…& NOBODY ELSE

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 12. Februar widmet sich dem sehr speziellen Live-Album NEW MODEL ARMY …& NOBODY ELSE und stellt aus einem Gutteil der 16 Tracks von der 2. CD ein ganz neues Konzert-Erlebnis zusammen. Dieser leicht unübliche Vorgang, der uns andernorts schon mal als Autorenschändung und Werkzertrümmerung ausgelegt wurde, hat genau 3 gute Gründe: Auf der Strange-Brotherhood-Tour trat die Band rund um Justin Sullivan nicht nur in einem Double-Set als ihr eigener Support-Act auf, es wurden zudem alle Abende live mitgeschnitten und danach die jeweils stärksten Takes aus verschiedenen Städten zur nämlichen Doppel-CD zusammen gestellt. Derlei lädt geradezu auf eine etwas individuellere Edition ein…

Zudem sind New Model Army für mich persönlich nach wie vor eine ganz wesentliche Live-Band, deren Auftritte eine Atmosphärik zu erzeugen vermögen, in welcher die bessere, friedlichere und gerechtere Welt um einiges leichter vorstellbar wird als sonst meistens. Zum Beispiel zwei Video-Aufnahmen von No Pain (Text) – die etwas lebhaftere und die etwas meditativere Version.

Und abschließend hat mich diese Musik und auch die untrennbar mit ihr verbundene Lebenshaltung recht gut durch die jüngst vergangenen Tage des Trauerns getragen. Ich erinnere mich noch allzu gut an mein letztes NMA-Konzert Ende 2007 im Rockhouse, wo ein ganzer Saal von dampfenden, schwitzenden, tanzenden und unrasierten Herren mit reichlich Bauchpolsterung und spärlichem Haupthaar – trotz Salzburg im Spätherbst – eine solch sagenhaft kraftspendende Stimmung voller Zusammengehörigkeit und Zuversicht aufkommen ließ, dass ich mich für Stunden überall sonst wähnte als im nebelig trüben Salzachsumpf – und zwar ohne die Einnahme wie auch immer gearteter Schwebehilfen.

Lasst euch also etwas von dieser unverfälschten Lebensenergie ins heimatliche Hirn zaubern – und wenn ihr wollt, besucht uns beim gefühligen Nachspüren in die nahe bei einander liegenden Kraftfelder von Leben und Sterben – in unserer Perlentaucher-Nachtfahrt „Verlust und Versöhnung“ mit Texten und Tönen zum Thema. Live am Freitag, 10. Februar ab 22:00 Uhr und anschließend hier als Download.

„Looking for family – looking for tribe.“ Justin Sullivan

Und ja – herzlich willkommen, ihr lieben Hörgemüsinnen und Ohrrüberiche vom wackeren Radio B 138 in Kirchdorf an der Krems und Umgebung! Kommende Woche wollen wir ein paar Geschichten aus der Schlierbacher Käfergrabenmühle hervor kramen und so des Literarischen Nahversorgers Bernhard Samitz gedenken. Man hört sich also 😉

Wegen Todesfall geschlossen

ACHTUNG! Im Artarium am Sonntag, 29. Januar um 17:06 Uhr aus gegebenem Anlass die WIEDERHOLUNG der Sendung CONTAINER LOVE – 50 JAHRE SCHLINGENSIEF, die wir damals am 24. Oktober 2010 (das wäre sein 50. Geburtstag gewesen) dem kurz vorher verstorbenen Ausnahmekünstler als eine Art Nachruf gewidmet haben. Der aktuelle Grund für den Ausfall der geplanten Live-Sendung zum Interaktiven Performance Festival des Landestheaters „BESETZT SALZBURG“ ist ein sehr persönlicher und ebenso trauriger, nämlich der Tod meiner Mutter am vergangenen Dienstag. Ich danke euch allen jetzt schon einmal für eure Anteilnahme und euer Verständnis! – Norbert K.Hund

Dorothea Keuschnigg, 11. 6. 1929 – 24. 1. 2012

Von ihr habe ich nicht nur das abgekürzte K. in meinem Namen, sondern auch allerhand erfahren und gelernt über den Menschen und seine Zerbrechlichkeit in einer nach Leistung und Erfolg gierenden Gesellschaft! Speziell die Gefährdung von sensiblen Gefühlsmenschen durch Gewalt, Ideologie und Religion begriff ich anschaulich am Beispiel ihres Lebensin meinem eigenen.

