Perlentaucher Liebesnacht

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 13. Mai – Liebeslieder und Existenztexte jenseits von Herz, Schmerz und Verstand. „Liebe – wos is des eigentlich?“ Ein bereits weitgehend zudefiniertes Wort ohne Bedeutung – oder ein hoffnungsvoll überschwängertes Minenfeld unseres Unterbewusstseins? Die feinen Herren Museau & Sternenhund umzaubern eine komplizierte Begrifflichkeit zwischen Härte und Zärte.

Erstens Entzauberung von Lovesongs als Schmachtballaden und Schmerzschmus. Den meisten Musikschaffenden gebührt für ihre absolut gatschbirnigen Darbietungen zum Thema ein fester Musentritt – das Gefühl postorgasmischer Benommenheit kennen wir eh alle. Phantasie! Hallo?

Zweitens Zusammenschau: Was haben die Erinnerung an meinen verstorbenen Vater, ein generationsübergreifender Freundeskreis, unsere Arbeit am Alternative Concept-Art-Rock von In Confusion, das Ineinanderflechten von Erlebenslyrik und Musikpoesie, eine verzehrende Sehnsucht nach dem Unerreichbaren und der gemeinsam gleichzeitig wahrgenommene Musenkuss miteinander zu schaffen? Richtig, Liebe. Als nie jemals wirklich fassbare, sich jeder Definition entziehende und dabei immer wieder völlig neu beschrieben und besungen werden sollende zwischenmenschlich zielentwickelnde Prozessdynamik – am ehesten noch so, wie sie im Beatles-Film Yellow Submarine atmosphärisch herum geistert…

Drittens Differenzierung des Paradoxons zwischen den scheinbaren Widersprüchen von Dings und Bums. Keine Ahnung, was worauf folgt und wozu führt. Extrem verträgliches Work in Progress, wörtlich verdichtet von Christopher Schmall und Norbert K.Hund, mit einem offenen Ende nach Peter Licht unter Mitwirkung von Ja, Panik.

Versuchen wir die Synthese – in einer Sprache mit Eigenschaften wie sanftgewaltig, schmetterlingsheftig oder schüchtern-verwegen, belebt von Wesen, die Museau Chocolat und Emo Cremissimo heißen – als freie Herzen und als Sternenhunde zwischen den Zeilen. Eucalypse Now! Und schauen, spüren, staunen wir zusammen, was mit den Musikwelten, die wir auf einander los, in einander übergehen und übereinander herfallen, sich von einander unterscheiden und zu einander hin finden lassen – so alles passieren kann. Lassen wir uns einfach überraschen – oder, um es mit Conor Oberst auf den springendsten aller archimedischen Punkte zu bringen: „Let’s not shit ourselves – to love and to be loved!“

Impotenz und Auferstehung

Download/Podcast: Artarium Radio Sexperience vom Ostersonntag, 24. April. Klappts noch mit der Auferstehung? Wenn alle Eier angemalt und ausgeblasen, versteckt und wiedergefunden wurden – aber das wesentliche Ereignis trotz eifrigen Bemühens nicht so recht stattfinden will – was dann? Eine ernst-satirische Einlassung auf allerlei Assoziationen zu hoch potenten Chemikalien…

Auch wenn Schlapphans einmal Küchenmeister ist, muss heute niemand mehr den Osterbraten kalt werden lassen. Viagra, Levitra und Cialis sorgen recht zuverlässig für flutschig pralle Spassbananen – wir wollen allerdings auch ein paar kritische Blicke hinter die Funktionsfassade werfen. Warum ist die Banane eigentlich krumm?

