GELD MACHT WERTE (Ö1 Radiokolleg)

-> Download: Artarium vom Sonntag, 10. November – Wir präsentieren unser heuriges  Bildungsprojekt zur vorweihnachtlichen Denkanstiftung: GELD MACHT WERTE – eine Produktion aus dem Ö1 Radiokolleg, welche im Jahr 1999 erstmals ausgestrahlt wurde und die wir mit freundlicher Genehmigung des ORF zum 15. Geburtstag der Radiofabrik nunmehr ebenfalls senden. Vom 11. November bis 19. Dezember sind alle 24 Folgen dieser Sendereihe hier in Salzburg und als Livestream abermals gut zu hören – und zwar immer montags bis donnerstags zwischen 13:30 und 14:00 Uhr. Im Artarium spielen wir schon vorab ein paar Ausschnitte als Appetizer und erzählen auch, wie es ursprünglich zur Idee dieser journalistischen Qualitätsoffensive kam. Das vollständige Programm mit den Titeln/Themen der einzelnen Beiträge sowie den Begleittexten der jeweiligen Autor_innen haben wir zudem als PDF zum Download vorbereitet.

Warum aber ausgerechnet diese Produktion nach fast 15 Jahren noch einmal hören, wo doch beinahe im Wochenrhythmus neue Schreckensmeldungen aus der Finanzpolitik für Verunsicherung sorgen? Eben weil vieles davon gar nicht so „neu“ ist, wie es uns ein auf Tagesaktualität ausgelegtes Nachrichtenbusiness oft erscheinen lässt: Denn in einem geschlossenen System war, ist und bleibt nämlich die Summe aller Guthaben immer genau gleich hoch wie die Summe aller Schulden.

Und was wäre ein hochgradig globalisiertes Wirtschaftssystem mit seinen zunehmend grenzenlosen Geld- und Warenströmen denn anderes als ein in sich geschlossenes System? Oder, wie es bereits Bert Brecht prophetisch auf den Punkt brachte: „Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ In dieser hervorragenden Sendereihe wird also viel grundlegendes Wissen vermittelt über die Entstehung des Geldes, das Funktionieren der Märkte – und den zwangsläufigen Zusammenbruch von Spekulationsblasen. Die Produzent_innen gehen aber noch einen Schritt weiter – sie hinterfragen viele der vorgeblichen Wahrheiten, die uns permanent als unumstößlich (oder alternativlos!) dargestellt werden – und bürsten unsere Wahrnehmungsgewohnheiten ordentlich gegen den Strich. Auf diese Weise können wir uns dann wirklich bilden – eine eigene Meinung nämlich! Muss Wachstum immer sein? Ist es überhaupt gut – oder schlecht? Und unter welchen Bedingungen? Oder besteht ein von vorn herein anzunehmender Zwang zum Wachstum, der die einzelnen Volkswirtschaften weltweit in die Verschuldung treibt?

In diesem Zusammenhang sei zum Beispiel auf den österreichischen Ökonomen und Kapitalismuskritiker Erhard Glötzl hingewiesen, dessen 1998 publizierte, wegweisende Arbeit „Wechselfieber der Volkswirtschaften – Anamnese, Diagnose, Therapie“ bei der Gestaltung dieser Radiokolleg-Reihe eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte. Die Hauptthesen werden in der Folge „Schuldner, Gläubiger, Philosophie des Geldes“ im Rahmen eines überaus witzigen Interviewgesprächs von ihm selbst erläutert. Und so wie meine Begegnung mit Erhard Glötzls einleuchtenden Gedanken für mich damals beim ersten Hören ein plötzliches Verstehen der komplexen Materie Geldwirtschaft bewirkt hat – so geht es seitdem vielen, vor allem jungen Hörer_innen bei der einen oder anderen nonchalant aufbereiteten Information aus diesem schier unerschöpflichen Fundus der denkmöglichen Querverbindungen. „Das hätt ich nie gedacht, dass das so einfach ist!“, oder: „Unglaublich, wie alles zusammenhängt!“, so lauten dann typische Bemerkungen.

