Über artarium

Seit Herbst 07 "das etwas andere Kunnst-Biotop" in der Radiofabrik und seit Anfang 09 daselbst "im Schatten der Mozartkugel" als Artarium unterwegs. Immer auf der Suche nach neuen Gästen, Themen und Gestaltungsformen... Hochfrequenter Wortwetz- und Mundwerksmeister zwischen Live-Unmoderation und Poesie-Performance. Psychodelikate Audiocollagenkunst, stimmungsexzessive Hörweltendramaturgie, subversiver Seelenstriptease, unverzichtbares Urgewürz und... In diesem Unsinn zeig ich euch hier einen tieferen! Ab- und hintergründige Neu- und Nettigkeiten aus der wundersamen Welt des Artarium, seinen Gästinnen und Hörerichen. Kunnst mi eigntlich gern ham. So do mi - i di a! Bussal...

Ariadne von Schirach

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 17. März – Vorab erst mal von Schirach. Dieser Name. Da war doch was, abgesehen von dem von uns sehr geschätzten Schriftsteller Ferdinand von Schirach. Genau, der böse Baldur, der zur Zeit des 2. Weltkriegs als Gauleiter von Wien für die Judendeportationen verantwortlich war und der deshalb auch im Nürnberger Prozess verurteilt wurde. Der war ihr Großvater. Als ebenfalls Nachfahr von zumindest angebräunten Ahnen interessierte es mich zunehmend, wie die Kinder und Enkel der damals Verantwortlichen mit ihren Familiengeschichten umgehen. Und da stieß ich auf einen Vortrag von Ariadne von Schirach, in dem sie einen überaus bemerkenswerten Satz prägte: “Martin Heidegger, den wir trotz seiner Angebräuntheit und sehr schlimmer Verfehlungen als klugen Denker achten wollen…”

Ariadne von SchirachUngefähr zur selben Zeit entdeckte der Hase ihr Buch “Du sollst nicht funktionieren” und davon angeregt auch seine Liebe zur Philosophie. Spätestens als er ihr nächstes Werk “Die psychotische Gesellschaft” zu sich genommen (und mir weiter empfohlen) hatte, beschlossen wir, irgendwann einmal unbedingt eine Sendung über diese Denkerin zu machen, die zugleich lebensfroh und verwegen in Erscheinung tritt. Man kann es auch so sagen: Bei ihr wohnen Gefühl und Verstand sehr nah beieinander und kommen wie zwei benachbarte Saiten auf einem Instrument auch gemeinsam in Schwingungen. Diesen Umstand erkennt, ja erspürt man besonders dann, wenn man sie live lesen oder eben vortragen hört. Für die vielen, die das nicht persönlich unmittelbar erleben können, haben wir diese Buchvorstellung aus dem Literaturzentrum Hamburg als Beispiel gewählt. Es geht dabei um ihre jüngste Veröffentlichung “Glücksversuche”, einen Essayband mit dem schönen Untertitel “Von der Kunst, mit seiner Seele zu sprechen.” Die Autorin lädt uns darin ein, ihre Selbstversuche nachzuvollziehen.

Das ist insofern erfrischend, als hier nicht “eine Bescheidwissende” daher ratgebert, wie wir, genau nach Rezept und erstens, zweitens, drittens glücklichere Menschen werden könnten oder gar müssensollen. Stattdessen denkt, spürt und erlebt sie uns hier dar, was für sie zur Entwicklung einer sinnvollen Lebensweise beitragen kann, die nicht in Gehorsamkeit gegenüber was auch immer für Autoritäter*innen, sondern die in eine selbst zu entdeckende, selbst zu erschaffende und selbst zu gestaltende Daseinsform mündet – die noch dazu imstande ist, ihre Ambivalenzen auszuhalten.

Es ist also eine Ansammlung von Angeboten, auf die wir uns einlassen können, sie auszuprobieren oder auch nicht, aus der wir auswählen können, was sich für uns als stimmig anfühlt, was entsprechend sein könnte, was uns neugierig macht, hier und da tiefer einzudringen und (das erinnert mich jetzt an die Kreisky-SPÖ in den 70ern) “ein Stück des Wegs gemeinsam zu gehen.” Nicht zuletzt (und hier schließt sich ein Kreis) habe ich mich in ihre Stimme verliebt, die viel von dem fühlbar macht, was sie mit ihren Gedanken ausdrückt. Fühlen und Denken ergänzen einander vortrefflich.

