Das Kreative Vakuum 2.0

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 12. August – Die Kunnst der kreativen Resteverwertung: Eigentlich wollten wir euch hier – wie an jedem Sonntag nach der Nachtfahrt – ein ganzes Album vorstellen. Doch irgendwie waren wir viel zu sehr in Produktion mit dem letzten Perlentaucher Projekt „Falsche Götter“ – und Emanueles grandiosem Gastauftritt dortselbst. Oder wir haben zur Zeit einfach kein gemeinsames Album, das wir für wesentlich erachten UND das in eine knappe Sendestunde passt? Denn sowohl „Navigating by the stars“ von Justin Sullivan als auch „Disintegration“ von The Cure sind einfach zu lang. Also – scheiß der Hund drauf!

Warum nicht zurück zu den spontankreativen Wurzeln der ersten Sendungsjahre und zur Inspiration unseres Godfather of Livestream-Zerhackstückung Peter.W. – und einfach mal eine Art „Restlessen“ aus jenen Beiträgen gestalten, die es nicht mehr in die Nachtfahrt Playlist geschafft haben, aber immer noch in unseren Gehirnen herum geistern? So sei es denn – eine Sendung ohne Thema, ohne Konzept, ohne Struktur und ohne zuvor festgelegte Dramaturgie – eine Überraschungssendung für uns selbst wie auch für euch. Wir nehmen einfach alle Tracks mit ins Studio, die am Freitag aus Zeit- und Platzmangel nicht mehr zu Gehör kommen konnten, Musik und Spoken Word durcheinander, auch unsere eigenen Texte, und entscheiden dann aus dem Stehgreif, was wir eigentlich doch noch ganz gern hören möchten.

Da fällt mir ein – aus dem genialen Spiegel-Artikel vom Matussek hab ich vorgestern ja auch nicht mehr vorgelesen. (Hier sein Videoblog über die Recherche dazu.) Wie dem auch immer werden wird – zum Schluss entsteht aus jeder inneren Leere des Kreativen immer auch eine neue Schöpfung mit Geist und Gestalt. Das ist nämlich das Wesen dieses „Kreativen Vakuums“ – seine innerliche Sogwirkung! Seien wir also gespannt – wir sind schließlich ein Kunnst-Biotop. Auch ein Komposthaufen ist eben ein geiles Institut…

 

Restspielzeit – Ein Ausverkauf

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 29. Juli – Jenseits von Mainstream und Mozartkugel? Da kann ich ja auch gleich zuhause bleiben! Die etwas andere Festspielcollage zur fröhlichen Verfeierung des Geschäftsmodells Imagepolitur mal Umsatzsteigerung: Was hat sich für uns seit Thomas Oberenders ambitioniertem Abgang im Vorjahr verändert? Warum schmelzen die jung-kreativen Freizonen in dieser Stadt kontinuierlich weiter, während uns der Hochfinanzpanzer Festspieltourismus immer noch gegen die Wand drängt? Weshalb zum Teufel sponsort Montblanc das Young Directors Project – aber keine Graffitiwände, etwa unter dem Motto „Schreib was Feines“? Wo sind die Kulturschutzgebiete und Kunnst-Biotope für das Schöpferische aus Salzburg? Und wieso zupft die Festspielpräsidentin an meinem Kapuzenpulli herum?

Alles Mozart – oder was? Nicht unbedingt, doch das Antrittsdrama des neuen Festspielintendanten hat unmissverständlich klar gemacht, worum sich hier alles dreht: ums Geld. In dieser Stadt hat offenbar nur noch das einen Wert, was sich mehr oder weniger umwegrentabel zu Geld machen lässt. Geld, das wiederum Geld anzieht, damit noch mehr Geld daraus entsteht. Die fortwährende Anhäufung von Geld zum Zweck von – weiterer Anhäufung von Geld. Gnadenloser Kapitalismus. Oder schlicht „Mammon“. Und während sie alle feucht (doch wirklich fröhlich?) um ihr goldenes Kälbchen hopsen, die Wichtigen, die noch Wichtigeren und die nicht ganz so Wichtigen, geht ohne große Nebengeräusche ein schöpferischer Prozess nach dem anderen den Salzachbach hinunter und eine um die andere künstlerische Hoffnung im wahrsten Sinn zugrunde – oder eben ins Exil. Wenn schon „die ganze Stadt Bühne“ sein soll für den konsumistischen Spektakeltanz der Reichen und Mächtigen, dann sollen sich auf dieser Bühne doch gefälligst auch die Kinder ihrer Eingeborenen aufführen dürfen – und nicht nur die Handlanger der Gelddrucker und ihre Repressentanten. Macht endlich Platz – und zwar zweckfrei!

