Beim Grübeln über den Umgang mit der deutschen Geschichte, insbesondere der NS-Geschichte, landet man schnell bei den allgemeinen Auffassungen der Erinnerung und des Gedenkens. Erinnerung schreibt uns schon im Begriff die emotionale Komponente mit vor. Gedenken hingegen wird im öffentlichen Bewusstsein als Staatsangelenheit wahrgenommen. Die Begriffe und ihre Auslegung dienen der eigenen deutschen Identitätsstiftung.
Archiv des Autors: radiocorax
Stolpersteine – eine problematische Form des Opfergedenkens
Gunter Demnigs Stolpersteine haben in den vergangenen Jahren einen regelrechten Begeisterungstaumel bei Befürwortern der Gedenkform ausgelöst. Die Art und Weise, wie das Projekt durch Demnig selbst und durch Geschichtsvereine und Privatpersonen möglichst öffentlichkeitswirksam vermarktet wird, kann als Ausdruck jener brachialen Gedenk- und Erinnerungskultur angesehen werden, die in gewisser Weise typisch für die BRD ist. Die Erfolgsmarke Stolpersteine und deren Befürworter zeigen sich resistent gegenüber öffentlich geäußerter Kritik. Dabei haben vor allem Akteure der Gedenkarbeit und VertreterInnen von Verfolgtengruppen eine distanzierte und ambivalente Haltung zu den Stolpersteinen.
Hörstolperstein für Luise und Eduard David Einschlag aus Leipzig
Luise und Eduard David Einschlag wohnten in Leipzig im sogenannten „Märchenhaus“ im Leipziger Zentrum, einem Künstlerhaus in der Thomasiusstraße 28. Wie so viele Leipziger Juden polnischer Staatsangehörigkeit, wurden die Einschlags am 28.10.1938 abgeschoben. Eduard David Einschlag und Luise Victoria Einschlag sind in Treblinka ermordet worden. Weiterlesen
Hörstolperstein für Bertha Bacher aus Halle (Saale)
Bertha Bacher lebte in der Richard-Wagner-Str. 11 in Halle (Saale). Im Mai 1941 wurde sie in das sogenannte „Jüdische Alters- und Siechenheim“ gebracht, welches sich auf dem Grundstück des heutigen jüdischen Friedhofs in der Dessauer Straße in Halle befand. Für ihre Unterbringung mussten sie fast ihr ganzes Vermögen auf das „Sonderkonto H“ einzahlen. Im September 1942 wurde sie gemeinsam mit 72 weiteren jüdischen Heimbewohner_innen nach Theresienstadt deportiert und starb dort am 12. Januar 1943. Ihre ehemalige Hausmitwohnerin Ursula Schröder, die damals 6 Jahre alt war, spricht über ihre Erinnerungen an Bertha Bacher.
Bertha Bacher aus Halle (Saale)
Ein Hörstolperstein von Sindy König (Radio Corax).
Hörstolperstein für Hans Litten
Der Rechtsanwalt, der 1931 im Gerichtssaal Adolf Hitler als Zeugen vernahm und versuchte die Terror-Strategie der NSDAP gegen linke und andere Antifaschist*innen zu beweisen, setzte seinem Leben am 5. Februar 1938 im Konzentrationslager Dachau, nach fast fünfjähriger Haft, selbst ein Ende.
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Sinti und Roma in Halle – ein Hörstolperstein
Die Schicksale der Sinti und Roma, die in Halle lebten und von dem nationalsozialistischen Regime getötet und deportiert wurden, sind bisher nur wenig erforscht. Das liegt nicht nur an einer generell niedrigeren Stellung in der offiziellen Gedenkordnung, sondern einfach auch an einer sehr schlechten Quellenlage. Nur, was müssen wir eigentlich von einer Person wissen, um uns an sie zu erinnern? Reicht tatsächlich nur ein Name?
Ohne eine konkrete Lebensgeschichte zu erzählen, skizziert dieser Hörstolperstein die Chronologie der Entrechtung und Vernichtung, stellvertretend für alle Opfer der Sinti und Roma, deren genaueres Schicksal unbekannt ist. Gegen die Vergessenheit treten die Namen derjenigen, die keine Zeit bekommen haben, um eine Biographie leben zu können.
Ein Hörstolperstein von Mariya Petrova (Radio Corax).
Odyssee durch Europa – Das Schicksal der Familie Schwab aus Halle. Ein Hörstolperstein.
Volkhard Winkelmann erzählt die bewegende Geschichte der Familie von Fritz Schwab aus Halle an der Saale. Slata, Fritz Schwab und die Töchter Margit, Edith und Liliane emigrierten getrennt und auf verschiedenen Wegen, um sich vor dem Zugriff der SS in Sicherheit zu bringen. Weil die Familie nicht zu den Wohlhabenderen gehörte, konnte sie der Auslöschung nicht entkommen. Vor dem Haus in der Rannischen Strasse 1 in Halle erinnern 5 Stolpersteine an das Schicksal dieser jüdischen Familie.
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Hörstolperstein für Gotha – Flucht oder Deportation aus der Provinz
Im Januar 1933 waren es 500: Zwölf Jahre später lebte kein Jude, keine Jüdin, mehr in der thüringischen Stadt Gotha. Dabei führten gerade die lokalen antisemitischen Kampagnen dazu, dass sich der überwiegende Teil der jüdischen Bürger der Provinzstadt frühzeitig ins Exil flüchtete. Doch nicht alle entkamen dem industriellen Massenmord der Deutschen. Weiterlesen
Hörstolperstein für den Pfarrer Ernst Lewek aus Leipzig
Ernst Lewek war 3. Pfarrer der Nikolaikirche in Leipzig, als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kam. Wegen seines jüdischen Vaters, fiel er als „Mischling ersten Grades“ unter die Nürnberger Rassegesetze, weswegen er mehrfach von seiner Pfarrstelle suspendiert und in verschiedene Gefangenenlager inhaftiert wurde. Am Schicksal von Ernst Lewek lassen sich einerseits die Auswirkungen der Nürnberger Rassegesetze auf Menschen mit einem jüdischen Elternteil aufzeigen. Andererseits ist es ein Zeugnis des Umgangs der evangelischen Kirche mit dem zunehmenden staatlichen Einfluss der Nationalsozialisten und des daraus resultierenden Kirchenkampfes zwischen nationalsozialistischen „Deutschen Christen“ und „Bekennender Kirche“ / „Pfarrernotbund“.
Sänger von Liedern, die kein anderer kannte. Hörstolperstein für Yedidia Geminder aus Halle (Saale)
Menschenleben wurden zerstört, Menschen wurden ermordet und am Ende gab es nur noch Zahlen. Ist das wirklich alles, was wir von ihnen erinnern wollen?
Yedidia Geminder, geboren am 21. Februar 1891, lebte mit seiner Familie zwischen 1930 und 1938 im Mühlweg 36 in Halle an der Saale. Als er 51 Jahre alt war, wurde er von den Deutschen in einem polnischen Arbeitslager ermordet. Weiterlesen