GÖTTERFUNK mit GUESS WHY (live & unplugged, 16.08.2012)

Am 16. August präsentierte GÖTTERFUNK, die Sendung für Bands und Musikschaffende aus Salzburg auf der Radiofabrik, GUESS WHY. Von Vorbildern wie Arctic Monkeys, The National und Editors geprägt hat sich die junge Salzburger Band der Alternative Music verschrieben. Mit einem guten Schuss Verplantheit versetzt haben sie sich in kurzer Zeit in die Salzburger Musikszene gedrängt und 2011 ihre erste EP Paranoid City veröffentlicht 2011. Im Götterfunk erzählten sie über ihre noch junge Karriere und boten live & unplugged bemerkenswerte Hörproben aus ihrem bisherigen Schaffen. Auf Moderationssessel saß Oliver Baumann.


Viel Spaß beim Nachhören

Stadtteilradio Aigen 2012-09-28 Citybikeguide Salzburg

Ein Mensch fährt gerne mit dem Rad,

doch oft wird’s ziellos,

weil gründlich er des Weges sich vertan,

ob rechts, ob links, oder besser gar nicht,

er  weiß sich keinen Rat,

weil er nämlich

IHN

noch nicht hat.

IHN,

den neuen Ratgeber für Radfahrer,

 

den CityBikeGuide Salzburg,

eine mit viel Radler Schweiß sorgfältig erstellte

Sammlung von 25 Fahrradtouren für Genußradler und Familien

in und um die Stadt Salzburg.

 

Im Stadtteilradio Aigen gibt’s heute die Präsentation dieses neuen Guide durch die Mitautorin Antje Kindler-Koch im Gespräch mit Felix Freisinger.

 

NeueTöne September: Rückkehr aus dem Urlaub….

Il rientro dalle vacanze e´ sempre traumatico. Cerchiamo di affrontarlo al meglio con qualche consiglio e, come sempre, con buona musica: in questa puntata vi presento i nostrani Marina Giaccio, Ali Salvioni con i „Settore Giada“, L’Orage, Paul Bernardoli & Francis P., ed infine i Soap&Skin per l´Austria!

Die Rückkehr aus dem Urlaub ist immer traumatisch. Hier ein Paar Ratschlägen und, wie immer, gute Musik: in der heutigen Sendung Marina Giaccio, Ali Salvioni mit Settore Giada, L’Orage, Paul Bernardoli & Francis P. aus Italien, und schließlich die Soap & Skin aus Österreich!

http://cba.fro.at/63371

 

Das falsche Herz

Podcast/Download: Das Artarium vom Sonntag, 30. September präsentiert den Filmemacher Cajetan Jacob – im Livegespräch über seinen brandneuen Film „Das falsche Herz“, der hier in Salzburg vom 5. bis 13. Oktober im Mozartkino gezeigt wird. „Wer sich den Film ansehen möchte sollte besser starke Nerven mitbringen. Das Falsche Herz verzichtet weitgehend auf Hollywoodklischees und setzt auf ruhige Bilder. Das tut der Spannung allerdings keinen Abbruch: Schreckhafte Gemüter finden sich gerade im letzten Drittel des Films schnell vor den Kinotüren wieder.“ So steht es etwa auf Vorarlberg Online. Und Cajetan selbst schreibt dazu: „Unser Film ist ziemlich harter Tobak.“ Dabei kommt einem diese Geschichte von einer lesbischen Liebesbeziehung im Umfeld der skurrilen katholischen „Pöschlianer-Sekte“ zunächst ziemlich anheimelnd entgegen, etwa mit wunderschönen Stimmungsbildern längst untergegangener ländlicher Idylle…

Man fühlt sich auch durch das gemäßigte Tempo der Szenenfolge in einen Heimat- oder Historienfilm mit einem leichten „Werner Herzog Touch“ versetzt und bewundert die schon fast überirdisch anmutenden Lichtstimmungen, die an Waldwanderungen und Spätherbsttage erinnern.

