Das Salzburg Syndrom

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 28. August portraitiert Thomas Oberender, den scheidenden Schauspieldirektor der Salzburger Festspiele, im etwas anderen Kunnst-Kontext: Nach einer Interview-Tour de Force stellt sich der Theatermann auch noch dem Spontan-Überfall, aus einer alten Schachtel voller Spielfiguren ein Spontan-Dramolett mit dem Titel „Die Preisverleihung“ zu gestalten – und besteht unsere Piraten-Prüfung souverän. Wie schafft dieser Mensch bloß den Spagat zwischen Kreativität und Machtpolitik? Atmosphärische Annäherung an ein vielschichtiges Phänomen das “Salzburg Syndrom”

Thomas Oberender inszeniert spontanes Tisch-Theater

Mit verwegenem Mut greift der Bühnenautor und Theaterforscher aus der Vielfalt der vorhandenen Möglichkeiten einige prägnante Personen und Requisiten heraus und entwickelt dabei in druckreifer Rede die Dramaturgie für ein Kurzschauspiel mit tieferer Bedeutung. Wir haben es aufgenommen und präsentieren es als Abschiedsgruß an einen Ausnahmekünstler.

Doch wir wollen unsere Perlen ja auch nicht einfach verschenken! Die Frage, die uns als gegenkulturell orientierte Gewohnheits-Salzburger bewegte, dem Mann mit dem opulenten Budgetkoffer etwas eingehender auf den Kunst-Zahn zu fühlen, war die Titelgebende: Wie entgeht man der Versuchung, sich mit den jeweiligen Geiselnehmern der Salzburger Geld- und Gewinnspiele als deren gestalterischer Auftragnehmer dahin gehend gemein zu machen, dass man das eigene Ich mit dem der Institution als gemeinsames Image identifiziert, nur um dem immerhin 5-jährigen Aufenthalt in einem „wahnsinnigen Luxusrestaurant“ mit einem letzten Restselbst an Eigenpersönlichkeit hoffentlich doch noch zu entkommen? Oder etwas einfacher gesagt, wie bewegt man Realität, ohne zugleich zum Spielball ihrer Realitäter zu werden?

Thomas Oberender im Weinglas der Wirklichkeit

Also begegnen wir dem in seiner letzten Saison zu beachtlicher Höchstform des Spielens mit Wahrnehmung und Wirklichkeit(en) gelangten Schauspiel-Verführer ebenfalls auf drei verschiedenen Ebenen: In Produktionen des Young Directors Project, im persönlichen Gespräch und bei der Verleihung des Landes-Verdienstzeichens.

Und erst im Zusammenklang der Artarium-Collage mit den vielerlei äußeren wie inneren Impressionen kommt dieser eine, feine rote Faden zum Vorschein, der womöglich die Besonderheit dieses im besten Wortsinn emotionalen Intellektuellen ausmacht: Die Bedeutung der kleinen Gesten, die in ihrer durchgängigen Anwendung auch aus dieser Stadt – und für den einen oder anderen glückhaft fortwirkenden Moment – einen “etwas anderen Erlebensraum” zu zaubern vermögen. Und dies wäre auch für uns das Vermächtnis solch beeindruckender Begegnungen: Das Sein in dieser Stadt als eine Chance für sich selbst zu erfassen, mit der eigenen Lebensperspektive wieder bewusst,  jugendfrisch und auch kreativ umzugehen. Thomas Oberender, wir danken für derlei Anstiftungen!

Das Freie Medium und der rote Fächer der Landeshauptfrau – Frischluft bitte!