My Chemical Romance – Ein Erfahrungsbericht über die Anwendung derartiger PDE-5-Hemmer und ihrer zum Teil ebenfalls erwünschten Nebenwirkungen sowie einige Betrachtungen zur chemisch induzierten Impotenz durch Antidepressiva vom SSRI und SNRI Typ, die vorübergehend oder sogar dauerhaft sein kann (SSRI-bedingte sexuelle Dysfunktion) sorgen für den chemophysikalischen Aspekt dieser durchaus nicht humorlos und ironiefrei angelegten Themensendung. Des weiteren verfügen wir hier ja auch über einiges Fachwissen zur Psychogenese männlicher Potenz- und Versagensängste sowie die gewohnt abgefahrene Musikauswahl. Also – Alles Banane zur Auferstehung! Wir sind schon ein geiles Institut…

Die Sexualverkehrspolizei rät: Die Einnahme dieser Sendung kann zu spontaner Selbstbeschmunzelung der Verkehrsteilnehmer führen! Datenschutz: Aus dem Liken oder Kommentieren dieses Beitrags ziehen wir KEINERLEI Rückschlüsse auf euer Stehvermögen. Echt! Wirklich! Versprochen! LOL Und Frohe Ostern, ihr Eier!

Wortfront: Freilandherz!

Download/Podcast: Artarium – Das ganze Album vom Sonntag, 10. April: Freilandherz von Wortfront – Die aktuelle Neuerscheinung anstelle des abgesagten Konzerts in der ARGE – zur Ehrenrettung aller Inspiranten und Neugierinnen in diesen Zeiten von Kernschmelze und Käfighaltung. Emo Cremissimo & Museau Chocolat präsentieren ihre neue Lieblingsstimme:

Wortfront in KäfighaltungSandra Kreisler, die in kongenialer Kooperation mit Roger Stein und unterstützt von einer überaus individualkreativen Kapelle schrägzarter Zwischentöner einen großen Wurf wagt, nämlich das Genre Chanson generationen-übergreifend zwischen Zitaten aus zwei Jahrhundert(tausenden!) auszuspannen und dabei herznah und modern – zu bleiben.

Auch wenn wir diese wunderlich behutsam kraftvolle, hintersinnig direkte und lebensleicht tiefgründige Performance heuer nicht live miterleben konnten, sei sie euch nun doch noch in Form dieser Albumpräsentation ans – ja, hoffentlich – Freilandherz gelegt. Es tut einfach so gut, in dieser „etwas anderen“ Gefühlswelt zu tauchen…

Les Coeurs des Vampires

Podcast/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 8. AprilIn dieser Spezialausgabe wollen wir die vielfältigen Aspekte und Assoziationen der Vampir-Metapher aufsuchen – und versuchen, einige davon ihrer stereotypen Klischees zu entkleiden. Wir wollen nämlich endlich wieder einen klaren Mythos, der unseren eigenen Phantasien Raum bietet zum Eintauchen, Nachtschwärmen und Verspieltsein…

Ausgehend vom amerikanoid aufgekochten Gruselgenre unzählbarer Filme und Fernsehserien, die einen auf Mode und Pose abzielenden Pseudovampirismus verbreiten, einigen wir uns zunächst auf die immerhin etwas interessantere Literaturvorlage von „Interview mit einem Vampir“ – „Gespräch mit einem Vampir“ von Anne Rice, um dergestalt dialogisch mit unserer eigene Seelenreise zu beginnen. Es gibt nämlich durchaus künstlerische Arbeiten am Archetyp des Vampirs, die nicht zur Erstarrung und Verblödung des Konsumtrottels gereichen, sondern sogar zur schöpferischen Weiterentwicklung und Selbstgestaltung des Lebenshungrigen einladen.

Wie zum Beispiel auch die von erwähnter Vampirchronik ausgehende Verfilmung „Queen of the Damned“, in welcher Lestat aus seiner lebensüberdrüssigern Lust an Provokation und Auflehung beschließt, Frontman einer Rockband zu werden, welche justament neben seinem Sarg-Schlafgemach zu proben beginnt. Oder andererseits die jüngste schwedische Themenerweiterung „So finster die Nacht“ (Låt den rätte komma in) von John Ajvide Lindqvist, 2008 kongenial verfilmt durch Tomas Alfredson – die treffliche FM4 Kritik dazu. Hier findet auch die gesamte Vampir-Metaphorik ihren vorläufigen Höhepunkt an Abstraktion und Verdichtung: der Archetyp taucht als 12jähriges Mädchen in einer Stockholmer Vorstadtsiedlung auf und durchlebt sämtliche Metaebenen vampirischer Seinszustände in einer zaghaft aufkeimenden Liebesbeziehung mit einem schüchtern-introvertierten gleichaltrigen Jungen. Und das ist purer Sex. Unmöglich? Ätsch!