Über die Dokumente und Erinnerungen, die sie mir aus den letzten Monaten des zweiten Weltkriegs hinterlassen hat, habe ich bereits Anfang 2010 gemeinsam mit der lieben Sophie ein Feature über Kindersoldaten im Dritten Reich gestaltet. Unter dem entsprechenden Titel „Das Kriegstagebuch meiner Mutter“ untersuchen wir die Funktionsweise der ideologischen Verführung von damals 14-jährigen in Hitlerjugend und Schule und publizierten zur Veranschaulichung dieser abgründigen Manipulationen einige der medienpädagogisch erschreckend modern aufbereiteten Seiten aus der Schul-Projektarbeit der 4. Klasse eines Gymnasiums im Jahr 1944. Persönlich empfinde ich, bei aller Bestürzung und allem Befremden, die so ein Zeitzeugnis in mir bewirken, eine große Dankbarkeit dafür, dass meine Mutter mir diese Momentaufnahmen aus ihrer Jugend (im Originalzustand) zur Verfügung gestellt hat. Und in diesem Sinne will ich diese Geschichte auch weiter geben und mit euch allen teilen:

Bilden wir uns doch selbst – und eine eigene Meinung!

Wir hören einander dann wieder LIVE bei der nächsten Nachtfahrt-Perlentaucher Sendung am Freitag, 10. Februar – gemeinsam mit Christopher Schmall! Und auch im Artarium am Sonntag, 12. Februar um 17:06 Uhr. Bis dahin alles Liebe!

Wer übrigens bei BESETZT SALZBURG mitmachen möchte, kann, darf und soll sich noch bis einschließlich Montag, 30. Januar bei Angela Beyerlein vom Landestheater Salzburg zum Casting anmelden.

Read This Blog!

Artarium am Sonntag, 22. Januar um 17:06 Uhr – Hören und Lesen für Freunde und Fortgeschrittene: Was hat es eigentlich mit den beiden Blogs zu unseren Sendungen auf sich? Da wird ja oft gar nicht (nur) beschrieben, worum es in der jeweiligen Sendung geht, sondern allerlei assoziatives Gedanken- und Gedichtgut zu den persönlichen Hintergründen der Sendungsgestalter (und Rinnen!) 🙂 verbreitet. Ganz abgesehen von der auch meist selbst angefertigten Bebilderung gibt es gelegentlich ganze Urwälder von weiter- und vielleicht sogar in die Irre führenden Links. Was soll denn das alles – steckt da etwa ein tieferer Sinn dahinter – und wenn ja, wie viele?

Beginnen wir mal mit dem Artarium-Blog, auf dem ihr euch soeben befindet: Den gibt es jetzt seit einem legendären Feedback-Workshop im April 2010 – und er versteht sich eben nicht nur als Programm-Ankünder oder als Sendungsverzeichnis, sondern als ein möglichst vielseitiger Einblick in das Leben und Schaffen der Radiomacher und ihrer Gäst_innen. Ein Versuch also, etwas mehr von dem darzustellen, was rund um die einzelnen Sendungen vor sich geht. Worüber wir nachdenken, was uns beschäftigt, wieso wir auf dieses oder jenes Thema kommen und natürlich auch – wer wir sind und wie es uns dabei geht. Auf jeden Fall wollen wir euch über das im Radio zu Hörende hinaus zu eigenen Ideen und Phantasien anstiften und euch so auch immer wieder ein wenig in unsere Welt verführen.

Als eine Art „Faustregel“ könnte man es so ausdrücken: Der jeweilige Artikel ist erstmal eine Ansage und eine Einladung, sich mit dem Thema der entsprechenden Sendung auseinander zu setzen. Ein Artikel kann sowohl vorab als Aperitif zur Einstimmung wie auch hintnach als Digestif zur Abrundung der Hörmahlzeit eingenommen werden. Er kann sogar (ohne Sendung) für sich selbst stehen, das sollte allerdings eher die Ausnahme sein. Im Falle völlig überraschender Wirkungen fragen Sie halt ihren Arzt oder Radiotheker!

