> Download: Nachtfahrt der Perlentaucher im Dezember 2013 (Part 1) und/oder Nachtfahrt der Perlentaucher im Dezember 2013 (Part 2) – Ein feuchtfröhlicher Seelenstriptease durch alle 24 Fenster des Adventskalenders. Wir öffnen eins nach dem anderen und uns/euch einander Aussichten und Einblicke hinter die verchristlichte Betriebsamzeit dieses stilldunklen Übergangs vom Friertod ins Neuleben. Freilich zaubern wir dabei auch Verborgenes hervor, längst vergessen Geglaubtes, vielschichtig Verwobenes oder überhaupt vollkommen Verrücktes. Keine Ahnung, was sich daraus dann im Verlauf der Sendung ergeben wird – aber irgendeinen dramaturgisch roten Faden braucht es halt immer, auf dass sich all unsere konfusen Mitbringsel daran zu mitteilender Gestalt kristallisieren. Alles weitere werden wir erleben, hören, sehen, spüren. In diesem Sinne „Keine Macht der Seistaadsgewalt!“ und „Wir sind ein geiles Medium…“
Ich weiß nicht, seit wann dieses Bild dort schon herum hängt (aber es kommt mir vor, als wäre es mindestens eine Ewigkeit) oder wer es überhaupt gemalt hat (auf jeden Fall ist es saugut und verkörpert für mich den Spirit jenes Ausnahmelokals, das seit den späten 80ern dem „etwas anderen Publikum“ in Salzburg Herberge bietet). Beginnen wir also hier diesmal unsere Adventreise. Man sollte eh viel öfter mal wieder ins Schnaitl schaun! Eine jener Perlen, die ich unlängst entdeckt habe, ist übrigens der Song „Gilead“, den der sonst aberwitzig schnellsprechende und -singende Rainald Grebe über seinen 15-monatigen Zivildienst in einer deutschen „Nervenheilanstalt“ gemacht hat – oder besser, über die Stimmen der dort von ihm angetroffenen Insassen, Patienten, „Verrückten“ (und was ist bitte „normal“ ??) – sehr betroffen, sehr innerlich – und eben unaufgelöst. Hier schon mal ein Textauszug:
am eingang, an der pforte saß ein mann, der war schon alt.
„treten sie ein, ich bin der förster vom silberwald. ich wünsche ihnen einen schönen arbeitstag. und jetzt stecken sie ihren penis nach links. das linke hosenbein ist weiter, hat ein weiser schneider gesagt.“
wahnsinn, wahnsinn, wahnsinn, wa-wa-wa-wa-wa-wahnsinn.
wahnsinn, wahnsinn, wahnsinn, absurdes theater.
„gott sei dank – ich bin entmündigt! fotze fotze fotze fotze fo…! na, verhaften sie mich doch! fotze fotze! die gedanken sind frei!“
manisch heißt konkret, dass du sieben tage nicht mehr pennst. sie betreten den platz des himmlischen friedens und landen in der wannsee-konferenz.
und als ich ging, da war ich guter dinge. ich vergess‘ euch nie, ich steig jetzt in mein boot. und ich hab gesagt, ich will immer für euch singen. mein katamran steht vor der tür und der ist feuer-, feuerrot. gilead…
Derlei bedenkend ergeht es einem kaum besser mit anderen ausgelöschten Existenzen, auf deren Luftgräbern diese Stadt aufgebaut wurde – und immer noch wird! In dem Zusammenhang sei an ein Salzburger Musikprojekt erinnert, das wie kein anderes den hierorts herrschenden Gewaltsinn der Gleichgültigkeit in Liedern und Texten darstellen – und somit entlarven konnte: Rotz! 😉 Eine Band, die besagte Ausnahmequalität in den Jahren ihres vierköpfigen Auftretens (und bei ihrer Teilnahme am FM4 Protestsong-Contest) in einem solch erheblichen Ausmaß erreichte, dass wir hier schon von einer (längst vermissten und schlechterdings für unmöglich erachteten) „Salzburger Schule“ des Sehens und Aussagens sprechen müssen – zumal die Rotz’schen Songstrukturen nie nachgebastelt wirken, sondern stets eigensinnig selbsterdacht daher kommen. Auch hierzu ein Textauszug aus Faule Wörter:
Ja dein Urteil kennt keine Gnade
Deine Botschaft hat viel Biss
Dabei weißt du doch genau
Nichts ist für immer, nichts gewiss
Ich sehne mich nach dem in dir
Der nichts beweisen muss
Weil wir alle Schatten sind
Und gar jämmerlich zum Schluss
Und du siehst mir in die Augen
Doch du erkennst mich nicht
1000 Welten voneinander entfernt
1000 Wörter – und jedes sticht
Faule faule Wörter
Du spuckst auf deine Liebe
Nennst dich selbst Rebell
Du kennst die beste, neue Mode
Mit deinem Urteil bist du schnell
Bruder komm befreie mich
Mit deinem zarten Kuss
Weil wir sonst Schatten bleiben
Und Idioten bis zum Schluss
Faule faule Wörter
Noch Fragen? Dann einfach einschalten, mitleben, zuhören… 😛 Und keine Angst – das Witzige am wirklichen Frohsein ist ja doch, dass es unvermittelt aus den Trümmern des Abgrundstürzens auftaucht. So auch in dieser Sendung, versprochen! Tjo, tjo, tjodürü… Und jetzt Muuuuuuuh!