Es ist schon erstaunlich: Wir haben nie wirklich darüber diskutiert oder etwa eine echte demokratische Entscheidung getroffen, wozu die Reinhardt’sche Bühnenstadt eigentlich genau dienen soll – aber wir reglementieren ihre Benutzung und verbieten ihre Interpretation jenseits etablierter Gewohnheiten.

„Alles in dieser Stadt ist gegen das Schöpferische, und wird auch das Gegenteil immer mehr und mit immer größerer Vehemenz behauptet, die Heuchelei ist ihr Fundament und ihre größte Leidenschaft ist die Geistlosigkeit, und wo sich in ihr Phantasie auch nur zeigt, wird sie ausgerottet…“ (Thomas Bernhard – Die Ursache. Eine Andeutung)

Sehen wir mal, was uns dazu einfällt – und wohin uns das führt. Gemeinsam mit einem jungen Multikreativen – Emanuele, der auch Co-Producer unserer nächsten Perlentaucher-Nachtfahrt „Falsche Götter“ sein wird – begebe ich mich also in ein paar Zwischenwelten von Salzburger Behauptungen und Biederkeiten. Und das bitte nicht ohne eine gehörige Portion Humor, die fürs Überleben hier auch unerlässlich ist! 😉

 

Französisch – mit Francoise Cactus

Download/Podcast: Artarium vom Sonntag, 22. Juli – Wir lassen es diesmal gemütlich angehen – und so richtig die Frau raus: Francoise Cactus, Autorin, Sängerin, Schlagzeugerin, Hörspielproduzentin, Zeichnerin – und noch so einiges, was in keine Schachtel passt. Eine kleine feine Femmage an eine ebenso umtriebhafte wie uneinteilsame Hansdämpfin in allen Klassen. Haben sie einen Komplex mit dem Sex? Dann fragen sie Frau Francoise – und seien sie gut zu Vögeln! Sie findet Europa neurotisch, häkelt uns mit Wollita ein subversives Sexsubjekt und mag nur eine Brezel: Göring. Mit ihm zusammen ist sie jedenfalls so Stereo Total, dass selbst Mothers Little Helpers noch ganz ungeahnte Polyphonic Size entwickeln. Noch Fragen? Na also…

Es war mein ehemaliger Arbeitskollege René Haas, der mich einst zum Stereo Total Konzert in die ARGE einlud. Er hatte wohl wieder einmal bei einem dieser volkssubventionierten Radiosender angerufen und zwei Freikarten gewonnen – allerdings leider ohne Begleitung! Ich fand das nicht direkt unangenehm, wiewohl ich damals kein eingefleischter Fan der Band war. Das sollte sich jedoch bald ändern, vielleicht nicht gleich durch das Konzert an sich, das immerhin ein für Salzburger Verhältnisse beträchtliches Übermaß an Leichtigkeit, Verspieltheit und Zärtlichkeit versprühte. Nein, es waren die Momente nach dieser fröhlich lebendig machenden Bühnenperformance, als Francoise und Brezel so selbstverständlich selbst hinter ihrer Merchandise-Budel standen und mit uns über Berlin, Wortkunst und antike Sythesizer plauderten. Dieser Augenblick angewandten Punks war wie ein lang entbehrter Schluck frischen Wassers nach einer langen staubigen Reise – und führte mir wieder mal schlagartig vor, wie eingenäht provinziell und peinlich kleinkrämerisch diese Stadt doch inmitten ihres ganzen Eventgetues und Kulturgehabes immer schon war – und immer noch ist.