 

Und überhaupt, einen Ariadnefaden können wir doch alle gut gebrauchen …

 

Peter Gabriel – i/o (das Album)

> Sondersendung: Artarium vom Sonntag, 10. MärzJa, da schau her, eine Doppelstunde. Warum denn das? Weil Peter Gabriel (nicht der evangelische Pfarrer aus Hallein) ein neues Album herausgebracht hat. Und das ist uns eine Betrachtung wert, die über das übliche Vorstellen und Abspielen desselben hinaus geht. Nicht, dass wir es nicht spielen würden – allerdings erst in der zweiten Stunde, nachdem wir zuvor einige inhaltliche Anregungen aus dem Gabriel’schen Gesamtwerk beleuchten wollen. Über das Album i/o selbst (das bei uns im Dark-Side-Mix stattfinden wird) ist eh schon allerhand Sinnvolles gesagt worden. Über seine eigenartige Entstehung lässt sich auch auf Wikipedia noch einiges erfahren. Dass Peter Gabriel uns sowohl im Artarium als auch bei der Nachtfahrt schon länger begleitet, dürfte bekannt sein.

Peter Gabriel i/o CoverDas erste, was uns aus dem neuen Album ins Auge sprang, war das KI-generierte Video zu “Panopticom”. Allein dieser Begriff und die dazu angestellten Überlegungen aus der wundersamen Welt im Kopf des Erfinders würden längere Studien erfordern. Die Ideen dahinter sind aus einer selbstermächtigenden Umkehrantwort auf jenes im 18. Jahrhundert von Jeremy Bentham erdachte “Panopticon” entstanden, das später als Grundkonzept für die Gefängnisarchitektur diente und als Urstruktur jedweder zentralisierter Überwachung gilt. Dass sich ein ausgewiesener Menschenrechtsaktivist wie Peter Gabriel, immerhin Mitbegründer von Organisationen wie Witness und The Elders, für die Umkehrung oder besser noch Auflösung unterdrückerischer Machtverhältnisse einsetzt, liegt auf der Hand. Dass er uns in seine vielschichtigen Überlegungen dazu, dahinter und noch darüber hinaus einlädt, das ist eine Herausforderung an unsere Phantasie – und erfordert eben ausführlichere “Studien” im Sinn eines Überwindens von überkommenen Vorstellungen, Denkstrukturen und Gefühlsgewohnheiten

Doch wie soll das gehen? Hier kommt die andere Seite von Peter Gabriel ins Spiel, die uns schon immer fasziniert und beeindruckt hat. Und hier tut sich eine mögliche Verbindung zwischen der Innenwelt jedes Einzelnen und der “Welt da draußen” mit all ihren scheinbar so unverrückbaren Gegebenheiten auf. “Sind es die falschen Geschichten, die wir uns kollektiv erzählen?” fragt sich der Biologe und Genetiker Johannes Vogel. Der selbst- und therapieerfahrene Musikkünstler Peter Gabriel hat sich in seinen Arbeiten immer wieder dort hinein versetzt, wo diese entstehen.

In der Psyche von Menschen in Extremsituationen wird deutlich, was da alles aus dem Abgrund des Unbewussten empor steigt, um uns entgegen aller Absichten “fernzusteuern”. Zum Beispiel “Intruder” (1980) oder “Mercy Street” (1986) oder auch “Darkness” (2002)immer wieder lebt sich Peter Gabriel als Protagonist innerseelischer Vorgänge dar, die mit seiner eigenen Gefühlswelt verbunden sind, und das spürt man auch. Jetzt führt er auf “Live and let live” einen neuen Begriff ein – “Forgiveness”, einen Schlüssel zur persönlichen wie auch kollektiven Befreiung.

 

Wie auch immer das gemeint sein sollte, wir wollen es uns genauer anschauen.

 

PS. Mitlesen macht schlau: Die Songtexte zum ganzen Album von Peter Gabriel.

 

Auf der Fährte des …

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 8. März – Und wieder einmal verbinden wir zweierlei. Unsere gemeinsame Fahrt auf der Fährte des Lebens und das, was wir neuerdings unter unendlichen Möglichkeitsformen als interessante Spuren erschnuppern. Es gibt eine neue Ausstellung inmitten all der bekannten, oft schon verblassten und im “Wind Of Change” verwehten Fundstücke vergangener Expeditionen. “Nein, zurück wollen wir reisen zum Ursprung der Sprache, zu den Quellen der Musik und den Wurzeln der Bilder und Träume.” Machen wir uns also auf den Weg – zu uns selbst und zu dem, was uns Menschen verbindet. Wir zeigen euch, was uns auf dieser Reise begegnet und was wir für lebenswertvoll erachten. Wir stellen unsere Eindrücke als dreistündigen Hörfilm in eure Seelenlandschaft

Auf der Fährte des ...Einige der Entdeckungen, die wir unterwegs gemacht haben, wollen wir euch zur näheren Betrachtung anempfehlen, zumal sie auch in uns so einiges an Denk-, Gefühls- und Wahrnehmungserweiterung über uns selbst und die Welt, in der wir leben, zum Vorschein bringen. Hier sei zuallererst ein Lied von Robert Herbe mit dem Titel “Das Festival ist abgesagt” erwähnt. Haben wir überhaupt auch nur ansatzweise verstanden, was die Zeit der Lähmung während der Corona-Pandemie in unseren Leben angerichtet hat – und wie sehr uns ihre psychischen Spätfolgen immer noch beeinträchtigen? Die unmittelbare Darstellung des Kultur-Lockdowns aus der Sicht des engagierten Lichtbildners erreicht uns heute wie in einer Zeitkapsel konserviert und ermöglicht so eine nachträgliche Neuberechnung unserer tatsächlichen Position. Chapeau! Wir leben und bewegen uns einerseits in uns selbst, entwickeln uns dabei hoffentlich weiter, befinden uns andererseits aber im Austausch mit der Außenwelt.

