Frauentag im Hasenstall

> Sendung: DIE ARTARIA vom Sonntag, 8. März (zum Internationalen Frauentag) – Wir sind nach wie vor die Hasen, doch heut gehn wir als Mädchen! 😉 Wieso nicht einmal andere Assoziationen erzeugen? Ein Neutrum Artarium bleibt zwischen Atrium und Aquarium doch immer „der Raum für“ und „das Ding mit“„Kunnst“, allerdings mit zwei „n“ wie in „Könntestform und Möglichkeit“. Eine Femina Artaria hingegen bewegt den Lufthauch ihres Ausdrucks vom Kunstlied über den Musenkuss bis hin zum Opernsolo. Wohlan, das will uns doch durchaus gefallen! Zumal das Artarium just seinen 8. Geburtstag feiert (es ging am 7. März 2007 mit Peter.W. erstmals On Air) und seither noch dazu bereits in 300 Ausgaben zu hören war. Unsere nunmehr 301. Artarium-Sendung soll deshalb etwas ganz Besonderes sein…

KopflosDazu haben wir als Mitgestalterin unsere höchst umtriebige Kollegin Sabaha Sinanovic eingeladen, die unter anderem seit 2005 im Rahmen der angesehenenen Sendereihe Radiofabrik-Frauenzimmer (CBA) das oft zweisprachige zenska soba betreibt. Sie wird uns etwas über die beklemmenderen Hintergründe dieses eigentlich ganz „normal“ wirkenden Begriffs erzählen, der ja wörtlich übersetzt einfach „Frauenzimmer“ oder „Raum für Frauen“ bedeutet. Dazu passend ein Live-Telefonbericht zur gleichzeitig stattfindenden Frauendemo unter dem Motto „My Body is not your Battleground“ von den Kampfschwimmerinnen des feministischen Frauenkollektivs sisterresist. Das gleichnamige radio ist eine weitere Sendung aus dem Frauenzimmer und widmet sich inzwischen sogar der gepflegten Sportreportage auf unterhaltsamste Weise  > Frauenfußball Sondersendung. 🙂

Kim Gordon

Kim Gordon 2007 wikimedia commons

Doch was ist jetzt das ureigene Interesse von uns zwei Hasen –  am Thema Emanzipation im Sinne von Selbstermächtigung?  Women aren’t allowed to be kick-ass. I refused to play the game.“ Das Zitat aus der soeben erschienenen Autobiographie von Kim Gordon (Sonic Youth) gilt doch gewiss genauso für all die anderen Mitglieder 😛 die sich gegen das Eingepresstsein in gesellschaftliche Stereotype, Normen und Klischees wehren müssen, weil ihnen sonst noch alles Leben abstirbt! Und auch aus dem wunderbaren Gedicht „My Body is not your Battleground“ der syrisch-amerikanischen Autorin Mohja Kahf kann Mann der Befreiung so einiges von den Gewaltbildern „heiliger“ Schriften erfahren, die uns so gern untertan machen. Die Verwandtschaft von Tora, Bibel und Koran tritt hier offen zu Tage, ebenso wie die sexualisierten Besitzphrasen aus den vielen Hoheliedern der Vaterlandsschwüre.

My body is not your battleground
How dare you put your hand
where I have not given permission
Has God, then, given you permission
to put your hand there?

Sich emanzipieren heißt ja im Wortsinn „sich aus der Hand, die Macht hat und somit Gewalt ausübt, heraus zu nehmen“ Allein schon deshalb ist „die Emanzipation“ eine Aufgabenstellung für uns alle. Die Kunnst der Selbstbefreiung hieß denn auch eine frühere Radiosendung zum Internationalen Frauentag 2009. Wollen wir einander dabei weiterhin (und jetzt erst recht) auf Augenhöhe begegnen – und beistehen!

 

Über Sport reden?

