Nachtfahrt goes Perlentaucher

NACHTFAHRT/PERLENTAUCHER vom FREITAG, 8. 10. um 22:00 Uhr – Die Philosophie: Jetzt und hier zum Nachhören und Downloaden!

Manchmal ist das Leben sehr kompliziert. Alles gerät in Bewegung und scheint sich aufzulösen. Wir sitzen ratlos in einem Haufen Scherben und versuchen, die Fragmente unser selbst wieder zusammen zu fügen. Doch wo war nochmal gleich der sprichwörtliche rote Faden, an dem wir uns orientieren wollten?

Perlentaucher war ja ursprünglich eine Projekt-Idee zur Veranschaulichung speziell eigenArtig kreativer Prozesse und der uns dabei zugrunde liegenden Lebenshaltung. Als Kurzfilm nicht realisiert, versuche ich das jetzt einmal zu zeichnen und dann als Radiosendung hörbar zu machen…

Perlentaucher sind Menschen, die trotz widerlich widriger Umstände immer wieder in die stinkenden Strömungen des jeweiligen Zeit-Ungeistes tauchen, um jene kostbaren Kleinodien zu bergen, aus denen unsere schöpferische Energie immer wieder neu belebt wird. Dabei kann es nie um fertige Produkte und Produktionen gehen, sondern um das Auffinden und den Austausch von Anregungen, Ideen und Visionen. Was dabei herauskommt, ist genauso unfassbar wie – siehe oben – und hör dir beim Zuhören zu!

Wenn wir uns vom Leben alle Sinne mal wieder kräftig durchschütteln lassen, erkennen wir, wie viele kleine springende Punkte plötzlich feine Linien bilden. Warum also nicht daraus mehrere rote Fäden zwirbeln und diese dann wiederum mit der Zeit zu einem starken Seil verknüpfen, das uns hält?

Das Wesentliche dabei ist, diese wundersam bewegte Welt der eigenen Gefühle und Phantasien in all ihrer einstweiligen Entstehung mit anderen, ebenso im Geschehen der Gestaltung begriffenen Kunnst-Menschen teilen zu können. Sich selbst sozusagen mitzuteilen – und im Spiegel des Schaffens mit Gefährtinnen und Gefährten auf die Fährtensuche des Eigenen zu gehen. Und wenns dabei gefährlich wird, solche Menschen sind die Perlen! Life is Patchwork in Progress – Momentaufnahme beständigen Wandels…

Das Unendspiel

Pünktlich zum WM-Finale erinnern wir an den „Papierenen“ und an liebenswerte Fussball-Kultur jenseits von Medienmarkt und Nationalgedümmel. Eine Hommage an das Kind im Mann zum Wiederhören und Mitverspieltsein…

Noch ein Papierener!

Er spielte Fußball wie kein zweiter,
er stak voll Witz und Phantasie.
Er spielte lässig, leicht und heiter,
er spielte stets, er kämpfte nie.

(Friedrich Torberg)

Matthias „Motzl“ Sindelar (der Papierene) war einer der besten Fussballspieler Österreichs. Nach dem Anschluss ans Deutsche Reich und der Auflösung und Arisierung seines Vereins Austria Wien verweigerte er den Nationalsozialisten auf vielfältige Weise den Gehorsam und kam schließlich 1939 unter mysteriösen Umständen (Gasvergiftung sic!) zu Tode.

Diese und andere Geschichten rund um sprachverspielte Ballverliebtheiten nebst dem politischen Feingespür erwachsener Gefühlskinder könnten uns sogar auf die indogenen Wurzeln manch rituell ausgeübter Sportart zurück verweisen. Doch genug der Theorie, zurück in die Praxis:

Text: Bernd Begemann über die Symbolik des Fussballs im Film, Günter Paal über den verderblichen Einfluss der Medienkonzerne auf das Spielvergnügen, Peter.W. & Norbert K.Hund über Dichtungen von Friedrich Torberg bis Rio Reiser. Musik: Lyapis Trubetskoy, Reel Big Fish, Zupfgeigenhansel, Gisbert zu Knyphausen, El Canto Del Loco. Signation: Willy Astor, Herman Van Veen, NooN & Snog.