Wir bringen GELD MACHT WERTE allerdings noch mit ein paar weiteren Absichten gerade jetzt ins tägliche Programm der Radiofabrik: Zum einen wollen wir der jüngst mit einem Radioschorsch ausgezeichneten administrativen und journalistischen Arbeit unseres langjährigen Programmkoordinators Georg Wimmer ein unentrinnbares Hörmal widmen, das seinem Bemühen um handwerkliche Qualität und technische Perfektion gerade in der Ausbildung und Ermutigung von freien Sendungsmacher_innen veranschaulichen mag. Zum anderen wollen wir damit einen Grundgedanken unseres 15-jährigen Jubiläums pflegen, um ihn uns wiederum gemeinsam mit Schmackes ins Bewusstsein zu pflanzen: Unser Zukunftspotenzial hat im Wesentlichen mit der Leidenschaft zu tun, im Medium Radio Grenzen zu überschreiten, Neues auszuprobieren und Visionen zu verwirklichen. In diesem Sinne heißt das auch, Radiomachen von den Besten zu lernen. Also, wagen wir uns doch selbst ebenfalls immer wieder mal an komplexe, komplizierte und kontroverse Themen! 😉

 

Ö1 Radiokolleg Sendereihe GELD MACHT WERTE in der Radiofabrik Salzburg – Programm von 11. November bis 19. Dezember 2013 – jeweils Montag bis Donnerstag um 13:30 Uhr:

Woche 1 – „Die Ökonomie der Unersättlichkeit

Montag, 11. November – Die Weltbank Anschauungsschule
Dienstag, 12. November – Entschuldigung der Verschuldung am Beispiel von Schwellenländern
Mittwoch, 13. November – Die Ökonomie der Unersättlichkeit
Donnerstag, 14. November – Politisches Kapital – Kapitalistische Politik

Woche 2 – „Börsenfieber und Börsencrash

Montag, 18. November – Ein Tag an der Börse
Dienstag, 19. November – Das größte Casino der Welt: die intemationalen Finanzmärkte
Mittwoch, 20. November – Einzelaktien, Fonds oder Dachfonds? Eine Orientierung
Donnerstag, 21. November – Krisen und Systemdefizite der internationalen Finanzmärkte

Woche 3 – „Vom Marktplatz zum Finanzmarkt

Montag, 25. November – Kapitalismus: Was ist das?
Dienstag, 26. November – Vom Markt zur Marktwirtschaft
Mittwoch, 27. November – Das organisierte Verbrechen: die höchste Stufe des Kapitalismus?
Donnerstag, 28. November – Makroerfolge und Mikroelend

Woche 4 – „Strategien für ein Leben ohne Geld und Zinsen

Montag, 2. Dezember – Das Phänomen der Tauschring-Bewegung
Dienstag, 3. Dezember – Geld ist, was Geld bewirkt
Mittwoch, 4. Dezember – Konflikte mit der Normalität – rechtliche Grauzone
Donnerstag, 5. Dezember – Wirtschaftliche Integration und Regionalökonomie

Woche 5 – „Kulturphänomen eines Zahlungsmittels

Montag, 9. Dezember – Von den Anfängen des Geldes bis zur Einheitswährung
Dienstag, 10. Dezember – Geldgeschichte und Herrschaftsgeschichte
Mittwoch, 11. Dezember – Geldwirtschaft als System
Donnerstag, 12. Dezember – Schuldner, Gläubiger und die Philosophie des Geldes

Woche 6 – „Der tägliche Umgang mit dem Geld

Montag, 16. Dezember – Bewegungsspielräume und Abhängigkeiten
Dienstag, 17. Dezember – Die Extreme von Arm und Reich und ihre Wahrnehmung
Mittwoch, 18. Dezember – Die Metamorphosen des Geldes
Donnerstag, 19. Dezember – Geldinteressen – Kommunikation/Suggestion – Wahrnehmung/Verschleierung

 

Geschlecht und Gartenzwerg

Download: Artarium vom Sonntag, 27. Oktober – Nun ist es also amtlich, die Radiofabrik ist 15 und darf jetzt auch schon allein Mopedfahren. Vor lauter Freude darüber haben wir heuer gleich 3 Sendungen für ihre zukunftsweisenden Inhhalte/Konzepte mit dem seit 2008 vergebenen Medienpreis „Radioschorsch“ ausgezeichnet. Und ebenso einen ehemaligen Kollegen, der sich seit der Gründung des Senders jahrelang mit Hingabe um diese Zukunftsfähigkeit verdient gemacht hat – als Journalist, Programmkoordinator und Vereinsmitbegründer – nämlich Georg Wimmer (nach dem der Radioschorsch allerdings NICHT benannt ist). Der ist wiederum einem geschäftigen Gartenzwerg nachempfunden, einem mythischen Wesen, das wie kein zweites für heimliches Schaffen im Untergrund steht. So weit, so verständlich. Doch haben Gartenzwerge eigentlich ein Geschlecht? Wenn ja – welches? Und überhaupt – wer ist Henry Lûmí?