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 8. Februar – Lässt sich Sport überhaupt sprachlich kommunizieren – und wenn ja, wie lieber nicht? Wo eingeweihte Fachidiome allsendunglich durch die Berichterstatter wuchern, beginnt für den Außenbleibenden oft schon die wunderbare Welt des angewandten Kannitverstahns. Und einmal ganz ehrlich – wenn ich mich für diese Sportart oder jene Sportveranstaltung von vornherein schon nicht begeistern mag, was soll mir dann das unbegabt euphorische Gephrasel irgendeines Sportberichts? Ob es sich jedoch, jenseits von Langeweile oder Lärmerregung, nicht doch vielleicht auch anders anfühlen und anhören kann, wenn „in den Medien“ über Sportliches gesprochen wird, das wollen wir als drei Männer im Artarium diesmal untersuchen: ein Kulturkritiker, ein Passivsportler, ein Totalverweigerer.

Hört, hörtEine solche etwas andere Betrachtungsweise pflegt zum Beispiel die von Pirmin Styrnol und Christian Weiner für Radio Orange produzierte Sendereihe „Momente des Sports“. Auf deren erweiterter Homepage finden sich erfreulich hintergründige Features und Reportagen zu allerlei Sportthemen für den feineren Geist abseits des Interessenmainstreams der quotenorgelnden Zeitgeistsurfer. So unter anderem die heuer mit dem Radiopreis der Erwachsenenbildung ausgezeichnete Sendung „Vollkontakt auf 40 Rollen – Die Mädels vom Vienna Rollerderby“, aus welcher wir uns einen Zusammenschnitt zu Gemüte führen. Wie diese jungen Frauen (und ihre männlichen Cheerleader!) hier nämlich lustvoll mit Geschlechterklischees jonglieren und sich an Begrifflichkeiten wie Aggression und Feminismus abarbeiten, das verschafft auch dem gewachsenen Sportmuffel noch ein erfrischendes Sporterlebnis.

Der etwas andere TurnvereinDem Fußballmuffel hinwiederum erschließt sich beim Betrachten der löblichen WDR-Sportsendung „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ eben genau diese. Denn der sprachverliebte Stadionsprecher (Werder) und Radiokommentator (Bremen-Vier) Arnd Zeigler schafft es scheinbar spielerisch, noch dem biersten Ernst deutscher Bundesliga einen dergestalten Wortwitz abzuringen, dass selbst dem Fernstehendsten dieses Fußballchinesisch noch zur zweiten Muttersprache wird. Wir gratulieren also dem Friedensstifter unter den sportdeutschen Kulturvermittlern aus Anlass seiner 250. Fernsehsendung – Zeigler gibts übrigens auch als Radiokolumne – und empfehlen ihn vorsorglich schon mal für den Literaturnobelpreis. Balleluja! Inwieweit uns diese Sendung gelingen wird, das wird sich in ihrer Stattfindung zeigen. Wir haben keinen Plan – doch wir werden ihn ausführen!

Und – wir sind ein geiler Turnverein! Diesesmal jedenfalls 😉

 

Nach dem Untergang

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 25. Januar – Sollen wir uns gleich in den Kopf schießen – oder doch erst etwas später? Am besten überhaupt nach dem Tod, sofern sich das terminlich noch ausgeht heutzutage. Es ist ja auch gar nicht so leicht, den Sinn für das eigene Weitertun zu entdecken, wenn man sich in der Weltpolitik umschaut und in der Nachbarschaft, wo sich diese Weltpolitik oft gerade am Widerlichsten zeigt. „Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch…“, also sprach Theodor W. Adorno einst zu seinen Mitdeutschen, und legte mit „Alle Kultur nach Auschwitz ist Müll.“ pointiert und provokativ nach. Vor allem mit seiner „Todesfuge“ belehrte ihn der deutsch-jüdische Dichter Paul Celan über viele Jahre hinweg eines Lebendigeren. Zumindest solange, bis sein Davonkommen auch an der Unweigerlichkeit zerschellte.