Doch unter der Oberfläche lauert unmerklich das Grauen. Und es ist keinesfalls ein plakatives Grauen, möchte man meinen! Langsam, aber sicher kippt dieser Film auf eine schiefe Ebene und steuert einem Abgrund entgegen, den man nicht für möglich hält (oder den man lieber nicht als folgerichtig und konsequent erkannt hätte!) Alles trägt in sich etwas Anbahnendes, etwas zunehmend Fortreißendes, etwas Unausweichliches – und das wartet und wirkt in jeder Andeutung. Nicht genug, dass sich inmitten der volksgläubig frömmelnden Umgebung eine durchaus handfeste sexuelle Liebesgeschichte zwischen einer Adeligen und ihrem Dienstmädchen entwickelt, die mit dem Fortgang der Handlung immer fordernder, elementarer und bedeutsamer wird. Nein, auch das katholisch-abergläubige Geistesgefüge der Dorfbewohner ringsumher gerät durch manipulative Machenschaften des Hilfspfarrers Thomas Pöschl und seiner Anhängerinnen immer mehr durcheinander und es entstehen so grausame Geheimrituale, dass man nicht mehr zu erkennen vermag, was zuerst da war – die Religion oder der Irrsinn.

Alles vermengt sich und zieht uns wie in einem Strudel zum Höhepunkt. Die zwei Handlungsstränge sind längst unentwirrbar mit einander verknüpft – und laufen doch nach wie vor langsam neben einander her. Wir leiden mit und wollen die verwegene Hoffnung nicht aufgeben!

„Das falsche Herz“ (Interview) ist ein wesentlicher Film, der sich nicht scheut, in unangenehme oder besser weitgehend verdrängte Zusammenhänge einzudringen. In bester Michael Haneke Tradition seziert er allgemein für gültig, normal und richtig Gehaltenes, treibt es behutsam ins Extreme und betrachtet sodann die Entwicklung des Geschehens wie unter einem Mikroskop. Dabei widerfährt einem Erkennen und Verstehen ohne moralischen Prügel und ohne erhobenen Zeigefinger, sondern subtil zwischen den Zeilen als ein sehr weit hinten im Bewusstsein kaum noch wahrnehmbarer Prozess. Und das ist auch gut so – bei einem einerseits so brisanten wie andererseits derart durchdefinierten und phraseologisch zugequatschen Thema wie eben der Verrücktmachung des Menschen durch religiöse Wahnideen. Denn wo fängt sie an, die perfide Durchdringung des menschlichen Gewissens mit Begriffen wie „sündhaft, schmutzig, schlecht“ – und wie weit reicht sie, bis in unsere Zeit, diese überhebliche Verunglimpfung menschlicher Sexualität und Selbstbestimmung im Namen irgend einer „höheren“ Idealvorstellung?

PS. Das könnte euch auch interessieren – die Sendung „Evangelische Deformation“ mit Eindrücken von Michael Hanekes Film „Das weiße Band“. Und ein Passwort zum Download der ungekürzten Sendungskopie gibt es wie immer auf persönliche Anfrage! 🙂

OCBoddity 225 – 227 (27.08./10.09./24.09.)

OCBoddity – das bürgt seit über acht Jahren für Rock, Pop & Indie at ist Best and at ist Newest! Und das war – selbst wenn OCB jüngst bei der online-Präsenz gespart hat – auch in den letzten Woche nicht anders: Rund 20 Neuerscheinungen – vom Two Door Cinema Club über Get Well Soon zu Mumford & Sons – eine Handvoll Rückblicke in die Pop-Historie – auf Mott The Hoople und Peter Gabriels „So“ – und wie gewohnt unzählige Konzerttipps prägten die jüngsten Ausgaben von OCBoddity. Wer’s versäumt hat, kann hier nachlesen bzw. nachhören. Und für Anregungen, Wünsche und Nachfragen steht o.baumann@radiofabrik.at jederzeit zur Verfügung! OCBoddity – auf diese Töne können sie bauen!

PLAYLIST OCBoddity 227
Two Door Cinema Club, Someday
The Shins, No Way Down
David Byrne & St. Vincent, Who
Bonaparte, Sorry We’re Open
Passion Pit, Take A Walk
Get Well Soon, Roland I Feel You
Newton Faulkner, Write It On Your Skin
Band of Horses, Dumpster WOrld
Mumford & Sons, Holland Road
The Sea & Cake, Skyscraper
Wovenhand, Longhorn
Binder & Krieglstein, Sommer

