Das falsche Herz

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 30. September präsentiert den Filmemacher Cajetan Jacob – im Livegespräch über seinen brandneuen Film „Das falsche Herz“, der hier in Salzburg vom 5. bis 13. Oktober im Mozartkino gezeigt wird. „Wer sich den Film ansehen möchte sollte besser starke Nerven mitbringen. Das Falsche Herz verzichtet weitgehend auf Hollywoodklischees und setzt auf ruhige Bilder. Das tut der Spannung allerdings keinen Abbruch: Schreckhafte Gemüter finden sich gerade im letzten Drittel des Films schnell vor den Kinotüren wieder.“ So steht es etwa auf Vorarlberg Online. Und Cajetan selbst schreibt dazu: „Unser Film ist ziemlich harter Tobak.“ Dabei kommt einem diese Geschichte von einer lesbischen Liebesbeziehung im Umfeld der skurrilen katholischen „Pöschlianer-Sekte“ zunächst ziemlich anheimelnd entgegen, etwa mit wunderschönen Stimmungsbildern längst untergegangener ländlicher Idylle…

Man fühlt sich auch durch das gemäßigte Tempo der Szenenfolge in einen Heimat- oder Historienfilm mit einem leichten „Werner Herzog Touch“ versetzt und bewundert die schon fast überirdisch anmutenden Lichtstimmungen, die an Waldwanderungen und Spätherbsttage erinnern.

Doch unter der Oberfläche lauert unmerklich das Grauen. Und es ist keinesfalls ein plakatives Grauen, möchte man meinen! Langsam, aber sicher kippt dieser Film auf eine schiefe Ebene und steuert einem Abgrund entgegen, den man nicht für möglich hält (oder den man lieber nicht als folgerichtig und konsequent erkannt hätte!) Alles trägt in sich etwas Anbahnendes, etwas zunehmend Fortreißendes, etwas Unausweichliches – und das wartet und wirkt in jeder Andeutung. Nicht genug, dass sich inmitten der volksgläubig frömmelnden Umgebung eine durchaus handfeste sexuelle Liebesgeschichte zwischen einer Adeligen und ihrem Dienstmädchen entwickelt, die mit dem Fortgang der Handlung immer fordernder, elementarer und bedeutsamer wird. Nein, auch das katholisch-abergläubige Geistesgefüge der Dorfbewohner ringsumher gerät durch manipulative Machenschaften des Hilfspfarrers Thomas Pöschl und seiner Anhängerinnen immer mehr durcheinander und es entstehen so grausame Geheimrituale, dass man nicht mehr zu erkennen vermag, was zuerst da war – die Religion oder der Irrsinn.

Alles vermengt sich und zieht uns wie in einem Strudel zum Höhepunkt. Die zwei Handlungsstränge sind längst unentwirrbar mit einander verknüpft – und laufen doch nach wie vor langsam neben einander her. Wir leiden mit und wollen die verwegene Hoffnung nicht aufgeben!

„Das falsche Herz“ (Interview) ist ein wesentlicher Film, der sich nicht scheut, in unangenehme oder besser weitgehend verdrängte Zusammenhänge einzudringen. In bester Michael Haneke Tradition seziert er allgemein für gültig, normal und richtig Gehaltenes, treibt es behutsam ins Extreme und betrachtet sodann die Entwicklung des Geschehens wie unter einem Mikroskop. Dabei widerfährt einem Erkennen und Verstehen ohne moralischen Prügel und ohne erhobenen Zeigefinger, sondern subtil zwischen den Zeilen als ein sehr weit hinten im Bewusstsein kaum noch wahrnehmbarer Prozess. Und das ist auch gut so – bei einem einerseits so brisanten wie andererseits derart durchdefinierten und phraseologisch zugequatschen Thema wie eben der Verrücktmachung des Menschen durch religiöse Wahnideen. Denn wo fängt sie an, die perfide Durchdringung des menschlichen Gewissens mit Begriffen wie „sündhaft, schmutzig, schlecht“ – und wie weit reicht sie, bis in unsere Zeit, diese überhebliche Verunglimpfung menschlicher Sexualität und Selbstbestimmung im Namen irgend einer „höheren“ Idealvorstellung?