Der Worte sind denn allerdings auch schon wieder genug gewechselt bei 30° im Schatten – nun lasst uns wieder Taten säen. In unserem Fall heißt das Interviews bearbeiten, Musik auswählen, Toncollagen schneiden und den roten Fächer – pardon, Faden unserer ganz eigenen Hörwelten-Dramaturgie weiter spinnen. Freut euch jedenfalls schon mit uns auf allerlei Hintergründiges zu: Nervöse Welt, Das ehemalige Haus, A Game of You, Jean Ziegler, Identifikation der (oder mit den?) Aggressoren, Medienpolitik, soziale Verantwortung und individuelle Schuld sowie Off-Mainstream-Musik, die von Shazam schon wieder nicht erkannt werden wird, weil wir die Piraten sind!

Die Fotos zur Vorgeschichte und zur Produktion dieser Sendung haben wir in einem eigenen Facebook-Album veröffentlicht. Guten Appetit allerseits! Die Festspiele sind vorüber – wir haben noch lange nicht genug!

 

Ein fester Festspielflash…

> Sendung: Das Artarium vom Sonntag, 28. August präsentiert unter anderem Impressionen zu Thomas Oberender, den Festspielen, A Game Of You, Salzburg, kapitalistischen Konsumwichteln, der Verleihung und dem Fächer der Gabi…

Am Abend des 21. August fing die Reise in die gestylte und hochintellektuelle Welt der Reichen und Schönen an, die alle nach Salzburg pilgern um wenigstens für ein paar Stunden zu glänzen, bevor sie dann wieder in den Alltag zurück gespuckt werden. Natürlich sind nicht alle versnobbt und tragen ihre Nasen eigentlich schon als Hut, vor lauter Hochnäsigeit; aber je näher man dem Festspielhaus kommt, desto feiner angezogen, reicher, eingebildeter, schöner und stolzer werden die Leute

An jenem Abend machten wir, Norbert K. Hund, Babu – unser Gast in der Sendung: „Graffiti on Tour“ – und meine Wenigkeit uns auf in die „Young Directors Project“ – Aufführung: „A Game Of You“. Ein Selbstfindungtrip verpackt mit Herzklopfen und dem unbekannten Raum. Um und in sich… Wir waren alle drei hellauf begeistert und ziemlich verpeilt als wir die Aula der theologischen Fakultät verließen. So viel über sich selbst zu erfahren, kann einen ganz schön versetzen.

Und am Ende bleibt nur noch die Frage: Wer bin ich für mich selbst und für andere? Wie sehen mich die Leute und wie sehe ich mich?“

Christopher Schmall & Norbert K.Hund nach dem Interview-Marathon

Das Gespräch

Am nächsten Tag fanden wir uns auf der Presseterasse wieder – und lernten den scheidenden Schauspieldirektor Thomas Oberender kennen. Ein genialer Spagatkünstler, der es nicht nur versteht zwischen kreativem Prozess und geldpolitischem Dramafest den Bogen zu spannen, sondern sich auch als exzessiver Leser, Radiofabrik-Liebhaber, Familienvater und Arbeitstier entpuppte. Ein Mensch, der Revolutionäres in Salzburg geleistet hat und nun nach Berlin als Intendant der dortigen Festspiele geht… Aber wie wird es mit den Festspielen in Salzburg, dieser barocken Kult(ur)stadt weiter gehen? Wird man dort weiter machen wo Thomas Oberender anfing? Oder wird man zurück zum konventionellen und nicht-experimentellen Theater-Schaukasten gehen? Wir werden abwarten müssen…

Die Verleihung und ein roter Fächer 

Feiner gekleidet und mit der Beute des Interviews in der Tasche folgten wir der Einladung zur „Verleihung des großen Verdienstzeichens des Landes Salzburg“ an Thomas Oberender durch Landeshauptfrau Gabi Burgstaller! 😀 Leicht ungewöhnlich für uns Post-Punks des rebellischen Lebens, nicht? Naja, sei es wie es sei… Wir waren auf jeden Fall dabei und waren erstaunt über die Worte von Gabi B. und von der offenen Nettheit der selben, die uns ihren Fächer lieh, der von einem absolut grenzgenialen roten Farbton war. Lobende Worte, strahlende Gesichter, Champagner, die Andeutung von Brötchen und ein glücklicher Oberender, der natürlich, denn wie sollte es anders sein, nach der Ehrung in ein Theaterstück ging.