Auf der Fährte des ...Eine Annäherung an all das, was “da draußen vor sich geht” (und was sich eben auch in den Menschen abspielt) bietet “Agries Meres” von Yannis Paxevanis, mit dem der mannigfach ausgezeichnete Dokumentarfilm AGORA II von Yorgos Avgeropoulos beginnt, hier auf Deutsch (in der ARD-Mediathek):

Wenn die Lüge zur schönen Wahrheit wird
Wenn die Farben in Schwarz versinken
Wenn der Frühling sich wie Winter anfühlt
Wenn das Feuer nicht mehr wärmt

Hart sind die Zeiten

Weitere Annäherungen daran, wie die inneren Bewegungen mit den Zuständen um uns her in Verbindung stehen, stellen noch andere (mehr als nur) Musikprojekte vor: Sampling the World von Arthur Henry, ein ambitionierter Versuch, mit Bildern und Sounds das Gemeinsame von Menschen mit dem Lebensgefühl in ihren jeweiligen Heimatorten einzufangen – und wiederzugeben. Unlängst erschien ein Video mit dem Titel “I remix the people of KYIV” und versetzte uns auf die Fährte seiner Arbeiten, die bezeugen, dass “da draußen” viel mehr Einfühlsame umgehen als wir glauben …

Auf der Fährte des ...So wie auch Yevgeniy Breyger, aus dessen Buch “Frieden ohne Krieg” wir in dieser Nachtfahrt das Gedicht “Streu.Obst” zweistimmig vortragen werden. Unsere Begegnung mit ihm bei seiner Lesung im Literaturhaus hat einen längst überfälligen Kontakt von erlittenen Schrecklichkeiten mit einer tiefen Gefühlswahrnehmung für das Lebendigsein geschlossen. Etwas, wonach wir schon immer und immer wieder suchen, findet sich auf der Fährte des … Alles? Nichts? Lebens? Peter Gabriel hat es in “Live and let live” so formuliert: “Just how much does it have to hurt before you let go the pain? Just how deep does it have to be before you yearn to be free again?” Der Begriff “Forgiveness” muss auf jeden Fall noch näher untersucht werden, was so wie hier damit gemeint ist und inwieweit er sich als Schlüssel zur Befreiung vom erlebten Unrecht eignet (wir werden dem in einem Artarium nachgehen). Eins ist deutlich wahrnehmbar: Es riecht verdächtig nach einem möglichen Ausweg aus der Spirale der Gewalt in und um uns.

Folgen wir dieser Fährte

Every wound can lock you away
You can walk or you can choose to remain
Everyday can pass you by
While you were holding the key

 

Frieden ohne Krieg

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 25. Februar — In unserer letzten Nachtfahrt über Verdrängungen (etwa bei 1:25:35) stellt Christopher Yevgeniy Breygers neues Buch “Frieden ohne Krieg” vor – und mir fährt die ganze seit zwei Jahren angestaute Wut über dieses tagtägliche Verbrechen namens “Ukrainekrieg” aus dem Gesicht. Kurze Zeit später ist auch mir klar, dass ich diesen Autor, der etwas in Worte gefasst hat, das ich so lange Zeit in mir gespürt habe und dabei nie sprachgedanklich zum Ausdruck bringen konnte, unbedingt livehaftig erleben will. Und so besuchten wir am Montag seinen feinerweise von prolit organisierten Auftritt im Literaturhaus, um den Menschen hinter den Gedichten kennen zu lernen. Was wir dabei erlebt haben – und wozu uns diese Begegnung inspiriert – davon erzählen, spielen und lesen wir heute.

Yevgeniy Breyger - Frieden ohne KriegDie doch recht plötzliche Bewusstwerdung der Tatsache, dass es nun schon zwei Jahre sind, seit wir erstmals vom ungezügelten Ausbruch der russischen Gewalt gegen die Ukraine sprachlos geworden sind, nötigt uns nachgerade zu einer neuerlichen Betrachtung unserer damaligen Reaktionen. Und zur Überlegung, auf welchen Weg wir uns seitdem gemacht haben, ja, wohin uns das alles inzwischen führt. Ich erinnere mich an unser fast schon verzweifeltes Festhalten am Werk einzelner Künstler aus den “betroffenen” Ländern, an das Herbeizitieren exemplarischer Reaktionen aus aller Welt, die wir als irgendwie “gegen den Strom” empfanden – und an einige Ausblicke hinter den “kyrillischen Vorhang”, die uns mit der Gefühlswelt der Menschen in Verbindung bringen sollten, von denen wir so viel hörten – und die wir doch so wenig verstehen. Da fällt mir die unlängst erst in einem Dokumentarfilm erläuterte дедовщина ein. Die russische Gesellschaft ist von dieser “Häfenhierarchie” schon so durchsetzt wie ein Brot von einem Schimmelpilz. Die Begrifflichkeit dieses Gewaltsystems kommt in deutschsprachigen Medien kaum jemals zur Erwähnung. Ob das vielleicht damit zusammen hängt, dass die allermeisten von uns nicht sehen, nicht spüren und auch lieber gar nicht wahrhaben wollen, von was für schädlichen Myzelen unsere eigenen Gesellschaften durchwuchert sind? Um bei der Pilzmetapher zu bleiben – wir sitzen alle im selben Brot. Das Brot ist voll.