Zu den Gesprächen über diese Filme und ihre jeweiligen Eindrücke gibt es wieder vertrackt ausgewählte Kongenial-Musik, welche die Thematik zum einen atmosphärisch unterstreicht, zum anderen jedoch ironisierend bricht und querassoziativ erweitert. Eigene Texte rund um Lebensgier und Verzweiflung werden dazu ebenfalls live veranstaltet, ein durchgängiger roter Faden dabei die „Mark will Leben“ Performance vom November 2007 – sozusagen revisited und in den Kontext einer ignoranten Gesellschaft von untoten Dämmer- und Kümmerlingen gestellt, dass es ebenso scheppert, wie es täglich weh tut. Mit den besten Empfehlungen: „Wir sind ein geiles Institut!“

Homosexuelle Kirche?

Die Artarium Radio Sexperience vom Sonntag, 27. März (gibts hier als Podcast/Download) untersucht das zwiespältige Befinden nicht heteronormativer Sexualität im christlichen Feuchtbiotop am Beispiel Homosexualität in der katholischen Kirche. Ein Feature aus der Dualität zwischen Dauerstress und Drewermann. Living well is the best Revenge!

Vom medialen Dauerbeschuss mit gruseligen Sexskandalen und Missbrauchsfällen ausgehend (die übrigens noch niemals so lustig fruchtig und zugleich ernsthaft aufbereitet wurden wie in diesem Video von rUDOlf  „Die Kirche brennt“ aus dem Hause des steirischen Labels derLurch – die allerbeste Rammstein-Adaption seit Alf Poiers Schopenhauer) wollen wir den Bogen ins Persönliche spannen. Denn an der pastoralen Basis und im alltäglichen Umgang miteinander rumort das Allzumenschliche durchaus auch auf emotional sympathische Weise. Zum Beispiel besuchten wir jüngst die Veranstaltung „Es geht um Liebe. Punkt.“ im TheologInnenzentrum und waren positiv überrascht von einer zunehmend um sich greifenden pragmatischen Entspanntheit im innerkirchlichen Umgang mit anderssexuellen Alltagsfragen.

Andererseits ist da die römische Amtskirche mit ihrer seit Jahrhunderten einzementierten patriarchalen Hierarchiestruktur, deren Stellungnahmen zur Homosexualität sich in fast nichts von denen evangelikal fundamentalistischer Berufshomophobiker unterscheiden, und deren Vertreter sich in ihren welt- und lebensentrückten Ritualen wohlfeil als kabarettistische Steilvorlagen anbieten, wie zum Beispiel bei Hagen Rether als „gepuderter Tuntenhaufen“. In diesem Sinne versuchen wir also wieder einmal eine Annäherung an ein tatsächlich ernstes, weil die Lebensqualität von ungefähr einem Zehntel der Menschheit beeinträchtigendes Thema – mit augenzwinkernder Ironie, authentischem Empfinden sowie kongenial zusammengestellten Musikbeiträgen. BrüderInnen und SchwesterIche – die Frau segne und behüte euch – schließlich tun wir das ja auch!

Malmsheimer: Sprechalarm!

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 13. März: „Ich bin kein Tag für eine Nacht“ von Jochen Malmsheimer. Adrenalinausbrüche, Hormongewitter und Moralverstopfung in der synaptischen Kommandozentrale eines Jugendlichen, den in der Disco plötzlich das Mädchen seiner Träume anspricht. Ein fulminantes Kurzhörspiel aus dem Sprachzentrum eines wahrhaft Wortverwirrten.