PLAYLIST OCBoddity 226
Admiral Fallow, The Paper Trench
The Gaslight Anthem, Handwritten
The Darkness, Nothing’s Gonna Stop us Now
Band Of Horses, How To Live
Calexico, Sinner In The Sea
Train, You Can Finally Meet My Mom
Mott The Hoople, All The Young Dudes
Bob Dylan, Pay In Blood
John Hiatt, Wood Chipper
Neil Young & Crazy Horse, High Flyin’ Bird
Peter Gabriel, In Your Eyes

PLAYLIST OCBoddity 225
Morning Parade, Headlights
Two Door Cinema Club, New Year
Dr. Dog, Old Black Hole
Bloc Party, Octopus
The Tryp, Come To Wonderland
Me & My Drummer, Heavy Weight
The XX, Sunset
Trembling Bells & BPB, Ain’t Nothing Wrong With A Little Longing
Midnight Oil, The Dead Heart
Ivan & Alyosha, Fathers Be Kind
The Tallest Man On Earth, Leading Me Now
Animal Collective, Father Time
Leonard Cohen, Going Home

Zum Nachhören: OCBoddity 227 (24.09.2012)
Zum Nachhören: OCBoddity 225 (27.08.2012)

Anton Schubert – Salzburg

Anton Schubert

Anton Schubert

Anton SCHUBERT, geboren am 19. September 1910 in Groß-Kunzendorf (Österreichisch-Schlesien, hernach Tschechoslowakei), war katholisch, Sohn einer sozialdemokratischen Arbeiterfamilie, von Beruf Elektrotechniker und Gewerbeschullehrer und verheiratet mit Elisabeth Weinzierl, die zwei Kinder bekam: Anton, geboren am 16. September 1932, und Elisabeth, geboren am 19. August 1939 in Salzburg. Die Familie SCHUBERT wohnte im Salzburger Stadtteil Schallmoos, Stadlhofstraße 8 (vormals Gemeinde Gnigl-Itzling). Das schlichte Haus gehörte je zur Hälfte den Brüdern Anton und Richard SCHUBERT. Ihre Eltern Anton senior und Thekla SCHUBERT wohnten in Gnigl, Eichstraße 31.

Hörstolperstein Anton Schubert

Anton Schubert Stolperstein

Anton Schubert Stolperstein/Stadlhofstrasse 8

Anton SCHUBERT jun. (Deckname »Max«) übernahm im Februar 1941 die Leitung der kommunistischen Widerstandsorganisation im »Gau« Salzburg. Anfang 1942 wurde diese – wie auch die Organisation der Revolutionären Sozialisten – durch einen Spitzel enttarnt und in der Folge ausgelöscht.
Den inhaftierten Salzburger Widerständlern wurde erst nach dem Sieg der Roten Armee in Stalingrad der Prozess gemacht. Anton SCHUBERT jun. wurde am 6. April 1943 vom sogenannten Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt und am 22. Juli 1943 im Strafgefängnis München-Stadelheim enthauptet. Sein Bruder Richard wurde zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt und im Mai 1945 befreit.

Von Anton SCHUBERT jun. ist der an seinen Bruder Richard und seine Schwägerin Maria adressierte Abschiedsbrief erhalten:

Lieber Bruder und Schwägerin.
Nun muß ich mich auch bei Euch von dieser Welt verabschieden. Wenn Ihr meine Zeilen erhaltet, so habe ich auf dieser Welt schon ausgedient. Mein irdisches Leiden nimmt heute um 6 Uhr ein Ende. Ich scheide mit ruhigem Gewissen von dieser Welt. Möge es Euch gegönnt sein, den Krieg zu überleben, und möge Euch eine glücklichere Zukunft noch beschieden sein.
Eine Bitte habe ich an Dich, lieber Bruder, u. besonders Du, liebe Schwägerin, die Du ja am nächsten bei meiner lieben Frau bist, tröste meine Liebsten u. unterstütze sie, was in Deiner Macht steht. Ihr müsst Euch gegenseitig Trost u. Stütze sein. Ihr seid ja nicht die einzigen, von denen dieser Krieg Opfer fordert, und Ihr werdet auch stark genug sein, diese Opfer zu ertragen. Unser Leiden ist bald vorüber, für Euch dauert es doch Euer ganzes Leben. Vertragt Euch wie bisher, und macht Euch das Leben so angenehm, als es Euch möglich ist. Meine arme liebe Maus [Ehefrau] braucht jetzt eine starke Stütze, und die erbitte ich von Dir, liebe Schwägerin, auch für meine lieben Kinder. Mein armes Lisbetherl wird vergebens auf ihren Papa warten.
Nun seid zum letzten Mal gegrüßt u. geküsst von Eurem Toni.
Auch Erika habe ich nicht vergessen. Grüßt mir auch alle Bekannten zum letzten Mal recht herzlich.