Von Yevgeniy Breyger heißt es, in ihm seien zwei Persönlichkeiten zugange, eine traumatisierte und eine kindlich verspielte. Diese beiden Seiten seiner selbst derart in Balance zu bringen und auch zu halten, das macht die Faszination seiner Sprache als ein Unterwegssein zu sich selbst aus, dem man ohne abspaltende Verrenkungen des Geistes begleitend beiwohnen kann. In Frieden ohne Krieg tritt uns der Mensch hinter dieser Sprache als jemand entgegen, der sich entschlossen hat, auf dem Weg zu sich selbst zu bleiben, ohne Maskierung und künsltiche Pose, einfach offen …

“Frieden ohne Krieg” – das ist ein richtiger Denksprengstoff für die Gegenwart.

Danke.

 

Perlentauchen mit Tommy Tinte

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 18. Februar Perlentauchen, das ist so eine Lebenshaltung, aus der viele unserer Sendungen entstehen. “Inmitten des Schlamms der Kulturgeschichte entdecken wir Wertvolles, das wir, wenn es uns gefällt, weiter verarbeiten und so dem geneigten Publikum darbieten.” Sogar eine ganze Sendereihe trägt den Begriff in ihrem Titel, nämlich die monatliche Nachtfahrt der Perlentaucher. “Finding places and things” ist eine unbewusste Schnupperarbeit, bei der man nie genau sagen kann, wie sie sich vollzieht. Nur, dass sich manchmal auch mitten in den widerlichsten Umständen, wie etwa in der Kloake des Spätkapitalismus, plötzlich und auf wundersame Weise der Vorhang ins Reich des Schöpferischen einen Spalt breit auftut und dadurch ein kostbares Kleinod der Phantasie zum Vorschein kommt.

Perlentauchen mit Tommy TinteZum Beispiel auf Facebook, das bei kritischeren Geistern längst Inbegriff des blödblökenden KI-gesteuerten Nachplapperns von gemachter Meinung oder sogar das Schattenreich der Filterblase ist. Mitten dahier gibt es allerdings Menschen, die quasi “gegen den Strom” unbeirrt ihre ganz eigene Welt erschaffen – und darstellen. Der von uns oft und gern gelesene Schriftsteller Peter Hodina wäre da zu nennen, der mit seinen Träumen und philosophischen Exkursen beinah täglich den Mahlstrom des Mainstream ad absurdum führt. Oder die Musikpädagogin Alrun Pacher, die uns feine Einblicke in die Sprach- und Gefühlswelt ihrer Musikkinder nehmen lässt. Und – “tätärätäää” – an diesem Fund wollen wir die heutige Sendung aufhängen – der deutsche Autor und Historiker Thomas Riechmann, der nicht nur im sozialen Medium als Tommy Tinte in Erscheinung tritt, uns dortselbst aber speziell mit seinen Bildern und Textminiaturen erfreut, von denen wir einige vorstellen werden.

Beim weiteren Perlentauchen (Google ist wirklich voller Schlamm) haben wir so eine “Zeitschrift trotz Philosophie” namens “Der Lichtwolf” gefunden, in deren Heft 54 “Extase” ein Artikel von Tommy Tinte mit dem Titel “Drei Gläser Wasser” auftaucht, im Inhaltsverzeichnis angeführt unter Philosophistik & Misosophie”. Darüber hinaus treibt es den Autor unter seinem bürgerlichen Namen in dem nicht ganz unbekannten Periodikum Die Zeit um. Tommy Tinte wiederum lebt auch als Ideengeber für Kinder. Wir wollen das Prinzip Perlentauchen in der Geschichte zum Artikelbild beleuchten:

Auftragsarbeit für ein Kinderzimmer. Gespräch mit dem betroffenen Kind:

Was soll ich malen?
Kind (im Bockigkeitsmodus): Grrr. Mal halt nen Tier.
Was für ein Tier?
Kind: Füsch.
Welche Art von Fisch?
Kind: Schrecklichkeitsscheißefüsch.
Ok (gesagt, gemalt)

Ist der Seeteufel der richtige Fisch für ein Kinderzimmer?
Darf man den Seeteufel freundlicher malen, als er in Wirklichkeit ist?
Verunsichert man Kinder mit ungeschminktem Realismus?

