ELBOW: Build A Rocket Boys! – OCB’s Radiofabrik-Album der Woche

Insidern galten sie schon lange als die besseren Coldplay, doch mit „Build A Rocket Boys!“, dem brandaktuellen Longplayer von Elbow, dürfte es der immer mehr zur Kultband avancierenden Softrock-Kombo aus Manchester nun endgültig gelingen, ihre Position auch in kommerzieller Hinsicht zu untermauern. Das fünfte Studioalbum der Band bietet eine reizvolle Mischung aus introspektiven Texten, die Sänger und Songwriter Guy Garvey aus Kindheitserinnerungen zusammengesetzt hat, und den für Elbow typischem Wechselspiel aus kraftvollen Beats und minimalistisch, fein gesponnenen Melodien.

Auf den Spuren von Talk Talk und Radiohead verlassen Elbow die Wege des schablonenhaften Pop, leuchten Licht und Schatten aus und geben jedem Song Zeit und Raum sich zu entfalten. Schon der Opener „The Birds“ verheißt mit einer Laufzeit von über acht Minuten eine besondere Herausforderung! Highlights wie das betuliche „Lippy Kids“ – ursprünglich auch als Namensgeber des Albums gedacht – der Single-Kracher „Neat Little Row“, das wunderschöne „Jesus Is A Rochdale Girl“ oder das hymnenhafte „Open Arms“ machen „Build A Rocket Boys!“ zu einer reizvollen Reise durch postmodernes Songschaffen.

Bei all‘ dem passt es durchaus ins Bild, das Guy Garvey Mastermind Peter Gabriel zu seinen Freunden und musikalischen Mentoren zählt. Dieser hatte sich auf seinem jüngsten Coverversionen-Album „Scratch My Back“ mit zurückhaltenden Orchester-Arrangements unter anderen großen Namen auch an Elbows „Mirrorball“ versucht. Als Antwort darauf haben Elbow für das Nachfolge-Album „I Scratch Yours“ – das wohl kaum als physikalisches Album jemals erscheinen wird, da etliche Künstler u.a. David Bowie und Radiohead keine „Retourkutsche“ aufnehmen werden – den Gabriel-Klassiker „Mercy Street“ aufgenommen. Und dieses rare Zuckerl gibt es als Bonustrack bei „Hörenswert – das Radiofabrik der Woche“!

Wer sich von der Bühnenpräsenz von Elbow ein Bild machen will …
17.06.2010, Hurricane Festival (D)
18.06.2010, Southside Festival (D)
19.08.2010, FreQuency Festival

Playlist (des Albums)
The Birds
Lippy Kids
With Love
Neat Little Rows
Jesus Is A Rochdale Girl
The Night Will Always Win
High Ideals
The River
Open Arms
The Birds (reprise)
Dear Friends

BonusTrack (der Sendung)
Mercy Street (Peter Gabriel Cover for I Scratch Yours)

TALK TALK: The Colour Of Spring – OCB’s Radiofabrik Album der Woche

1986 wird zum Wendejahr der Londoner Band Talk Talk. Das sympathische Quartett um Sänger und Songschreiber Mark Hollis war in den Jahren zuvor sowohl national wie international als große Entdeckung und Hoffnung für die Pop-Zukunft gehandelt worden. Also wurden für das dritte Album zahlreiche Gastmusiker (u.a. Stevie Winwood und David Rhodes) im Studio versammelt um den hohen Erwartungen gerecht werden zu können. Und tatsächlich kann The Colour Of Spring mit einer beachtlichen Dichte an elegant produzierten Hits aufwarten.
Doch es sind die Zwischentöne und weniger vordergründigen Botschaften auf dem Album, die den weiteren Weg von Talk Talk bestimmen sollten. Schon der Opener „Happiness Is Easy“ setzt dem eröffnenden druckvollen Schlagzeugbeat spärliche Klavierbegleitung, schüchternen Kinderchorgesang und einen tief religiösen Text entgegen. Hollis‘ Stimme ist kraftvoll und weich zugleich. Aufbrausend und angriffslustig klingt sie im unwiderstehlich schnittigen „Life‘s What You Make It“, um im düster-traurigen „April 5th“ in sich zusammenzubrechen. Spätestens da wird dem Hörer klar, dass Talk Talks oder zumindest Hollis‘ Weg zum Ziel durch Tiefe, Stille und Enthaltung führt.
Die zweite Hälfte des Albums folgt einem ähnlichen Konzept, wieder bäumt sich die Musik erhaben auf („Living In Another World“), gibt klare Botschaften aus („Give It Up“), um in Zurückhaltung und Mäßigung („Chameleon Day“) zu verweilen. Der Schluss gehört dem vielschichtigen „Time It’s Time“, dessen eindrucksvolles Chorarrangement und beschwingte Flöten den Zuhörer zu versöhnen versuchen. Intensität und Ambivalenz prägen „The Colour Of Spring“, bleiben am stärksten im Gedächtnis und der Popmeilenstein hat auch 25 Jahre später noch nichts von seiner wegweisenden Aussage verloren


PLAYLIST des Albums

Happiness Is Easy
I Don’t believe In You
Life’s What You Make It
April 5th
Living In Another World
Give It Up
Chameleon Day
Time It’s Time
BONUSTRACKS der Sendung
Pictures Of Bernadette
What It’s Worth
It’s Getting Late In The Evening

Und wer’s hören will … klickt hier