Sticht Alles!Und in diesem Zwischen stehen auch wir und ringen, nicht selten ratlos, nach den richtigen Worten. Dabei begleiten uns zum Glück die Gedanken der selbst in ihrem Überleben so Gefährdeten wie schwimmende Rettungsinseln auf den entseelten Weltmeeren, wo ringsumher längst ganze Gesellschaften untergehen. Und wir danken es ihnen – meist atemlos, aber immer berauscht – und verzaubert! 🙂 „Wir müssen uns die vergewaltigten Begriffe zurück erobern.“ So in etwa formulierte es Konstantin Wecker schon in den 90ern. „Mit Geschichte umgehen bedeutet, sie zugleich anzunehmen wie auch abzulehnen, und aus dieser Ambivalenz heraus wieder etwas Eigenes, Neues auszusagen.“ So übersetzten wir ein Statement von Patti Smith, welches sie im Dokumentarfilm Dream Of Life vor nicht allzulanger Zeit dazu abgab. „Manchmal hält sich ein Wort, das in der Öffentlichkeit missbräuchlich verwendet wird, vor Schreck die Hand vor den Mund. Unsere Sprache hat sich womöglich von etwas blenden lassen, sich zu sehr in den Dienst nehmen lassen, und leidet wie die Menschen an Sinnentleerung, an Müdigkeit und Erschöpfung.“ Das konstatiert Maja Haderlap in ihrer Eröffnungsrede zum diesjährigen Radiopreis der Erwachsenenbildung, den übrigens unser lieber Kollege Matteo Coletta für seine „Stimmen aus den Schützengräben“ gewonnen hat 😉 Wir gratulieren also inmitten der sich aufdrängenden Lebensmüdigkeit recht absichtsvoll – und ganz herzlich! Zudem hören wir Auszüge der ziterten Rede sowie zu diesem Wahlsonntag griechische Musik.

„Ich hegte die Hoffnung, dass es Hoffnung gibt. Das hält einen Mann am Leben.“ (Sean Connery in „The Rock“)

 

Abendländische Hörgewohnheiten

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 18. JanuarSymphonische Rockmusik als ein Experiment zwischen Musiktradition und Moderne. Die Mischung machts – oder die Collagenkompetenz, auch Verstörendes in Verbindung mit Vertrautem darzubieten. Und wir meinen mit „Symphonic Rock“ schon jene schöpferische Symbiose aus den verschiedensten Stilelementen, die seit Anfang der 70er Jahre durch Bands wie King Crimson, Genesis, Pink Floyd oder Yes etabliert ist – und nicht diese langweilenden Aufgüsse von x-beliebigen Rockhadern durch x-beliebige Symphonieorchester. Soweit erstmal zur nötigen Klarstellung 😉 Was uns interessiert, ist die im Umfeld des Progressive Rock (Art-, Classical-, Experimental- und Psychedelic Rock) stattfindende Kulturvermittlung von innovativen Ideen in einem gewohnheitsgeprägten Umfeld.

Abendländische HörgewohnheitenWenn wir uns nun den Ausschnitt einer Bruckner-Symphonie oder Wagners Walkürenritt aus dem Soundtrack von Apocalypse Now anhören – und gleich darauf einen Titel von Porcupine Tree oder von Yes, dann verstehen wir sofort, wie diese abendländische Prägung unseres Gehörs funktioniert. Und wie durch die subtile Balance von Wiedererkennbarem und bisher völlig Unerhörtem so etwas wie eine angenehme Bekannschaft mit dem Anderen, dem Fremden und Neuartigen entsteht. Dieser geniale Lernprozess findet auch weiterhin statt, solange sich die gewachsene Musiksprache unseres Kulturkreises in der Alltagsakustik eines erheblichen Teils der Bevölkerung widerspiegelt. Das trifft immer noch zu, wie etwa die Gestaltung vieler Filmmusiken zeigt. Oder der Umstand, dass die heute Erwachsenen stark von klassischen Konzerten und Radiosendungen geprägt sind. Wenn man sich allerdings die zukünftige Hörwelt aus dem ableitet, was heutigentags allzuland die Gewohnheiten bildet, dann wird man mit einem gscheiten Tinnitus noch vergleichsweise gut bedient sein…

Lasset uns eine Insel stifteneine Insel aus Schönheit und Vergnügeninmitten von Werbedreck, Sounddesign, Klingelschasund trullerndem Formatradio! 😀

 

Schluss mit Schluss!

