Deutschland im Jahre 1943: Der Erfurter Max Cohn wird von seinen Kindern Rosemarie, Helmut und Alfred Cohn getrennt, denn er wird in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Viele jüdische Familien fürchten in dieser Zeit um ihr Leben, denn das nationalsozialistische Regime hat vor zehn Jahren in Deutschland die Macht übernommen. Jeder fürchtet um seine Freiheit, was zu Zwietracht innerhalb der Bevölkerung führt. Denunzierungen sind an der Tagesordnung. Das hat auch Folgen für Familie Cohn. Als Vorwand für die Deportation nahmen die Machthaber die Beschuldigung, Max Cohn hätte Zigaretten gegen Nahrungsmittel getauscht. Aber eigentlich war es ihnen ein Dorn im Auge, dass Cohn jüdischer Herkunft und Mitglied der Sozialdemokratische Partei Deutschlands war.
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Naemi Rosenblüth, Erfurt
Mit Erlass der Nürnberger Rassengesetze 1935 und den darauffolgenden Diskriminierungen durch die Behörden und große Teile der deutschen Bevölkerung kam es verstärkt zu Auswanderungswellen deutscher Juden in die umliegenden Länder. Mit Verschärfung ihrer Einwanderungsgesetze versuchten die Staaten die Flüchtlingsströme einzudämmen oder ganz zu unterbinden. Die polnische Gesetzgebung sah vor, allen Staatsbürgen, die länger als 5 Jahre im Ausland gelebt hatten, ihre Staatsbürgerschaft zu entziehen. Deutschland kam diesen neuen polnischen Gesetzen zuvor und veranlasste eine Abschiebung aller polnischen Juden, die zu dieser Zeit in Deutschland lebten.[i] Am 28. und 29. Oktober 1938 sind im Rahmen der reichsweiten „Polenaktion“ etwa 17.000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit über Nacht aus dem Dritten Reich ausgewiesen worden – ein bisheriger Höhepunkt der Diskriminierungsmaßnahmen des NS-Regimes gegenüber den Juden.[ii] Die Ausweisung erfolgte gewaltsam und kam für die Betroffenen völlig überraschend. Die Polenaktion ist bisher kaum im geschichtlichen Bewusstsein Deutschlands verankert.
Familie Dublon, Erfurt
„13. Mai 1939
Letzter Tag in Hamburg, um 1Uhr stehen wir bereit zur letzten Prüfung der Papiere, Revision von Handgepäck und Pässen, Devisen-Kontrolle, alles in den Räumen der HAPAG bestens organisiert, schnell und verbindlich vor sich gehend. Vor der Halle stehen schon die Autobusse bereit und es geht in halbstündiger Fahrt zum Hafen. Hier haben wir noch mal einen Eindruck von der Mächtigkeit der Hafenanlagen. Über den Laufsteg verlassen wir nun Europas und betreten die St. Louis, die uns 16 Tage beherbergen soll.
Aus dem Reisetagebuch von Erich Dublon“
Seit 1993 wieder Deutscher Meister im Halbschwergewicht, Johan Ruckeli Trollman
Im Altwarmbüchener Moor gibt es eine Gedenkstätte für Sinti, die im Nationalsozialismus ermordet wurden. Der Nachname Trollmann ist dort sechs Mal aufgeführt. Friederike und Wilhelm Trollmann hatten insgesamt neun Kinder. Eines von ihnen, Johann, hat es als Boxer zu großer Popularität gebracht. Er hatte fünf ältere und drei jüngere Geschwister.
Johann Trollmann wird am 27.12.1907 in Wilsche bei Gifhorn geboren. Die Familie zieht später nach Hannover. Im Alter von 21 Jahren bestreitet er seinen ersten Profiboxkampf in Berlin. Der Kampf findet am 18.10.1929 statt. Trainiert wird er von dem jüdischen Boxer Erich Seelig. Trollmanns Boxstiel zeichnet sich durch Technik, Beweglichkeit und Schnelligkeit aus. Später wird sein Stil mit dem des US-amerikanischen Boxers Muhammed Ali verglichen werden. Sein großes Talent führt ihn an die Spitze des deutschen Boxsportes und gipfelt in einem Titelgewinn. Trollmann gewinnt am 9.Juni 1933 den Titel „Deutscher Meister im Halbschwergewicht“ gegen Adolf Witt. Allerdings ist der deutsche Boxverband zu diesem Zeitpunkt schon in nationalsozialistischem Braun gefärbt. Zunächst wird der Kampf als „nicht gewertet“ verbucht, da ein erfolgreicher Sinti-Boxer nicht in das NS-Bild einer so genannten „arischen Herrenrasse“ passt. Das Publikum aber hat an dem Kampfstil Trollmanns Gefallen gefunden und ist so begeistert, dass ein lautstarker Protest die Kampfrichter dazu zwingt Trollmann den Titel doch zu verleihen. Leider hält dieses Glück nur acht Tage an. Der Boxverband legt ihm „armseliges Verhalten“ zur Last und erkennt ihm unter diesem fadenscheinigen Vorwand den eben erst gewonnen Titel ab.
Naziangriff auf Stolpersteine in Greifswald (!?)
