Aus der Mitte

Artarium am Sonntag, 28. 7. um 17:06 Uhr – Es gab da einmal einen Film, dessen Titel “Aus der Mitte entspringt ein Fluss” mich immer wieder auf spielerische Weise zur sprachlichen Veränderung seiner Wirklichkeit einlädt. So kann er etwa “Aus der Bitte entspringt ein Muss” heißen (das wäre psychologisch) oder aber “Aus der Miete entspringt ein Plus” (das ist kapitalistisch) oder sogar “Aus der Titte entspringt ein Fuß” (was immer das bedeuten mag). Nichtsdestodoch ist übrigens auch ein schönes Wort und für eine Sendung voller Fußnoten genauso geeignet wie Vatermutterkind. Aus der Mitte des sich Verbindens von zwei Chromosomensätzen zu einer neuen Partitur des Lebens entspringt die Einsicht, dass das damals gut war. Jedenfalls gut genug, denn sonst würde es uns vollkommen noch nie zuvor Dagewesene ja nicht geben …

Aus der MitteJe älter ich werde, desto mehr denke ich auch darüber nach, warum mir das meiste, was sich da unter dem Label “Hip-Hop” zusammendrängt, so dermaßen auf die Nerven geht. Und warum es auch immer wieder Darreichende dieses Genres gibt, die mich nachgerade entzücken. Es hat wohl damit zu tun, wie sie sich anfühlen. Also ob da jemand zum hundertzigsten Mal stereotyp “Ich bin großartig und ihr seids Opfer” ins Mikrodrom brunzt, um so seine Zielgruppe abzukassierenoder ob da ein nachvollziehbarer Mensch etwas aus seinem echten Gefühlsleben vorstellt, so dass es mich zum Nachspüren und Weiterdenken inspiriert. Tatsächlich gibt es einen ebenso feinen wie gewaltigen Unterschied zwischen Pose und Poesie. Am besten lässt sich der mit einem Beispiel vermitteln: der Schriftsteller und Sänger Gaël Faye (geboren in Burundi) reflektiert in seinem Lied Métis die höchst kontroversen Gefühle eines in Frankreich aufwachsenden “Mischlings” mit europäischem Vater und afrikanischer Mutter. Er berichtet aus der Mitte zwischen diesen beiden Herkünften über seine Suche nach seiner Identität.

Außer dieser Fußnote zum Hip-Hop-Genre gäbe es da noch eine zu meinem jüngsten Besuch bei den Kollegen von Battle & Hum, bei deren 15jähriger Jubiläumssendung mir eine gewisse Wehmutslastigkeit aufgefallen war. Nun, was soll ich sagen, Trauer tut weh – und trauern tut gut. Vielleicht kann der “Sonic Youth Song” unseres lieben Freundes Martin Konvicka hierzu einen tröstlichen Reim erzeugen. Apropos zeugen, eine Fußnote zur amerikanischen Präsidentschaftswahl von Chad Urmston hätten wir auch noch anzubringen: Wie geht das dort jetzt weiter mit dem Recht auf Abtreibung?

Und eine Footnote to HOWL von Allen Ginsberg in der Interpretation von Patti Smith als Einladung zu unserer nächsten Nachtfahrt am 9. August um 22:06 Uhr, die einen sehr zu den inneren wie auch äußeren Zuständen dieser Zeit passenden Titel trägt, nämlich “In Between Days”. Und in der dem entsprechend auch The Cure eine nicht unwesentliche Rolle spielen werden, zumal die außergewöhnliche Coverversion von “Pictures Of You” der Sängerin und Bariton-Ukulelistin “Rio en Medio”, was ja soviel bedeutet wie “der Fluss im Zwischen”. Womit sich auch der Themenkreis schließt …

Ab durch die Mitte

 

Battle&Hum Jubeläum

Liebe Battlemaniacs,

wir werden tatsächlich 15 Jahre alt und wir haben noch immer keine Haare am Sack.

Zu diesem festlichem Anlass laden wir zu einem „Talk in“ mit Wegbegleiter*innen. Wir haben Freunde dabei!