 

Navigating by the Stars

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 11. FebruarWir spielen heute das ganze Album “Navigating by the Stars” von Justin Sullivan, dem wir über die Jahre schon in vielerlei verschiedenen Facetten seines Schaffens begegnet sind. Zunächst einmal in seiner bekanntesten Erscheinungsform als Sänger und Texter von New Model Army oder im Anagramm ihrer selbst Raw Melody Men. Sodann auch gemeinsam mit Joolz Denby als Teil des Trios Red Sky Coven, das Musik mit Geschichten und Gedichten verknüpft. Und nicht zuletzt als genauso feinsinniger wie gefühlvoller Kulturkritiker, der uns bei generellen Gedanken zum Wesen des Zuhörens befruchtete. Also wenn sich jemand schon so oft und auf vielfältige Weise in unseren Sendungsthemen und Musikauswahlen bemerkbar gemacht hat – dann bitte auch sein erstes Soloalbum!

Justin Sullivan - Navigating by the StarsDoch einmal abgesehen von der reinen Vollständigkeit des lyrischen Kosmos gibt es ein paar weitere Gründe, weshalb wir Navigating by the Stars für höchst hörenswert erachten und es euch daher auch unbedingt ans Herz legen wollen. Ich zum Beispiel mag keine in die Jahre gekommenen Poseure, die wie ständig wiederauferstehende Folklorezombies eine einstmals eingeschlagene Stilrichtung zum Blödspaß und Kassengeklingel des Publikums bis zum Erbrechen wieder und wieder wiederholen. Das hört (und spürt) sich für mich an wie tagein tagaus das Immergleiche essen und dabei nicht einmal merken, dass es längst fad schmeckt. Justin Sullivan dagegen ist ein Künstler, dessen Gefühlswelt und Ausdrucksform sich seiner Lebenserfahrung gemäß verändert, ohne dass seine Person dabei nicht mehr zu erkennen wäre. Das ist durchaus etwas Erwähnenswertes in diesen Zeiten gestaltloser Beliebigkeit um des Geldes Marktes Erfolges willen. Ihn beschäftigen die Themen, die das Leben in seine Welt spült, mit zunehmendem Alter anders als früher und das hört man auch.

Schon auf früheren Alben von New Model Army finden sich einige ruhige, nach innen gekehrte Balladen, die von Endlichkeit und Verwandlung erzählen, wie zum Beispiel das zutiefst berührende “Marrakesh”. Oder das ganz stille Lied “Nothing Touches”, in dem eine zunehmende Gefühllosigkeit und das gleichzeitig vorhandene Bedürfnis nach unmittelbarer Berührung dargestellt werden. Jetzt zum Vergleich “Sentry” aus Navigating by the Stars, das die andauernde Ambivalenz von einerseits Sinnsuche und andererseits Zusammenhanglosigkeit in Gestalt des einsamen Soldaten zeigt:

I’ve seen so much more than I wanted to see
The flies all swarming round in the blistering heat
Layer upon layer here of the same old curse
The red blood draining until the blood red earth
In the end we tell the stories just the same
And only the names are changed

Dass wir mit diesen Gefühlen nicht am Grund des Abgrunds aufschlagen (und gibt es in der Bodenlosigkeit überhaupt so etwas), das vermittelt uns auf vielfältige Weise (im Text, in der Musik, in der Stimmung, im Arrangement) das in unseren Augen und Ohren Meisterstück dieses Albums “Green”. Eine eindrucksvolle Beschreibung des Übergangs von einer Welt in die nächste, von einer Gefühlsbefindlichkeit in die Erweiterung derselben und von einem Bewusstseinszustand in einen anderen (um hier nur einige zu nennen). Nie war Fliegen beim Zuhören selbstverständlicher

Tonight again I′ll dream I’m walking across the room in the moonlight
I′ll throw the windows open wide
Smell the falling dew outside
I’ll climb out onto the roof
Close my eyes
And I’ll begin to fly

 

Verdrängungen

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 9. Februar – Rainer Maria Rilke drückt es in seinem bekannten Buch Briefe an einen jungen Dichter folgendermaßen aus: “Vielleicht sind alle Drachen unseres Lebens Prinzessinnen, die nur darauf warten, uns einmal schön und mutig zu sehen. Vielleicht ist alles Schreckliche im Grunde das Hilflose, das nur von uns Hilfe will.” Und Peter Gabriel sagt in seinem Song Darkness über jenes Abgespaltene in uns, das einerseits wunderbares Leben verspricht – das zu spüren uns andererseits mit Todesangst erfüllt: “The monster I was so afraid of lies curled up on the floor, is curled up on the floor just like a baby boy. I cry until I laugh.” Verdrängungen aber sind so viel mehr als nur ein psychologisches Phänomen, das uns durch Herausfiltern und Ausblenden sich aufdrängender Überreizung schützt.