Es war mein guter Freund und Radiokollege Peter.W. der mich im November 2010 dazu anstiftete, einen jener illustren Vorlese-Abende aus der von ihm initiierten Read This! im Denkmal Reihe zum literarischen Schaffen von Francoise Cactus mit zu gestalten. Ich sollte mich also in Wollita ein- und dann als diverse Stimmen auch aus dem Presserummel drum herum vorlesen. Und wieder wurde es eine äußerst erquickliche und inspirierende Angelegenheit, wie übrigens so vieles, was jenseits von Programmpflicht und Wirtschaftsdruck entstehen darf. Peter ist da sowieso immer einer der fruchtbarsten Anstifter gewesen – und er weiß wohl selbst am besten, warum er nach Wien geht (siehe Artikel/Sendung) – weil eben hier in diesem verklemmt verzweckten Engraum nicht viel Freies möglich ist – und weil das Wenige, das man der zunehmenden Verprivatisierung noch abtrotzen kann, unendlich anstrengend ist. Salzburg ist also nach wie vor für viele „ein Friedhof der Phantasien und Wünsche“ (Thomas Bernhard) – außer natürlich für diejenigen, die aus dem Image und der Kulisse dieser Stadt, die ihren Einwohnern zum Leben vorenthalten wird, ihr ganz privates Kapital schlagen. Die Geldgottesdiener…

„Allons, enfants de la Patrie…“ möchte man singen hören. Oder den Ratten gleich das sinkende Schiff verlassen. Hier herrscht der Mozartkugelfaschismus. Oder der Andenkenständestaat. Die Diktatur des Pollertariats sowieso. Doch seis drum – für diesmal ergehen wir uns in frankophiler Überlebensfreude. Was immer wir daraus lernen können – wir sind ein geiles Institut! 😀

 

Blumfeld – Testament der Angst

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 15. Juli – Das ganze Album im Kontext von Love and Desperation (Nachtfahrt vom Freitag, 13. Juli) – oder halt einfach nur zur gepflegten Sommerdepression? Auf der Suche nach den Möglichkeiten, höchst ambivalente Gefühlswelten textlich wie musikalisch elegant und stilvoll zum Ausdruck zu bringen, landen wir unweigerlich wieder einmal bei Blumfeld und ihrem nunmehr solo werkenden Frontman Jochen Distelmeyer. Auf dem diesmal hier vorgestellten Album „Testament der Angst“ von 2001 wird eine derartige Gleichzeitigkeit von erlebter Liebe, politischem Zorn und selbstkritischer Verstimmung in Szene gesetzt, dass sie einem therapeutischen Manifest emotionaler Authentizität gleichkommt – auch und gerade weil dieses Befinden nach wie vor so charakteristisch für unsere Zeit ist.

Bei unserem Gespräch aus Anlass seines Salzburger Solo-Debuts im Dezember 2009 fragten wir Jochen explizit nach seinen Erfahrungen mit jenem Seinszustand, den man heute allgemein schwammig als Depression beschreibt. Und ebenso elegant, wie er bereits in der gesamten Blumfeld-Zeit diesen Aspekt menschlichen Erlebens verhandelt hatte, verwies er auf den Gesamtbefund der gesellschaftlichen Entwicklung in den letzten 20, 30 Jahren und konstatierte schließlich, dass aufgrund der massiven Auswirkungen einer in zunehmender Beschleunigung dem Erfolgsstreben gewidmeten Zivilisationskultur wohl immer mehr Menschen ihre umfassenden Empfindungen von Perspektivlosigkeit und Vereinzelung als eine wahrscheinlich behandlungsbedürftige Überforderung wahrnehmen. Einige Ausschnitte aus dieser Unterhaltung könnt ihr im Radioportrait „Jochen Distelmeyer Adventsingen“ nachhören.

Und auch meine damals durchaus erregten Einlassungen auf den wirklich untergründigen Verriss des letzten Blumfeld-Albums „Verbotene Früchte“ durch Doris Knecht im profil (April 2006): „Ich möchte Teil einer Schmetterlingsbewegung sein“. Daraus erwuchs damals die Urform einer gewissen Orgelmetapher, die ab einem bestimmten Grad nicht mehr nachvollziehbarer Abwertung des besprochenen Kunstwerks oder Entwicklungswegs durchaus sexuelle Frustrationen der Poppkritik als Erklärungsansatz unterstellen möchte.