Am kommenden Samstag (20.07.2024) crashen wir unsere eigene Sendung, zwei Stunden live und natürlich haben wir auch oberaffengeile Mucke dabei!

 

 

 

Der General

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 21. Juli – Unlängst hat der Hase einen recht bemerkenswerten Song ausgegraben, der ihm in seiner Jugendzeit begegnet ist und der ihn damals in vielerlei Hinsicht beschäftigt hat. Es handelt sich um einen Klassiker aus den 90er Jahren, “The General” von Dispatch, der in beeindruckender Sprache davon erzählt, wie ein hochdekorierter Heerführer aufgrund eines intensiven Traums die bevorstehende Schlacht absagt und seine Soldaten nach Hause schickt. Dabei schließt er mit den Worten: “Go now, you are forgiven. Diese Geschichte hat mich wiederum tief bewegt, komme ich doch selbst aus einer kriegszerstörten Familie und sehne mich seit langem danach, endlich aus dem Krieg in mir entlassen zu werden. Vielleicht möcht ich auch mehr wie der General sein – und mir selbst verzeihen

Der GeneralDamit will ich darauf aufmerksam machen, dass die Geschichte, die da erzählt wird, einige Ebenen enthält, die weit über das Kriegsgeschehen ringsum in der Welt hinaus weisen in die innere Entwicklung einzelner Menschen und ihrer Einstellung zum Krieg an sich – und in sich und um uns herum. Denn wiewohl das Lied ursprünglich aus einer kritischen Auseinandersetzung mit den USA als einem kriegführendem Staatswesen (in der Zeit zwischen den beiden Irakkriegen) entstanden ist, berührt seine Botschaft auch noch wesentlich Allgemeingültigeres. Der, der die Macht hat, sieht im Traum “die Menschen auf der anderen Seite” und entscheidet sich dafür, “dass es keinen Wert hat und auch keinen Sinn ergibt, diesen Kampf auszutragen”. Wer aber hat die Macht, die Wirklichkeit zu verändern, wenn nicht jeder einzelne Mensch in seinem Leben, das untrennbar verknüpft ist mit dem Leben der anderen? Jeder Mensch wird den Krieg beenden, sobald er das Richtige träumt.

Das erscheint erst einmal unglaublich, zumal die immerfort auf uns einprasselnde Weltgewalt ganz andere Zustände in uns verursacht: Ohnmacht, Ausweglosigkeit, Resignation und ganz viel verstopfte Wut. Hoffen, trauern und lieben die Kinder denn ganz umsonst? Hier kann die symbolische Darstellung surrealer Traumbilder weiterhelfen, wie sie zum Beispiel in Antonello Vendittis genialem Video “In Questo Mondo Che Non Puoi Capire” stattfindet, das einerseits zwar resignierend “Sempre quella … sempre guerra” seufzt – andererseits aber den Tanz des Lebens feiert.

Einerseits, andererseits, beiderseits gleichzeitig, zwischen Zerrissenheit und dem Irrsinn Erlösung zertanzt sich das Leben im inneren Ringen nach einem Weg durch die Krise. Kommen wir also zu einem weiteren Kriegsberichterstatter seiner eigenen Seelenlandschaft, der diesen (uns wohl allen mehr oder weniger bekannten) inneren Zwiespalt wie kaum ein anderer textmusikalisch dargestellt hat. “Hi, Ren” heißt das entsprechende Video, das uns tief in die Abgründe des walisischen Künstlers blicken lässt – und uns zu einer neuen Begegnung mit unseren eigenen Dämonen ermutigt.