Etwas mehr ins Atmosphärische und Emotional-Literarische geht es im Nachtfahrt-Perlentaucher-Blog, denn da wollen wir euch auf eine jeweils mehrstündige musikalische Seelenreise mit ausgewählten Spoken-Word-Beiträgen und live gelesenen eigenen Texten vorbereiten. Und uns selbst eben auch, weil der endgültige Ablauf dieser monatlichen Nachtsendungen nie von vorn herein fest steht, sondern sich aus dem beschreibenden Erleben unserer entsprechenden Gefühlswelten nach und nach entwickelt und sich dann letztendlich spontan gestaltet. Und indem wir euch auf solche Expeditionsreisen in unsere Text- und Themenlandschaften einladen und mitnehmen, teilen wir mit euch gern etwas davon, wie sie in uns zustande kommen. Teilen wir uns euch also auch schriftlich mit…

In dieser Sendung werden nunmehr einige dieser Artikel/Texte aus unseren beiden Blogs zur Vorlesung gelangen, um wieder Lust aufs Herumstöbern und Nachhören/Lesen zu machen – aber auch um etwas von der Geschichte des „etwas anderen Kunnst-Biotops“ zu erzählen. Und das ist schließlich auch ein Teil der Geschichte der freien Radios, wo Menschen nicht nur kreativ und selbstbestimmt etwas Eigenes produzieren – sondern auch darstellen und reflektieren können, wer sie in der Welt sind. Schon ein geiles Institut!

Porcupine Tree – The Incident (Song Cycle)

ACHTUNG ÜBERLÄNGE ! – Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 15. Januar Diesmal präsentieren wir den kompletten 14-teiligen Songzyklus „The Incident“ von Porcupine Tree – und beginnen daher bereits um PUNKT 17:00 UHR. Kaum zu glauben, aber erstmals in der nun schon fast 5-jährigen Geschichte der Sendung ENTFALLEN dadurch die BBC WORLD NEWS. Hallo! Da wird der gute Peter.W. aber Ohren machen: 😉 Und auch unsere Sendungs-Übernahme-Partner werden diesmal mit 59:30 Minuten rechnen müssen, wenn sie die Schlussnummer dieses opulenten Konzeptalbums nicht opfern wollen. Aber davon möchten wir im Namen vieler Prog-Rock-Feinschmecker dringend abraten.

Der musikverzückte Autodidakt und Hans Dampf an allen nur erdenklichen Instrumenten Steven Wilson erfand einst als 20-jähriger spaßeshalber die recht schräge Biografie der damals noch fiktiven Band „Porcupine Tree“, um das mit einem Freund gemeinsam zuhause produzierte Songmaterial leichter unter die Leute zu bringen. Und höre da – das 10. Studioalbum dieser seit nunmehr bald 25 Jahren real existierenden Band hat es (aber hallo) ganz schön ordentlich in sich: Progressive und Psychedelic Rock, Progressive Metal, Alternative, Post-Rock und Experimental Music sind nur einige der möglichen stilistischen Zuschreibungen, die dieses Projekt für einen sehr weit gespannten Hörerkreis interessant macht. Für mich sind es die immer wieder über Genregrenzen hinweg stattfindende Entwicklungs- und Wandlungsfähigkeit, welche Wilsons diverse Bandprojekte (unter anderem Blackfield mit Aviv Geffen) als ebenso erlebenswert wie inspirierend auszeichnen – sowie ganz speziell bei Porcupine Tree die meisterhaft interpretierten Pink Floyd Zitate, die sich so anfühlen, als wären die Herren Barret, Waters, Gilmour & Co Anfang der 70er einmal ganz wo anders abgebogen und hätten seither einfach weiterhin gemeinsam Musik gemacht. Das ist dann schon mehr als sehr speziell…

Weitere Sendungen aus unserer Reihe „Das ganze Album“ gibts hier im Überblick.

-> …und…

-> ACHTUNG UMLEITUNG ->

Perlentaucher-Nachtfahrt am Freitag, 13. Januar von 22:00 bis 01:00 Uhr zum Thema Ambivalenz:

Eine Einstimmung zu unserer Musik- und Spoken-Word Sendung ist hier zu lesen: Beidseitig, gleichzeitig, zweischneidig…

Höchst zwiespältig – gut zu hören.