Ganz anders klingt das im Spiegel-Gespräch unter dem Titel „Härte ist ein Aberglaube“ – das entspricht auch meiner Erfahrung mit der Stimmigkeit des Gesamtschaffens, das ich vom ersten bis zum letzten Salzburg-Auftritt erlebt habe. Warum also Blumfeld und Distelmeyer eine Inspiration für junge Salzburger Bands sein sollten? Weil diese spezielle Verbindung von Emotion und Intellekt, von kindlichem Empfinden und literarischer Reflexion in der Diktatur der Mozartkugel und ihrem ewigen Eventsingen praktisch (noch) nicht vorkommt.

Und weil wir ein geiles Institut sind natürlich 😉

Hier also das Video zur Einstimmung: Diktatur der Angepassten (Live) – Gebt endlich auf!!!

Autor Emocion

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 8. Juni stellt den jungen Autor Damien Thomas vor. Nachgerade zwangsläufig. Denn auch dieses Jahr besuchten wir die von der Salzburger Autorengruppe veranstaltete Schulschluss-Lesung im Literaturhaus, gekonnt in Szene gesetzt von Gerlinde Weinmüller. Eine Menge frischer Talente aus dem Dunstkreis ihrer Kreativ-Schreiben-Gruppe zeigten als „Blitzlichtgewitter“ sprachliche Momentaufnahmen – klick, klick, klick – Spot on, Spot off. – Schon im letzten Sommer begeisterte uns das Programm „Provokationen“ dermaßen, dass wir zwei Sendungen dazu gestalteten, das gleichnamige Feature mit AutorInnen sowie die Nachtfahrt „Speak Your Mind“ – und auch heuer sind wir die Perlentaucher:

Etwa im ersten Drittel der Veranstaltung nahm ganz außen am Podium ein sympathischer Typ mit Stirnband Platz und lächelte scheu ins Licht. Dann wurde er angekündigt: „Ich bin ein ziemlicher Optimist – für einen Pessimisten. Wenn ich schreibe, dann lege ich die Maske ab, die mir die Gesellschaft aufzwingt.“

Bumm. Das ließ aufhorchen. Und sein Text, den er dann las, ging tief in die authentischen Abgründe verzweifelnder Selbsterforschung. „Champagner“, prickelnd vor Spannung bis zum letzten Schluck und ungemein berührend in seinen Stimmungswechseln vom glühendem Zorn über die dekadente Pose bis hin zu einer nonchalanten – ich verrate hier mal lieber nicht allzu viel, denn genau diesen Text wird Damien in der Sendung vortragen, umrahmt von den entsprechenden Inspirationen aus seiner Musikwelt. Eine kleine Nachtfahrt im Artarium sozusagen (und eine große muss es dann im Herbst auch noch werden!) denn was wir hier zu hören bekommen, das macht ebenso betroffen wie Mut auf mehr! Bedenkenswertes von einem, der sich den ganz großen Fragen entgegen wirft…

Es will mir ohnehin schon die längste Zeit nicht eingehen, wie beleidigend unernst Texte von Jugendlichen generell genommen werden. Das sei nur so eine Phase, unausgereiftes und zügelloses Gefühlspathos. Wie viele erwachsen arrivierte AutorInnen sondern nicht schreckliches literarisches Blech ab? Fragen sie Denis Scheck 😀

Wenn man sich Damiens Texten öffnet (und das ist uns gar nicht schwer gefallen, spüren wir da doch so etwas wie eine thematische Wesensverwandtschaft) dann erschüttern sie einen zunächst, verstören womöglich und stellen einem auch mal so richtig die Welt auf den Kopf. Doch wenn man dem pseudoerwachsenen Reflex des Vorsortierens und Urteilens nicht gleich nachgibt, dann kommt einem der eigene autonome Mensch zum Vorschein, der im Einklang mit seinen Gefühlen und Bedürfnissen leben muss – und dies im herrschenden Nutzzwecksystem nicht so leicht kann. Und dann tun sich die wesentlichen Fragen auf, wie man etwa wirklich selbstbestimmt leben könne in dieser Geldsellschaft oder wie sich denn Gemeinschaft sinnstiften ließe in dieser Umwucht von Blödung und Redandunst…

I’m not okay (Weil ich mich weigere, das System zu akzeptieren. Und weil ich verrückt bin.) Ist das jetzt Emotional Hardcore? Wir sind jedenfalls ein geiles Institut 😉

