Stadtteilradio Itzling und Elisabethvorstadt im Dezember: HappyLab, die neue offene Werkstätte und syrische Tradtitionen

Selber eine Stoppuhr basteln und programmieren, Kurvenlineale ausschneiden und das eigene Kiteboard designen – endlich ist es auch in Salzburg für jedermann und jedefrau möglich! Seit Anfang Oktober gibt es das Happylab im Techno-Z und bietet vielfältige Möglichkeiten sich kreativ auszutoben.
Im zweiten Teil unserer Sendung ist Zivar bei zu Gast. Sie verrät uns ein syrisches Keksrezept und beschreibt uns die Feste, bei denen in Syrien Kekse gebacken werden.

 

hier werden Kurvenlineale selber gemacht

hier werden Kurvenlineale selber gemacht

Hier wird an einer Stoppuhr gebastelt

Happylab

 

(c) Mohammad Sadeqi

Redaktionsteam Martha Schweissgut und Fatma Ahmad Said Foto: Mohammad Sadeqi

 

Das Leben im syrischen Überwachungsstaat Teil 4: Die Sicherheit des Besuchers

Syrien 2009

Und was merkt man als Ausländer in Syrien vom Überwachungsstaat?
Syrien gilt gerade wegen der gut organisierten Geheimpolizei als sicheres Land. Wobei ich mich doch manchmal belästigt fühlte, wenn ich den Herren vom Dienst an weniger touristischen Orten erklären und rechtfertigen musst, was ich dort wolle.
Vor allem je näher man Richtung Osten, Richtung irakischer Grenze, reist, desto nervöser werden die Behörden. Als Ausländer muss man sich bei der Ankunft am Busbahnhof umgehend bei der dortigen Polizei an- und bei der Abreise wieder abmelden. Es kann auch passieren, auf offener Straße nach dem Ausweis gefragt zu werden. Zu viel Kontakt mit Einheimischen wird mit Argwohn betrachtet, was ein Bekannter von mir zu spüren bekam, als er zum örtlichen Polizeichef zitiert wurde, nachdem er mich in sein Haus eingeladen hatte. Natürlich steht hierbei die Sorge um die Sicherheit des Besuchers im Vordergrund! Mit Vorliebe wird dann auf eine Kanadierin hingewiesen, die vor einiger Zeit in Syrien verschollen ging und bis heute nicht mehr auftauchte.

Auch in den größeren Städten wird man als Ausländer überwacht. Die Hotels müssen Meldung machen, wer gerade dort wohnt und wer an Ausländer Zimmer vermietet, muss deren Identität mit Passkopien bei diversen Stellen melden.

Der Gedanke, auf Schritt und Tritt überwacht zu werden ist äußerst unangenehm und schnell nimmt man ein bisschen die syrische leicht paranoide Verhaltensweise an. Nur nicht zu viel darüber nachdenken und bloß nicht auffallen.
Als Ausländer kann man aber wieder ausreisen, die Syrer müssen mit und in ihrem System leben.
Sie nehmens aber mit Humor und sind stolz darauf, ein ausgesprochen gastfreundliches, offenherziges und kommunikatives Volk zu sein.

Das Leben im syrischen Überwachungsstaat Teil 2: Nur nicht auffällig hinsehen!

Syrien 2009
Was ist im Alltag eines „normalen Bürgers“ zu spüren von der Existenz der Geheimdienste?

Jahrzehnte der Überwachung haben sicherlich Spuren in der syrischen Psyche hinterlassen. Je nachdem liegt der persönliche Geisteszustand zwischen paranoider Angst und lethargischer Gelassenheit. Ausserdem lieben die Syrer Verschwörungstheorien. Die Führungselite gibt dafür Stoff genug. Nach Basil al-Asads Unfalltod beipielsweise gab es, trotz offiziellem Statement, viele Spekulationen, wer ihn getötet habe, vom israelischen und amerikanischen bis zum syrischen Geheimdienst und zur Assadfamilie selbst. Vor allem Rifaat al-Asad wird gern als Drahtzieher des Mordes genannt. Der Bruder von Hafez, der selber gerne Präsident geworden wäre, musste nach einem Putschversuch 1983 ins Exil und gibt sich dort, jetzt reicher Geschäftsmann, als Regimekritiker. Immer wieder hört man von Rivalitäten, Schießereien und mysteriösen Selbstmorden innerhalb der Führungselite, über die das Volk mit einer Mischung aus Sensationslust und der Vorliebe für Gerüchte, wird über alles und jeden geklatscht, getratscht und Intrigen gesponnen.
Weniger harmlos sind die zu jeder Tages und Nachtzeit hinter allen Ecken herumschleichenden Geheimpolizisten, in zivil gekleidet sind, mit geübtem Auge jedoch leicht am einheitlichen Schnurrbart und den Schuhen erkennbar. Sogar am Hausberg von Damaskus, dem Qasyun, begegnet man diesen Herren – als Müllsammler getarnt Sorge tragend, dass die Leute sich nicht an die falschen Stellen setzen, über die falschen Themen reden oder die Dinge beobachtet, die einen nichts angehen.