 

NOFX RELOADED (Cokie the Clown 2.0)

Download/Podcast: Artarium vom Sonntag, 8. Januar – Was soll man denn nun von einem fast 45-jährigen Musiker und Labelchef halten, der spät nachts lachend in eine Tequilaflasche brunzt und anschließend eine dermaßen abgefahrene Solo-Performance zelebriert wie Fat Mike von NOFX? Wobei er Bühnengästen und Publikum dann auch noch Drinks vom nämlichen Tequila verabreicht – und dann die auf Video dokumentierte Piss-Aktion live vorführt? Wir finden – sehr viel! Denn selten seit den 80ern war Punk so pointiert wie 2010 beim SXSW Festival in Austin, Texas – und selten wurde aus berufenem Schwanz – äh – Mund ein derart profundes Statement zur Musikindustrie – ähm – abgesondert…

In diesem Sinne – Prost! Und gleich auch noch unsere glücklichsten Herzwünsche zum demnächst wirklich drohenden 45. Geburtstag, Cokie the Clown! Mit solch einem Überlebenshumor besteht echt die Gefahr, dass du uns noch einmal 45 Jahre den Schädel knetest und das Gehirn ausputzt.

By the way – wir bedanken uns artig grinsend bei Pinpoint Music für den feinen Bericht von der Cokie-Performance und die entsprechende Fotostrecke. 🙂 Lohnt sich auf jeden Fall zu lesen – ebenso wie dieses nüchterne Hintergrund-Gespräch mit Fat Mike ein Jahr nach dem „Skandal“ – das war doch bitte bester Aktionismus! Haut rein, auch wenn euer Englisch nicht gerade uptempo daher kommt – jetzt nach den wein- und weihrauchschwangeren Weihnachtsferien. Prost Neujahr also nochmal von uns – mit einer für heuer durchaus prototypisch gemeinten Sendung:

Denn das Wesentliche an Fat Mike’s punk-atypischer Performance war ja nicht die medial skandalisierte Brunzflaschlerei, sondern die von ihm nachgerade legendär vorgetragene Emo-Explosion aus erlebten Geschichten und schrägen Versionen bekannter NOFX Songs. Ein echter Abgrund!

Das war doch die Essenz des Punk – bevor er zur merkantilen Pose verkam: Unverstellteste Aufrichtigkeit gepaart mit einer gehörigen Portion Scheiß-dir-nix und einem bewundernswerten Mut zur eigenen Lächerlichkeit – auch und gerade im Angesicht der besoffenen Wertvorstellungen des „Entertain-us-Publikums“. Wenn Fat Mike gegen die johlen wollende Meute in leisen Tönen an-erzählt, wie er und Eric Melvin als 16, 17-jährige bei einem Punkkonzert die Hilfeschreie eines vergewaltigt werdenden Mädchens ignorieren und mittels Musik verdrängen, weil sie von einem der Täter bedroht werden, dann kehrt die Ambivalenz des traurigen Clowns mit unhörbarem Krachen in unsere Herzen zurück – verschreckt, verwirrt und verzweifelt.

Auch das Outro von The Decline erzeugt plötzlich eine andere Betroffenheit: Wir alle werden tagtäglich gefickt von inhumaner Machtausübung und Gewaltanwendung, von verlogenen Ideologien, wirren Sozialsystemen und einer zutiefst destruktiven Weltwirtschaft. Scheiße!

Und die Moral von der Geschicht? Die Sendung zur Story (Abgründe aushalten und selbst weiter denken!) – Der Graffitikünstler (und selbst Musiker) Leo Tischendorf sowie die emoreale Konzeptextase Norbert K.Hund spielen prototypische und ungewohntere Tracks von NOFX und versuchen sich dabei rotzspontan an der Philosophie dieser konsequent independent gebliebenen Punkband zwischen Selbstdarstellung und Sozialkritik. Abschließend bitten wir zum gemeinsamen Gehör-Genuss von The Decline, dem gut 18-minütigen Opus Magnum dieses ebenso faszinierenden wie verstörenden Kunnst-Kollektivs mit politischen D.I.Y. Ambitionen. NOFX – Da hilft weder Arzt noch Apotheker!

 

Schluss mit Textase

Podcast/Download: DAS LETZTE ARTARIUM (des heurigen Jahres) vom 25. Dezember: Christopher Schmall und Norbert K.Hund zelebrieren die etwas andere Weihnachtsfeier der Perlentaucher – mit stimmungsvoller Musik und schrägen Textbeiträgen – in Gestalt einer spontanen Nachtfahrt-Miniaturausgabe. Allerdings wollen wir nach nunmehr gut einem Jahr ersprießlicher Zusammenarbeit endlich einige inhaltliche Schwerpunkte der Artarium-Reihe neu bestimmen. Also feiern wir diesmal auch Abschied – und brechen zugleich wieder auf zu neuen Ufern. Natürlich, wie immer: Das Leben!