Der im Gegensatz dazu aufs äußerste eloquente Schöper dieses psychotropen Schädeltheaters dürfte einem breiteren (sic!) Publikum spätestens seit seinem abgründigen Plädoyer für das Wurstbrot als Kulturkonstante im Irrenhaus „Neues aus der Anstalt“ oder seiner furiosen Abrechnung mit dem epidemischen Quatsch- und Quasselradio Bongo Boulevard anlässlich der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises 2009 ein Begriff sein. Sollte dem – liebes verbreiterungsbereites Publikum – noch nicht der Fall sein: Jochen Malmsheimer kommt wortgewaltig wie zum Wegschmeißen witzig AUCH LIVE wieder über uns, nämlich am Mittwoch, 22. Juni in der ARGEkultur. Das aus Anlass seines leibhaftigen Erscheinens dargereichte Programm trägt den epiphanischen Titel: „Wenn Worte reden könnten oder: 14 Tage im Leben einer Stunde.“ Der darauf folgende Donnerstag ist auf Jochens Betreiben extra zum katholischen Feiertag für Salzburg erklärt worden, so dass ihr euren konsekutiven Rausch dann auch recht gemütlich ausschlafen könnt. Wir wünschen jedenfalls jetzt schon einen froh’n Leichnam! Weil auch wir uns nämlich mit ans Leben grenzender Wahrscheinlichkeit wieder einmal totlachen gehen …

 

Frühlings Erwachen

Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 11. März als Podcast/Download: Vier Stunden Experimentaldramaturgie zwischen Gegenkultur und Musiktextase zum 4. Artarium-Geburtstag. Eine abgründige Versuchung zum Zwischenleben im einstweiligen Trotzdem – recht frei nach Frank Wedekind und jedenfalls jenseits von Nuran David Calis‘ Umdichtungen – wie etwa dem gleichnamigen Film mit Wilson Gonzales Ochsenknecht! Die etwas andere Betrachtungsweise zum 120. Erscheinungsjahr eines sehr speziellen Skandal-Stücks: „Frühlings Erwachen – Eine Kindertragödie“

Erwachendes Interesse: Im Theaterstück (den Text gibts hier) geht es eindeutig um 14jährige, welche das „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“ ihrer Epoche erforschen und es in ihrem Leben zu integrieren versuchen – und nicht um erwachsene Berufsschauspieler, die sich karrierebedingt noch einmal recht jugendlich lässig geben wollen.

Das – und der Umstand, dass ein mittlerweile erwachsener Autor seine eigenen Pubertätserlebnisse nicht als abgeschlossene Angelegenheit betrachtet, sondern sie nach wie vor dermaßen (man könnte sagen, tod-) ernst nimmt, dass er sie der herrschenden Gesellschaftsordnung als eine himmelschreiend unbeantwortete Fragestellung ins Gesicht schmeißt – macht die skandalträchtige Brisanz dieser im wahrsten Sinn zeitlosen Arbeit aus. Wedekind schuf keine Pose für irgendein Podest, sondern ging ein Leben lang schwanger mit der schweren Verwundung seines von der Unmenschlichkeit der Funktionsidioten zu Tode zerquetschten Freundes Moritz.

Gefährliches Befremden: Natürlich ist das Entdecken bislang unbekannter Welten mit konkreter Gefährdung verbunden: Alkoholvergiftung, Freizeitunfall, Schwangerschaft – um nur einige zu nennen – doch inwieweit kann ein Selbstmord aus Verzweiflung ein rein individuelles Problem sein?