In der Nähe der Präsidentenvilla oder ähnlich delikaten Objekten stehen dezent in schwarze Anzüge gekleidete unauffällige Männer. Als Passant sollte man nicht zu viel Interesse für die Gebäude der Mächtigen zeigen. Ein Syrischer Freund merkte einmal an, dass wir nun am Haus des Präsidenten vorbeifahren würden. Nichtsahnend zeigte ich mit dem Finger und fragte „meint du dieses Gebäude da?“ Er zuckte zusammen und schrie mich an: „Bist du wahnsinnig? Nur nicht auffällig hinsehen, sonst schnappen sie uns!“

Ähnliche Reaktionen löst es aus, auf offener Straße das Wort Israel oder den Namen mancher Staatsführer zu laut auszusprechen. Misstrauische Blicke und ein ängstliches „Pssst“ des Gesprächspartners lassen spüren, dass Politik nur im privaten Rahmen erlaubt ist.

Doch auch dieser private Raum wird zensuriert. Diverse Internetseiten, z.B. von vielen ausländischen Zeitungen, unterliegen einer staatlichen Sperre. Nach welchen Kriterien die zu sperrenden Webseiten ausgewählt werden bleibt allerdings ein Rätsel. So ist Beispielsweise Facebook gesperrt, auf die Seite von Amnesty International und der anderer Menschenrechtsorganisationen kann man hingegen ganz frei zugreifen.
Und der Grund, warum youtube gesperrt sein soll, ist amüsant: Dort kursiert ein Video, auf dem zu sehen ist, wie ein Windstoß den Rock der Präsidentengattin lüftet.
In den meisten Internetcafes kann man aber sowieso auf alle Webseiten zugreifen, da diese die Sperre mit speziellen Programmen umgehen. (Stand 2009)

Vorsichtig hingegen sind die Syrer bei e-Mail Kontakt. Hier wird nur Belangloses geschrieben, wie Kettenbriefe oder lustige Geschichten.
Wer im Netz unvorsichtig ist, riskiert Gefängnis. So wurde auch mein guter Freund xxx aufgrund seiner kritischen Beiträge in seinem Webblog ins Gefängnis gesteckt. Dort saß er mit Mitgliedern von Al-Quaida in einer Zelle. Aber das ist eine andere Geschichte…

Das Leben im syrischen Überwachungsstaat Teil 1: Die Dreifaltigkeit

Syrien 2009.

Von der Wand blickt die Dreifaltigkeit auf die Untertanen herab. Der Vater ist Hafez al-Asad, Präsident Syriens von 1971 bis zu seinem Tod 2000. Der Sohn ist Bashar al-Asad, Nachfolger „des Alten“, der heilige Geist sein älterer Bruder Basil, der 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Dass so ein Ende nicht ohne Mordgerüchte von statten gehen kann, versteht sich von selbst, wenn man bedenkt, dass eigentlich er dem Vater hätte nachfolgen sollen. Jahrelang wurde das Volk darauf propagandistisch vorbereitet, während der kleine Bruder in England Augenmedizin studierte. Nach dem Tod Basils wurde er eiligst zurückgeholt und zum Nachfolger aufgebaut. Im Jahr 2000 war es dann soweit, doch bis heute schmücken neben seinen Fotos die des Vaters und des Bruders die Wände Damaskus´.

Die syrische Dreifaltigkeit Basil - Bashar - Hafez

Soweit zur politische Ikonographie. Dahinter stehen eine ganze Reihe von Institutionen, Personen und Familien, auf denen das Regime aufbaut.

Hafez stützte seine Macht auf die Armee und die 4 Geheimdienste, die ihm direkt unterstanden. Mittels ihnen sorgte er für die Stabilität seiner Macht und des Landes, griff, wenn notwendig, extrem hart durch. So zum Beispiel als er 1982 Hama, damals ein Zentrum der Muslimbrüder, bombardieren ließ und dabei 20 – 30 000 Menschen ums Leben kamen.

Alle Bereiche, die die Sicherheitsbedürfnisse des Systems nicht direkt tangierten, wurden vernachlässigt. Bildungswesen, technischer Fortschritt, Bevölkerungsexplosion, Wirtschaft.

Als Bashar an die Macht kam, war die Hoffnung auf politische und wirtschaftliche Öffnung des Landes groß. Im sogenannten „Damaszener Frühling“ wurden viele politische Gefangene amnestiert, Diskussionen und Versammlungen oppositioneller Gruppen erlaubt. Im Zuge einer gut gemeinten Kampagne gegen die Korruption wurden einige Ex-Minister, Offiziere und Parteifunktionäre suspendiert oder verhaftet. Bauernopfer – denn die alte Garde um den verstorbenen Präsidenten wurde nicht wirklich angetastet. Und 2001, nach dem 11. September, war es schon wieder vorbei mit der politischen Freiheit. Eine Verhaftungswelle folgte. Was blieb, war eine gewisse wirtschaftliche Öffnung. Erstmals wurden ausländische und syrische Privatunternehmen erlaubt.

Das Land veränderte sich von einer Autokratie zu einer Oligarchie, kontrolliert von Militär und hohen Parteifunktionären, viele noch aus den alten Tagen des Vaters Hafez. Die Geheimdienste spielen nach wie vor eine wichtige Rolle. Sei es im Ausland, beispielsweise bei der Ermordung des libanesischen Politikers Rafik al-Hariri 2005, oder im Inland bei der Bespitzelung und Verhaftung unangenehmer Bürger.

Dass dabei nicht zimperlicher umgegangen wird als früher, zeigten die Geschehnisse 2004 in Qamishli, als es zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen arabischen und kurdischen Fußballfans kam, bei denen syrische Sicherheitskräfte gegen die Kurden exzessiv Gewalt anwendeten und Massenverhaftungen durchführten.

Nach wie vor sitzen hunderte politische Gefangene in Haft, es gibt zahlreiche Berichte über Folterungen und Misshandlungen.