9. November 2012, Greifswald, 74 Jahre nach der „Reichskristallnacht“, Naziüberfall auf Gedenkkultur.
Pünktlich zur Jährung des Beginns der deutschen Judenverfolgung im „Dritten Reich“ wurden in Greifswald alle (!) 11 verlegten Stolpersteine gewaltsam aus dem Boden gerissen und entwendet. Dies ist als klarer Angriff auf das Gedenken an alle Opfer des Nationalsozialismus zu werten. Denkt man an die bekannten personellen deutschen Kontionuitäten nach der Befreiung Deutschlands, das ideologische Überleben des Nationalsozialismus unter anderem in Form von kollektiv begangenen Progromen in den 1990er Jahren, sowie einer mordenden Terrorvereinigung namens „NSU“ erscheint dies klar und deutlich als ein weiterer (neo-)nazistischer Umtrieb. Beachtet man ferner die fehlerhafte Aufarbeitung dieser Problematiken in Behörden, wie auch in der Zivilgesellschaft, erzeugt die Äußerung der Polizei, man könne eine politische Tatmotivation nicht ausschließen, mal wieder ein Gefühl von Scham und Beklemmung. Noch immer werden die vergangenen wie aktuellen Vorgänge nicht klar beim Namen genannt. An dieser Stelle ist es angezeigt von anderer Stelle aus auf diesen feigen und hinterhältigen Angriff aufmerksam zu machen. Die Opfer werden, in Anlehnung an eine Formulierung Adornos, noch um das einzige Betrogen, dass unser Gedenken ihnen geben kann: die Erinnerung.
Infoportal für antifaschistische Kultur und Politik aus Mecklenburg-Vorpommern
Simon Margulies – Nürnberg
Bereits im Oktober 1938 verloren über 17.000 in Deutschland lebende Jüdinnen und Juden ihre Existenz. Das NS-Regime hatte per Erlass beschlossen, alle polnischen Jüdinnen und Juden nach Polen auszuweisen. Viele von ihnen verstanden sich als Deutsche, doch die Gesetzgebung in Deutschland hatte es ihnen nicht gestattet, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Dem aus Galizien stammenden Nürnberger Geschäftsmann Simon Margulies blieb aufgrund einer Behinderung die Deportation 1938 erspart – dennoch konnte er der Tötungsmaschine der Nazis und ihrer „Endlösung der Judenfrage“ nicht entkommen.
Ein Beitrag von Tobias Lindemann (Radio Z)
Darum Hörstolpersteine
Hörstolpersteine warum eigentlich. In dieser einstündigen Sendung versuchen die Sendenen des FSKs Ihre Herangehensweise an das Projekt zu reflektieren. Neben einer Einführung in das Projekt geht es um die persönlichen Beweggründe an diesem Projekt zu partizipieren sowie, warum die Hörenden stolpern sollten und was am stolpern so schwer ist.
http://hoerstolpersteine.net/downloads/Hamburg_2_Warum_dieses_Projekt.mp3
Rudolf Benario – Fürth
„Jäh erlosch das Leben unseres geliebten Sohnes, Bruders und Bräutigams, des Herrn Doktor Rudolf Benario im Alter von 24 Jahren“, heißt es in Rudolf Benarios Todesanzeige vom 18. April 1933. Der Syntax der Todesanzeige verfälscht jedoch die Umstände, die tatsächlich zu Rudolf Benarios Tod geführt haben. Denn sein Leben erlosch nicht einfach so – es wurde ausgelöscht. Rudolf Benario wurde am Abend des 12. April vom SS-Kompanieführer Hans Steinbrenner, dem SS-Sturmführer Robert Erpsenmüller und den SS-Männern Hans Brunner und Max Schmidt im Konzentrationslager Dachau ermordet. Er war Jude und Kommunist. Auch deshalb gehörte Benario wahrscheinlich zu den Ersten, die in einem Konzentrationslager umgebracht wurden.
Ein Beitrag von Danny Schmidt (Radio Z).
Karl Lehrburger – Nürnberg
Er war Jude und Kommunist – was ihn für die Nazis zum doppelten Feind machte. „Korle“ (so sein Spitzname aus der Jugendbewegung) war Leiter der KPD im Arbeiterbezirk Gostenhof und arbeitete im väterlichen Betrieb, einem Postkartengroßhandel. Am 25. Mai 1933 wurde Karl Lehrburger durch den SS-Offizier Hans Steinbrenner im KZ Dachau ermordet.
Ein Beitrag von Marco Schrage (Radio Z).
Wehrmachtsdeserteure
Heute liegen 4240 Stolpersteine in Hamburg. Sie gehören in einigen Gegenden zum selbstverständlichen Bild der Stadt. Als im Juli 2009 in Hamburg Wandsbek ein Stolperstein für Kurt Oldenburg verlegt wurde, war dies dennoch etwas besonderes. Denn es war der erste Stolperstein, der in Hamburg für einen Wehrmachtdeserteur verlegt wurde.
Die der einstündigen Sendung werden die Geschichten von drei (ganz unterschiedlichen) Wehrmachtsdeserteuren erzählt. Es sind die Geschichten von Kurt Oldenburg, Friedrich Wunderlich (Name geändert) und Peter Petersen.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Peter Petersen für das Interview, das er uns gegeben hat. Sowie bei René Senenko und der Schauspielgruppe „Antikriegsambulanz“ aus Hamburg deren Hörspiel „Kriegsgericht“ in Auszügen in der Sendung zu hören sein wird.
http://hoerstolpersteine.net/downloads/Hamburg_1_Deserteure_59_11.mp3