So. Und weil wir den real existierenden Scheißkrieg, den Putinrussland gegen die Ukraine führt, nach wie vor zum Kotzen finden, wollen wir hier zum Schluss abermals jenen “kyrillischen Vorhang” anheben, der uns von der russischen Sprache trennt. Chad Urmston von Dispatch hat nämlich in akribischer Arbeit den alten, aber (wie oben ausgeführt) zeitlosen und weit über seinen Anlass hinaus wirksamen Song “The General” auf Russisch übertragen und eingesungen. Daraus ergibt sich eine weitere sehr konkrete Bedeutungsebene, die wir euch auf keinen Fall vorenthalten wollen:

Жил да был ветеран генерал герой
Кладезь историй, человек золотой
О прошлых битвах он вёл рассказ
Победы и потери он видал не раз
На поле боя заслужил он славу и почёт
Увешен медалями, орденов не счёт
Он шрамы с поля скрыл бородой
Стоял он за солдат горой

Накануне важной битвы
Когда солдаты спят
Всё думал о смысле жизни и сам не мог уснуть
Он проснулся и рассказал о том, что увидел
И вышел медленно к ним

Все солдаты стояли в строю по струнке
Храбрые бойцы смотрели вперед
Утро было серым и они не знали, что будет
Пока генерал не сказал им идти домой

Он сказал: „Врага и во сне я видел
И я обнаружил — эта битва того не стоит
И я видел глаза матерей
И я не позволю, чтобы вы пошли за мной

Так
Почистить сапоги и разойтись!
Время вам нельзя убивать
Вы молоды, вам жить и жить

Почистить сапоги и разойтись!
Время вам нельзя убивать
Вы молоды, вам жить и жить
Идите, вас простили

Но солдаты стояли, оружие на взводе
От странной команды они растерялись
Генерал сказал: „Это мой долг, но больше ни шагу
Вы можете идти куда хотите“

Солдаты застыли, стояли не моргая
Пока один за другим они не разошлись
Старый генерал остался с эхом своих слов
Он приготовился к бою

Он сказал: „Врага и во сне я видел
И я обнаружил — эта битва того не стоит
И я видел глаза матерей
И я не позволю, чтобы вы пошли за мной

Так
Почистить сапоги и разойтись!
Время вам нельзя убивать
Вы молоды, вам жить и жить

Почистить сапоги и разойтись!
Время вам нельзя убивать
Вы молоды, вам жить и жить
Идите, вас простили

Идите, вас простили
Идите, вас простили
Идите, вас простили
Идите …

 

Poesie und Widerstand

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 12. Juli – Diese beiden Begriffe beschäftigen uns offensichtlich schon seit Anbeginn unserer gemeinsamen Radioarbeit. Sowohl Poesie als auch Widerstand treten immer wieder in den unterschiedlichsten Zusammenhängen hervor, sowohl im Artarium als auch bei den Perlentauchern. Die Suche nach ihrem Verhältnis zueinander bildet dabei einen roten Faden, der sich in den bisherigen Sendungen meist unter der Oberfläche verborgen hat. An ihm wollen wir jetzt einmal kräftig ziehen, um dieses “und” bewusster wahrzunehmen. Wir gehen der Frage nach, was Widerstand mit Poesie (und umgekehrt) zu tun hat – und ob und inwieweit widerständige Poesie oder auch poetischer Widerstand für eine bessere Welt geradezu not-wendig sind. Eine Expedition in die Abgründe der Kunnst

Poesie und Widerstand“Wer sich auf einen Weg macht, etwas zu erleben und sodann zu beschreiben, ist dabei immer allein unterwegs. Ins eigene Gefühl reisen, dort verweilen und die Eindrücke auf sich wirken lassen, sich selbst und vielleicht später auch anderen davon berichten – das ist ein Unterfangen außerhalb der Gesellschaft. Ein dichtender Mensch handelt als Individuum und widersteht so, in seinem poetischen Akt, jedem Versuch, ihn zum Teil einer bestimmten Gruppe zu machen. Wie auch immer diese Menschenmenge beschaffen sein, und wem auch immer sie dienen soll, der Wortbildjäger und -sammler seiner eigenen Innenwelt bleibt davon ausgenommen. Zumal er ja während dessen mit ganz etwas anderem beschäftigt ist, als mit dem, was da draußen rundherum vorgeht. Du musst dich erst von all dem trennen, was man von dir erwartet und was du glaubst, erfüllen zu müssen, um zu deinem ganz eigenen Gefühlseindruck – und daraus resultierend (hoffentlich) auch Ausdruck zu gelangen.