Please Madame

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 24. Juni – Schon wieder verwandelt sich unser Studio in das bekannte Künstlercafé mit Livebühne. Zu Gast sind diesmal Please Madame aus Salzburg, fünf überaus sympathische Herren, die es sich nicht nehmen lassen, zwischen ihren Aufnahmesessions und dem bevorstehenden Konzert am Herz-Jesu Gartenfest auch bei uns in der Radiofabrik vorbei zu schauen. Im Gepäck haben sie ihre demnächst erscheinende EP „Hi, Society“ (oder wie immer man das schreibt 😉 ) sowie allerlei Instrumente für einen spontanen Unplugged-Auftritt. Wir interessieren uns natürlich auch dafür, was denn das für besondere Menschen sind, die da auf einmal so laut aufdrehen in unserer schönen Highmatt…

Es begann alles mit diesem nicht gerade alltäglichen Video von „Open Heaven“, auf das uns der rasende Ideenstifter Dima gleich nach dessen Auftauchen auf YouTube aufmerksam machte. Schau an, es bestach sofort durch eine energiegeladene Stimmung ausgelassener Wildheit – und eine eigenwillige, an die Frühzeit des Musikvideos erinnernde Ästhetik. Was allerdings in der Praxis dafür spricht, es funktioniert – auch nach Wochen – immer noch! Die interessieren uns, haben wir gedacht, die haben etwas zu sagen, mit denen wollen wir eine Sendung machen… „Das gute am freien Radio ist der kurze Weg zwischen Operation und Ergebnis.“ (Günther Paal/Gunkl)Hier sind sie also, live und ungefiltert, auf den Wellen, die die Welt bedeuten, mit uns, für euch – und gut zu hören:

Please Madame, das sind Dominik Wendl (Gesang), Benjamin Wendl (Bass), Martin Pöheim und Laurenz Strasser (Gitarre) sowie Merlin Delic (Drums), der zu dieser Vorbesprechung nicht kommen konnte, weil er in der Zwischenzeit noch den Scheich chauffieren durfte. Eigentlich wäre es ja nicht sonderlich zeitaufwändig, den Ablauf und Zeitplan einer solchen Sendung auszumachen und sich auf die üblichen Informationsfragen zu einigen. Doch was von der ersten Begegnung an sofort ins Auge und mehr noch ins Gemüt sprang, war diese besondere Gruppenchemie – als Gemeinschaft wie auch zwischen den einzelnen Bandmitgliedern. Hier hat sich über Jahre hinweg (zum Teil spielen sie schon zusammen, seit sie 13/14 waren) ein kreativer Nährboden entwickeln können, der uns – aber hallo – aufmerken ließ.

Was ist das Verbindende in dieser Band, was ist dieses „zwischen den Menschen Stattfindende“, der zumeist kaum wahrnehmbare schöpferische Prozess? Welche geheimen Vorgänge machen den Freundeskreis zu einem produktiven Projekt? Wie entsteht hier die richtige Mischung aus persönlicher Nähe und professioneller Distanz? Wie halten sich Respekt vor einander und Kritik an einander derart die Waage, dass es nicht angestrengt oder gezwungen wirkt und dabei Musik mit so tiefgründiger Leichtigkeit entsteht? Dies wollten wir ein Stück weit durch eigenes Miterleben erforschen – nicht um es irgendwie definitorisch zusammengefasst wiedergeben zu können, sondern um es auch in der Sendung zwischen den Zeilen spürbar zu machen. In diesem Sinne sind wir auch alle ein geiles Institut! 😀

ACHTUNG! Diese Sendung wird am Dienstag, 26. Juni Uhr im Rahmen des HEIMSPIEL (Tag der lokalen Musikszene) um 19:00 Uhr wiederholt. Gut zu hören…

Die Sendung mit dem Max

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 17. Juni – Radiomachen heißt ausprobieren, zumindest bei uns – und Kunnst schreiben wir auch immer noch mit Doppel-N, weil sie nämlich von „du könntest“ kommt. Das ist das Einzigartige beim freien Radio, dass hier kein stereotyper Medienhype produziert wird, sondern die Ansichten und Geschichten der Menschen aus unserer Umgebung zur Geltung kommen. Sendungen gestalten kann hier, wer das Bedürfnis hat, etwas mitzuteilen. Und unsere HörerInnen schätzen die Vielfalt, Lebendigkeit und Direktheit im Programm der Radiofabrik. Einmal wöchentlich ins Artarium – gegen Dultmusik und Langeweile. Machen wir doch ein Statement!