Jeder junge Mensch findet sich mit dieser gesamten Erfahrungswelt in ein unhinterfragt vorhandenes Wertsystem aus Begriffen, Reaktionen und Zuordnungen gestellt, welches sein dem Verhalten zugrunde liegendes Erleben ständig entweder als ein Erwünschtes bestätigt – oder eben als ein Verwerfliches bestraft. Noch in den 70er Jahren waren zum Beispiel sexuelle Handlungen oder gar Schwangerwerden in Salzburger Gymnasien Grund genug für einen schnellen Schulverweis. Noch viel subtiler und somit brutaler spielt sich die „vorauseilende Verhaltenskontrolle“ in der Familie und im Freundeskreis ab. Intime Gefühle werden bereits bei ihrem ersten Auftauchen im Sinne irgendwelcher Vorstellungen von „richtig oder falsch“ definiert, interpretiert und zweckgewidmet. Diesen alltäglichen Mechanismus von Missbrauch und Unterdrückung vermag Wedekinds Stück aufzudecken.

Tragische Gesellschaft! Und sie entlarven sich alle schlussendlich selbst – auf den Begräbnissen, in den Lehrerkonferenzen und zwischen den Zeilen ihrer Briefe und Erklärungen: Um das vielbeschworene Wohlergehen der ihnen anvertrauten Kinder ist es im Grunde nie gegangen, sondern lediglich um Anpassung und Erfolg.

Die Herausforderung dieser Sendung – wie auch des Lebens an sich – besteht in der Verwegenheit, diesem „Wahnsinn der Normalität“ ins Gesicht zu blicken, ohne dabei das eigene Empfinden auszuschalten und somit selbst verrückt zu werden. Narren und Narkotisierte gehen dieser Tage eh schon bis zum Erbrechen um in unseren Gehirngängen. Nein, bewaffnet mit der Echtheit des eigenen Erlebens wollen wir uns der Auseinandersetzung mit dem Moloch der angeblich so sinnvollen Gefühlskonditionierung stellen – denn was wäre das denn überhaupt für ein Sinn, den man nicht zuvor schon ordentlich hinterfragt hätte? Womit wir bei der noch viel umfassenderen Aufgabenstellung angelangt wären, nämlich diesem nach wie vor verkrusteten System des „Schein statt Sein“ nicht nur eine individuelle Sinnstiftung abzutrotzen, sondern dieser sinnlos verselbständigten Scheißgesellschaft sogar noch einen kreativen Gegenentwurf ins Schaufenster ihrer Selbstgefälligkeit zu pflanzen.

Ein vermummter Herr… Taucht auf einmal auf – mitten in der Lebenskrise, am Friedhof der Phantasien und Wünsche, neben dem Grab des toten Freundes – und meint: „Ich mache dir den Vorschlag, dich mir anzuvertrauen.“ Wer könnte das wohl sein? Gott? Der Dichter selbst? Das Leben – ein Symbol? Oder doch nur der alte Eros…

„Wer sind Sie? Wer sind Sie? Ich kann mich einem Menschen nicht anvertrauen, den ich nicht kenne.“ – „Du lernst mich nicht kennen, ohne dich mir anzuvertrauen.“ -„Glauben Sie?“ – „Tatsache!“ So entwickelt sich in der Schlußszene jener geniale Dialog zwischen dem lebensüberdrüssigen Schüler Melchior und dem vermummten Herrn, den uns Nuran David Calis aus welchen Gründen auch immer vorenthält – und der immerhin zu der fundamentalen Erkenntnis führt, dass man sich mit leerem Magen nicht wirklich zwischen Leben und Tod entscheiden kann. Welch prophetische Sicht auch auf die grassierende Anorexie unserer Tage!

Postscriptum: Das bringt auch das Prinzip Perlentaucher auf den Punkt. Wir nähern uns dem Thema an, umkreisen die Fragestellung, assoziieren spontan zur Musik und beleuchten den einen oder anderen Aspekt mit unseren Texten. Nicht um Antworten vorzugeben, sondern um Fragen aufzuwerfen und zum eigenem Entdecken anzustiften. Werdet selbst Perlentaucher! Wir sind alle ein kreatives Vakuum…

Sexperience Objektophilie

Artarium Sexperience vom Sonntag – als Podcast zum ohrrübeln – Beziehung mit dem Gummibaum, Partnerschaft mit der Berliner Mauer, Eheschließung mit dem Eiffelturm. Ja, dürfens denn des? Erlaubt ist offensichtlich, was gefällt. Oder etwa doch nicht? Und, worin unterscheidet sich Objektophilie vom Fetischismus oder vom Gebrauch (auch pflanzlicher!) Sex-Toys?