Poesie und WiderstandWelche Techniken wir dabei verwenden, uns auf diesen Weg zu machen, ist sicher von Mensch zu Mensch verschieden. Es kann die eine oder die andere sein oder auch eine Kombination aus vielen. Was immer uns dazu verhilft, allein und ungestört von jedem äußeren Einfluss die Bilder zu sehen und die Worte zu finden, die unser großes Verlangen stillen, uns einen Reim darauf zu machen, was wir erleben – und von dem wir nicht wissen, wie es zusammenhängt. Indem wir dies tun, sind wir Poesie. Im Widerstand gegen die Verallgemeinerungen von außen. Und im Widerstand gegen die Angst und die Unruhe und die Feigheit und die Bequemlichkeit in uns selbst. Widerstände, die zu überwinden wir dichten.” Diesen Gedankengang habe ich unter dem Eindruck eines Interviews von Klaus Kastberger im ORF-Kulturmontag entwickelt, das den Titel “Literatur als Rettung des Individuums” trägt. Nach meiner Erfahrung ist dieses “In sich gehen und dort etwas gestalten”, wie es eben im Kunst- und Kulturschaffen, aber auch in der Therapie und – above all – in der Liebe stattfindet, ein probates Mittel zur Korrektur des Ungleichgewichts zwischen individueller Ohnmacht und einer zunehmend dominanten Massenpsychose, die ihre Gewalt als Wahrheit ausgibt.

Poesie und WiderstandWenn ich mich auf den Weg zu mir selbst mache, dann wird mir das, was da draußen an Wahnsinn und Weltzerstörung vor sich geht, aber sowas von weit entfernt, dass ich es gar nicht mehr mitbekomme. Was in meinen Welten wesentlich ist, das bestimme ich allein. Und da gibt es mehr als genug, mit dem ich mich zu beschäftigen habe. Kinder wollen in Sicherheit gebracht werden, Ängste entsorgt und Hoffnungen formuliert, längst verschüttete Gefühle wollen wieder entdeckt, ernst genommen und ausgehalten werden, Knoten entwirrt und neue Möglichkeiten erfunden, ausprobiert, bei Gefallen eingeübt und verwendet. Worte wollen erlaubt, Namen gegeben und der Wirkung von nie zuvor angewandter Phantasie anvertraut werden. Der unendliche Kreativreaktor verwandelt die Trümmerlandschaften der Kinderseele und ihr Fragmentarium in einen Fundus. Für Gedichte. Für Gespräche. Für Gedankenstöße. Für mich. Für dich. Für die Welt. Für wirre Träume. Für frohes Aufwachen. Für alles. Für nichts.

Fürs Leben.

Für die Poesie.

 

Was geht ab auf Lampedusa

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 14. JuliLampedusa? Da war doch mal was. Ist das nicht die Insel mit den Flüchtlingen? Die Katastrophengeschichte von vor 10 Jahren? Das stets bei passender Gelegenheit wieder auftauchende Symbol für die Überforderung Europas mit “den unkontrolliert über uns herein brechenden Flüchtlingsströmen”? Der willkommene Anlass für jene politische Propaganda, die seit Jahren vom “Schutz der EU-Außengrenzen” vor sich hin trötet, während jedes Jahr wieder Tausende auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken. Lampedusa? Da war aber auch (und ist immer noch) etwas ganz anderes. Menschen, die sich inmitten der sonstigen Alltagssorgen auf einer entlegenen Insel um Menschlichkeit bemühen, die doch so selbstverständlich sein könnte, auch in gefühlsabgestumpften Zeiten