Zusammenfassend kann ich nur noch sagen, dass mich dieser Mensch, der Salzburg erfolgreich überlebt hat und immer noch voller Kraft an seine Projekte herantritt, schwer beeindruckt hat – und das nachhaltig!

PS. Die Fotos zur Vorgeschichte und zur Produktion dieser Sendung haben wir in einem eigenen Facebook-Album veröffentlicht. Guten Appetit allerseits! Die Festspiele sind vorüber – wir haben noch lange nicht genug! Und die Aufzeichnung der Sendung könnt ihr jederzeit hier anhören/downloaden.

 

Graffiti On Tour

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 21. August versprüht seinen Charme wieder mal im Untergrund und trotzt dem Sommerloch mit Farbe und – Frechheit siegt! Während die meisten Salzburger Mullerbuam und Nitrodirndln unterwegs zwischen Kroatien und New York die Wände dieser Welt verumschönern, bewirten wir Marc Zechner aka Babu 104 aus Wien im Studio und führen ein Sommergespräch der etwas dichteren Art – nennen wir es das „Young Writers Project“ – in mehrfacher Hinsicht:

Zwischen Selbstorganisation im Kampf um künstlerische Freiräume (Stichwort Legale Wände), oft in sisyphoshaftem Ringen um Anerkennung der Ausdrucksform (Stichwort Imagepflege im Schüler-Standard) und der eiskalten Ignoranz demoskopisch selbstverliebter Machterhalter und Mehrheitsmedien, beinhart gesagt zwischen Kunst und Kriminalität, spiegelt sich das Drama einer ganzen Generation von gesellschaftlich interessierten und gestalterisch ambitionierten Jugendlichen, deren in politischen Sonntagsreden bis zum Erbrechen beschworenes Potential nach wie vor dem fragwürdigen Konsens von Kleingeist und Konsumismus geopfert wird.

Dennoch tut sich so einiges zwischen Wien und Salzburg, angefangen von wechselseitigen Besuchen zwecks konzeptiver Kollaborationen über gemeinschaftliche Ausritte zu den diversen Jams, die sich seit Jahren dankenswerterweise zunehmend etabliert haben bis hin zu den immer wieder neu erfundenen Cross-Media-Aktionen, Guerilla-Recyclungen und Kunnst-Collagen jenseits von Mainstream und Marktwirtschaft. Also plaudern wir mal gemütlich über Skero, den Levin Jam 2011 oder die Tage der jungen Kultur. Oder philosophieren wir über Koproduktion versus Konkurrenz. Oder hören wir Musik und…

Denn zu schreiben kann ebenso viel bedeuten wie bewirken, nach innen wie nach außen. Speziell in Salzburg, dessen Festspiele sich immer weiter in die Stadt fressen. Zwischen Zuversicht und Zweifel. Unter „etwas anderen“ Umständen. Und im Untergrund. Immer wieder. Bitte. Danke. Guten Morgen. Wir sind ein geiles Institut!

Die Fotos verdanken wir dem In Confusion Concept von WES3 (Leo Tischendorf). Es entstand als spontanes Happening in der nunmehr seit gut einem Jahr “legalisierten” Unterführung Alpenstraße/Michael Pacher Straße, die am Freitag, 9. September in Gestalt eines Jams (Tage der jungen Kultur) wieder gänzlich neu gestaltet werden soll.

 

Watch – Das ganze Album

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 14. August präsentiert “Watch” von Manfred Mann’s Earth Band im Rahmen seiner Ö3 Musicbox Würdigung als “Das ganze Album” – eine ziemlich zeitlose Perle der späten 70er Jahre aus dem schillernden Subgenre “Eclectic Prog”.

Zudem begrüßen wir unsere neue Radiopraktikantin Marie Louise und brüten gemeinsam ein paar neue Sendungsthemen und Projekte aus.