VerdrängungenWir kennen Verdrängung meist aus dem Zusammenhang unrühmlicher “Vergangenheitsvergewaltigung”, womit ein hierzulande verbreitetes “So tun, als ob nichts gewesen wäre” als Reaktion auf das Trauma des 2. Weltkriegs sowie aller damit einher gehenden Schrecklichkeiten des Nationalsozialismus beschrieben wird. Und als individuelle Antwort der Psyche auf Bedrohung, Verletzung und jede andere außergewöhnliche Belastung. Ganz Österreich, so könnte man daher sagen, ist eine posttraumatische Belastungsstörung. Und wir möchten da antworten: Ganz Österreich? Nein! Ein von unbeugsamen Kindern bevölkertes Radio hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten … Und so nähern wir uns dem magischen Vorhang, der uns von uns selbst trennt, während wir ganz weit hinten im Unbewussten wissen, dass wir mit dem, was wir nicht spüren können, schon immer verbunden sind und es auch immer sein werden. Es müssen andere Verdrängungen geschehen als die, die wir zu kennen glauben.

VerdrängungenEine andere Wirklichkeit dringt unmerklich ein und verdrängt wie von selbst die bisherige. So wie (ja, es muss wieder ein Scheißbeispiel her) ein anderer Stamm von Darmbakterien, der das Verdaute zu wohlgeformter Wurst verklärt, jene bisherigen verdrängt, die sich unförmiger bis hin zu formlos auf das auswirken, was wir stets unbemerkt verstoffzuwechseln trachten. Oder wie eine neue Luftmasse aus wärmeren Gefilden den schon viel zu lange im Talkessel gestauten Kaltluftsee einfach ob ihrer schieren Ausbreitung daraus hervor verdrängt. Diesen Bildern ist eins gemeinsam – sie verdeutlichen Vorgänge, die in unserer inneren Entwicklung genauso stattfinden wie rund um uns in der Natur. Warum also leiden wir wie die Zerrissenen am Nichtzusammenkommen mit uns selbst, wo doch überall, vom Klima bis ins Gedärm, alles so zueinander findet, wie es sein soll? Liegt es vielleicht daran (und Klima ist hier ein gutes Stichwort), dass wir durch menschliche Einwirkungen von unserer Natur (und der Natur im allgemeinen) entfremdet worden sind? Der gespaltene Mensch, ein Zivilisationskrüppel, der sich für den Rest seines Daseins nur noch mühsam auf den Krücken einer künstlichen Intelligenz durch die zerfallenden Landschaften seiner untergehenden Welt schleppt?

VerdrängungenVerdrängungen. Aus der Bedrängnis entspringt ein Drang. Ein dringendes Bedürfnis, all die sich fortwährend vordrängelnden Aufdringlichkeiten der Zivilisationskultur irgendwohin abzudrängen, wo sie uns nicht mehr beim Scheißen stören (will sagen beim Selbstwerden und Verdauen).

Was will uns der Dichter sagen?

Im Verdrängten liegt die Kraft

dring, drang, drung – Verdrängtes treibt uns um
steuert heimlich oder schläft bis zur Explosion
schützt zwar eine Zeit lang gut doch wird alsbald zu Gift
so drängt das Stillgemachte ohne Dringlichkeit
will wieder sprechen, singen und aus der Versenkung
heraus zurück zum Rest, der ja nur darauf wartet
die Ausgestoßenen in die Arme zu nehmen
dring, drang, drung – Verdrängtes treibt uns um

Verdrängungen eben ….. Gfrei di

 

Leoparden

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 28. Januar – Warum eröffne ich die heutige Sendung mit einem Joseph-Goebbels-Zitat? Wo es doch eigentlich um mein ganz persönliches Begleitwesen gehen soll – den Leoparden. Das hat viel mit dessen Vielgestaltigkeit in meinem Leben zu tun, taucht er oder sie (und manchmal sind es auch viele) doch oft als Beschützer, als Weggefährte, als Ideenspenderund als zutiefst beruhigende Erinnerung an meine Lebendigkeit auf. Meine ursprüngliche Wesensart, die jahrzehntelang unter traumatischen Verrenkungen verschüttet vor sich hin schwelte, in der zugemüllten Umgebung von Familienangehörigen, die durch ihren Glauben an den Nazischwachsinn geradezu lebensgefährlich waren für jedes lebenwollende Kind (wie ich eines war – und nach wie vor bin). So reimt sich das

Panther sind eben auch LeopardenDer Panther, den Rilke in seinem Gedicht so meisterlich beschreibt, ist übrigens ebenfalls ein Leopard. Das wusste ich mit ungefähr sieben Jahren noch nicht. Damals verliebte ich mich in einen der 3 Jungs aus der Comicserie Roy Tiger, nämlich Khamar, der mit seinem Begleittier Sheeta (einem schwarzen Panther) nicht nur irgendwie kommunizieren konnte, sondern von ihm sogar aus realen Gefahren gerettet wurde. Sowas wollte ich auch, und zwar dermaßen, dass ich mir von meiner Mutter zu Ostern nichts anderes wünschte, als eine Begegnung mit diesem Typen, egal ob in Salzburg oder in Indien. Ihre Antwort war niederschmetternd und versetzte mein Verständnis von Phantasie und Realität (und ihr sich wechselseitig bedingendes Verhältnis) für lange Zeit in einen unlösbaren Konflikt. Ich erhielt am Ostermorgen einen Brief von Khamar, allerdings in ihrer Handschrift, die ich sogleich erkannte. Das allein schon war eine Beleidigung.

