband. Im Musikarchiv der Radiofabrik schlummern sogar noch Live-Mitschnitte solch elementarer Ereignisse. Was Chumbawamba vor allem auszeichnet, ist ihre hemmungslose Gestaltungsfreude beim Plündern der Popkultur. Nie waren sie Teil jener folklorisierten Zombieparties, die als Immerwiederauferstehung des Punk dessen ewigwährende Selbstverwurstung zelebrierten. Ganz im Gegentum, schon in den 80ern “reclaimten” sie Melodien und Klangzitate, wodurch sie sich zu den Pionieren des Sampling gesellten. In weiterer Folge eigneten sie sich auch noch mannigfache musikalische Stilrichtungen an, die sie stets erfrischend unbotmäßig zu immer neuen Soundcollagen und Selbstaussagen verbearbeiteten…
Chumbawamba verstanden es, die Gesetzmäßigkeiten des Musikbusiness (die sie zutiefst verabscheuten) für die Verbreitung ihrer Inhalte zu nutzen, ohne selbst darin aufzugehen. Ein Höllenritt auf des Rasiermessers Schneide. Das soll uns doch ein ganzes Album wert sein. Eigentlich nicht nur eins!
“In a world full of no-ones – I am someone!”