Lampedusa 1 Maggio 2015Wir spielen Teile des Albums “LAMPEDUSA 1 MAGGIO 2015”, das die verschiedensten Künstler und Musikgruppen vereint, die an jenem 1. Mai in einem Konzert die Gefühle der dort lebenden Einwohner und auch die Eindrücke der zunächst einmal geretteten Flüchtlinge als miteinander verbunden zur Aufführung brachten. Diese beiden Aspekte ein und derselben Wirklichkeit, die aus den jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln der Inselbewohner wie der Seenotopfer gespürt werden können, sind “die zwei Gesichter ein und desselben Janus”, wie es im Begleittext zum Album heißt. Eine Darstellung dieser zwei Seiten in ein und demselben Konzert, oft sogar in ein und demselben Musikstück, offenbart uns eine tiefe Verbundenheit zwischen allen Menschen, welche sich aus dem Leben auf dieser Erde begründet – und nicht aus dem Besitzanspruch eines Staatswesens. Wer einem Menschen die Hand reicht, ihn aus dem Wasser zieht um ihn so vor dem Ertrinken zu retten, dem (oder der) sind irgendwelche staatlichen Hoheitsansprüche in dem Moment gleichgültig. Es gilt das Notwendige. Das Unmittelbare. Jetzt und hier. Was in den Ämtern der Möchtigen auch verfügt wird – es verfängt nicht. Das Leben geht vor.

Zurück an Land, also auf der kleinen Insel, die näher bei Afrika als bei Italien liegt, fällt uns auf, wie viele verschiedene Einflüsse aus dem gesamten Mittelmeerraum sich hier zu einem ganz eigenen Klang- und Stimmungsbild verbunden haben. Dies wird auch durch die Auswahl der am Konzert/Album beteiligten Musikschaffenden deutlich. Und immer begegnen sich, dem Konzept der Darstellung folgend, sowohl europäisch-internationale Hörwelten/Stile als auch afrikanische, maghrebinische und orientalische Musiktraditionen. Es zeigt die Verbundenheit all dieser Welten.

Wie ein traumschweres Meer.

PS. Wir empfehlen den ausgezeichneten Dokumentarfilm “Lampedusa im Winter” von Jakob Brossmann, der ebenfalls das innere Erleben der Inselbewohner wie auch das der aus Seenot geretteten Bootsflüchtlinge als zwei Seiten derselben Wirklichkeit darstellt. Hier gibts ein ausführliches Interview mit dem Filmemacher.

 

lt91 – Physik auf Reisen

In den letzten Sendungen haben wir uns viel mit den Gefahren von Radioaktivität beschäftigt und die Bedrohung durch Radioaktivität, seien es Atombomben, Nuklear-Terrorismuss oder unsichere Atomkraftwerke stimmen ja ziemlich nachdenklich und …

So sollen in dieser Sendung, wie ja schon angekündigt, etwas erfreulichere Themen behandelt werden.

Und was eignet sich da besser als eine entspannte Reise mit dem Wohnmobil und auch hier werden Physik, Wissenschaft und Technik nicht fehlen.

Auf der sehr entschleunigten Reise, die ich mit meiner Frau Elke vor nunmehr 3 Wochen begonnen habe, habe ich neben den zahlreichen Eindrücken aus der Umwelt natürlich auch Eindrücke aufgesammelt, die sich auch für eine Wissenschaftssendung eignen.

Da entdeckte ich an der Universität Innsbruck ein ganz besonderes Ausstellungsstück, nämlich ein scheinbares Perpetuum Mobile – aber keine Angst, es bringt unsere derzeitigen Kenntnisse und Theorien der Physik nicht durcheinander.

Eine längere Regenphase mit wenig Sonnenschein stellte dann unsere Energieversorgung auf die Probe. Auch dazu gibt es Analysen, Hintergründe und praktische Tips zum Thema Energie-Autarkie.

Und last not least sind wir beim Suchen eine WOMO-Stellplatzes in der Nähe des Rheins in der Nähe von Philippsburg quasi über das stillgelegte Atomkraftwerk gestolpert. Auch dazu gibt es interessante Details in dieser Sendung.

Und in Karlsruhe, wo ich die Sendung beim freien Radio Querfunk produzieren konnte, gibt es eine REALLABOR-Woche mit interessanten Aspekten zu Wissenschaftskommunikation und der Zusammenarbeit von Wissenschaftler:innen mit Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.