 

Manfred Mann - Watch (Album Cover)Das 1978 erschienene Album markiert einen Höhepunkt im Schaffen von Multitalent Manfred Mann, verdichtet Einflüsse aus Jazz, Rock und Live-Sessionmusik mit synthetischem Experiment und psychedelischer Stimmung zur grenzgenialen Gratwanderung zwischen Avantgarde und Eingängigkeit, verdichtet all seine Quellen zu airplay- tauglichem Pop mit wegweisend vielschichtigem Art-Rock Anspruch.

 

Somit sei dieser musikalische Meilenstein auch als ein Statement unserer Philosophie verstanden, Genres und Generationen jenseits von Mainstream und Mozartkugel zusammen wirken zu lassen und dieses Kunnst-Biotop der Möglichkeitsformen weiterhin zwischen den Ansprüchen kapitalschwangerer Kulturvermittlung und pädagogisierender Pseudo-Integration als einen kreativen Freiraum zu erhalten, der für die Entwicklung innovativer Ideenwelten ebenso lebensnotwendig ist wie etwa Essen, Trinken und eine ansprechende Abendunterhaltung. In diesem Sinne…

 

PS. Anmerkung zur Sendungsaufzeichnung: Leider weicht die Reihenfolge der gespielten Titel in einem Punkt von der Tracklist des Albums ab. So wurde Track 01 “Circles” wegen fehlerhafter ID3-Tags an letzter Stelle (nach “Mighty Quinn”) gespielt. Tja, tschuldigung – die Tücken der Technik!

 

Inzwischen Unterwegs

Podcast/Download: Perlentaucher-Nachtfahrt vom Freitag, 12. August – im Zeichen beständigen Wandels oder – sind wir nicht alle andauernd irgendwie unterwegs? Von hier nach dort, von damals nach dann, von mir zu dir und wieder zurück? Also immer im Fluss immerwährender Veränderung, auf einer Reise zum eigentlich Eigenen – zwischen – und…

Wo ist überhaupt Anfang? Gibt es ein Ziel? Oder spielt das Leben sich sozusagen offbeat ab, von und zu und zu und? Ein Versuch, dem Kreislauf seelischer Wasser nach zu spüren von den Quellen unserer Euphorie durch die Untiefen unwägbarer Gefährdungen bis hinaus aufs unendliche Meer unserer Träume und

Die vollständige Ankündigung sowie weitere Artikel/Texte (Hintergrund) zur aktuellen Ausgabe – jetzt jeweils aus der Perspektive vom Chriss und von mir – findet ihr auf unserem neuen Nachtfahrt Perlentaucher Blog, ebenso die nach jeder Sendung erstellte Playlist- und Textdokumentation – und…

Wir freuen uns jedenfalls schon jetzt auf euch als unsere lieben Reisegefährt_innen!

KT Tunstall – from D.I.Y. to EMI…

Download/Podcast: Das Artarium vom Sonntag, 31. Juli präsentiert die doch etwas andere Indie-Folk-Performerin KT Tunstall, deren Song „Push That Knot Away“ für uns zur persönlichen Empowerment-Hymne geworden ist. Zwischen ihrem eigenwilligen Songwriting unter intuitivster Ausreizung sämtlicher Segnungen der AKAI-Headrush Loopstation und einer andererseits heftigen Major-Label-Verwertung ihrer Kreativismen am Beispiel von „Suddenly I See“ (The Devil Wears PradaGrey’s AnatomyNestea-Werbung etc.) tun sich allerdings Welten auf. Kann der Spagat auf Dauer gelingen?