Radioschorsch 2008Es war eine grandiose Zeit, als die Artarium-Crew den allerersten Radioschorsch für die gelungenste Sendung zum 10-jährigen Jubiläum der Radiofabrik verliehen bekam. Keineswegs weniger grandios gestaltete sich die heurige Preisvergabe, über die wir hier ebenfalls als allererste berichten wollen:

„And the Schorsch goes to…“ 😀 Die ausgezeichneten Sendungen und ihre Gestalter_innen: Robert Schromm und Hans Peter Reuber für „Hallo Nachbarland“ in der Kategorie „Networking und Community-Building“ – Gunther Engetsberger für „Soundburg Radio“ in der Kategorie „Technologische Pionierleistung“ – Die Literaturgruppe Lachmeer mit Rosi Krenn und Robert Presslaber für „Radio Stachelschwein“ in der Kategorie „Soziale Visionen und deren Verwirklichung“. Wir gratulieren abermals allerartigst und schwelgen in den Nachbeben eines gelungenen Abends. Merci euch allen! Was wir jedoch schmerzlich vermissen, das sind ein paar Songs der fabulösen Sheepbrothers zum im Radio spielen. 😉 Für uns waren sie menschlich wie musikalisch eine ordentliche Offenbarung…

IntersexAnd now to something completely difficult: Ein Thema, das uns immer wieder in neuer Gestalt unterkommt, ist die selbstbestimmte Suche nach der eigenen sexuellen Identität. Fast genauso kompliziert wie das Geschlecht des Gartenzwergs zu definieren, gestaltet sich meist auch der Weg in ein erfülltes Leben für Menschen mit nicht eindeutig zuordenbaren Geschlechtsmerkmalen oder Geschlechtsvorlieben. Dass dies auf vielerlei Ebenen (und nicht nur rein körperlich) eine wichtige Rolle spielt, das erklärt uns etwa dieses Video mit dem vielsagenden Titel „Human Sexuality is Complicated“. 😛 Wir empfehlen es hiermit uneingeschränkt, auch zur Einstimmung auf unsere Sendung.

Was uns darüber hinaus in Erstaunen versetzt und zu zarten Anflügen von Hoffnung Anlass gibt, ist der Umstand, dass ausgerechnet im gesellschaftlich nicht gerade als progressiv verschrieenen Salzburg seitens der Hosi die österreichweit erste Stelle einer eigenen Intersex-Beauftragten eingerichtet wurde. Aber Hallo! Demnächst outet sich noch der Erzbischof als evangelisch und die Festspiele werden zum Forum für Armutsbekämpfung und Globalisierungskritik? Doch lassen wir die Kirche erstmal im Kraut und folgen wir unserer bewährten Neugier. Wir haben Gabriele Rothuber (so heißt die neue Fachfrau für Geschlechterfragen) zu einer unserer kommenden Sendungen eingeladen, weil wir mehr über ihre Arbeit sowie das eben nicht gerade übersichtlich erscheinende Thema Intersexualität erfahren möchten. In der Zwischenzeit laden wir zum Intersex Solidarity Day am 8. November (ab 18 Uhr im Unipark Nonntal), Flyer/Programm gibts als Download.

 

There must be some way out of here

-> Download: Artarium vom Sonntag, 20. Oktober – Fast schon totgecovert, die Nummer! Und seit Jimi Hendrix gabs auch kaum mehr Erleuchtendes, schon gar nicht vom Zimmerman(n) selbst. Die Version im deutschen Film „Bandits“ fand ich immerhin erfrischend, jene von Thea Gilmore im Rahmen ihrer Gesamtalbum-Interpretation von Dylans „John Wesley Harding“ angenehm klassisch. Ein Herr Lämmerhirt allerdings erschafft „nur“ mit akustischen Gitarren und Querflöte (!) eine unverwechselbare Songpersönlichkeit. Kein lyrischer Text besteht nämlich beim Anhören ohne eine ihm inhaltlich entsprechende Stimme, darin besteht die Vortragskunst – die hier ist also geradezu unüberbietbar kongenial: „Werner Lämmerhirt – All Along The Watchtower“ vom 1991 bei Stockfisch erschienenen Album „Die frühen Jahre“. Der Gitarrensound erinnert stark an Leo Kottke, doch die Stimme – wo soll ich die jetzt hin tun? Eben 😀

Menschen begeisternWeshalb sich einem (oder einer anderen) überhaupt einzelne Zeilen aus Songs und Texten einbrennen, einfräsen, das ist schwer zu erklären. Überhaupst bei Bob Dylan, dessen Poesie sich so dermaßen jeglicher eindeutigen Deutung verweigert, dass es schon wieder genial ist, sich in seiner lyrischen Krypta der Bedeutungen zu verirren.