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 28. DezemberWir sind noch da 😀 und das bleiben wir auch im kommenden Jahr! Also, keine Widerrede – wer nicht hören will, muss eh nicht. Doch wer da kann – soll auch wollen dürfen! Und umgekehrt. Oder möchte jemand das Gegenteil von sich selbst behaupten? Na also. Wir können jedenfalls nichts dafür – wir sind halt einmal so. Schwierig genug in Gezeiten wie diesen, wo allenthalben uns der Dosenmüll umblubbert – und die Häppchenkultur uns zunehmend Abmerksamkeit verlangt. Zwing Zwang Zweck und funktionieren, Zeit ersparen, einsortieren, nichts verstehen, alles glauben, Damenmoden, Daumenschrauben! Um mir immerhin einen Reim auf diese Gegangenheitsverbewaltigung gemacht zu haben. Selbst natürlich, selbstverständlich. Und ihr seid unser Welpenkorb. In Nämlichkeit,

AUFS OHRAmen. Denn wir haben nicht nur (wie immer) noch lange nicht genug – wir hauen euch gerne auch aufs Ohr – und uns dabei nach Möglichkeit weg. Humor ist, wenn man trotz all dem Wahnsinn in der Welt nach Kräften lacht. Ernst ist sowieso fürn August und bis dahin noch eine lange Weile! Die feine Klinge aus Wort und Witz verstehen wir wohl zu unserem Selbstschutz zu gebrauchen, jedoch manch groben Klötzen verlangt es allzusehr nach einem ebensolchen Prügel. Denen darf dann schon mal der Hammer unseres Zorns die Unwucht ihrer Existenz aufzeigen. Wir nehmen wahr, wir drücken aus – wiewohl, nicht ohne zu verdichten. Wir leben immer Eigenes dar in unseren Themen und Geschichten. Und seien wir einmal ganz ehrlich, wo in all dem Medienvielflat gibt es heute noch Originäres, Unorthodoxes, Verqueres und Widerborstiges? Staat dessen macht uns, Code sei Dank, Kommerz an Herz und Seele krank. Aber wir machen nicht mit bei den Gelalldudlern monoklon klingelnden Österreichts. Retzt erst lechz! Die Freien Medien sind für die freien Meinungen da – und nicht fürs imitatorische Nachwappeln von andernorts quotengeil längst bis zum Anspeiben ausgelutschten Einheitsdrecks. Formate Fadessadenverbehübschung…

Mit ohne uns! Wir sind ein geiles Institut 😛

 

Herbergsuche

> Sendung: Artarium vom vierten Adventsonntag, 21. DezemberAsylsuchende und Zivildiener – eine vorweihnachtliche Betrachtung von Gefühlen, Lebenssituationen, Sprachproblemen – und zugleich unser dritter Beitrag zur Grundtvig-Lernpartnerschaft „Memory under Construction: Giving Voice to Forgotten Memories“. Für diese zwei Jahre lang andauernde Kooperation von 12 europäischen Community-Radios haben wir bereits im September die dreistündige Perlentaucher-Nachtfahrt „Auf der Flucht“ sowie die einstündige Zusammenschau zum „Langen Tag der Flucht“ produziert. Ging es dabei thematisch um die alltägliche „Binnenflucht“ von mitten unter uns lebenden Menschen, die aus verschiedensten Gründen in dieser Gesellschaft keine Heimat finden, so wenden wir uns diesmal jenen zu, die auf ihrer Flucht aus anderen Ländern bei uns in Österreich gestrandet sind und hier – oft verzweifelt – Schutz zu finden hoffen…