„Ich fühle mich lose. Irgendwie heimatlos. Ich weiß nicht wirklich wer ich bin, was ich hier eigentlich zu suchen habe, wo ich hin gehöre… Ich beginne gerade mich auf die Reise zu machen… Ich will weg! Weg von Salzburg! Weg von Zuhause! Weg von den Straßen, deren Namen ich kenne! Weg von den Gebäuden, deren Anblick mich anwidert! Weg von den barocken Kirchen, Lustgärten und den ewig-gestrigen maskierten Nazis, die alles Andersdenkende versuchen auszurotten! Ja, mir ist schon bewusst, dass ich mich diesen Mechanismen und gesellschaftlichen Standards nicht völlig entziehen kann, aber ich muss raus! Ich möchte andere Landschaften sehen, andere Leute und Dialekte kennen lernen. Ich möchte zumindest temporär fliehen. Und sei es nur für einen Tag…“
Denn Pläne müssen sich ändern dürfen! Wenn man zu sehr an einer Vorstellung oder einem Konzept festhält, erstarrt man und wird unflexibel, unbeweglich, unvorbereitet auf Dinge die man nicht beeinflussen kann! Und im Endeffekt bleibt man enttäuscht auf dem kalten, nassen Boden der Erkenntnis sitzen… Wenn man allerdings die Planung etwas lockerer und offener angeht, sich einlässt auf Neues und vielleicht alles Bisherige auf den Kopf stellt, können sich einem Bilder, Begegnungen und Abenteuer eröffnen, die man niemals erahnt hätte. Ich halte die Naivität des Kindes sehr hoch und wenn ich durch eine Stadt gehe, öffne ich Augen, Ohren und Hände für die kleinen Details, die unbeachteten Facetten, die schwer wahrnehmbaren Zwischentöne, die Energie der Bewegung, das Unerwartete. Ich bleibe im Fluss, der sich stetig wandelt, der sich immer verändert. 



Da bin ich also… Allein auf der Straße ins Nichts auf der ich mein Leben lang schon war, die mich vorran trägt und meinen müden Geist. Meine Gedanken sind Nebelschwaden und Rattennester, mein Atem ein verfaultes Stück Holz, meine Beine und Arme nur Auswüchse eines Geschwürs das sich Körper nennt. Meine Lippen vermögen es nicht einen anständigen Satz zu formen und meine Augen sind erlöschende Flammen. Ich sehe nichts. Ich schmecke nichts. Ich fühle nichts. Nur meinen Herzschlag – immer weiter trommelnd. Ich höre Stimmen in den Baumwipfeln die mir flüstern: „Jeder trägt ein Totes mit sich.“ Ich verstehe. Aber ich will nicht verstehen, ich will be-greifen! Ich möchte jedes Wort, jede Silbe mit meinen verdorrenden Händen fühlen, zerlegen, neu zusammensetzten, einen neuen Sinn stiften, eine neue Sprache finden… ICH will NEU sein! Das ist wohl der Grund wieso ich mich auf diese Reise begeben habe… Aber der Grund verändert sich, verwandelt sich, schwebt vor meinen Augen als Licht – so nahe und doch so weit entfernt. Ich versuche es zu berühren, doch greife ich ins Nichts. Ich taumle, falle zu Boden, stehe wieder auf, gehe weiter. Ich sehe Tempel – alt, überwuchert – gepfählte Fratzen die mich auslachen, einen Mann gekleidet in schwarze Seide. Er reicht mir die Hand. Er reicht mir seine Stimme. Er reicht mir sein Herz. Er reicht mir seine Seele. Ich nehme an und erkenne…