Ich kenne einen Mariazeller Bierbrauer, der zu jeder nur erdenklichen Livedarbietung dieses Metaphernmeisters wallfahrtet und dortselbst akribisch allfälligen Textvarianten nachspürt. Anschließend katalogisiert er die von ihm wahrgenommenen Versionen und vergleicht sie in einem weltweiten Kreis Gleichgesinnter mit den davon verschiedenen aus anderen Konzerten. So entsteht in einem allseits lustvollen „never ending Work of Progress“ ein Verzeichnis jener Möglichkeiten, wie man etwa als Bob Dylan Bobdylan’sche Lyrik interpretieren kann. Wobei ihrem Schöpfer nie auch nur ein Sterbenswort darüber zu entlocken ist, was dieselbe denn nun eigentlich bedeuten soll. Versuchen wir es nun unsererselbst mit der Technik der „Interpretativen Übertragung“ sowie unter Zuhilfenahme oben erwähnter CoverversionenAll along the Watchtower! 😉

 

Wider die Dummheit

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 13. Oktober – Wir lieben Sprache – nicht irgendeine, sondern, sagen wir mal, eine anspruchsvollere welche. Dumpfrestliches Funktionsblabla ist unsere Sache ebensowenig wie aufgebrezeltes Wahlgeschwafel oder alkoholschwangeres Pimperantorülpsen. Für uns besteht ein Zusammenhang zwischen der Fähigkeit, sich anderen Menschen gegenüber adäquat nuanciert auszudrücken und der Möglichkeit, etwa seine Sexualität als selbstaussagende Mitteilungsform zu erleben – und nicht als blödsinniges Bodenturnen für ausdrucksarme Flachbildhirne, oder was auch sonst immer aus Plastikpornos Fließbandschas heraus interpretiert werden mag. Niveau ist eben auch in Liebesdingen fürwahr keine Haut- oder Gleitcreme! Wir lernen lieber lebenslang, uns artizukulieren – und setzen hiermit ein unüberhörbares Zeichen, wie wunderbar, vielschichtig, rhythmisch, melodiös, humorvoll, detailverliebt, berührend und ausgefeilt Sprache eben auch sein kann:

Der Salzburger SchmutzengelZum Zweck dieser Übung in angewandtem Ausdruck und hörendem Staunen bemühen wir diesmal drei Herren, die das Metier der Wortkunst in jeweils eigener Weise einem solchen Höhepunkt (jawohl!) zustreben lassen, dass uns die Ohrrüben anschwellen und die Gehörherzen weit aufschmelzen vor lauter Geschmeidigkeit eines solch erbaulichen Wohlgetöns…

Nun genug der Werbung für sprachliche Ergüsse der angenehmeren Sorte und stante pede (schlanken Fußes kopfüber) in medias res der heutigen Programmgestaltung: Zum ersten würdigen wir in Anlehnung an unsere Beat-Poetry-Nachtfahrt den Meister des englischsprachigen Spoken-Word-Vortrags Allen Ginsberg mit dem jüngsten Lyrik-Musik-Crossover „America (The Highs and Lows)“ featuring The Trouble Lights. Zum zweiten eine weitere Episode aus Jochen Malmsheimers Bewusstseinstheater, nämlich das bibliophile Kunststück „Flieg, Fisch, lies und gesunde“  – im Rahmen unseres selbstgewählten Bildungsauftrags der Bücherförderung. Und zu guter Letzt, bevor uns die Herren Brandt und Schneider ebenfalls gewohnt eloquent ablösen, erweisen wir noch PeterLicht die Reverenz der Feinfrequenz und zelebrieren mit „Fluchtstück“ die schönste Verbindung von eingängiger Musik mit anspruchsvoller Sprache, die uns in letzter Zeit zu Gehör gekommen ist…

Ein “ganzes Album” aus eigener Produktion 😉 sind wir nicht alle ein geiles Institut?

 

5 Jahre Nachtfahrt Perlentaucher

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 22. September – „Die Musik- und Literatur-Gefühlsweltreise von Norbert K.Hund + Christopher Schmall aus der etwas spezielleren RADIOFABRIK: Jeden zweiten Freitag im Monat tauchen wir dazu LIVE durch tiefgründige Themen -> Gut zu hören – von 22:00 – 01:00 Uhr!“ Wahrlich, so steht es geschrieben in unserem Nachtfahrt-Perlentaucher-Blog. Und das ist beileibe keine leere Drohung wie so manches Wahlversprechen heutzutage. Wir meinen nämlich durchaus, was wir da tun und sagen! Nachdem diese illustre Sendung am letzten Freitag dem 13. mit der nunmehr 60. Ausgabe ihren 5. Geburtstag gefeiert hat, wollen wir die sich bietende Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen, auch euch, liebe Artarium Hörmuscheln und Ohrrüb_innen auf den Geschmack dieses im Wortsinn tiefgehenden Radioprojekts zu bringen. Denn wir haben – wie ihr wisst – noch lange nicht genug…