HerbergsucheZudem auch den weitgehend zwangsverpflichteten jungen Männern, die ihnen als Zivildiener begegnen – in Beratungsstellen und Betreuungseinrichtungen: Gerade die stehen nämlich den Flüchtlingen oft zwischenmenschlich am nächsten – weil sie ebenfalls (in den allermeisten Fällen) nicht freiwillig da sind! Geteiltes Schicksal verbindet: „Die Verletzten sollen die Ärzte sein“ Die eigene emotionale Erfahrung des Fremd- und Ausgeliefertseins kann das Einfühlungsvermögen für Menschen in vergleichbaren Lebenslagen durchaus befördern 😉 Doch leben wir leider (noch) nicht in einer inklusiven Gesellschaft, und so erleben sich viele Zivildienstleistende im Zusammentreffen mit asylwerbenden Klient_innen recht zwiespältig als „hilflose Helfer“. Zwischen der Ohnmacht eines „kleinen Rädchens im Getriebe“ der undurchschaubaren Bürokratie – und der Möglichkeit, ein menschlicher Bezugspunkt und Rettungsanker sein zu können – für einen wichtigen Augenblick. Im Studiogespräch spiegeln sich Geschichten von Geflüchteten in den Gedanken und Gefühlen eines ehemaligen und eines zukünftigen Zivildieners. Und im Interview erzählt Emanuel Hinterbauer von seiner etwas anderen Arbeit beim Verein Ute Bock.

Dieses echt unbockbare Flüchtlingsprojekt verdient jedenfalls unsere Unterstützung!

 

Das Ende ist nah

> Sendung: Artarium vom ersten Adventsonntag, 30. November – Zum nunmehr endgültigen Ende des Kirchenjahres und zur unvermeidlichen Wiedereröffnung des Salzburger Christkindlmarkts tragen auch wir entsprechend Stimmungsvolles bei. Ein weihräucherner Lichterkranz aus bizarren Satiren und böhsen Liedern umschwebt unsere persönlichen Eindrücke vom Glühweinen und Turmbalzen. Ohzipft is! Ehre sei Gott – und die Preise in die Höhe! Und Fernsehen auf Erden und der Geschäftswelt ein Zumwohlbefinden! Der Abwändskalender ist eröffnet und als Hauptgewinn wartet die gelungene Weihnachtsverweigerung. Totaler gehts nicht – zu diesem Zweck haben wir ein paar unanständige Volks- und Andachtslieder des genial grantigen Wiener Urgesteins Richard Weihs mitgebracht. Was? Es wird scho glei dumpfer 😀

Märkte und Mächte„Ich arbeite an der Idee, dass eine faire Verteilung der vorhandenen Ressourcen für alle möglich sein muss, wenn auch in einer Zukunft jenseits dieses konsumistischen Vermarktungszwangs jeglichen wie auch immer definierten Eigentums. Und so soll auch mein geistiges in diesem Sinn als eine Art Vorleistung darauf bezahlfrei bleiben. Auf eine bessere Welt! Pirat statt privat“ 😉 Nach dieser Adventlesung aus dem Evangelium des Antikapitalismus kommen wir nun zum Ende unserer feierlichen Einstimmung – mit den wahren Worten des Propheten: „Eine Wirklichkeit, in der es selbstverständlich ist, die Zuschauer inmitten wesentlicher Erkenntnisse eines Films mit Fernsehwerbung hirnzuficken, wird von mir bestimmt nicht anerkannt. Sie existiert auch überhaupt nicht! Außer als eine verbrecherische Übereinkunft zum Zweck der Beherrschung des Menschen durch die Behauptung.“ Na dann ist es ja gut 😛 The Matrix has you. Unser Schiff ist ein Radiostudio und unsere Waffen sind unsere Worte. Knoch, knock, Neo! Wer die blaue Pille nimmt, wird diese Sendung nie gehört haben. Bedenke, alles was wir dir anbieten, ist die Wahrheit. Deine eigene – entgegen all dem, was du glauben sollst. Wir wünschen besinnliche Einkehr

 

Für immer jung!