Erzählen wir einander Geschichten aus unserem Leben und interviewen wir uns gegenseitig. Spielen wir Musik aus Gegenwart und Vergangenheit und gehen wir auf die Suche nach Gemeinsamkeiten. Finden wir ein Thema, das uns verbindet. Das Leben im Augenblick ist spannend, unterhaltsam – und als Radiosendung darstellbar.

Wie hat das alles überhaupt angefangen? Vor gut zwei Wochen begegnen sich auf der Überfuhr zwei einander unbekannte Menschen unterschiedlicher Herkunft: Max kommt in Lederhosen von seiner Firmung und Norbert kommt mit Dienstmütze aus einer Musik-Doku. Der verkündet im Rahmen seiner abendlichen Brückenpredigt, dass Punk eben nicht von den Sex Pistols in London geprägt wurde, sondern schon viel früher im legendären CBGB’s in New York entstand. Max wird sofort hellhörig und schaltet sich ins Gespräch ein, das natürlich früher oder später beim Radiomachen ankommt, der Funke der Begeisterung springt über und entzündet den längst vorhandenen Wunsch nach eigener Gestaltung – Et voilà, der Rest ist Livesendung!

Nicht unspannend, wie sich Element of Crime auf das trojanische pferd reimt, was sich aus Uralthadern wie „Me and Bobby McGee“ heraus holen lässt – oder wie sich der Soundtrack zum aktuellen Video „Open Heaven“ der Salzburger Please Madame anhört, die wir dann nächste Woche live & unplugged bei uns zu Gast haben werden…

Vieles im Leben ist einfach nicht von vorn herein so oder anders, es bleibt ein dauerndes Work in Progress, zu der einen oder anderen einstweiligen Verfügung über sich selbst zu gelangen. Allerlei Kunst – also „Kunnst“ als schöpferische Arbeit am eigenen Erleben der Welt – kann uns dabei helfen, mit den Herausforderungen der Zukunft, die wir naturgemäß nicht kennen, kreativer und souveräner umzugehen. Funktionsidioten gibt es ohnehin schon viel zu viele, und von denen ist auch kein sinnvoller Input zur Weltgestaltung mehr zu erwarten. Was könnte also unser Statement sein? Über Gefühle sprechen ist ein festes Abenteuer. Und der Andere ist uns oft ähnlicher als wir selbst. Jedenfalls sind wir zuerst einmal – ein geiles Institut 😀

The Freelancers – N’Kuti (Das ganze Album)

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 10. Juni serviert eine echte Balkanplatte aus dem Fundus unserer speziellen Freundin Teresa Reiter, und zwar das beachtliche Debut-Album „N’Kuti“ von The Freelancers aus Prishtina/Kosovo. Nicht gerade eine der Weltgegenden, aus denen man wegweisend innovatives Soundschaffen üblicherweise erwarten würde. Nichtsdestoweniger bestechen die Songs der Herren Freelancers (Soundcloud) durch höchst eigenwillige Klangwelten zwischen Resignation und Auflehnung und geben dadurch ein vielschichtiges Stimmungsbild ihrer ambivalenten Umgebungen wieder. Eine echte Spezialität also für all jene, die ihrer Neugierigkeit gern auch ihr Ohr leihen und nicht nur in gewohnten Gehörgängen herum hängen…

Was uns beim ersten Anhören ganz besonders beeindruckt hat, war die hoch professionelle Produktion sowohl des Albums als auch der diversen Videos von Pinkmoon Creative, wie etwa des wunderbar umgesetzten Tracks „Pse?“ (YouTube) den wir ja bereits bei unserer gemeinsamen Live-Sendung mit Teresa vorgestellt haben. Ist irgendwie ist das unser persönlicher Liebling, Ohrwurm (Earcatcher) geworden 🙂 doch lohnt es sich unbedingt, auch die anderen Titel dieses Kunstwerks zu erleben – erst in ihrer lyrischen Gesamtheit entsteht der elementare Eindruck einer Kamerafahrt durch Innen- und Außenwelten einer absurden Realität. Großes Kino für Reisende und Genießer! Und die Texte dazu – auf Albanisch und Englisch – sind sowieso nochmal eine ganz eigene Welt.