Was soll denn nun eigentlich so dramatisch neu werden? Müsst ihr euch in Zukunft gar vor uns fürchten? Aber ja doch, aufs Angenehmste! Denn der Meister des aushängigen Empfindens und der diplomierte Fettnäpfchentreter werden forthin genau das tun, was sie am besten können: Alle Themen noch mehr im eigenen Erleben spiegeln.

Aber sind wir nicht ohnehin genau dafür bekannt, dass wir unsere Sendungen sehr subjektiv und emotional gestalten? Ja, schon – aber trotz all der atmosphärischen Individualität, die wir dieses Jahr vor allem in den Nachtfahrt-Perlentaucher-Sendungen angewendet haben, berichten wir im Artarium immer noch viel zu sehr von Personen und ihren Produkten. Und was soll daran schlecht sein? Erstens, dass man diese Art von Magazin-Journalismus mit der Zeit von uns erwartet. Und zweitens, dass es keine kreative Herausforderung für uns bietet, in gewohnten Formen zu arbeiten, die es außerdem so ähnlich bereits x-mal in der Kultursparte gibt. Also werden wir die Gestaltung des etwas anderen Kunnst-Biotops mehr an unseren künstlerischen Interessen und unserer persönlichen Wesensart ausrichten…

Wir wollen also im kommenden Jahr weniger berichten, dafür aber mehr erzählen. Unsere Themen und Gäste sollen noch unmittelbarer mit unseren Innenwelten verbunden sein. Die Sendungen werden jedenfalls ein gemeinsames Erlebnis darstellen, auch in Form von Expeditionen und Experimenten. Und den Begriff „Kunnst“ im Sinn von Ausdruck, Möglichkeit und Überleben, den müssen wir noch viel weiter fassen. Schließlich geht es uns darum, unsere Eindrücke gemeinsam mit euch zu verdichten, so dass etwas für uns alle Inspirierendes dabei entsteht. Nennt es, wie ihr wollt, am besten aber gar nicht!

Auf jeden Fall FROHE FEIERTAGE und EIN GUTES NEUES JAHR! Wir sind ein geiles Institut. Und wir haben noch lange nicht genug.  😀  Bitte. Danke.

 

Soundtrack Double Feature

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 18. Dezember (Stunde 2) sowie die ebenfalls gemeinsam produzierte Abschieds-Ausgabe von spot.sound (Stunde 1).

Artarium fusioniert also mit dem Sendungsteam von spot.sound zu einem 2-stündigen Filmmusik-Feature. Wir beleuchten mit unserem Studiogast Sascha Selke einige Besonderheiten der Anwendung von Musik in Filmen und vergleichen dabei Konventionelles und Experimentelles. Was macht dabei eigentlich den feinen Unterschied zwischen dem Empfinden von aufdringlicher Gefühlsmanipulation oder annehmlicher emotionaler Gesamtstimmung aus? Ein Ausflug ins Crossfade von Koinzidenz und Synchronizität…

Zur Einstimmung bitte Bild anklicken 😉

Nachdem wir nun eh einmal im Monat mit dem sympathischen Syndikat von spot.sound zeitlich zusammentreffen und Sascha, selbst auch Soundtrack-Composer, bereits in unseren beiden Sendungen zu Gast war, versuchen wir jetzt etwas uns allen Gemeinsames zu entwickeln.

Also sprach die Frau Professor: „So gehet nun hin und gebet einander Feedback.“ Oder, wie ich das eigentlich lieber handhabe, nach einem Zitat aus Doktor Murkes gesammeltes Schweigen von Heinrich Böll: „Verfeature du mich, dann verfeature ich dich.“ (Hatten wir auch schon als Sendung – Hörspiel mit Axel Corti) Jedenfalls machen wir es diesmal so, dass wir vom Artarium als neugierige Zaungäste der Sendung spot.sound beiwohnen, einige Fragen zu Entstehung und Hintergrund aufwerfen und uns gegen Ende dann auch thematisch einbringen werden. Und vice versa werden nach den 17 Uhr Nachrichten auch die lieben Kolleg_innen etwas über unser Format erfahren wollen und ebenfalls mit ihren Beiträgen in den Schwerpunkt unserer Sendung einsteigen:

Innovative Filmmusik-Kompositionen – von Serge Gainsbourg (Requiem pour un con/Le Pacha) über Pink Floyd (Zabriskie Point) und Tom Tykwer/Reinhold Heil (Lola rennt) bis zu Peter Gabriel: Mit seinen höchst eigenwilligen Soundtracks zu so unterschiedlichen Filmen wie Birdy (Alan Parker), Die letzte Versuchung Christi (Martin Scorsese) oder Long Walk Home (Phillip Noyce) setzt er bis heute gültige Maßstäbe. Mit ihm schließt sich denn auch der Kreis der kooperativen Assoziationen: Bei der Vorstellung seines neuen Albums „New Blood“ im Artarium konzipierten wir spontan diese „Überblendung“ zweier Kunst/Kultursendungen. Und dabei war Saschas Fairlight-Anekdote der Katalysator, die muss er uns auch live erzählen!

Die vorletzte Sendung des heurigen Jahres also – am 25. Dezember gibts dann noch eine kleine, feine Live-Textase von Chriss und mir, zu Weihnachten und zum Jahresbeschluss und – zum Wohlsein! Ihr Lieben, besuchet auch fürderhin getreulich unseren Artarium-Blog – bald haben wir nämlich eine Viertelmillion Besucher erreicht – dafür jetzt schon ein ganz dickes Danke! Und frohe Festtage, wie auch immer 🙂 ACHTUNG: Dieser Artikel enthält genau 24 Links und kann somit auch als Adventkalender zweckentfremdet werden.

Das Geile Institut – An alle Schafe

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 11. Dezember präsentiert das wunderbar abgründige Erstlingswerk „An alle Schafe“ der leider, leider nicht mehr aktiven Salzburger Ausnahme-Combo „Das Geile Institut“. Richtig gehört, von deren Bandnamen und Station-ID haben wir auch das legendäre Audio-Statement „Wir sind ein geiles Institut“ geklaut, das wir Ja, Panik Sänger Andreas Spechtl spätnachts (oder war es frühmorgens?) jedenfalls listig und überfallsartig in den Mund gelegt haben und welches nunmehr seit einem Jahr fast in jeder Signation unserer Sendungen vorkommt – gleich neben den Nebenwirkungen vom Arzt oder Apotheker!

Dieses Album (dessen titelgebender Track immer wieder mal als Musik aus Salzburg gespielt wird) besticht durch hochkarätige Spielfreude und profundes instrumentales Können seiner Mitwirkenden. Allerdings erschöpft sich seine Qualität längst nicht in allerlei unterhaltsamen Stilzitaten und liebevoll ausprob-duzierten Arrangements – nein, es springt uns da auch ein durchgängig spannendes künstlerisch-inhaltliches Gesamtkonzept entgegen, so hintersinnig, surreal und aberwitzig, dass es im Zusammenwirken mit den wahrlich hervorragenden Texten von Sänger und Gitarrist HC jede Menge Kunst in den Köpfen der Hörerschaft verursacht. Wissenschaftlich erklärt werden kann dieses Phänomen letztendlich zwar nicht, aber das ist ja auch ganz gut so. Wer will schon Moleküle zählen und Statistiken auswerten während er sein Bewusstsein erweitert? Die einzelnen Songs tragen Titel wie „Grasvulkan“, „Ich kann fliegen“, Wirklichkeit“ oder „Voll daneben“ – und die Bandphilosophie wurde schon mit folgenden Worten beschrieben: warum geil? – weil es uns so gut tut! —– müssen alle Menschen geil sein? – ja.

WEITERE WETTERWARNUNG FÜR DEN GEHÖRGAU:

Die PERLENTAUCHER-NACHTFAHRT am Freitag, 9. Dezember von 22:00 bis 02:00 Uhr: Sonderausgabe „EIN SALZBURGER ADVENTSINGEN 2.0“

Vier Stunden Text und Musik, dem Adventsingen im Ablauf nachempfunden und dessen Themen lustvoll und kritisch hintertreibend: Dazu die Gedanken vom Chriss und des Norberts Konzept vom Nachtfahrt-Blog. Ein Jahr arbeiten wir nun schon zusammen und – wie es Klaus Kinski als Jesus einst sagte: Wir wollen die Liebe in eure Herzen werfen!