PS. Das könnte euch auch interessieren – die Sendung „Evangelische Deformation“ mit Eindrücken von Michael Hanekes Film „Das weiße Band“. Und ein Passwort zum Download der ungekürzten Sendungskopie gibt es wie immer auf persönliche Anfrage! 🙂

Psychedelische Pilzgeschichten

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 20. November widmet sich diesmal einigen Eigenarten der betrüblicherweise allzu oft übersehenen, allerdings neben Tieren und Pflanzen eigenständigen Lebensform verschiedener Pilze (Fungi) sowie ihren möglichen künstlerischen Anwendungen. Und wir meinen nicht bloß die sprachassoziative Potenz deutscher Pilznamen wie etwa Behangener Düngerling oder Ockergelber Scheidenwulstling. Kein Schelm, wer bei Herrenpilz oder Eierschwammerl an den Besuch beim Hautarzt denkt! Kulturgeschichtlich gäbe es allerdings auch kein Bier ohne Hefe(pilz) und wohl auch keine Graffiti-Schriften ohne Magic Mushrooms.

Ich entsinne mich seit meinen ersten Begegnungen mit psychedelischer Musik (Pink Floyd) und bewusstseinserweiternder Literatur (Hermann Hesse) an die phantasieanregenden Auswirkungen jeglicher Grenzen überschreitender Kunstausübung. Was sich die surrealistischen Maler und Filmemacher von Salvador Dalí bis zu den Wachowski-Brüdern so alles reingezogen haben, darin wollen wir jetzt gar nicht weiter umrühren. Auch die Legende, irgendwer hätte einen letzten Rest von J. R. R. Tolkiens Rauchzeug gefunden, hält sich sympathisch hartnäckig. Es scheint jedenfalls ein gewisser Zusammenhang zwischen aushängigen Seinszuständen und bunten Bildern mit tanzenden Buchstaben ins Auge zu fallen.

Die Idee zu dieser Verknüpfung von Pilzmetaphern, Graffitikunst, psychotroper Musik und angewandter Überlebenstechnik entstand bereits im vergangenen Winter, als auf Salzburger Wänden immer öfter das Motiv eigenartiger Pilze auftauchte und ich mit ihrem Schöpfer Flo Schaubmaier in dem Zusammenhang über Psychedelic Art und ihren Einfluss auf unsere Wahrnehmung diskutierte. So beschlossen wir endlich, unsere diesbezüglichen psychomyzelischen Phantasien zusammen zu tragen und in einer Radiosendung hörbar zu machen. Und glaubt bloß nicht, dass wir euch jetzt auch noch das dauerwaache Seelenheil aus dem Head-Bang-Shop der Konsumwichtelkiffer verkündigen. Viel wichtiger ist uns die wirkliche Veränderung der Wirklichkeit.

Kunst kann nämlich viel mehr, als die herrschenden Verhältnisse wohlfeil zu behübschen und für pralle Kassen bei den Zuhältern der Macht zu sorgen. Deshalb schreiben wir Kunnst ja auch mit zwei N – kunnst dir das vorstellen? Wenn nämlich die menschliche Fähigkeit erlahmt, sich etwas anderes auszumalen und auszudenken, als das, was ohnehin allüberall tagtäglich vorgekaut stattfindet, dann wird auch nie etwas anderes passieren als das Bisherige – also der Sparefroh wird Präsident, Griechenland wird auf eBay verkauft und wir können alle heim gehen…

Zwischenzeitlich gibts noch eine ganze Menge an Inspiration für Schriftarten, Styles, Plakat- und Wandgestaltung aus dem schier unerschöpflichen Fundus des Filmore Auditorium in San Francisco. Guten Appetit – und bloß keine Lackdose-Intoleranz! 😉