 

Der Wahnsinn der Normalität

Noch eins drauf! ARTARIUM goes RADIOKOLLEG und präsentiert am So. 20. 6. den Vortrag “Die Schwierigkeit, sich selbst zu sein” von ARNO GRUEN, Psychotherapeut und Autor vonDer Verlust des Mitgefühls – Über die Politik der Gleichgültigkeit”

Warum sind wir so dumm? Gute Frage, Artarium! Laufen womöglich genau die Falschen frei herum und produzieren Fernsehwerbung, Finanzpolitik und Fremdenhass?

Und wer ist überhaupt der/das FREMDE IN UNS, wenn nicht wir selbst?

Arno Gruen, 1936 als 13-jähriger gerade noch rechtzeitig vor den Nazis abgehauen, versteht es wie kaum ein anderer, die Gründe und Mechanismen unserer latenten Bereitschaft zum Selbstverleugnung zu entlarven. So auch der Titel seines ersten Buches: Der Verrat am Selbst – Angst vor Autonomie bei Männern und Frauen”. Eine schöne Würdigung seines Lebenswerks von Petra Herczeg und Rainer Rosenberg findet sich hier: Ö1 Menschenbilder (Artikel)

Gruens Grundthese zum autonomen Menschen ist bestürzend einfach: Nämlich in Übereinstimmung mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen zu leben. Genau hier fangen aber auch die Schwierigkeiten an, denn die uns umgebende Zivilisationskultur ist ganz und gar dem Erfolg und der Funktionalität ihrer Eroberungsmacht gewidmet. Sie ist also zutiefst kriegerisch und nährt ihre destruktive Expansionspolitik aus all den Scheinbedürfnissen, die uns von klein auf gefickt eingeschädelt wurden. Arno Gruen dazu im Interview.

Für mich waren seine allgemein verständlichen, fächerübergreifend angelegten und mit viel Humor und Mitgefühl verfassten Bücher der Schlüssel zum Verständnis der eigenen Position in der Gesellschaft – und zudem ein grundlegender Anstoß zu einer radikalen Neuorientierung. Keine Emanzipation ohne emotionale Perzeption und alle Macht den Gefühlsbedürfnissen des Menschenkindes, das wir alle ein Leben lang sind – und das uns vor dem Irrsinn der Ideologien zu schützen vermag.

Diese Sendung mit dem Prädikat zum immer wieder hören gibt es auch hier als Stream/Download.

 

Kunnst ?

Das ist und bleibt hier die Antwort.

Auch nach 3 Jahren im Schatten der Mozartkugel und über 100 Ausgaben des etwas anderen Kunnst-Biotops haben wir noch lange nicht genug! Das Überleben des Kreativen kann nur durch fortwährende Neugier und  ständiges Aufbrechen zu immer wieder „anderen“ Ufern gelingen. In diesem Sinne könnt ihr euch weiterhin auf unsere Veränderung verlassen und allerhand Überraschungen erwarten.

Ein Widerspruch in sich selbst?

Eher das angewandte Paradoxon, auch unter wechselnden Bedingungen dem Grundkonzept der Sendung treu zu bleiben, nämlich Experimentierlabor, Freizone und Kreativreaktor zu sein. Mit Ideen zu spielen, Themen auszuprobieren, Konstellationen zu wechseln und Perspektiven zu entwickeln. Ein selbstbestimmtes Schutzgebiet für das Außergewöhnliche, Individualistische und Überdurchschnittliche – inmitten von Nutzbarkeitszweck und Verwertungsdiktat, Menschenverunstaltungsanstalt und Menschenvernichtungsmaschinerie.

ARTARIUM eben – was  sunnst?

KUNNST!