Es begann alles mit dem legendären Anruf bei Jürgen Domian, in welchem ein gewisser Steffen seine sexuelle Beziehung zu einem Gummibaum namens Hans Georg ausbreitete. Nachdem wir alle gehörig gestaunt und auch gelacht hatten, beschlossen wir dem durchaus ernsten Kern der Geschichte nach zu gehen.

Denn Scherz beiseite, es gibt tatsächlich Menschen, die ihre Erfüllung darin finden, mit einem Objekt (also einem Ding, einer Sache) verbunden zu sein anstatt mit einem (oder mehreren) anderen Menschen. In einer solchen Beziehung kann Sexualität (genau wie zwischen Personen) eine mehr oder weniger bedeutsame Rolle spielen (was uns natürlich sofort wieder zu den abseitigsten Assoziationen verführt). Nun ist allerdings der Gummibaum – im Unterschied zum Eiffelturm etwa – ein Lebewesen, wenn auch ein rein pflanzliches. Wie verhielte es sich aber, wenn Hans Georg beispielsweise ein Haustier wäre, das rechtlich betrachtet zwar als Sache qualifiziert, in Österreich aber immerhin im Tierschutzgesetz (§ 5, Abs 2, 17) mit einem Sexualtabu belegt wird? Hallo???

Nachdem wir unseren wissenschaftlichen Fachbeirat Florian Friedrich zwecks Fortbildung nach Berlin ausleihen mussten, werden wir uns dem Thema wohl noch patchwork-assoziativer als sonst annähern. Von Kaktus über Knäckebrot zur Käsetheke und hinter der Obstkiste zurück zum Thema. Wir sind halt ein geiles Institut.

Kontakt zu Peter.W. zwecks Bespielung seines Bauches (FBB – Freie Bühne Bauch) „Wenn ihr kurze Stücke habt – und keine Bühne dafür – diese als Puppentheater oder sonstwie kreativ adaptiert aufführen wollt, lade ich euch herzlich ein, dies auf meinem Bauche zu tun. Das ist ein ernst gemeintes Angebot. Wirklich!“ E-mail: kaverne2000@yahoo.de

Du bist wie ich

Artarium inteam „Kongeniale Kreativität“ vom Sonntag, 20. 2. als Podcast/Download: Christopher Schmall & Norbert K.Hund gehen ihrer eigenen Wesensart auf den Grund – und gewähren Einblicke in ihre, aus diesen eigenartigen Übereinstimmungen entstehenden Koproduktionen. Annäherung an eine Arbeitsweise…

„Was ist das wohl für ein spezielles Verhältnis, das diese beiden Menschen verbindet?“ Derlei mag sich manch eine(r) bereits gefragt haben. „Wenn wir das wüssten!“ So würde ich vorschlagen, zunächst einmal darauf antworten zu wollen. Denn jene etwas anderen Symbiosen von kongenialen Perlentauchern und Sternenpflückern entziehen sich ihrem Wesen nach jeder noch so zupackenden Inbesitznahme durch Definition oder Kategorisierung. Ich erinnere mich aus gegebenem Anlass an einen recht schüchternen Besuch im Haushalt von Günter „Mo“ Mokesch und Karin Raab anno 1986. In was für einer Art von Beziehung diese beiden damals genau zusammen existierten, war für mich nicht erkennbar und ist mir auch heute noch hingebungsvoll wurscht. Mit ihnen gemeinsam Musik zu spüren, Ideen zu entwickeln sowie Anregungen auszutauschen war wesentlich – und hat einen bis in die Gegenwart wirkenden Eindruck erzeugt. Christo und Jeanne-Claude? Wie dem auch sei.