Oder besser gesagt – vermögen wir die hinter glamourösem Artwork und tief im PR-Schlamm globaler Vermarktung versteckten Perlen ihrer grundsätzlich emanzipatorischen Aussagen noch zu entdecken und für unser Schaffen nutzbar zu machen? Immerhin bezieht sich KT in ihrer Arbeit auf eine der ganz innovativen und progressiven Rock-Ikonen der Punk-Prähistorie und Spoken-Word-Avantgarde…

Uns jedenfalls überzeugt ihre Patti Smith Coverversion von „Because The Night“ mit Rhythms Del Mundo – und der stellen wir auch gern zum Vergleich der sprachrhythmischer Ausdruckstechnik die „Summer Cannibals“ von Punkgroßmutter persönlich gegenüber. Allerdings bedarf es beim Herausschälen von KT Tunstalls textlichen Botschaften aus diversen kontextlichen Konnotationen doch einer gewissen Anstrengung, der wir uns aber bereitwillig unterziehen, weil wir sie für dementsprechend wertvoll erachten. Sprachen wir nicht erst unlängst einmal von der Provokation auf Samtpfoten?

Nichtsdestotrotz wollen wir bei dieser Tauchfahrt auch den kritischen Kontrast nicht zu kurz kommen lassen. Für den Kontrapunkt bietet sich hier die ebenfalls auf Patti Smith gründende, jedoch stilistisch um einiges abgründigere Kooperation der Lyrikerin und Malerin Joolz Denby (Hex, 1987) mit New Model Army an. Wieder ein weites Land…

Erzählkunst mit Axel Corti

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 24. Juli würdigt Axel Corti als einen großen, weil zutiefst menschlichen Geschichtenerzähler und präsentiert hierzu seinen allerletzten Schalldämpfer vom 26. 12. 1993, den er noch wenige Tage vor seinem bereits zu erwartenden Tod produziert hat. Was für eine Geschichte ließe sich denn im Angesicht des eigenen Sterbens erzählen, um dem lebenslang selbst gestellten Anspruch an Authentizität auf  bescheidene Weise halbwegs gerecht zu werden? Eine chassidische Legende womöglich – und zwar die vom Rabbi Hillel, der noch einmal kurz aus dem Jenseits zurück kehren kann, um seinen Schülern die eine, die wesentliche Lebensfrage zu verdeutlichen…

Also plündern wir wieder einmal den archivarischen Fundus des ORF und fördern ein paar Perlen zu Tage, die uns im wahrsten Sinn zum Eigenen anstiften. Zum Erzählen der für unsere Entwicklung bedeutsamen Geschichten, aber auch zum Erforschen und Erproben einer nachgerade genialen Sprechweise, die einfach gehört gehört.

Sobald man sich aber ehrfurchtlos genug an den Künsten seiner Vorbilder versucht, geschieht etwas recht Eigenartiges. Der Unterschied zwischen Meister und Schüler verschwimmt zusehends und aus beider Begeisterung entsteht etwas Neues und Eigenständiges, ähnlich wie ein Kind aus der Verschmelzung zweier Liebender entspringt, eine ganz eigene, lebendige und sich selbst weiter erzählende Geschichte, der beim Wachsen und Werden beizuwohnen höchste Lust bedeutet und die alle an ihrem Zustandekommen Beteiligten mit einem zärtlichen Stolz auf ihr Eigenleben erfüllt. Eine ähnliche Liebschaft war übrigens beim diesjährigen Wettlesen um den Bachmannpreis zwischen Antonia Baum und Thomas Bernhard zu erleben, den gralshütenden Literaturverwaltungsmetzgern sei es hiermit noch einmal ins Leere gespuckt: Antonia Baum – Wie ich einmal vorlas. (FAZ)

Wir spannen unsere Lebenswirklichkeit auf – zwischen Selbstsuche und jüdischer Kultur, zwischen Menschlichkeit und Abgrund, zwischen Beobachtung, Überleben, Stellungnahme und überhaupt – inzwischen unterwegs. Und wir laden euch ein, ein Stück dieses Wegs zu sich selbst mit uns zu gehen, zu erleben – und auch selbst zu erzählen

„Der Dialog zwischen den Politikern und den Künstlern – gibts den, oder ist das ein Scheindialog?“ Hier unsere diesbezügliche Schalldämpfer-Signation, einfach anklicken und – gut zu hören! „Angesichts des Todes ist alles nichtig. Nichtig und lächerlich.“