Lange Tage, lange Stücke

Die langen Tage Ende Juni, Anfang Juli lassen zwar die eine Stunde Sendezeit nicht länger werden, inspirieren aber dazu auch mal wieder längere Stücke zu spielen – mit 12min Gamelan ist diesmal das längste Musikwerk hier zu hören. Auch Spain’s World of Blue wäre mit seinen 14 min hier mit dabei, aber es gingen sich nur knapp 8 min davon aus.

Weiters gabs zu hören Frank Zappa, John McLaughlin und Alan Tew.

Nachzuhören unter: https://cba.media/668921

Keine Fußballsendung

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 30. Juni – Wir wollten gerade jetzt, wo “da draußen” wieder einmal “die Europameisterschaft” ausgebrochen ist, absichtlich keine Fußballsendung machen. Oder zumindest eine Sendung mit dem Titel “Der Fußball ist tot. Zumal es gute Gründe gibt, die chauvinistische Unkultur, die solch penetrant umworbene Geldspektakel mit sich bringen, mit umfassender Abscheu zu quittieren. Ihr seht, uns lässt das Thema auch nicht kalt. Weshalb wir uns auf die Suche nach den schönen Seiten des Fußballs machen wollen und dabei hoffentlich etwas von jener Fußballkultur wieder entdecken, die uns selbst zu berühren und zu inspirieren vermag. Denn in der Leidenschaft, die mit dem Spiel verbunden ist, lebt eine ganze Gefühlswelt, die es vor den gefräßigen Allesverwertesten zu retten gilt.

Keine FußballsendungBeginnen wir folgerichtig mit den etwas leiseren Tönen. Da gibt es zum Beispiel zwei Jugendfreunde aus Norwegen, die als Kings Of Convenience” eins der schönsten Musikvideos geschaffen haben, in dem das Fußballspielen sich ganz natürlich im Feingefühl der Kunst bewegt: “Misread”. Es gibt sie also, die Freunde, die das Spiel mit dem Ball zu einer gemeinsamen Welt in friedlicher Verbundenheit verweben. Das möchte man auch den eigenen Kindern wünschen und da stimmt selbst Stephan Weidner, sonst Bassist der Böhsen Onkelz, ein eher gefühlvolleres “Lied für meinen Sohn” an. Ach ja, wenns ums Umarmen des Lebens geht und nicht ums Auslachen, Verächtlichmachen und noch schlimmer Feindseliges, dann schau ja auch ich gern den Nachbarskindern beim Kicken zu, hör sie lachen und lehn mich zufrieden zurück in die beruhigende Melodie ihrer Unterhaltung, in der nichts Boshaftes mitschwingt, nur Freundliches, einander Aufbauendes, Wohlgesonnensein und Lebensfreude.

Wenn wir jetzt schon “keine Fußballsendung” machen und dennoch “das Phänomen Fußball” aus dem Blickwinkel der Liebe heraus betrachten, dann darf einer der größten Liebenden der Fußballgeschichte auf keinen Fall fehlen: Predrag Pašić, der mitten im Bosnienkrieg eine Fußballschule für Kinder im belagerten Sarajevo gründete. Hier in der legendären Doku “Rebellen am Ball” von Eric Cantona wird ausführlich davon erzählt. Mitten in der Schlammlawine des internationalen Konsumismus und der mit ihm verbundenen postkolonialen Kolonialkriege leuchtet die Wahrheit des Liebens.

Schon Pier Paolo Pasolini hat ja kurz vor seinem Tod beschrieben, wie diese globale Fusion aus Geldmacht, Religion und Ideologie jedwede Kultur (und er erwähnt dabei auch die Fußballkultur) in einem erstickenden Einheitsbrei aus Missgunst, Neid und Käuflichkeit zugrunde richtet. Die Poesie des Widerstands gegen eine so ausweglos erscheinende Weltgewalt besteht in der menschlichen Phantasie, deren imaginative Kraft aus der inneren Unendlichkeit ihrer Bilder gespeist wird. Fürwahr ein Füllhorn an Lebensformen, das denen, die mit dem Ende drohen, immer überlegen sein wird.

