TALK TALK: The Colour Of Spring – OCB’s Radiofabrik Album der Woche

1986 wird zum Wendejahr der Londoner Band Talk Talk. Das sympathische Quartett um Sänger und Songschreiber Mark Hollis war in den Jahren zuvor sowohl national wie international als große Entdeckung und Hoffnung für die Pop-Zukunft gehandelt worden. Also wurden für das dritte Album zahlreiche Gastmusiker (u.a. Stevie Winwood und David Rhodes) im Studio versammelt um den hohen Erwartungen gerecht werden zu können. Und tatsächlich kann The Colour Of Spring mit einer beachtlichen Dichte an elegant produzierten Hits aufwarten.
Doch es sind die Zwischentöne und weniger vordergründigen Botschaften auf dem Album, die den weiteren Weg von Talk Talk bestimmen sollten. Schon der Opener „Happiness Is Easy“ setzt dem eröffnenden druckvollen Schlagzeugbeat spärliche Klavierbegleitung, schüchternen Kinderchorgesang und einen tief religiösen Text entgegen. Hollis‘ Stimme ist kraftvoll und weich zugleich. Aufbrausend und angriffslustig klingt sie im unwiderstehlich schnittigen „Life‘s What You Make It“, um im düster-traurigen „April 5th“ in sich zusammenzubrechen. Spätestens da wird dem Hörer klar, dass Talk Talks oder zumindest Hollis‘ Weg zum Ziel durch Tiefe, Stille und Enthaltung führt.
Die zweite Hälfte des Albums folgt einem ähnlichen Konzept, wieder bäumt sich die Musik erhaben auf („Living In Another World“), gibt klare Botschaften aus („Give It Up“), um in Zurückhaltung und Mäßigung („Chameleon Day“) zu verweilen. Der Schluss gehört dem vielschichtigen „Time It’s Time“, dessen eindrucksvolles Chorarrangement und beschwingte Flöten den Zuhörer zu versöhnen versuchen. Intensität und Ambivalenz prägen „The Colour Of Spring“, bleiben am stärksten im Gedächtnis und der Popmeilenstein hat auch 25 Jahre später noch nichts von seiner wegweisenden Aussage verloren


PLAYLIST des Albums

Happiness Is Easy
I Don’t believe In You
Life’s What You Make It
April 5th
Living In Another World
Give It Up
Chameleon Day
Time It’s Time
BONUSTRACKS der Sendung
Pictures Of Bernadette
What It’s Worth
It’s Getting Late In The Evening

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OCB’s Radiofabrik-Album der Woche: “Exile On Main St.“ von The Rolling Stones

1972 war ein gutes Jahr für die Rockgeschichte. Die Depression des Beatles-Aus war überwunden, der Glam-Rock verkleisterte die Hitparaden mit schrillen Farben, The Grateful Dead eroberten Europa und die Zukunft des Genres konnte Newcomern à la David Bowie und Elton John überlassen werden. Einzig die Rolling Stones wollten sich noch nicht zu Grabe tragen lassen, wenngleich vieles für ihr Endes sprach: Von den englischen Steuerbehörden gejagt mussten sie das Land verlassen, mieteten sich an der Cote D’Azur in das heruntergekommene Schloss Nellcote – wo 30 Jahre davor die Gestapo hauste – ein. Dort fühlten sich alle so unwohl, dass Mick Jagger als Jungehemann lieber die Welt des Glamour suchte, Keith Richards seinen Kummer in steigendem Heroinkonsum tauchte und Bill Wyman Nellcote überhaupt bestmöglich mied. Zudem stand die Band nach der Trennung von Manager Allen Klein vor einer ungewissen Zukunft.
Doch das Chaos gebar einen Meilenstein der Rockgeschichte. „Exile On Main St.“ erblickte im Frühjahr 72 das Licht der Welt, trug ein grässliches Cover, bot keinen Hit, hatte als Doppelalbum schon den Makel der Überlänge aufgedruckt und wurde folglich von Kritik und Publikum nur sehr verhalten aufgenommen. Erst allmählich drang die aufregende Mischung aus Rock, Blues, R’n’B, Soul und Psychodelic zu ihren Hörern durch. Auf etlichen Aufnahmen sind die feuchten Keller von Nellcote – in den kaum ein ganzer Track aufgenommen werden konnte, weil kein Saiteninstrument die Stimmung über vier Minuten halten konnte – spürbar. Richards schlampige Gitarre wird von der Genialität Mick Taylors aufgefangen: so gut sollte das später nie wieder funktionieren. Nicky Hopkins (Piano), Bobby Keys (Sax) und Jim Price (Trompete) waren längst schon Mitglieder der Stones-Familie und konnten etlichen Songs Farbe und Dichte verleihen. Und Jaggers alkoholdurchtränkte Stimme tut das Ihre dazu!
„Exile On Main St.“ knarzt, kracht, rumpelt und rockt auch rund 40 Jahre später und mit der Neuveröffentlichung in diesem Jahr ist es gelungen, den Charakter des Albums zu erhalten. Das ist löblich und was dem Doppelalbum 1972 verwehrt blieb, erreichte die Doppel-CD 2010 – auf CD 2 findet sich bislang Unveröffentlichtes – binnen weniger Wochen: die Spitze der britischen Album-Charts!
Anlässlich seiner Neuveröffentlichung präsentiert „Hörenswert – Das Radiofabrik-Album der Woche“ einen echten Klassiker, ein Highlight der Rockgeschichte: The Rolling Stones, „Exile On Main St.“!