Anton Schubert Sammelgrab

Anton Schubert Sammelgrab Kommunalfriedhof Salzburg

Auf Wunsch der Mutter Thekla Schubert las der Gnigler Pfarrer Franz Dürnberger eine Messe, worauf dieser verhaftet wurde (bis April 1945 im KZ Dachau). Auf Initiative des Landesverbandes Salzburg der österreichischen KZler, Häftlinge und politisch Verfolgten wurden die hingerichteten Widerstandskämpfer Heinrich Auer, Karl Schallmoser, Anton Schubert und Rudolf Smolik auf dem Forstfriedhof in München-Perlach exhumiert und am 14. Dezember 1952 auf dem Kommunalfriedhof in Salzburg feierlich bestattet  – unter Beteiligung des Pfarrers Franz Dürnberger.

Recherche: Gert Kerschbaumer
Gestaltung & Produktion: Felix Freisinger

Eduard Bigler – Salzburg

Eduard Bigler Stolperstein

Eduard Bigler Stolperstein/Schwarzenbergpromenade 60

Eduard BIGLER, geboren am 15. März 1868 in Wels, Oberösterreich, ein Sohn des jüdischen Ehepaares David und Rosa BIGLER, konvertierte 1894 in Wien zum evangelischen Glauben (Helvetisches Bekenntnis). Er war Kaufmann und Vizekonsul Argentiniens in Salzburg und wohnte seit 1921 im Stadtteil Äußerer Stein, Bürglsteinstraße 2. Im selben Jahr heiratete er in der evangelischen Christuskirche die evangelisch konvertierte Jüdin Jolanda GOLDBERGER, geboren am 14. September 1893 in Magyar-Szölgyen, Komitat Gran (Esztergom) in Ungarn.

Hörstolperstein Eduard Bigler

Im Jahr 1922 erwarb Eduard BIGLER im noblen Aigen bei Salzburg eine Villa, Schwarzenberg-Promenade Nr. 18 (heute Nr. 60), die er vermietete, den 1. Stock an die Beamtenfamilie Dr. Friedrich Hoch. Am 21. März 1938, somit nach dem »Anschluss« Österreichs an Deutschland, mussten Eduard und Jolanda BIGLER, die nach den Nürnberger Rassengesetzen als Juden galten, ihre Wohnung und ihr Büro in der Bürglsteinstraße räumen, worauf sie in ihre Villa in Aigen zogen, dort im Parterre ihre Wohnung und ihr Büro hatten. Im 1. Stock wohnte nach wie vor die Familie Dr. Hoch – eine unter dem NS-Regime sich ändernde Beziehung zwischen Vermieter und Mieter.

Auch im eigenen Haus geriet Eduard BIGLER alsbald in politische Bedrängnis, unschwer zu erkennen anhand des Grundbuchs (EZ 35): die ihm aufgelastete Judenvermögensabgabe von Reichsmark 5.000,– ist im C-Blatt als Pfandrecht der Reichsfinanz eingetragen. Der Eigentümer BIGLER sah sich gezwungen, seine Villa zu verkaufen: ein Vertrag, den der Reichsstatthalter am 9. Juli 1940 »auf Grund der Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens« mit einer »Arisierungsauflage« genehmigte. Das Ehepaar BIGLER durfte allerdings in seiner Wohnung bleiben, da ihm die neuen Eigentümer1, die nicht im Haus wohnten, ein Wohnrecht einräumten – daraus resultiert der niedrige Kaufpreis. Das Ehepaar BIGLER glaubte, durch die 1939 erworbene argentinische Staatsbürgerschaft vor weiteren Verfolgungen geschützt zu sein. Argentinien war bis Anfang 1944 ein mit Deutschland befreundeter Staat.