P1000510blauDer junge Suchende zieht also irgendeine “erwachsene” Ritterrüstung an und stülpt sich dazu noch einen vorgefertigten Helm über (namens Gott, Ehre, Stolz, Heimat,..) Schon lernt er nichts neues und anderes mehr, als mit den bereits vorhandenen Symbolen mehr oder weniger “richtig” umzugehen. Ob man ihm jetzt noch dazu beibringt, die Rüstung schön anzumalen oder sich darin anmutig zu bewegen, ist scheißegal – er hat sie ja längst an! Dazu hat er auch noch den passenden Helm, Hut, Denkschädel auf. Ob er sich an selbigen dann Blumen, Federn oder Würste steckt – das ist ebenfalls wurscht. Denn Hut bleibt Hut, Herrschaft bleibt Herrschaft, und Gewalt bleibt so eben auch. Es kann also nicht darum gehen, den “ein richtiger Mann” werden wollenden Jugendlichen dabei zu beobachten, wie er das “richtige oder falsche Ficken” lernt. Es ginge vielmehr darum, ihm endlich zu erlauben (und ihn dabei auch zu unterstützen), eine Sexualität zu entdecken und zu erleben, die sich mit überkommenen Brutalbegriffen wie “ficken, pudern, schuastern” gar nicht mehr beschreiben ließe… 😀 Denn wer zu sehr danach strebt, zum Abbild seiner Vorbilder zu werden, der sollte sich dann auch wirklich nicht wundern, dass sein Selbst als ein Abziehbild daher kommt. (Norbert K.Hund in „überwinden verwandeln“ vom 13. September 2013)

unterm radWir wachsen so selbstverständlich mit der Sprache auf, dass uns teilweise gar nicht mehr auffällt, wie zauberhaft und magisch sie sein kann. Sie kann Welten öffnen, fantastisch und traumhaft; sie vermag es aber auch uns zu verletzen, hässlich zu sein, widerlich und ekelerregend. Sie ist unendlich weit, farbenfroh und so facettenreich; dennoch stoßen wir hin und wieder an ihre Grenzen. Sprache kann wirklich sprachlos machen. Manchmal verschlagt es uns die Worte, wir können nichts mehr sagen, bringen keinen Satz mehr hervor, als hätten wir verlernt zu sprechen…

Ich als Dichter lebe von ihr. Ich liebe und ich hasse sie; und bin auf sie angewiesen. Es ist schon merkwürdig wie ein Wort den Sinn eines ganzen Satzes verändern kann. Es ist ein ständiges Abwiegen, ein andauerndes Überlegen und Feilen, eine Arbeit, eine Beschäftigung, die niemals aufhört, immer weiter geht. Ich bin im Bann der Worte. Und kann doch über sie bestimmen! Ich glaube, es ist eine Art Symbiose. Ohne Worte könnte ich nicht meine Gedanken nieder schreiben und ohne mich blieben sie nur seltsame Hieroglyphen… (Christopher Schmall in „Dichterwerdung“ vom 8. August 2013)

Also begleitet uns diesmal ein Stück weit durch unsere letzten Perlentauchereien, von welchen wir Auszüge von selbst gelesenen Texten und  dazu passenden Musiken spielen werden. Und erfahrt auch etwas mehr über die Idee hinter den Nachtsendungen und über ihre Geschichte des Geschichtenerzählens. Womöglich bekommt ihr dann ja auch Appetit aufs Nachhören der einen oder anderen Episode – derlei Bedürfnisse lassen sich gut im CBA-Archiv der Sendereihe befriedigen. Den stimmungsvollen Nachtfahrt-Kurzfilm von Markus Huber empfehlen wir euch ebenfalls gern als Vorspiel – ähm – Speise.  Und apropos – wir haben euch lieb! 😉

 

Sexy Songs, seltsam…

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 8. September – Leider, leider zieht Teresa Reiter um – und weiter, nach England an die renommierte Kingston University, um sich dort ihren Master of Journalism zusammen zu brauen. Wir wünschen ihr dabei alles Gute – allerdings auch mit einem weinenden Auge, müssen wir doch deshalb die eigentlich für diesen Sonntag geplante gemeinsame Sendung über den Südsudan bis auf weiteres verschieben. Wir waren schon sehr neugierig auf ihre persönlichen Eindrücke aus dieser erst vor gut zwei Jahren entstandenen Republik in einer nach jahrzehntelangen Bürgerkriegen immer noch vor sich hin kriselnden Region – zwischen heftigem „United Nation Building“ und möglichem „Failed State Szenario“. Auf ihrem Blog hat sie schon mal einen appetitlichen Artikel darüber veröffentlicht. Auf Englisch natürlich 😉

