> Sendung: Artarium vom Sonntag, 25. Mai – Gestern waren wir dann also leibhaftig im Salzburger Literaturhaus, um dem entschieden “unsalzburgischen” Programm NORMAL – Eine Besichtigung des Wahns beizuwohnen. Wir wollten wissen, wie sich so ein “Abend gegen Irrationalismus und instrumentelle Vernunft” anfühlen würde, wenn wir ihn livehaftig erleben. Und natürlich auch, wie sich diese dichte Darbietung von Erlesenem, Empfundenem und Selbstweitergedachtem im nachhinein auf unser Selbst- und Weltverständnis auswirkt. Waren unsere beschwingten Erwartungen aus der Sendung vom letzten Sonntag doch übertrieben begeistert ausgefallen? Diese Frage beantwortet am besten ein anderer Besucher, der zum Abschied anmerkte: “Da fühlt man sich auf ein Mal nicht mehr so allein auf der Welt.” Ja, es hat uns berührt …
“Wirklichkeit zur Kenntlichkeit entstellen – das ist Satire.” Von wem auch immer dieses Zitat erstmalig stammt, es ist ebenso wahr wie auf diesen Abend, der sich “Besichtigung” nennt, zutreffend. Zumal wir im Zuge unserer Teilnahme die uns tagtäglich aufs Grausigste umbrausenden “Realitäten” nicht nur durch die Brille der kritischen Theorie sondern auch durch die Sichtweisen der Herren Ebermann, Mense und Thamer besichtigen durften, was eine sehr angenehme “ironische Distanz” zu den doch einigermaßen verstörenden Schrecknissen des Weltgeschehens bewirkte, auf dass sich ganz neue Freiräume im Denken, Fühlen und Handeln öffneten, ein zugleich poetischer wie auch therapeutischer Akt! Auf die Art und Weise möchte man “die Realität” (ein von den Realitätern dieser Welt gekaperter und für ihre Interessen uminterpretierter und somit missbrauchter Begriff), möchte man “die Realität” also noch viel öfter als das wahrnehmen, was sie ihrem Wesen nach eigentlich ist: “unsere Wirklichkeit, die wir selbst bestimmen und gestalten können.” Und weil der Mensch ein Mensch ist, braucht er dazu was zum Fressen – aber keine Moral. Die Richtschnur menschlichen Handelns kam im Programm kurz vor der Pause zum Ausdruck, und zwar wörtlich so:
“Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben.”
Sie wollten die Aufklärung vor sich selbst retten. Sie wollten eine Idee von Vernunft entwerfen, die Auschwitz unmöglich machen würde.
Ja, ich weiß … aber ich glaube, das funktioniert nicht oder es funktioniert nicht mehr. Die Vernunft ist nicht mehr zu retten.
Aufklärung?
Was bleibt uns denn sonst … aber auch die stößt hier überall jeden Tag an ihre Grenzen.
Was brauchts dann?
Empathie
Solidarität
Zärtlichkeit
Naturschönheit genießen können
Die Fähigkeit, sich und andere zu lieben
Die Fähigkeit, selbst zu denken
Gesellschaftlichen Reichtum ganz anders denken
Verweigerung – die Fähigkeit zum Widerspruch
Widerständigkeit
Ungehorsam
Unangepasstheit
Unanständigkeit
Unvernunft
Unvernunft im Dienste der Vernunft
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