Der Inhalt des Briefs jedoch zerstörte meine Welt. Mein Angebeteter teilte mir darin mit, dass ein Treffen mit mir unmöglich sei, und zwar mit folgender Begründung: “Mich gibt es nur in deiner Phantasie, nicht aber in der Wirklichkeit.” In der Handschrift meiner Mutter wohlgemerkt. Damals verließ ich sie innerlich für immer und kam auch später nur noch in manchen Bestandteilen wieder zu ihr zurück, soweit dies für mein Überleben eben notwendig war. Heute zerknurren mir meine Leoparden diese Angst, die mich so lang davon abgelenkt hat, mich selbst wieder als Ganzes zu erleben.

Was das jetzt wiederum mit Wolfgang Niedecken zu tun hat? Einmal abgesehen von den Leoparden-Assoziationen, die sein meisterliches Bob-Dylan-auf-Kölsch-Album “Leopardefell” bei mir hervorruft, ist er ein Bruder im Geist, was das Verbearbeiten von traumatischem “Nicht-mehr-miteinander-reden-können” oder “Einander-nicht-mehr-erreichen” anbelangt. In seiner Autobiographie “Für ’ne Moment” beschreibt er beeindruckend, wie schleichend das Schweigen zwischen ihm und seinem Vater ausbricht. Bei “Diskretion” aber beginnt jemand in mir erkennend zu schnuppern

Verdammp lang her   …   Den Text von BAP auf Kölsch und Hochdeutsch gibts hier.

 

Selke spricht Sprachen

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 21. JanuarDer Salzburger Komponist und Grafikdesigner (und sonst noch so allerhand) Sascha Selke hat unlängst auf seiner Bandcamp-Seite ein Spoken-Word-Album mit dem vielsagenden Titel “Selke spricht Selke” veröffentlicht. Über die darin enthaltenen Stücke schreibt er (es gibt noch so etwas wie Liner-Notes) folgendes: “Es waren die letzten meiner Texte, die noch sinnvoll vorlesbar waren. Danach wurden meine Worte immer abstrakter, immer spröder und unzugänglicher, bis sie letztlich in meinen Händen zerfielen. Ich wandte mich von den Worten ab und fand eine neue Sprache: die Musik.” Wir wollen uns diesen Übergang von einer Sprache in eine andere gemeinsam mit euch anschauen – also eigentlich anhören – getreu dem uralten Radio-Claim: “Ihre Ohren werden Augen machen.”

Zum Ende des vorigen Jahres kam ein schönes Album mit Texten von Rainer Maria Rilke heraus, das dem großen Dichter der untergehenden Donaumonarchie mehr als nur ein Denkmal setzt. Wie wir wieder aus den Liner-Notes erfahren, ist diese Aufnahme eine sehr persönliche Danksagung für die sprachliche wie auch menschliche Inspiration durch Rilkes Lebenswerk. Einige der bekannteren Gedichte, wie etwa Der Panther, werden so einfühlsam und zudem eigenwillig interpretiert, dass sie uns (die wir Oskar Werner als Standard hörgewohnt sind) völlig neue Wahrnehmungsebenen erschließen. Das haben wir auch sogleich für die Signation/Collage zur heutigen Sendung verwendet. Sascha Selke schreibt: “Rainer Maria Rilkes Werk ist für mich seit meiner Jugend ein Quell der sensibelsten und einsichtsreichsten Sprache, ein Erlebensort der Wunder und der wundervollen Alltäglichkeit, ein Rückzugsort für Schmerz, Trauer, Zuversicht, und allem voran: eine Umarmung unserer Menschlichkeit, mit allen Schwächen, allen Stärken, allen Ängsten, aller Zuversicht.” Dem wollen wir nichts mehr hinzufügen.

Doch eine Frage, nämlich die nach der Wesensart von Kunstvermittlung, soll zu diesem Thema unbedingt noch “angeschaut” sein. Zum einen heißt es im Hinblick auf Rilke: “Meine Sprache versagt, sollte ich sagen, was er mir gegeben hat. Aber ich kann seine Worte sprechen, und ich kann sie euch weitergeben.” Und zum anderen bei der atmosphärischen Komposition “The Wooden Room Inside The Neon Tower”: “So, there was this giant city, its towers rising up into the clouds, and in the highest tower of them all, there was a …” Well, let the music tell the story. What story do *you* hear?