Kleiner Mann, was nun?Aber verschoben ist nicht aufgehoben, versprochen! Und es wäre beileibe auch nicht das erste Mal, dass wir uns ein Kunnstbiotop quasi übernacht aus den Rippen schneiden. Wir sind nämlich – eh scho wissen – ein geiles Institut. Deshalb verlegen wir die Reisereportage einfach nach innen und berichten zum Beispiel aus der Autonomen Republik Perlentaucher: Für die nächste Nachtfahrt am – jawohl – Freitag dem 13. September haben wir uns schon eine ganze Menge vorgenommen. Zum Thema „verwandeln überwinden“ wollen wir vier Stunden auf den Spuren der Selbstwerdung verweilen – alt und jung, selbst und anders, Paradox und Parzival…

Um aber all den inwendigen Wandlungen auch außenweltlich gebührend Gestalt zu geben, befeiern wir bereits in aller Vorfreude das am 16. September erscheinen werdende Album „Loud Like Love“ von Placebo. EingeweihtInnen wissen, dass es sich hierbei um eine unserer absoluten Lieblingsbands handelt: „Brian Molko, du geile Sau – wir wollen ein Kind von dir!“ Doch auch jenseits bereits bereister Soundpfade und Genregegenden sind wir neugierig geblieben – und so ist es uns ein besonderes Volksfest, euch noch vor der Nationalratswahl Folgendes zu verkündigen: Der deutsche Sprechgesang, auch HipHop oder Rap geheißen, hat sich endgültig aus seinem schwanzschwingenden Herkunftsghetto emanzipiert und ist mittlerweile in den Zwirbeldüsen der Philosophen und Intellektuellen gelandet. Na, wenn das mal keine fette Erleuchtung ist: Shaban & Käpt’n Peng – „Sie mögen sich“ oder auch Käpt’n Peng & die Tentakel von Delphi – „Der Anfang ist nah“ Unbedingt anhören! 😛

 

Aufstand des Gewissens

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 25. August – In einer nie gehaltenen Rede heißt es: Die Musik, das Theater, die Poesie – kurz: die Kunst – transportieren die Menschen jenseits ihrer selbst. Die Kunst hat Waffen, welche der analytische Verstand nicht besitzt: Sie wühlt den Zuhörer, Zuschauer in seinem Innersten auf, durchdringt auch die dickste Betondecke des Egoismus, der Entfremdung und der Entfernung. Sie trifft den Menschen in seinem Innersten, bewegt in ihm ungeahnte Emotionen. Und plötzlich bricht die Defensiv-Mauer seiner Selbstgerechtigkeit zusammen. Der neoliberale Profitwahn zerfällt in Staub und Asche. Ins Bewusstsein dringt die Realität, dringen die sterbenden Kinder. Wunder könnten in Salzburg geschehen: Das Erwachen der Herren der Welt. Der Aufstand des Gewissens!“

Das fatale DuettEine solche Rede hätte der Schweizer Soziologe und Globalisierungskritiker Jean Ziegler zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 2011 gehalten, wenn er nicht rechtzeitig und auf die allerpeinlichste Weise daran gehindert worden wäre. „Verhaften sie doch die üblichen Verdächtigen!“ möchte man dem Polizeichef von Kassablanca heute noch zurufen, doch „die höchste Stufe des organisierten Verbrechens ist der Kapitalismus“ wie Jean Ziegler bereits 1999 in einem ORF-Interview feststellte. Und auch die Repressitanten und Repräsidentinnen dieses höchststaatslegalen Geldverschwindungstheaters der globalen „Bank-Halunken und Spekulations-Banditen“ scheinen für das gemeine Traumvolk des Friedens seltsam ungreifbar zu bleiben. Gut, die eine hat sich ja erst kürzlich selbst auch wieder unter die Ausgeladenen eingereiht. Und die andere outet sich seit jenem Sommer mit Sprüchen wie „das ist nicht das Theater, das wir hier in Salzburg haben wollen“ – als eine letzte Ignoranzinstanz gegenüber den gesellschaftlichen Wirklichkeiten in der Kunst.