Eduard BIGLER war jedoch nicht mehr der Hausherr, sondern ein Mieter in seiner »arisierten« Villa. Sein ehemaliger Mieter, der Landesbeamte Dr. Hoch, war unter dem NS-Regime Leiter der Abteilung B des Landesernährungsamtes, in dessen Funktion er das Ehepaar BIGLER, »die Juden«, bei der Gestapo denunzierte, was beispielsweise aus dem Schreiben Dr. Hochs an die Gestapo vom Dezember 1942 hervorgeht (Zitate aus der nach der Befreiung angefertigten Abschrift der U. S. Civil Affairs Courts for Criminal Matters):

Ich bringe Ihnen zur Kenntnisnahme, dass das jüdische Ehepaar Eduard und Jolanda Bigler in dem Lebensmittelgeschäft UNION beobachtet wurde, als die Juden dort mehr als für zwei Personen zulässige Lebensmittelkarten der Stadt Salzburg, Lebensmittel-Einkäufe besorgten und so weiter. […] Auch benützen die Juden Eduard und Jolanda Bigler unerlaubterweise den Autobus und so weiter. […] Weiters beziehen die Juden Eduard und Jolanda Bigler ungesetzlich Milch. […] Heil Hitler Dr. Friedrich Hoch e. h.

Das Ehepaar BIGLER wurde am 28. Jänner 1944 – zwei Tage nach Abbruch der diplomatischen Beziehungen Argentiniens zu Deutschland – verhaftet und am folgenden Tag ins KZ Bergen-Belsen mit speziellem Lager für ausländische Juden deportiert. Dort wurde der 76-jährige Eduard BIGLER am 4. Juni 1944 ermordet. Seine jüngeren Brüder Alfred und Leopold, die eine Zeit lang in Salzburg gelebt hatten, wurden in Riga und Theresienstadt ermordet. Das Grab ihrer Eltern, die in Wels gelebt hatten, befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Linz.

Eduard BIGLERS Ehefrau Jolanda, die am 15. April 1945 die Befreiung des KZs Bergen-Belsen erlebte und nach Salzburg zurückkehrte, kämpfte bis zu ihrem Tod um Gerechtigkeit, um ihre Ansprüche und Rechte, unterstützt von der U. S. Civil Affairs Courts for Criminal Matters: Anzeige gegen den Denunzianten Dr. Hoch, Anträge auf Rückstellung ihrer Villa Schwarzenberg-Promenade 60, Anträge auf Opferfürsorge und Haftentschädigung (in den meisten Dokumenten aus der Nachkriegszeit lautet der Nachname die Witwe »de Biegler«, vermutlich seit ihrer argentinischen Staatsbürgerschaft).

Am 25. Jänner 1949 wurde Dr. Friedrich Hoch »im Namen der Republik« (Österreich) vom »Volksgericht« in Linz von der Anklage des Verbrechens der versuchten Denunziation nach § 8 Strafgesetz und § 7/1 Kriegsverbrechergesetz freigesprochen – nicht zuletzt dank der Interventionen des damaligen Salzburger Landeshauptmannes Josef Rehrl zugunsten seines Schwagers Dr. Hoch, der weiterhin Landesbeamter war.2

Frau BIGLERS Antrag auf Rückstellung der Villa wurde mit der Begründung abgewiesen, der Vermögensentzug sei nicht aufgrund politischer Bedrängnis erfolgt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 16. April 1953 wurde Frau BIGLER wegen »Querulantenwahns« für beschränkt entmündigt erklärt, sodass ihre Einsprüche und weiteren Anträge auf Rückstellung abgewiesen werden konnten (1960 wurde die Villa Schwarzenberg-Promenade 60 verkauft, seither nicht mehr im Eigentum der »Ariseure«).

Frau BIGLERS Antrag auf Opferfürsorge wurde im Jahr 1952 durch das Amt der Salzburger Landesregierung mit der Begründung abgewiesen, die Antragstellerin sei nicht österreichische Staatsbürgerin, daher nicht anspruchsberechtigt. 1959 wurde ihr immerhin Haftentschädigung durch das Bundesministerium für soziale Verwaltung zuerkannt, ein zu geringer Betrag, wie sich herausstellte, sodass Frau BIGLER wieder Einspruch erheben musste. Erst im Jahr 1962 wurde ihr der ihr zustehende Betrag gewährt.

Frau Jolanda BIGLER (de Biegler) starb am 17. Februar 1964 im Altersheim Hellbrunn.