Da lebt der Panther in mir auf, er wittert jene Fährte, die ihm das Finden der selbst gewählten, völlig neuen Sprache für den Ausdruck seiner Eindrücke verspricht …

 

Auf in ein neues Jahr

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 12. Januar – Nachdem wir im letzten Jahr bis zur Wintersonnenwende vorgedrungen sind, jener finstersten aller Nächte, in der das Licht des Lebens zum einen verschluckt zu werden droht und zum anderen doch in seltener Klarheit vom Grund allen Seins hervor glitzert, wenden wir uns jetzt dem neuen, noch ungestalteten Jahr zu. Dem wohnt, und das ist wohl bei jedem Neuanfang so, “ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben”. So steht es geschrieben, jedenfalls bei Hermann Hesse, und dem wohnt überhaubst einiges an Wahrheit inne, liebe romantische Rebellen und alle Menschen, die hier zuhören. “Out of the Dark – Into the Light”, das ist so ein Seelenthema zwischen Weihnachten und Neujahr – und weit darüber hinaus in vielerlei Lebensaspekten.

Auf in ein neues JahrSchon bei der Auswahl einer entsprechenden Bebilderung kamen die beiden gleichzeitig vorhandenen Aspekte der noch nicht Gestalt gewordenen, doch bereits erkennbaren Eigenheit dieses gerade erst begonnenen Jahres zur Geltung. Dazu drängte sich die gespiegelte Perspektive von feststehenden Bäumen durch bewegtes Wasser auf, Lichtspiel zahlloser möglicher Formen hinter all dem, was im Augenblick zu erscheinen scheint. Und genauso ergeht es uns auch bei der Auswahl der verschiedenen Hörbeiträge – ganz egal ob da am Fenster eine Kuh vorbeifliegt oder ob das in dem Fall Socken sind – es spielt diesmal vieles mit unserer Wahrnehmung und mit unseren Gewohnheiten, deren Befreiung aus dem unverspielt Eingekasterlten oftmals erst im surrealen Moment gelingt. Dies sollte uns aber keine Angst vor dem Verlust jeglicher Orientierung machen, zumal die ja ohnehin aus ganz anderen Erfahrungen des “am Leben Seins” gespeist wird …

Auf in ein neues JahrNatürlich wird uns dieser Übergang von einem alten in ein neues Jahr mit unseren bisherigen Erlebnissen sowie mit dem, was wir uns wünschen und demgemäß vorhaben, konfrontieren. Und es wäre kein organischer Übergang, wenn nicht auch der Titel unserer letzten Nachtfahrt zusammen mit dem Titel der nunmehrigen einen sinnstiftenden Satz bilden könnte: “Durch die Nacht … auf in ein neues Jahr.” Vorbehaltlich dessen, was nicht in unserer Macht liegt. Das Unverfügbare ist eben unverfügbar – doch wo es beginnt und wo es endet (und ob überhaupt) – das bleibt offen. Und so schöpfen wir aus aus unseren gemeinsamen Radioabenteuern und werfen unsere Entwürfe für etwas Neues voll vewegenen Vertrauens in die Welt. Dieses noch Unbekannte, jedoch in der Rückschau auch immer schon Vorhergewusste ist unser Selbstdarleben im Zwischenreich der Gestaltwerdung. Wir balancieren auf einem schmalen Grat zwischen dem Geplanten und dem sich Ereignenden, über ein Meer aus Bewusstem und Unbewusstem und aus fortwährend vom einen ins andere Übergehendem. Und wir lernen die Kunst, dies sowohl zu steuern als auch geschehen zu lassen, ohne dabei zu verzweifeln oder den Verstand zu verlieren

Auf in ein neues JahrZu abgründig? Nun, wir sehen dem neuen Jahr, in das wir uns auch mit euch gemeinsam aufmachen, voller Zuversicht entgegen, dass es so gut und schön wird, wie wir es vorhaben. Es gibt keinen Unterschied zwischen Abgrund und Glückseligkeit, bloß zwei Seiten ein und desselben. Wir sind sowieso damit beschäftigt, die Welt zu reparieren, und das ist das beste Jahresmotto, das uns bislang untergekommen ist. In diesem Sinn wird es auch heuer wieder genug Platz für die widersprüchlichsten Stimmungen in unserem Radiotum geben, und wir laden euch ein, dieselben gemeinsam mit uns zu durchwandern, sie euch anzuverwandeln – und dadurch besser zu verdauen, was uns allen vollkommen zu Recht schwer im Magen liegt. Auf ein fröhliches Scheißen, möchte man da sagen. Und wer schon einmal tagelang an Verstopfung gelitten hat oder die Lebensgeschichte von Martin Luther kennt, der kann nachempfinden, was das alles mit Erlösung zu tun hat. Allen anderen wünschen wir ein erfahrungsreiches

Ach Herrgott, jetzt zeig doch mal bitte den verschissenen Hasen!