> Sendung: Artarium am Sonntag, 23. November – Das Jahr der Jubiläen hat zugeschlagen – und wir schlagen unerbittlich zurück. Gesundheit! In Würde älter werden heißt eben auch, Freude am Bock zu haben. Oder inmitten all des Verfalls jung zu bleiben an Geist und Seele. Wir zelebrieren daher ein Lebensfest der Künnste, der nie enden wollenden Möglichkeitsformen, der Einheit von Zweiheit und Freiheit in Ewigkeit, Amen 😀 Wenigstens jedoch die fröhliche Versöhnung mit dem Einstweiligen, das wir solange gestaltend bepflanzen, bis es unserem Zutun und Sein endlich entschwimmt. Wie bitte? Danke! Denn die bloße Vorstellung von verfügbarer Unendlichkeit in jedem noch so endlichen Augenblick unseres Schaffens und Erlebens – das hat schon etwas dermaßen Beruhigendes an sich, dass ich mich gleich ganz entspannt zurücklehne. Aber zuerst…

TraumbildBetween the desire
And the spasm
Between the potency
And the existence
Between the essence
And the descent
Falls the Shadow

Life is very long

T. S. Eliot – The Hollow Men

Es gibt allerdings eine spezielle Qualität des Jungseins, die es einem in jedem Alter und in jeder Lebenslage möglich macht, aus den unendlichen Ressourcen der eigenen Innenwelt zu schöpfen. Eine „Weltanschauung“ hat sowieso jede(r) von uns – die Frage ist nur, ob sie auch aus eigener Anschauung, also aus eigenen Empfindungen und aus selbstgemachten Überlegungen erwachsen ist – oder einfach aus vorhandenen Vorschriften zusammengeklaubt, also aus unbekannter Quelle als angeblich eigene Einstellung übernommen wurde. Wie belebend sind junge Männer, die im Einklang mit ihren Emotionen spontan zärtlich sein können und nicht darauf schielen, ob jemand ihr Verhalten als falsch oder richtig bewertet! Wie alt sehen dagegen jene aus, die als junge schon verkrampft versuchen, einer (wessen?) Vorstellung von sich zu entsprechen…

 

Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 9. NovemberZum 100. Todestag von Georg Trakl suchen wir heuer ein letztes Mal die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs auf. Denn wir verstehen jenen verzweifelten Freitod des Salzburger Extremlyrikers am 3. November 1914 durchaus als eine direkte Auswirkung der schrecklichen Ereignisse, die er im September selbigen Jahres als hilfloser Helfer inmitten von todwund zerfetzten Soldaten erlebte, erlitt – und schließlich auch nicht mehr ertrug. Ob dieser dünnhäutige, dauerdepressive und schon seit früher Jugend schwer drogensüchtige Mensch allerdings von vorn herein zum Scheitern an sich selbst und unter allen Umständen zum Untergang verurteilt war – diese Frage muss offen bleiben. Dass seine düstere Dichtung einen aber auch zur Wahrnehmung unterdrückter Emotionen verführen – und im besten Fall zu deren sprachlichem Ausdruck befähigen kann – das darf als gesichert gelten

TraklgedenkenTrakls Wortwelt entzieht sich weitestgehend eindeutiger Interpretation und klarer Zuordnung, wohl auch weil seine Person dabei stets eine geheimnisvolle geblieben ist. Die Symbole und Stimmungen in seinem Werk erschließen sich immer nur individuell, subjektiv. Das jedoch heftig, wie es wohl auch die Zustände waren, in denen sie entstanden sind. Manche(n) mag dies befremden oder gar verstören – die eigene Vorstellungskraft wird dabei jedenfalls zwingend in Gang gesetzt. Und so entfaltet sich eine ganz ähnliche Wirkung wie in der surrealen Malerei, der psychedelischen Musik oder beim Verzehr von bewusstseinsverändernden …… Das überlassen wir aber jetzt eurer Phantasie! 😀

Geduckte Hütten, Pfade wirr verstreut,
In Gärten Durcheinander und Bewegung,
Bisweilen schwillt Geheul aus dumpfer Regung,
In einer Kinderschar fliegt rot ein Kleid.

Am Kehricht pfeift verliebt ein Rattenchor.
In Körben tragen Frauen Eingeweide,
Ein ekelhafter Zug voll Schmutz und Räude,
Kommen sie aus der Dämmerung hervor.