Wagen wir noch eine Prophezeihung: Das seltsame Ausblenden des Themas “Liebe und Zärtlichkeit, womöglich sogar Sexualität zwischen Männern” in der Fußballwelt ist ein letztes ungustiöses Aufrülpsen einer längst überholten Gefühlsgewohnheit, die von vielen noch immer als naturgegeben geglaubt wird, ihnen in Wirklichkeit aber von (siehe oben) Geldmacht, Religion und Ideologie gefickt eingeschädelt wurde und wird. Vor einigen Jahren veröffentlichten Sigur Rós dazu ein beeindruckendes Statement. Und Marcus Wiebusch von Kettcar ist sich absolut sicher: “Der Tag wird kommen.”

Keine Fußballsendung? Doch eine Fußballsendung …

 

Pantheressenz

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 23. Juni – Auf der Suche nach dem Bilddenken wurde ich jetzt endlich über ein phänomenales Buch gestolpert: In “Legasthenie als Talentsignal” erklärt Ron Davis den Begriff der Orientierung (im Hinblick auf äußere Gegebenheiten) und wie man als Bilddenker oder (was nahe verwandt ist) als visuell-räumlicher Lerntyp zu einem Gleichgewicht der Wahrnehmung gelangen kann, das in speziellen Situationen wie beim Lesenlernen, aber auch beim Tanz oder Sport von einem selbst aktivierbar ist. Im Grunde geht es bei seinen “Orientierungsübungen” um das Finden eines optimalen Orts für die bei Bilddenkern gern umherwandernde “Kameraposition”, durch die wir die Welt wahrnehmen. Wie kann ich etwas nennen, das da plötzlich über meinem Kopf schwebt? Ich nenne es meine Pantheressenz

PantheressenzIn der heutigen Sendung geht es also ums Gleichgewicht, um die Balance inmitten von einander widerstrebenden, sich andauernd verändernden und auf den ersten Blick paradox wirkenden Gegenpolen. Und es ist erstaunlich, was für eine im wahrsten Sinn ausgleichende Wirkung so eine genau über der eigenen Symmetrieachse schwebende Wahrnehmung auf das bekannte Hin- und Hergeworfensein in den Turbulenzen des vielen Gleichzeitigen entfaltet. Natürlich versuchte ich mir auch davon ein Bild, eine Vorstellung zu machen, und heraus kam ein schwarzes, rundes, nach oben gewölbtes Etwas in der Größe eines Eishockeypucks. Und weil es sich auf mich förderlich auswirkte und ich ihm zunehmend zu vertrauen lernte, verband ich seine Wesensart mit der meiner Leoparden und Panther, als die ich mir die mich immer begleitenden “guten Kräfte” darstelle, die auf mich aufpassen und die mir ihre Lebendigkeit geben oder die meine Lebendigkeit sind, aber wer will das schon so im Detail auseinander fitzeln und sehr wahrscheinlich trifft hier ohnehin wieder einmal beides zu. Über zunächst als widerstreitend erlebten Gegensätzen schwebt ein ordnendes Drittes, dessen einstweiliger Name Pantheressenz wäre …

Auf dem Weg hierher haben wir einiges an Text und Musik gefunden, mit dem sich das soeben Beschriebene atmosphärisch untermalen und sogar veranschaulichen lässt. Ein Musikstück ragt dabei besonders heraus, weil es das in sich verstrickte Gegensatzpaar von Nähe und Distanz textlich wie musikalisch perfekt miteinander verschmilzt und zugleich als darüber schwebendes Drittes einen magischen Satz, nämlich “I wish you well” zum Tragen bringt, der eine sonst nicht auszuhaltende Ausweglosigkeit aufzulösen vermag. Reines Wohlwollen. Das ist Pantheressenz.

Wir besprechen den bislang völlig zu Unrecht unveröffentlichten Track “Wish U Well feat. Trennungsagentur” des Musikprojekts Illy Bidol vom Herrn Noir Trawniczek.

Sehr zum Wohl, Bilddenker.