Soll noch einer sagen, rund um unsere Sendungen komme nichts Neues und Aufregendes zu Tage, so wie hier „Backstage“ in Raschhofers Ideentauschbörse nach unserem letzten Radio-Auftritt. Hey, wir sind doch im wahrsten Wortsinn die Perlentaucher und können auch gar nichts dafür! Neugierig, kindsköpfisch und immer interessiert an irgendwelchen kreativen Ausdrucksmöglichkeiten, die in dieser oder jener Form noch nicht dergestalt dargestellt, gesagt oder gedacht worden sein könnten. In diesem Zusammenhang seien euch ebenfalls Teresas feinsinnige Arbeiten für Kosovo 2.0 (Englisch) ans Herz gelegt – sowie Chrissobert Schmallniggs sprachkritische Nachtfahrt-Sendung „Originale Kopien“ aus der Radiofabrik ihres Vertrauens. Wir sind – in jedem Fall – ein geiles Institut 😉 und gut zu hören.

Renato Unterberg Incontro

Podcast/Download: Artarium am Sonntag, 27. Mai – mit Renato Unterberg als Gast im spontanen Live-Biotop. Wir haben das soeben erscheinende Album „Yelling with the Pantomime“ vorab gehört und wollen nun natürlich auch noch ergründen, worum es sich beim AFPmovement eigentlich dreht. Diese Bewegung, die nicht nur dem mit gut 7 Minuten längsten Track des Albums ihren Namen gibt, sondern auch beim Album-Release am 9. Juni im JazzIt eine erste Exhibition oder auch Performance namens „Silhouettes and Smoke“ abhalten wird. „The AFPmovement can be seen as a political party representing the thoughts of mountains.“ Unter anderem. Wenn das nicht poetisch ist…

Bereits das Debut „The Cinnamon Nights“, ein durch und durch konzipiertes Album mit dem Untertitel „A Fairy Tale“ entführte in geheimnisvoll anmutende Stimmungswelten und verwob Sounds, Songs, Lyrikbeilagen und Artwork zur meditativ mystischen Seelenreise nach sich selbst. Eventuell verwendete Stilzuschreibungen einzelner Fragmente und Zitate mögen der besseren Orientierung einstweiliger Erwartungshaltungen geschuldet sein. Ich als Wortmacher finde ja Begriffe wie „Cross-genred psychedelic folk off the track“ überaus entzückend, meine aber, dass die hier zu Gehirngehör kommenden Klanglandschaften des unmittelbaren Erlebens oder besser Bereisens bedürfen, um sie zu erfassen und ihre Eindrücke in sich aufzunehmen. Dann allerdings inspirieren sie zu individuellem Beschreiben – mit vielleicht ebenso einzigartigen wie noch nie zuvor dergestalt dargestellten Sprachbildern.

Nicht viel anders verhält es sich auch beim aktuellen Album – es entzieht sich ebenfalls gekonnt den allzu einfachen Zuschreibungen. Der Fundus seiner musikalischen Inspiration wirkt eher wie eine ganze Farbpalette, die von den kundigen Händen der Bandmitglieder zu ganzen Bühnenbildern kombiniert werden. Darin spiegeln sich Seelendramen in Gestalt recht eingängiger, oft repetitiv chantender Songs von kindlicher Kraft und hellsichtiger Naivität wieder, die einen dann auf eine noch hypnotischere, konzentriertere und elementarere Reise mitnehmen, vielleicht ohne überhaupt wissen zu wollen, wohin diese gehen wird – wiewohl:

AFP is on my friend
fill your bags with seeds and sand
plant the oak in desert land
just to make sure
all turns out well in the end
simple and just pure

Da scheint schon mehr vom Finden als nur vom Suchen drin zu stecken. Wie dem jetzt aber auf den Grund gehen können? Versuchen wir es einfach mit ein paar Liedern – vom Album und live unplugged – mit der Atmosphäre spontan assoziativer Gedanken dazu im Gespräch, versuchen wir eben, Biotop und Bio-Utopie zu sein, neugierig zu machen, kindsköpfisch zu bleiben, ein geiles Institut und bio-logisch! 🙂

