DAVID BOWIE: Station To Station – OCB’s Radiofabrik-Album der Woche

Station To StationZerrütteter hat man den Magischen nie gesehen als im Herbst 1975: David Bowie war zum Superstar geworden, hatte mit „Fame“ seine erste Nummer 1 in den USA abgeliefert, mit dem Bestseller-Album „Young Americans“ seine Plattenfirma glücklich gemacht und nicht weniger als sieben Studioalben in fünf Jahren fertiggestellt.
Doch zugleich mit dem großen Erfolg kamen auch die großen Verirrungen: Sein Kokain-Konsum fraß seinen bescheidenen Reichtum auf, den Rest verschlang sein Management-Unternehmen „MainMan“ um Tony DeFries und in seinem wachsenden Interesse für Okkultes und Fernöstliches war der einstmals schillernde Bowie zum blassen Dürrling verkommen, der anstelle zu schlafen lieber den verborgenen Dämonen in seinem unterkühlten Anwesen in den Hollywood Hills nachstellte, noch bevor er eine diffuse Begeisterung für Faschismus und Führerkult entwickelte.
In diesem Sumpf trieb Bowie seinem eigenen Untergang entgegen, ehe ihn Nicolas Roeg als Hauptdarsteller für sein „Außerirdischer-kommt-auf-die-Erde-und-scheitert“-Drama „The Man Who Fell To Earth“ engagierte. Damit verbunden war die Verpflichtung sich während der Dreharbeiten vom Kokain fernzuhalten. Diese Drogen-Pause sollte Bowie einerseits einen klareren Kopf ermöglichen, ihm aber auch seine Isolation und Einsamkeit im selbst gebauten Goldkäfig offenbaren: Stoff genug um sich wenig später ins Studio zu begeben und seine Begleitband mit Sätzen wie „Now I’d like to record a song [that] I haven’t written yet!“ zu konfrontieren. Und so gestalteten sich die Aufnahmearbeiten zu Station To Station. Stückwerk aus Bowies Kopf wurden zusammengesetzt bis – im Gegensatz zu bisherigen Aufnahmearbeiten – nach Wochen des Überarbeitens das heute als Meisterwerk gepriesene Album fertig war.
Station To Station“ zeigt den „Thin White Duke“, wie sich Bowie nun selbst nannte, an einer musikalischen Wegkreuzung: Der über 10-Minuten lange Titeltrack als Opener nimmt den Hörer zunächst auf eine Zugreise, bringt trocken stampfende Rhythmen, sich empor arbeitende Songteile und spricht offen an, was sich im Inneren des Meisters abspielte: „It’s not the side-effects of the cocaine, I’m thinking that it must be love – it‘s too late to be hateful!“ „Golden Years“ – schon Monate vorher als Single veröffentlicht – nimmt Anleihen am Plastic Soul des Vorgänger-Albums „Young Americans“ (1975), ehe „Word On A Wing“ in christlich-religiösem Rahmen Bowies Verlorenheit und Sehnsüchte thematisiert „Oh Lord, I’m trying hard to fit among your scheme of things!“.
TVC 15“ bringt in Honky-Tonk-Piano und „Doo-Wap“-Feeling getränkt eine Liebesgeschichte zwischen Frau und Fernseher und stellt nicht zuletzt aufgrund des verbremsten Tempos den schwächsten Track des Albums dar. Dem entgegen kracht der Funk-Rocker „Stay“ mit Killer-Riff und furiosem Gitarrensolo herein, um abermals die Liebessehnsucht des Isolierten zu untermauern. Abgeschlossen wird das nur sechs Tracks umspannende Album mit Bowies zweifellos bester Coverversion, die ihrerseits etliche Covers nach sich ziehen sollte (u.a. von Cat Power und George Michael): „Wild Is The Wind“ nimmt Nina Simones Interpretation einer alten Country-Ballade und hebt sie auf eine romantisch-erotische Ebene, zeigt Bowies zu diesem Zeitpunkt bemerkenswert ausgereifte Stimme und setzt dem Album so einen unwiderstehlichen Schlusspunkt.
Mit dem frischgepressten Album im Gepäck begab sich Bowie mit seiner genialen Band (mit Carlos Alomar, George Murray, Dennis Davis), die er für die Tour „Raw Moon“ taufte, auf die Isolar“-Tour. Im Gegensatz zu den Jahren zuvor ließ er jegliche Kostümierung und anderen Schnickschnack weg, kleidete sich in schwarz-weiß und konzentrierte sich auf der Bühne allein auf seinen Gesang. Die Reaktionen in Amerika und Europa waren ungeteilt: Der beste Bowie!
EMI legte Station To Station 2010 in verschiedensten Formaten (1 oder 3 oder 5 CDs) neu auf und ergänzte zudem das zigfach gebootlegte Konzert im Nassau Coliseum (Uniondale, NY). „Hörenswert – Das Radiofabrik-Album der Woche“ bringt sowohl Station To Station als auch einige Hörproben aus dem Live-Programm der Isolar-Tour und OCB wünscht viel Spaß dabei!