Missfits – Frauenkabarett mit Orgel

Podcast/Download: Artarium Sommer-Improvisation vom Sonntag, 17. Juli – Das radikal-emanzipatorische Zwei-FrauInnen-Kabarett Missfits über onanierende Lehrerinnen sowie andere Frust-Rationen allzu weiblichen Schultoilettentums. Aus gegebener Anlässin dieser unsäglich krampfschwangeren Bundeshymnen-Vergenderungs-Debatte präsentieren Peter Wetzelsberger und Norbert K.Hund hohnlachend die Erfinderinnen des Feminispräch – „Durch diese Verballhornung von Wörtern wird der Versuch, eine geschlechtergerechte Sprache zu entwickeln, ironisch auf die Spitze getrieben.“ (Wikipedia)

Natürlich darf das ironische Selbstzitat der Musikmetapher per Johann Sebastian Bachs Toccata in D-Moll für Pfeifen-Orgel (sic) nicht fehlen, wenn Peter.W. wieder einmal ein Konzept zu spontanisieren versucht. „Man hört aber nix!“ ist schließlich die aufgelegte Antwort der Kollegin vor dem Klo, aus dem es grantig schallt: „Ich onaniere.“

Und weils so schön Sommer ist und wir eh alle unterwegs nach zwischenwo sind, gleich noch ein Zitat zum Thema, neulich im Rahmen einer gar lustigen Dialog-Orgie auf Facebook:

„liebe gender und genderinnen, höchst verachteter mainstream! wenn schon die sprache bis ins letzte hinterzipferl vermannweiblicht sprich verzweigeschlechtlicht werden soll, dann fordern wir doch hiermit auch diktator_innen, kinderschänder_innen, katholische priesterinnen (ha!) und im gegenzug hebamm_eriche, meerjung_männer und mütter_linge!^^ solang sich aber die kasperlgestalten im parlaments-elfenbeinturm mit sowas problemfernen befotzhobeln und behirntatschgerln, können sie immerhin nichts schlimmeres anrichten – außer vielleicht schöne schüttelreime scheißen: das fekterlein, das leckt er fein. bitte! danke! guten morgen und gute morginnen!!!“

Warnhinweisin der Herstellerinnen: Diese Sendungin enthält eine hohe Anteilin an Satirin! Bei unerwünschten Nebenwirkunginnen efrauzipieren sie sich bitte selbst und essen sie eine Schwarzwälder Kirschtortin!

All Of A Sudden I Miss Everyone

Podcast/Download: Artarium – Das ganze Album – vom Sonntag 10. Juli 2011: Die texanische Post-Rock-Band Explosions in the Sky versorgt uns wieder einmal mit dem idealen Soundtrack zum zwischendurch Entspannen – instrumental intensiv und sphärenklangschwebig zugleich – mit traumreichen Assoziationen rund um Abschied, Neubeginn und soziales Befremden. Wo es doch derzeit ringsum wie innerlich um kommunikative Hochfrequenz und ein Fest nach dem anderen geht – legt euch einfach mal wieder in die Badewanne und habt schönen Sex, mit wem auch immer…

Das 2007 erschienene Album bietet jede Menge angenehm textfreie Emotionsdramaturgie zum entspannten Seelensurfen sowie konzeptiv-literarische Themenanstöße von J. D. Salinger über John Cassavetes hin zu John Steinbeck und….. Seit DMD KIU LIDT von Ja, Panik muss man diesbezüglich ohnehin mit fast allem rechnen – Ereignung von sprachlosen Impressionismen tief unter den bewussten Oberflächen.