Vorstadt im FöhnAn einigen Plätzen in der Stadt Salzburg sind Gedichte von Georg Trakl in der Gestalt von Steintafeln angebracht, so wie das hier zitierte „Vorstadt im Föhn“ neben dem Fernheizwerk bei der Lehener Brücke, wo sich einstmals der städtische Schlachthof befand. Doch weshalb würdigt man ausgerechnet in dieser Hochburg angepassten Funktionierens einen Dichter, dem jedwede fröhlich geschwätzige Normalität zutiefst zuwider war? Sind seine prophetischen Gesichte vor die Säue geworfene Perlen, der Allgemeinheit halt in die Sicht geschraubt, damit selbst der Umweg kunstsinniger Genießer und Individualtouristen noch rentabel ist? Bizarr…

Trakls im Spiegel seiner Seele bis zur eigenen Vernichtung verkörperten Vorhaltungen an eine ihn abweisende Spießgesellschaft sind hier prominent platziert nachzuvollziehen. Dass dieses von der eigenen Bedeutung bis zum Anschlag besoffene Wichtigtum, das menschlich nicht mehr imstande war, auch nur einen einzigen Außenseiter aufzunehmen, kurz darauf halb Europa mit Krieg überzog und in Schutt und Asche legte, das sollte uns gerade heute wieder zu denken geben! Das Unaussprechbare, das Trakl allerdings verklausuliert aufschrieb, bedarf nämlich einer Antwort an den Lebenden, soll es ihn nicht auf Dauer kränken, isolieren – und schließlich umbringen. Ob Dichtung in der Depression zum Ausweg wird – oder zum Untergang – das liegt schon am Du.

> Erfrischend Unblödes zu Trakls Biographie in diesem SPIEGEL Artikel von 1957 😉

> Lyrik für alle von Lutz Görner (sehr empfehlenswert!) – Georg Trakl (Video)

 

Aufmarsch der Zipfelmänner

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 26. Oktober – Zum heurigen Nationalmusiktag mit Programmschwerpunkt Szenenwechsel – Lokale Sounds aus den Freien Radios wollen wir nicht hintanhalten, den gesamtaustriakischen Alpenpop in einem satirischen Aufwasch zu erwürdigen. Denn nichts scheint uns an diesem volkstumsschwangeren Nationalfahnenfest zur Beibehaltung der geistigen Individualgesundheit so wertvoll zu sein wie eine ordentliche Portion Blasphemie in der Blasmusik. In diesem Sinne also: Willkommen bei unserer herzerfrischenden Herabwürdigung von allesamt fraglichen Heimatsymbolen. Kommet zu Hauf – und nehmet ganz unerschrocken Marschmusik, Mundartgesang oder Volksschauspiel je nach Lust und Laune auseinander, bis dass es euch freut! Oder – um es gleich auch als passendes Motto für die freie Radioarbeit zu verwursten: WIR sind das Volk – und wir spielen UNSERE Musik 😀 Aufmarsch!

lyapis trubetskoy feat. noize mc - bolt (video)Jössasmarandjosef, die Welt geht unter und das Bundesheer löst sich auch zunehmend auf. Nicht einmal flächendeckenden Schraubenschutz kann unsere Luftraumüberwachung garantieren, wenn die Trümmer aus schrottreifen Eurofightern regnen. Und was wird aus der Militärmusik?

lyapis trubetskoy feat. noize mc - bolt (video)Sollen sich die „Jungschwanz“ (so werden sie intern ja wirklich genannt) etwa pudelnackert zur Angelobung aufstellen, weil es an Uniformen fehlt? Vorm neuen Vereidigungsminister, der so heißt, weil hier ein Buchstabe eingespart werden kann. Erst das T und dann auch noch das Tätärätä?

lyapis trubetskoy feat. noize mc - bolt (video)Gemach, gemach – noch gibt es immerhin Fahne, Vogel und Staat. Und beim Auftreten von plötzlichen unerwünschten Nebelwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker, also uns 😛 Wir begleiten euch gern durch den Wust der Zeit ans Ziel – einstweilig selbst sein, hier und jetzt

gleich zur Entspannung anschaun: Lyapis Trubetskoy feat. Noize MC – Bolt (Vimeo)