PLAYLIST des Albums

Station To Station
Golden Years
Word On A Wing
TVC 15
Stay
Wild Is The Wind
BONUSTRACKS der Sendung
Panic In Detroit
Band Intro / Changes
Word On A Wing
Stay (alle live Nassau Coliseum 1976)

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OCBoddity 186 (28.03.2011)

So was darf man nicht versäumen! Mit viel Schwung, Neuerscheinungen und super-raren Highlights eröffnet OCBoddity, die 186., Jagd auf den kreativen Frühsommer! Denn das Rock-Jahr 2011 könnte die Öde des Vorjahres in kürzester Zeit vergessen machen. The Strokes sind zurück, Erfischendes gibt es von Tahiti 80, Frankreichs flottem Pop-Export, und Noah And The Whale nähern sich vorsichtig dem Mainstream an und legen ihr bislang bestes Album vor. Adele führt die Frauenriege an, vertraut gutes gibt’s von Bright Eyes und Ron Sexsmith und Ben Harper ist mit einem neuen Longplayer am Start!
Abgerundet wird OCBs Feuerwerk durch zwei Extra-Räritäten: David Bowies 2001er Album „Toy“, das die EMI seinerzeit nicht veröffentlichen wollte, ist 10 Jahre später zur Gänze durchgesickert und die Rolling Stones – mit Bill Wyman – zollen 25 Jahre nach dessen Tod ihrem ehemals sechstem Bandmitglied Ian Stewart Tribut und was davon jetzt schon zu hören ist, könnte das – dieses Mal wirklich – das beste Stones Album seit „Exile“ werden!

PLAYLIST
The Strokes, Under Cover Of Darkness
Tahiti 80, Defender
Noah And The Whale, L.I.F.E.G.O.E.S.O.N.
Adele, Rumour Has It
Nicole Atkins, Cry Cry Cry
Edie Brickell, On The Avenue
Bright Eyes, Haile Selassie
Ron Sexsmith, The Reason Why
The Veils, Don’t Let The Same Bee Sting You Twice
Ben Harper, Don’t Give Up On Me
David Bowie, I Dig Everything
Ian Stewart Tribute Band aka The Rolling Stones, Watch The River Flow

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OCBoddity Sonderschicht 1970 (29.11.2010)

Die Sonderschicht 1970 bringt OCB anlässlich seines runden Geburtstags ins Geburtsjahr 1970 und dort lässt sich eine Handvoll unumgänglicher Songs aufspüren, von denen so mancher als Riesenhit durchgeht. Die andere Hälfte der Sendung ist von starkem autobiographischem Bezug. Also die Sektflöten hoch auf OCB und die Ohren auf für die Sonderschicht – 1970, ein guter Jahrgang zweifellos!

PLAYLIST
Derek & The Dominos, Layla
The Velvet Underground, Rock’n’Roll
The Doors, Waiting For The Sun
John Lennon, Remember
David Bowie, All The Madmen
CCR, I Heard It Through The Grapevine
James Brown, Get Up (I Feel Like Being A Sex Machine)
The Temptations, Ball Of Confusion (That The World Is Today)
Cat Stevens, Pop Star
Neil Young, Don’t It Let It Bring Down
Dave Edmunds, I Hear You Knocking
Simon & Garfunkel, Why Don’t You Write Me
Elton John, Burn Down The Mission

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OCBoddity 177 (22.11.2010)

Die 177. Ausgabe von OCBoddity widmet sich wieder ausführlich den spannenden Gigs dieses Herbsts, auch wenn (leider) keiner davon in Salzburg stattfindet. MGMT, Suede, Klaxons, Kings Of Leon und Campbell & Lanegan: It all happens outside. Zwischen Berlin und Wien, doch OCB fängt sie ein und präsentiert seinen Hörern die gewohnt rassige Mischung aus Rock, Pop und Indie!

PLAYLIST
Suede, Trash
MGMT, Time To Pretend
Biffy Clyro, Bubbles
Kings Of Leon, Radioactive
The Thermals, I Don’t Believe You
Klaxons, Future Memories
The High Violets, Midnight’s Child
Campbell & Lanegan, Snake Song
Lissie, Bully
Howe Gelb & Band Of Gypsies, Uneven Light Of Day
Ben Folds & Nick Hornby, Picture Window
Teitur, Feel Good

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OCBoddity 173 (27.09.2010)

“ … like a demon from station to station!“ ist das Motto der 173. Ausgabe von OCBoddity. Dabei rollt der (Indie-)Rockzug vor allem zwischen dem Vereinten Königreich und der Gegend um NYC auf und ab! Und wie gewohnt gibt’s nur das Beste vom Besten! Besonders erfreulich die Neuerscheinungen von Get Cape Wear Cape Fly, den Manics und den hierzulande noch eher wenig bekannten High Violets! Der längste Beitrag stammt allerdings von Rock-Gott David Bowie, dessen 1976er-Meisterwerk Station To Station gerade neu aufgelegt und mit dem legendären Nasssau Coliseum-Konzert angereichert den Markt stürmt. Der Titeltrack in der Live-Version rundet OCBs jüngsten Streich ab. Gelungen!

PLAYLIST
Manic Street Preachers, Postcards From A Young Man
We Are Scientists, Central AC
The Gaslight Anthem, The Queen Of Lower Chelsea
Get Cape Wear Cape Fly, Collapsing Cities
Someone Still Loves You Boris Yeltsin, Everlyn
Arcade Fire, The Suburbs
The High Violets, Goodnight Goodbye
Sheryl Crow, Long Road Home
The New Pornographers, My Shepherd
R.E.M., Driver 8 (Athens Demo)
David Bowie, Station To Station (live at Nassau Coliseum)

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