Krone Of Salzburg

Die ARTARIUM Kunnst-, Kritik- und Satire Show zum 1. Adventsonntag vom 28. 11. 2010 zum Nachhören/Downloaden. Norbert K.Hund setzt der Kasperlgesellschaft die Krampuskrone auf und menetekelt sich einen Vorzeigefinger feurig…

Advent, Advent – die katholische Werbegrafik kommt einfach nicht los vom selbstironischen Sog der Missbrauchsberichte rund um die Pfarre St. Blasius. Gestern erst bestaunt und fotografiert. Satt, irre! Wohingegen Wollita, die Häkelpuppe der sexuellen Selbstbestimmung, vom Boulevard weiterhin verhöhnt werden wird.

„Die ganze Friedensstraße ist blaulila verwüstet“ stellte die Kronen Geschmackspolizei fest. Und das schon seit Anfang der 70er Jahre, ergänzen wir. Kunnsthysterischer Lokalaugenschein rund um die Herrnauer Kirche, dabei entdecken wir sogar die „Kunst am Bau“ von Prof. Gerald Stadlbauer neu…

Kleiner Vorgeschmack auf den Dezember: am 5. 12. verschönert die Pfoahjugend St. Krampus wieder mal unsere Unterfuhr. Dazu gibts Performance mit Live-Menetekel und Perlen vor die Säue. „The Words Of The Prophets Are Written On The Subway Walls“ Simon & Garfunkel 1964 – Graffiti Sbg Crew

Skero kommt…

ARTARIUM vom Sonntag, 21. 11. – Hier zum Mitnehmen und Wiederhören. Das etwas andere Kunnst-Biotop präsentiert: SKERO PERSPEKTIVEN EINES RIESEN

 

second hand – skero@flickr

Mutter, der Mann mit der Kunst ist da! Creative Media Crossover jenseits von Amadeus Awards und Kabinenparty (obwohl die ja durchaus auch fetzt!) Eher Anekdotisches vom Farbenhändler oder vom Levin Jam. Die etwas krassere Version von Grafflove. Dazu ein paar virtuelle Striche mit der Spraycan und Einsichten eines Veteranen der Hip Hop Culture auf österreichisch. Eine Entwicklung, die immer auch Grenzen hinterfragt und überschreitet, ein Work in Progress mit dem gewissen Anspruch verspielter Ernsthaftigkeit. Rhabarber, was immer wir darin sehen mögen. Der Typ ist gekommen, um was zu erzählen, basta.

 

Mit dankenswerter Unterstützung von Silvio Stögner sowie den gewohnt speziellen Soundschnipseln landen wir mit der Zeit am legendären Künstlerstammtisch und basteln uns zusammen die eine oder andere Zukunft. Future is a long drink. Also entwickeln wir halt schon mal ein paar Perspektiven!

 

Werte Welpentiere und sonstige Kasperlköpfe der Generation Facebook (schnö, schnö, schnö weida) Die leuchtgrün unterlegten Links im Text sind zum Anklicken. Da kann man dann mehr zum Thema sehen, lesen und erleben. Jo eh, Old School. Die Zeit ist nur dann eine, wenn du sie dir nimmst…

 

Perlentaucher – Besuch beim Bären

Was tun in den letzten Wochen vor dem Winterschlaf, wenn es draussen schon zu kalt – aber innerlich noch zu hell ist? Zu unfertig, zu aufgedreht, ganz einfach zu wach – womit würdest du dir als BärIn denn die Zeit verteiben, damit du – „gähn“ – endlich einschlafen kannst?

Na, bär kann sich zum Beispiel ein paar MitbärInnen einladen und mit ihnen gemeinsam die Eindrücke des Sommers revue passieren lassen. Noch einmal fühlen, riechen, schmecken und im behutsamen Betrachten der Erinnerungen aussortieren, was für lange Träume taugt – und was nicht.