Niveau ist keine HautcremeDie von ihr dergestalt abgefertigte Performance „Das ehemalige Haus“ von SIGNA thematisierte etwa Frauenhandel und Zwangsprostitution. Und Jean Ziegler wollte die Festspielprominenz mit dem tatsächlichen Skandal des Welthungers und der Verteilungsungerechtigkeit konfrontieren. Zudem noch mit gebotenem Realismus: „Aber keine Angst, dieses Wunder wird in Salzburg nicht geschehen! Ich erwache. Mein Traum könnte wirklichkeitsfremder nicht sein! Kapital ist immer und überall und zu allen Zeiten stärker als Kunst. „Unsterbliche gigantische Personen“ nennt Noam Chomsky die Konzerne. – „L’art pour l’art“ hat Théophile Gautier Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben. Die These von der autonomen, von jeder sozialen Realität losgelösten Kunst, schützt die Mächtigen vor ihren eigenen Emotionen und dem eventuell drohenden Sinneswandel.“ 

So billig hätten sie es dann von mir aber nicht bekommen: „Das letzte Licht ist verlöscht. Kein Raunen geht durch die Menge. Regungslos sitzen die Festspielgäste auf ihren Polstersesseln. Sie sind in diesem einzigen, unendlich lang atmenden Augenblick endgültig ganz und gar zu Stein geronnen. Und niemand vermisst sie. Wenn in hundert Jahren ein neugieriger Mensch die Saaltüren öffnen wird und wenn der erste Sonnenstrahl mit einem Hauch frischer Luft ihre erstarrten Körper berührt, dann werden sie zu Staub zerfallen und sich im Wesen ihres Nichts auflösen.“

 

Sommer Textase Reloaded

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 28. Juli – Ja, liebe Leute, es ist Sommer und wir sollten eigentlich auch schon längst urlaubend unterwegs sein – doch nix da! Aus querwissenschaftlich noch zu untersuchenden Gründen halten wir die eine oder andere Stellung – und beliefern euch auch diesmal wieder livehaftig mit Nektar und Ambrosia aus dem Äther, der die Welt erleuchtet. Immerhin umtoben uns pünktlich zur Hitzewelle nicht nur die üblichen unüberschaubaren Touristenströme, sondern auch die unausweichlichen Sommerfestspiele nebst ihrer ebenso unvermeidlichen weil überallgegenwärtigen Präsidentin. Da ist es dann fast schon verpflichtend für ein „etwas anderes Kunnst-Biotop“, aus den ihm innewuchernden Verschlingpflanzen ein hochpotentes Heiltrünklein zu destillieren – gegen Ekel und Überdruss der schwindligen Hochzeit von Hochfinanz und Hochkultur. Zupfen wir es uns also selbst zurecht…

In vino veritasWohnen wir also einer wunderlichen Weinprobe bei, welche von Jochen Malmsheimer und Thomas C. Breuer als Radioratgeber vorgetragen wird und abschließend (natürlich) illuminös ins Absurde ausartet. Lauschen wir der von Christian Brückner meisterlich rezitierten Übersetzung des Charles Bukowsky Klassikers „The Last Generation“ und beginnen wir dabei zu verstehen, was „unconveyable“ bedeutet. Hören wir ein Streichquartett, das wirklich jeder kennt (weil es Pink Floyd spielt) sowie ein Cello-Solo, das zu den besten der Welt gehört (jedenfalls auf Rockmusik-Bühnen) und lassen wir uns von Lou Reed beraten:

When you’re growing up in a small town
you know you’ll grow down in a small town
there is only one good use for a small town

You hate it and you’ll know you have to leave

In diesem Sinne versuchen wir uns wieder einmal am angewandten Paradoxon des Thomas Bernhard’schen „in die entgegengesetzte Richtung“ Gehens – und bleiben dabei doch, wie wir gekommen sind – erst einmal da. Und wir machen ein wenig Werbung in eigener Sache – für die nächste Nachtfahrt am 9. August nämlich, die irgendwie auch der Dichterwerdung von Sprachfaszinierten gewidmet sein wird. Sind wir nicht ein noch geileres Institut? 😀

 

Fleischeslustgemüse

Download: Artarium vom Sonntag, 23. Juni – Zwischen Fleischeslust und Gemüsewahn suchen wir nach Wegen durch das Dickicht der ethisch bedenklichen Essgewohnheiten und forschen jenseits der Moralinsäure nach lustvoll leckeren Alternativen. Zu Gast ist wieder einmal Sophie, mit der ich bereits vor Jahren das Kriegstagebuch meiner Mutter zu einem Denkanstoß über Kindersoldaten im 3. Reich verfeatured habe. Mittlerweile erfreut sich die wackere Sophie bereits ihrer bestandenen Matura, für welche sie unter anderem eine detailreiche Fachbereichsarbeit in Biologie zum Thema „Fleischkonsum – Massentierhaltung und deren bedenkliche Auswirkungen“ verfasst hat. Und nachdem wir bei aller Kritik an einem fragwürdigen Bildungssystem auch immer gern etwas von dessen sinnvolleren Früchten zur Verkostung anbieten, werden wir in dieser Sendung einigen verdrängten Tatsachen hinter unserem fröhlichen Fleischmarkt nachgehen…