Herr Peter (Die Werkschau)

PodcastDownload: Artarium vom Sonntag, 20. Mai – Der Multikünstler Peter Wolfgang Wetzelsberger zieht Bilanz über sein Salzburger Schaffen. Mit einer gnadenlos intimen Werkschau am Freitag, 18.Mai um 20:00 Uhr im So.What in Obergnigl eröffnet der allseits als Peter.W. bekannte Autor, Musiker, Zeichner, Performer, Schauspieler, Radiopionier, Netzwerker und Anstifter den letzten Akt eines langen Abschieds. Er kehrt seiner Heimatstadt also vorläufig endgültig den Rücken und wird fortan in Wien und anderswo seine Produktivität entfalten. Zuvor muss Salzburg sich aber noch einmal an einem Rundblick aus Peters Perspektive messen lassen. Und wieder einmal die Frage nach der Ursache. Eine Annäherung…

Letztlich ist der Herr Peter ursächlich schuld daran, dass es die Sendereihe Artarium überhaupt gibt, hat er sie doch aus einer seiner unzähligen liebenswerten Launen heraus damals im März 2007  ins Leben gerufen. Und einigermaßen unüberschaubar wie die Art oder Anzahl von Peters kreativen Ausbrüchen ist wohl auch sein bisheriger Schaffensreigen, der in dieser Kunstmetropole des Konsum und Kommerz immer ein Schattendasein fristete, jenseits von Mainstream und Mozartkugel. Peter.W.s Kunst, die sehr wohl eine hand- und mundwerklich gediegen durchgearbeitete ist, könnte man genauso gut mit zwei N als „Kunnst“ der Möglichkeitsform beschreiben, so sehr ist sie immer den myzelischen Netzwerken informeller Freiräume verbunden – und auf sie angewiesen geblieben. Und dieser Umstand, der mir unendlich sympathisch ist, nämlich gnadenlos Kunst zu machen, weil „die einfach raus will aus meinem Kopf, der sonst explodieren würde“ – und nicht wie die vielen mehr oder weniger begabten Pop-Artisten dieser Stadt immer aufs Bedienen von Geschmack, Erwartung und Szenetrend aus zu sein, dieser Umstand ist eine mögliche Ursache von Peters Abgang aus Salzburg. Denn die Freiräume mitsamt ihrem spontankreativen Substrat sind verschwunden – in die Emigration, in die Resignation oder in die Institutionalisierung. Übrig bleibt ein Mensch, der sich selbst treu bleibt…

Gegen die systemimmanente Verdrängung des Kreativen durch die Beschleunigung der Geldwertgesinnung, die zunehmend brutale und eiskalte Vermarktung von allem und jeden, die sich selbst vervollkommnende Verkommerzialisierung des freien Kunst-, Kultur- und Subkulturschaffens hat Peter.W. immer angekämpft – mit den Mitteln seiner Leidenschaft, mit Freigiebigkeit, Gemeinschaftssinn, Spontaneität und schweißtreibender Arbeit. Mit unendlichen Denk- und Projektanstößen und einer unglaublichen Fülle verrückter Einfälle, deren Einem ich eine Vielzahl von weiterführenden Inspirationen verdanke. Aus einer einzigen Einladung ins Freie Radio entstand unter anderem „Das etwas andere Kunnst-Biotop“ und meine mittlerweile über 4-jährige Rundfunk-Karriere. Stellen wir die Welt doch endlich wieder auf die Füße – ihr Kopf hat eh schon viel zu lang Globalfinanzsausen! „Die Verletzten wollen die Ärzte sein, die Letzten sollen die Ersten sein – sieh es ein: The meek shall inherit the earth!“ Und so werden wir nicht nur gemeinsam mit Peter Rückschau halten auf sein in der Werkschau dargestelltes Œvre, sondern auch den jüngsten Wurf seines experimentellen Soloprojekts Wolfwetz vorstellen, das bei Kaktus=Apfelbaum-Records erschienene Album „Mööbel“ (Download!) Und wem das jetzt noch nicht reicht, Ohren hat zuhören oder siehe – oben. Chapeau!