Die Aufzeichnung der letzten 2 1/2 Stunden dieser Live-Sondersendung gibts jetzt doch noch als Podcast/Download hier.

Deine Freiheit, meine Freiheit?

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 27. November – Chriss begeht seinen 18. Geburtstag und darf sich dann sogleich zur Feier dieser Amtserwachsenheit zu einer grotesken staatlichen Stellung verrenken, während zur selben Zeit unser aller begnadeter Denk-Anstifter Thomas Oberender vom Bürgermeister das goldene Stadtsiegel verliehen bekommt. Norbert hingegen eröffnet seine 5. Radio-Saison als „das etwas andere Kunnst-Biotop“ und wollte diesen erfreulichen Zustand doch mit gebotener Zufriedenheit zelebrieren. „Vier Jahreszeichen Live“ wäre der Sendungstitel gewesen – doch da ereilt uns plötzlich eine Todesnachricht nach der anderen. Wie passt das alles zusammen – noch dazu am ersten Advent? Ganz und gar wunderbar, finden wir…

Georg Kreisler, der eigensinnige Altmeister des schwarzen Humors und der anarchischen Groteske mit politischem Anspruch ist diese Woche 89-jährig in Salzburg verstorben. Noch im August konnte ihn Thomas Oberender zur Teilnahme an einem Podiumsgespräch zum kapitalismuskritischen Faust-Projekt verführen. Dort räsonierte der große Grantige zum letzten Mal – einigermaßen resigniert – über die von ihm festgestellte Bedudelung und Eingelulltheit potentiell revolutionärer Massen. Im Besonderen ging es bei diesem radikalen Rückblick des Alters auch um (s)ein mögliches Vermächtnis an die Jugend.

Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an einige – leider vergeblich gebliebene – Versuche, diesen überaus lebenserfahrenen Heimatlosen mit seinem grandiosen Anekdotengepäck zu einem Livegespräch, einer Erzählstunde oder einem Interview mit gesellschaftskritischen Jugendlichen zu bewegen. Er hätte so viel zu sagen gehabt von der Flucht vor den Nazis als 15-jähriger über die Arbeit mit Charly Chaplin in Hollywood oder seine Verhöre von Göring und Streicher beim Nürnberger Prozess bis hin zur nie wieder erlangten österreichischen Staatsbürgerschaft und seiner anarchistischen Ablehnung des „Staates“ an sich. Wie gerne hätte ich ihn jene bizarre Episode – als Paradebeispiel jüdischen Überlebenshumors erzählen gehört: Kreisler fiel die Aufgabe zu, Julius Streicher, den Chef der antisemitischen Hetzschrift „Der Stürmer“ zu verhören. Streicher bedankte sich am Ende bei ihm: „Sie waren ja nett zu mir. Aber die Juden haben mir sehr zugesetzt.“ Kreisler darauf: „Na, vielleicht haben Sie angefangen.“

Die zweite Todesmeldung: Kubus 1024 – das geniale Kulturhaus-Projekt im Lungau – wurde im Gemeinderat Tamsweg mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ endgültig umgebracht. Gerüchten zufolge soll Bürgermeister Walter Ulbrichtpardon, Alois Lankmayer statt dessen um Subventionen zum Bau einer Mauer angesucht haben.

Dieser antifortschrittliche Schutzwall soll entlang der Geschmacksgrenze um den gesamten Lungau herum errichtet werden, um den einzigen Volksmusikantenstaat auf deutschem – pardon, österreichischem Boden vor dem verderblichen Einfluss engagierten Denkens, innovativen Gestaltens und  kreativen Mitbestimmens zu schützen. Um jeglichen kontrakonservativen Umsturzversuch bereits im Ansatz hintan zu halten, soll die Lungauer Zonengrenze mit den modernsten Gesinnungsdedektoren und Kopfschussanlagen aufgerüstet und von eigens dafür abgerichteten Hornochsen und Kampfkühen kontrolliert werden. Alles, was nicht genauso schwatzblau – pardon, schwarzbraun ist wie die Faselnuss und die anderen Heinodien der Vervolkskultur, wird hinfort wieder in bester Landestradition enteignet und exiliert wie einst schon die Protestierer – pardon, Protestanten.