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1 Die Eigentumsverhältnisse der zwangsverkauften Villa in Salzburg-Aigen, Schwarzenberg-Promenade 60, sind auf den ersten Blick schwer durchschaubar: Ida Embacher, der zuerst Zweidrittelanteile der Liegenschaft gehörten, war die Tochter der Hermine Pretsch, geborene Embacher, Betreiberin der beiden Etablissements in Salzburg, Herrengasse und Steingasse. Mutter und Tochter, denen schließlich alle Anteile gehörten, verkauften die Villa im Jahr 1960.

2 Dr. Hoch war in erster Ehe mit Marietta, geborene Spravka, verheiratet, Mutter zweier Söhne und seit September 1935 Patientin der Landesheilanstalt Salzburg. Die von Dr. Hoch geschiedene Frau wurde am 16. April 1941 nach Hartheim deportiert, dort vergast. Ihr älterer Sohn fiel zu Beginn des 2. Weltkriegs. Dr. Hoch, seit 1939 wieder verheiratet, zuletzt Hofrat in Ruhe, starb 1970 in Salzburg.

Quellen: Magistrat der Stadt Wels, Landesarchiv Salzburg und Linz, Stadtarchiv Salzburg, Israelitische Kultusgemeinde Linz, Evangelische Pfarrgemeinde Salzburg
Recherche: Gert Kerschbaumer
Gestaltung & Produktion: Felix Freisinger

Heinrich Schönberg – Salzburg

Heinrich Schönberg

Heinrich Schönberg

Manches wurde schon über Arnold SCHÖNBERG und den judenfeindlichen Ort Mattsee geschrieben, wenig aber über den im Schatten des prominenten Bruders stehenden Heinrich Schönberg, geboren am 29. April 1882 in Wien, Bassist und Opernsänger in Prag, wo sein Großvater mütterlicherseits, Gabriel NACHOD, jüdischer Kantor gewesen war. Seine Enkel wechselten den Glauben, zuerst Arnold und dann Heinrich, der am 6. Jänner 1917 in Wien, in der evangelischen Pfarre AB, eine Katholikin aus Salzburg heiratete: Berta oder »Bertel« OTT, eine Tochter des Bürgermeisters der Stadt Salzburg, Max OTT, der »Großdeutscher« war, wohl ein Liberaler und kein Rassist, andernfalls hätte sein Schwiegersohn nicht rund zwei Jahrzehnte im Bürgermeisterhaus, Chiemseegasse 6, 1. Etage, nahe der Salzburger Landesregierung im Chiemseehof, wohnen können – rare, im Privaten überlebende Exemplare einer deutschliberalen Gesellschaft, eine Symbiose, die mit dem Machtwechsel im Chiemseehof entzweibrach.

Hörstolperstein Heinrich Schönberg

Heinrich Schönberg Stolperstein

Heinrich Schönberg Stolperstein/Chiemseegasse 6

Wir wissen nichts Näheres über familiäre Konflikte im Bürgermeisterhaus, gewiss ist bloß, dass Heinrich SCHÖNBERG wegen der Nähe zur nationalsozialistischen Machtzentrale im Mai 1938 ausziehen musste, er jedoch gemeinsam mit seiner Frau, der das Haus Chiemseegasse 6 zur Hälfte gehörte, und ihrer damals 20-jährigen Tochter Margit nach Parsch übersiedelte. Ehe und Familie blieben noch intakt. Am 10. März 1941 wurde Heinrich SCHÖNBERG von der Gestapo verhaftet: »wegen Verdachtes des Besitzes falscher Urkunden […] Der genauere Grund der Inhaftierung konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, zumal im Jahr 1945 die bei der Polizeidirektion Salzburg verwahrten Akten verbrannt bzw. vernichtet wurden«, heißt es im Schreiben der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 1. September 1950. Unerwähnt bleibt darin Heinrich SCHÖNBERGS jüdische Herkunft, die unterm NS-Regime nicht verheimlicht werden konnte. Die Gestapo brauchte aber einen Vorwand, indem sie Heinrich »Israel« SCHÖNBERG, den Konvertiten in einer interkonfessionellen Ehe und Schwiegersohn eines verdienten Salzburger Bürgermeisters, unter dem Verdacht eines Verbrechens verhaftete und dabei ihr Vernichtungsziel verfolgte.