Und so ähnlich wollen wir drei Bären in dieser Ausgabe auch unsere Reminiszenzen ausbreiten – aber nicht nur an einen vergangenen Sommer, sondern gleich an drei ganze Leben, drei immer noch werdende Persönlichkeiten sowie drei individuelle Kunstauffassungen

Süffige Gespräche rund um Kreativität und Kasperltheater, Elektronik und Eklektizismus, Humus, Humor und Humanismus sowie natürlich die gute alte und allgegewärtige Kunnst – ja die mit den 2 n! Gut gebrummt von Markus Brandt, Markus Huber und Norbert K.Hund. Danach ins Denkmal, Luise poppen!

Diese Sendung experimentellen Charakters bietet Einblicke in den Hirnbaukasten nicht nur eines perlentauchenden Hundes auf der Fährte des Lebens. GefährtInnen durchs Dick und Dünn der Lebensgefahr – Projektwerkstatt im Werden und Geverwehen. Erklärungsbedarf? Hier klicken und selbst…

Disses Piece!

ARTARIUM UNTERWELTLICHE BILDERFLUTEN präzisiert: Eleganz versus Penetranz – Rattet den Erbsenkodex! DISSES PIECE haut nicht nur fein aufs Auge, sondern geradezu beispielhaft Indie Existenz:

Sch(w)einwelt Schelte:

An die Wand mit allen Erbsenzählern und Zuschmier-Fettischisten!

Kunnst Handwerk? Dann gib dir Selbstfrieden.

Niveau ist keine Hautcreme Respekt keine Statusfrage und Kreativität bestimmt kein Konkurrenz-Krampf.

Zur Ehrenrettung der Ratten (!) sei hier angemerkt, dass diese hoch intelligenten StreicheleinheitInnen grundsätzlich dazu in der Lage sind, sich den Lebensgewohnheiten ihrer menschlichen Mitbewohner anzugleichen.

Allerdings neigen die lieben Tierchen in allzu unbeaufsichtigten Augenblicken durchaus dazu, allerlei Knabbergebäck zu klauen, die Topfpflanzen aufzufressen und die Stromversorgung freizulegen. Also den Freiraum einer potentiellen Menschenzone zielstrebig in ein ausschließlich nur noch für sie gemütliches Rattenklo umzuwidmen.

An solcher Zergrunzung sollte man sie besser zu hindern wissen…

In diesem Hintersinn und auf seinen  Nebenebenen drängt sich mir  folgende Interpretation auf:

Ret97, du Sack-Ratte! Hältst dich wohl für fett, wenn du Scheinwelt Schelme crosst? Was du dir da so groß umhängst, macht deinen Schwanz aber auch nicht länger.“

Was geht ???

Momentaufnahme in Bewegung zwischen Salzburg und Wien: Linz bringts wieder mal auf den Punkt und die Perlentaucher sind unverwüstlich unterwegs…

Heute bekam ich eine etwas eigenartige SMS, welche mich zum europäischen Medien Fassaden Festival nach Linz einlud. Evan Roth wird daselbst mit seiner Grafitti Analysis v3.0 (A digital grafitti blackbook…) vertreten sein. Eine weitere sehr schöne Interpretation von Writing in Movement schuf der Wiener Fotokünstler Noah Essl als Tribute to Levin Jam 2010.

Und just als Felix, Laurenz, Max und ich auf der Heimreise von diesem beeindruckend gefühlsdirekten und friedenskreativen Happening im Intercity das nächtliche Linz passierten, ereignete sich ganz und gar spontan und unvermittelt folgendes:

Vom minimalistischen Rhythmus des fahrenden Zuges leicht phasenversetzt und zudem noch voll von elementaren Eindrücken übersetzten wir schlicht Bewegung in Licht.

Selbst das Konzept einer digitalen Abbildung der im Blackbook enthaltenen Dynamik per Augen-Blick gelang uns dabei spielend. Während also andere Städte das kreative Potential ihrer Kunnst-Jugend ermöglichen und fördern, scheint die Politik der Festspiel-Metropole hier seltsam weltfremd.