Unsere Reihe Das ganze Album ist eine würdigende Widerbelebung des in den 70er und 80er Jahren auf einem Staatsfunksender namens Ö3 im Rahmen der Sendung Musicbox regelmäßig gepflogenen Rituals der Vorstellung von wesentlichen Musikwerken abseits des geldprostituiven Mainstream – und zwar nur mit Anmoderation und sonsthin ohne weitere plappersprachliche Interruptionen. Obzwar obige Verbindung einer heutigen Jugendgeneration nur noch schwer vermittelbar ist, erachten wir deren bleibende Eingebung für eine äußerst schätzenswerte Angelegenheit, welcher wir auch mit unserer jeweils wiederkehrenden Musicbox-Zitat-Signation eingehendst huldigen. Und Schnauze!

Weitere Anwendungsgebiete nebst dem schon erwähnten Sex-Soundtrack wären z. B. Gitarrensound Inspirationen, schichttechnische Songstruktur-Gestaltung, meditative Aushängigkeit mit und ohne hirnchemische Hilfsstoffe, sprachkreative Hintergrundbeschallung und – in euren Köpfen…

Speak Your Mind – Schulschluss!

Download/Podcast: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 8. Juli – über Sinn und Unsinn von Schule, so wie wir sie kennen. Open Mike für leidende Lernende, ausgewählte Texte von Schüler_innen und mitgehangenen Mitgefangenen sowie allerlei systemkritische Gedanken, Gefühle und Gespräche. Pünktlich zur Urteilsverkündung – pardon, Zeugnisverteilung – leisten wir unseren Beitrag zum Überleben im Widerstand. Gemeinsam mit unseren Studiogästen feiern wir – immerhin – das Ende dieses Schuljahres – und stiften zur Veränderung an.

Schule als eine (a)soziale Selektionseinrichtung, als gruppendynamisches Terroristencamp pseudonormaler Mehrheiten, als Konkurrenz- und Leistungszuchtanstalt, als Produktionsstätte angepasster Jasager und Bravmitbeter und auch _innen. Erschreckender Alltag oder doch nur hysterische Phantasie?

Der Schweizer Kinderarzt und Erziehungsexperte Remo Largo fordert für eine gerechte Schule – also eine auf den Bedürfnissen aller darin Lernenden aufbauende und somit auch eine wirkliche Inklusion von Kindern mit speziellen Bedürfnissen ermöglichende Schule – drei unabdingbare Voraussetzungen:

1) Alle Schüler_innen müssen sich in der Schule wohl fühlen. Das ist eine Arbeit, die von der Schule (Lehrpersonal und Verwaltung) zu leisten ist.

2) Alle Schüler_innen müssen von den Mitschüler_innen akzeptiert werden. Auch dieser Zustand ist von der Schule (siehe oben) sicher zu stellen.

3) Kein Schüler und keine Schülerin darf über Leistung ausgegrenzt werden. Also muss das uns vertraute System der Leistungsfeststellung auch abgeschafft werden.

Es genügt fürs Erste, diese ebenso radikalen wie richtigen Anforderungen an eine menschenwürdige Schule mit der eigenen erlebten Situation zu vergleichen, um entsetzt festzustellen, was weithin im Argen liegt. Dass Schule von Obrigkeiten gedacht wird und ihre Lerninhalte als fremdbestimmte Ziele über die „Insassen“ verfügt sind.

Dies sind so die Beobachtungen des diensthabenden Erwachsenen. Natürlich werden wir im Rahmen unserer themenassozitiven Musikreise ganz unmittelbar über individuelle Befindlichkeiten sprechen. Schule ist naturgemäß Teil eines gesellschaftlichen Systems und als Schnittstelle zwischen Familie und Staat in ihrer heutigen Form durchaus beabsichtigt. Wie wirkt sich das aber auf meine eigenen Bedürfnisse und Gefühle – also mein Leben aus? Wie verträgt sich die passive Abhängigkeit, die Schule erzeugt, mit meinem eigeninitiativen Lebensentwurf? Wo bleiben die offenen Zwischenräume für meine Phantasien und Wünsche? Wir gönnen uns da zumindest eine Warumfrage…