Heinrich Schönberg Urnengrab

Heinrich Schönberg, Urnengrab Kommunalfriedhof Salzburg

Am 23. April 1941 starb Altbürgermeister Max OTT 85-jährig, dem zu Ehren schon zu Lebzeiten in Salzburg ein Platz benannt worden war. Am folgenden Tag wurde sein Schwiegersohn, der sich im Polizeigefangenenhaus Salzburg eine Infektion, Sepsis, zugezogen hatte (ohne Fremdeinwirkung laut offizieller Darstellung), in das Inquisitenspital des Landesgerichts eingeliefert, wo der Gestapo-Häftling zu lange unbehandelt blieb. Im Landeskrankenhaus kam der chirurgische Eingriff, die Amputation des vergifteten Armes, zu spät. Am 1. Juni 1941 war der 59-jährige Heinrich SCHÖNBERG tot.

Davon erfuhr sein Bruder Arnold, der mit seiner Familie in die USA emigrierte und in Los Angeles lebte, im Brief vom 17. Juni 1941, den seine Nichte Margit in Salzburg geschrieben hatte – ein berührender, an ihre Tante Gertrude, Arnolds Ehefrau, adressierter Brief, der die nationalsozialistische Zensur zu durchlaufen hatte und daher wie eine literarische Camouflage zu lesen ist:

Salzburg, den 17. Juni 1941

Liebe Tante Trude!

[…] Heute muß ich Dir und Onkel Arnold nun die traurigste Nachricht vom Tode meines armen Vaters mitteilen. Papa hatte noch so viel durchzumachen, nach 2maliger Operation wurde der vergiftete Arm zuletzt noch abgenommen und einige Tage später, am 1. Juni, Pfingstsonntag ist mein Vati für immer von uns gegangen. Ich bitte Dich, Onkel Arnold dies mitzuteilen. Es wird ihn ja begreiflicherweise sehr erregen, deshalb habe ich auch den Brief nicht direkt an ihn adressiert. Gleichzeitig bitte ich Euch, uns nicht böse zu sein, daß wir nicht früher geschrieben haben – wir waren selbst so fassungslos traurig, daß wir einfach nicht dazu imstande gewesen wären. Telegramme sind uns ja leider unmöglich. Liebe Tante Trude, Du kannst Dir ja sicher denken, was dieses Unglück für uns – besonders für meine Mutti – ist. Vielleicht weißt Du, wie glücklich meine Eltern waren, das konnten sogar die vielen Enttäuschungen der letzten Zeit und all das Schwere, was Papa durchmachen mußte, nicht trüben. Er hat ja nicht nur physisch sondern auch psychisch sehr gelitten. […] Das ist ja innerhalb kurzer Zeit der zweite geliebte Mensch, den wir verloren. […]

Nun nochmals alles Liebe Eure Gitti

Margit SCHÖNBERG, geboren am 3. Mai 1918 in Salzburg, katholisch getauft, eine hochsensible junge Frau, die unterm NS-Regime als »Halbjüdin« galt, zerbrach an ihrem gewaltbedingten Leiden, ging an ihrer Isolation psychisch zugrunde, wurde zwar am 4. Mai 1945 befreit, konnte aber nicht geheilt werden. Sie starb 58-jährig in der Landesheilanstalt und wurde auf dem Kommunalfriedhof, Gruppe 113, im Grab ihres Vaters beigesetzt, zwei Jahre danach ihre Mutter, die 93-jährige Witwe Berta SCHÖNBERG.

Recherche: Gert Kerschbaumer; Foto: Arnold Schönberg Center, Wien
Gestaltung & Produktion: Felix Freisinger

Stolpern mit Kopf und Herz – gegen das Vergessen

Der Künstler Gunter Demnig erinnert seit 1992 an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Er will so die Erinnerung an die Vertreibung und Ermordung von Juden, von Roma und Sinti, von politisch Verfolgten, von Homosexuellen, von Zeugen Jehovas und von Euthanasieopfern im Nationalsozialismus lebendig erhalten. Inzwischen liegen rund 34.000 Stolpersteine in über 750 Orten in 10 europäischen Ländern.

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Demnigs Stolpersteine sind die Basis für unsere Hörstolpersteine im Radio, mit denen wir der Erinnerung eine akustische Dimension hinzufügen.