Gemüse der SaisonEs ist ja auch nicht alles so ganz einfach, wie es sich die idealistischen Weltbildner der schwarzweißdenken Missionarsschule oft so zurecht reimen. Denn zum gedeihlichen Gespräch über die reinen Freuden des Fruchtfleischverzehrs und die wohl unbestreitbaren Abgründe der industriellen Tierkörperverwertung gehört sicher mehr als das zeigefingernde Schwingen der Gewissenskeule. Umso mehr noch, wenn einer der drei Gesprächspartner ein überzeugter Allesfresser ist, dem anderen Fleischprodukte einfach nicht mehr bekömmlich erscheinen – und die dritte sich gerade auf dem Entwicklungsweg vom Ovo-Lacto-Vegetarismus zum reinen Veganismus befindet. Derlei unterschiedliche Ansätze erfordern schon ein gewisses Maß an humorvoller Toleranz, wenn es bei solch einem erschreckenden und verstörenden Thema nicht gleich zu zwischenmenschlichen Verbalgewaltausbrüchen kommen soll. Allerdings birgt ja gerade das Spiegeln dieses komplexen Themas in verschiedenen Anschauungen den besonderen Erkenntnisreiz.

Radical AnimalWir leben in einer Welt, in der Menschen aus reiner Macht- und Profitgier die fürchterlichsten Verbrechen an der Natur verüben. Und auch wenn hierzulande keine Wälder großflächig abgeholzt und keine Gebirgszüge nachhaltig umgegraben werden, auch wenn die Vororte unserer Städte keine unkontrolliert wuchernden Giftmüllkippen darstellen – so gibt es doch eine Erscheinungsform dieses weltweit wirklich alles und jedes rücksichtslos zur Ware machen wollenden Vermarktunginteresses, von dem auch wir tagein tagaus betroffen sind – die industrielle Produktion von und der aggressive Handel mit Nahrungsmitteln. In unserem speziellen Fall – die Fleischindustrie – und alle damit verbundenen Erscheinungen wie Hühnerbatterien, Großschlachthöfe, Tiertransporte – und was der dokumentarische Albtraum sonst noch so alles an Fieberphantasien für schlaflose Nächte hergibt! Gesund ist das nicht. Nur – wir kaufen dieses Fleisch, kochen es, lassen es uns zubereiten und – wir essen es. Was aber tun, wenn wir genau das nicht mehr wollen?

Wir sind übrigens auch ein geiler Gemüsestrudel 😀

 

Monsters of Radiomaching

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 26. Mai – Frischgebackener Sendungsmacher – und gleich auch noch mit Diplom! Nach nunmehr zweieinhalb Jahren Radiopraxis als Mitgestalter der Sendungen Artarium und Nachtfahrt/Perlentaucher begrüßen wir heute unseren allseits beliebten Copiloten Christopher Schmall runderneuert und vollberechtigt zurück an Bord. Fix und fertig ausgebildet im inzwischen noch interaktiver und praxisnäher ausgelegten Basisworkshop der Radiofabrik und somit einigermaßen angefüllt mit allerhand neuen Eindrücken und Ideen. Herzlichen Glückwunsch 😀 Darüber – und was sich daraus noch entwickeln ließe – können wir uns ja gleich einmal live unterhalten. Und über unser anstehendes Oral-History Projekt zum 100. Geburtstag von Marko Feingold, den wir diese Woche zwei Nachmittage lang gemeinsam im Gespräch mit einer Gruppe junger Menschen aufnehmen durften…

Diplom Radio ChrissVielleicht spielen wir dazu Musik aus den kommenden Sendungen. Vielleicht aber auch ein Potpourri unserer Lieblingslieder aus früheren Playlisten. Vielleicht lesen wir ein Beispiel für wirklich informativ-unterhaltsamen Musikjournalismus. Vielleicht stellen wir zwei Versionen vom „alten Wessely“ zur Auswahl. Vielleicht nehmen wir dann die Originale vom Georg Danzer oder die Gecoverte vom STS-Schiffkowitz für unser Marko Feingold Portrait am 9. Juni. Vielleicht. Vielleicht fällt uns aber auch noch ganz was anderes ein. Vielleicht sind wir einfach intuitiv spontan. Vielleicht passen wir einfach gut zusammen. Vielleicht sind wir einfach ein geiles Institut. Und vielleicht hört ihr uns auch dieses Mal wieder zu. Was uns ganz bestimmt freuen würde. Nicht nur vielleicht 😉 denn wir haben euch lieb…

Übrigens ist diese Woche Ray Manzarek gestorben, der geniale Keyboarder und Mastermind von The Doors. Hier sein Nachruf von Markus Lust auf vice.com – nachgerade entzückend!