PLAYLIST

Rocks Off
Rip This Joint
Shake Your Hips
Tumbling Dice
Sweet Virginia
Torn & Frayed
Sweet Black Angel
Loving Cup
Happy
Ventilator Blues
I Just Wanna See His Face
Let It Loose
All Down The Line
Stop Breaking Down
Shine A Light

Ausgelassene Songs
Casino Boogie
Turd On The Run
Soul Survivor

Und wer nachhören will, klickt hier.

OCB-„Two Shows This Week“-Oddity

… Fleißaufgabe gemacht!

OCB ist in den nächsten Tagen mit zwei Sendungen (+ zwei Wiederholungen) am Start!

Am 12. Juli, 21h, und 13. Juli, 15h, gibt’s die 167. Auflage von OCBoddity.

Und am 16. Juli, 14h08, und 22. Juli, 0h bringt OCB das Album der Woche ein: The Rolling Stones, Exile On Main St.!

Da heißt’s: Termine fett anstreichen!

OCB’s Radiofabrik-Album der Woche: „High Violet“ von The National

The National, High VioletDer Aufstieg lässt sich wohl kaum mehr aufhalten!
The National katapultieren sich mit ihrem fünften Studioalbum „High Violet“ raus aus dem Status des Indie-Geheimtipps hinein ins große Rock-Geschäft. Auf 11 Nummern verteilt gelingt dem aus Ohio stammenden, nun in Brooklyn beheimateten Quintett eine fesselnde Mischung aus einfühlsamer Introvertiertheit, wie sie der Vorgänger „Boxer“ (2007) zelebrierte, und druckvoll getragenen Melodien, die das früher Werk der Band prägten. Neben dem sonoren Gesang Matt Berningers zeichnet vor allem das kongeniale Gitarristen-Brüderpaar Aaron und Bryce Dessner für den ausgewogenen Sound und die Dichte der Arrangements verantwortlich. Dazu setzen die Brüder Scott (Bass) und vor allem Bryan Devendorf durch sein versiertes Schlagzeugspiel clevere Akzente.
Und so durchzieht „High Violet“ vom aufgekratzt daher-rumpelnden „Terrible Love“ bis zum finalen „Vanderlyle Crybaby Geeks“ ein fesselnder Spannungsbogen, der durch die geschickte Beimengung von Klavier, Streichern und Bläsern auf hohem Niveau gehalten wird. Kein Wunder, dass „High Violet“ so manchem Kritiker bereits das Attribut „Album des Jahres“ entlockt hat.

Und wer sich von der Bühnenpräsenz der Band ein Bild machen will, für den spielen The National ….
14.07.2010, Dachau (D), Rathausplatz
17.08.2010, Graz, Kasematten
18.08.2010, Wien, Arena

PLAYLIST des Albums

Terrible Love
Sorrow
Anyone’s Ghost
Little Faith
Afraid Of Everyone
Bloodbuzz Ohio
Lemonworld
Runaway
Conversation 16
England
Vanderlylle Crybaby Geeks
BONUSTRACKS der Sendung
Walk-Off
Sin-Eaters
Slow Show (live, Brooklyn Academy, May 2010)

Und wer’s hören will … klickt hier
The National online