In der 30-minütigen Sendung über das Projekt Stolpersteine kommt Gunter Demnig ebenso zu Wort wie Marko Feingold, Gerhard Laber, Gert Kerschbaumer, Stolperstein-Anrainer und andere.

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Unter der Obrigkeit

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 23. September – Freihändiger Versuch zu Hierarchie und Untertänigkeit an mehreren Fronten gleichzeitig – am Beispiel der drakonischen Bestrafung von Pussy Riot wegen ihrer provokanten Kunstperformance in einer Moskauer Kathedrale oder auch der obrigkeitlichen Umbauplanung des Überfuhrstegs in Salzburg durch das Bauressort von Stadträtin Schmidt. Wie hängt das neofeudalistische Herrschaftsverständnis von „demokratisch gewählten Volksvertretern“ mit den verinnerlichten Glaubensinhalten und Vorstellungen einer „göttlichen Weltordnung“ zusammen, in der ganz oben an der Spitze der Macht ein allwissendes Wesen knotzt und von oben herab Befehle erteilt – über unsere Köpfe hinweg? Und so werden kritische Provokationen oft ganz schnell zur Blasphemie…

Im Angesicht solch versteinert wirkender Hierarchiestrukturen, wie sie uns auch in der Architektur vor Augen geführt werden, da fragt man sich: „Was nützt eine künstlerische Intervention?“ Oder wie es Josef Hader ausdrückt: „Wenn den Provokateur kein Blitz erschlägt, dann kommt halt auch kein Publikum.“

Kann man denn im ach so aufgeklärten Europa überhaupt noch provozieren – jedenfalls jenseits von islamkritischen Frauenfilmen oder Mohammed-Karikaturen? Aber versuchen wir uns trotzdem an ein paar kleinen Lästerungen – und spüren wir dabei den eventuellen Grenzen der Kunstfreiheit nach. Das gesunde Volksempfinden, Sitte und Anstand, öffentliches Ärgernis – oder religiöse Gefühle? Packen wir einmal den Schwanz des heiligen Aloysius als Adventkranzständer aus und behaupten wir frech, Peter Handke habe mit seiner Publikumsbeschimpfung den Ingeborg Bachmann Preis gewonnen. (Nein, das war Urs Allemann mit „Babyficker“ und es war der Preis des Landes Kärnten 😀 *muhaha*) Immerhin empfinden wir diese Sendung als widerständige Satire und wollen sie auch so verstanden wissen. Es lebe der postsowjetische Kapitalismus! Lyapis Trubetskoy – Capital 😉

Es ist schon eine wunderliche Welt, in der wir da leben. Ein ehemaliger KGB-Offizier regiert ganz Russland als „lupenreiner Demokrat“ (Zitat eines lupenreinen Hartz IV Gebers) gemeinsam mit der Staatskirche und quasi diktatorisch. Und eine Stadträtin der ÖVP verfügt über die Interessen der Menschen hinweg die Vollsperre des Überfuhrstegs während der gesamten Umbauarbeiten im kommenden Jahr, so als wäre sie nicht eine beauftragte Dienstleisterin der Stadtbevölkerung, sondern die Baumeisterin eines Barockfürsten, der schon mal das eine oder andere Stadtviertel planieren lässt, weil ihm gerade danach ist, sich mit ein paar repräsentativen Plätzen und Lustgärten zu verewigen. Hallo? Leben wir denn schon wieder im Geist des Ständestaats – in dem ein paar ehemalige Offiziere gemeinsam mit der Staatskirche das ganze Land quasi diktatorisch regieren? Aber nein doch – der Kirche ist die Überfuhr ohnehin gleichgültig und auch Frauen ohne Militärdienst dürfen heute in der Stadtregierung über die Bedürfnisse der Betroffenen hinweg bauen lassen, wie es ihnen gerade mal so vorkommt. Aussendung der Bürgerliste!  Wir wagen uns unter diesen Voraussetzungen kaum vorzustellen, wie gut man nach der Renovierung auf der geplanten „wellenförmigen Abdeckung des Mittelteils“ sitzen wird können. Das will aber eh niemand, oder? 😛 Wir werden also weiter dran bleiben müssen…

PS. Das Passwort zum Anhören der gesamten Sendung inklusive Musikbeiträge und Audio-Collagen gibt es – wie immer gern – auf Anfrage!