Womit wir in bester satirischer Tradition schon wieder bei Georg Kreisler gelandet wären, der sein Erfolgsrezept wie folgt formulierte: „Das Rezept ist ganz einfach. Man nehme ein an und für sich grausiges Ereignis und übertreibe es maßlos, so daß es seinen Schrecken verliert und grotesk wird, dann kann man noch eine Musik dazu schreiben, die gar nicht dazu passt und schon ist das Lied fertig.“ Unser diesbezüglicher Textvorschlag für eine neue Lungauer Landeshymne wäre somit (in Anlehnung ans dann wohl wieder üblich werdende Sprachniveau von Heimat, Heino und HJ) folgender:

Holdrio, duwiduwidi, holdria.
Holdria duwiduwidi.
Holdrio, duwiduwidi, holdria.
Holdria duwiduwidi.

Wir jedoch spielen mit gutem Grund Querschläger, Georg Kreisler, Erben der Scherben. Und – wo lassen sie sich eigentlich empören?

Psychedelische Pilzgeschichten

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 20. November widmet sich diesmal einigen Eigenarten der betrüblicherweise allzu oft übersehenen, allerdings neben Tieren und Pflanzen eigenständigen Lebensform verschiedener Pilze (Fungi) sowie ihren möglichen künstlerischen Anwendungen. Und wir meinen nicht bloß die sprachassoziative Potenz deutscher Pilznamen wie etwa Behangener Düngerling oder Ockergelber Scheidenwulstling. Kein Schelm, wer bei Herrenpilz oder Eierschwammerl an den Besuch beim Hautarzt denkt! Kulturgeschichtlich gäbe es allerdings auch kein Bier ohne Hefe(pilz) und wohl auch keine Graffiti-Schriften ohne Magic Mushrooms.

Ich entsinne mich seit meinen ersten Begegnungen mit psychedelischer Musik (Pink Floyd) und bewusstseinserweiternder Literatur (Hermann Hesse) an die phantasieanregenden Auswirkungen jeglicher Grenzen überschreitender Kunstausübung. Was sich die surrealistischen Maler und Filmemacher von Salvador Dalí bis zu den Wachowski-Brüdern so alles reingezogen haben, darin wollen wir jetzt gar nicht weiter umrühren. Auch die Legende, irgendwer hätte einen letzten Rest von J. R. R. Tolkiens Rauchzeug gefunden, hält sich sympathisch hartnäckig. Es scheint jedenfalls ein gewisser Zusammenhang zwischen aushängigen Seinszuständen und bunten Bildern mit tanzenden Buchstaben ins Auge zu fallen.

Die Idee zu dieser Verknüpfung von Pilzmetaphern, Graffitikunst, psychotroper Musik und angewandter Überlebenstechnik entstand bereits im vergangenen Winter, als auf Salzburger Wänden immer öfter das Motiv eigenartiger Pilze auftauchte und ich mit ihrem Schöpfer Flo Schaubmaier in dem Zusammenhang über Psychedelic Art und ihren Einfluss auf unsere Wahrnehmung diskutierte. So beschlossen wir endlich, unsere diesbezüglichen psychomyzelischen Phantasien zusammen zu tragen und in einer Radiosendung hörbar zu machen. Und glaubt bloß nicht, dass wir euch jetzt auch noch das dauerwaache Seelenheil aus dem Head-Bang-Shop der Konsumwichtelkiffer verkündigen. Viel wichtiger ist uns die wirkliche Veränderung der Wirklichkeit.

Kunst kann nämlich viel mehr, als die herrschenden Verhältnisse wohlfeil zu behübschen und für pralle Kassen bei den Zuhältern der Macht zu sorgen. Deshalb schreiben wir Kunnst ja auch mit zwei N – kunnst dir das vorstellen? Wenn nämlich die menschliche Fähigkeit erlahmt, sich etwas anderes auszumalen und auszudenken, als das, was ohnehin allüberall tagtäglich vorgekaut stattfindet, dann wird auch nie etwas anderes passieren als das Bisherige – also der Sparefroh wird Präsident, Griechenland wird auf eBay verkauft und wir können alle heim gehen…

Zwischenzeitlich gibts noch eine ganze Menge an Inspiration für Schriftarten, Styles, Plakat- und Wandgestaltung aus dem schier unerschöpflichen Fundus des Filmore Auditorium in San Francisco. Guten Appetit – und bloß keine Lackdose-Intoleranz! 😉