In diesem Sinne spielen wir nicht nur mit Erwartungen und Begrifflichkeiten, mit ungesagten Worten und mehrdeutigen Bildern, sondern auch mit so elegant gestohlenen Liedern wie jenem von Mo & The Gangsters in Love, das nunmehr auch den Kreis dieses Artikels schließt: Aus Pumpin‘ for Jill von Iggy Pop wird Du bist wie ich

x-beliebig – Das ganze Album

Das Artarium vom Sonntag, 13. 2. (hier als Podcast) präsentiert das ganze Album “x-beliebig” der legendären Wiener Neustädter Existenzialistenkapelle x-beliebig. Dem ist auch wirklich nichts elementar existenzielles hinzuzufügen. Außer, dass es mittlerweile einige anhörenswerte Tracks auf YouTube gibt – und sogar noch ein paar original Proberaum-Videos. Wir sind also nicht nur ein geiles Institut – wir haben eben auch das eine oder andere erlebt – und erinnern uns nun daran:

Vielleicht machen wir ein paar Anmerkungen zum individuellen Inspirationsgehalt des kreativen Minimalismus der frühen 80er Jahre, als Punk noch eine Philosophie und Gothic noch kein Genre war. Womöglich das eine oder andere Anekdötchen, wie denn diese Schallplatte nach virtueller Band-Scheidung in meinen Besitz geriet – und wie sie nebst der Ägydi-Räumung noch andere Existenz-Infragestellungen überlebte… Der Covertext jedenfalls fungierte damals in unserer WG als einstweilige Verfassung des Unfertigen, als Manifest einer Phantasie, die sich nie und nimmer mit den Realitätern ins Bett legen würde:

“Das Leben wird nicht gelebt, es wird aufgelöst wie ein Rätsel. Es ist wie ein Schauspiel, in dem Menschen Rollen vorspielen, die nicht ihr eigenes Ich zum Vorschein bringen. Pflichten erfüllen, Aufgaben erledigen – Begriffe, die auf Normen und Gesetze gestützt sind und nicht erklärt werden können. Hinter den sogenannten eigenen Meinungen steht Zwang, der von außen in sie eindringt und sie wie Marionetten, von falschen Autoritäten geleitet, herumirren lässt. Das Bewusstsein liegt im hintersten Winkel der vergänglichen Hülle begraben. Gewissen war und ist zweitrangig, denn die Angst vor dem eigenen Ich, die Angst, ehrlich zu sich selbst zu sein, die Angst, dem Wahren ins Gesicht zu blicken, ist zu groß. Man geht Umwege, um Schwierigkeiten zu vermeiden. Der kurze und wahre Weg ist unbekannt. In einer Gesellschaft, die sie sich im Überfluss geschaffen haben, gehen sie zugrunde. Probleme zu schaffen, um sie danach meistern zu können, zeigt, wie sinnlos Menschen handeln, zeigt auch, dass sie zum Untergang verdammt sind. Nach Katastrophen blicken sie auf, schauen sich an und suchen wieder am falschen Ort nach Ursachen. Es hat sich im Grunde nie etwas geändert. Die große Reformation ist immer ausgeblieben. Dinge, die gestern passiert sind, passieren heute mit anderen Vorzeichen. Viele möchten etwas ändern, doch keiner beginnt bei sich selbst.”

Detailreich zusammengestelltes Hinter- sowie Untergrundwissen hierzu kredenzt Martin Blumenau in seinem FM4 Journal unter dem Titel “Zufällige Erinnerung an die allerbeste österreichische Band von früher, die keiner kennt: X-Beliebig” allen geneigten Feinschmökern und Freund_innen der Populärenzyklopädie. Sein Ausritt ist höchst lesens- und allzumal eine Reise wert. Unsere Sendung (enthält das ganze Album) gibts dann wiederum hier. Zum Wohlsein, Österreich!