Die Kleingeldprinzessin

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 11. Oktober – Politisch, kritisch, Jazz, Folk, Klezmer, Liedermacherin, geile Texte, eigenes Label, im Duett mit Max Prosa – die Zuschreibungen sind so mannigfach wie die Zwischentöne dieser sehr speziellen Künstlerin, die mal solo, mal mit Band unterwegs ist. Nach ihrem Kurznamen DOTA heißt inzwischen auch das Gesamtprojekt so – und präsentiert sich vermittels einer erfreulich aufgeräumten Homepage. Von Dota Kehr ist hier natürlich die Rede, auch bekannt als Die Kleingeldprinzessin mit oder ohne Die Stadtpiraten. Wir spielen im Rahmen unserer Reihe Das ganze Album diesmal ihre CD „Immer nur Rosinen“, die uns im Ganzen als „die Rundeste“ – und vor allem textlich wesentlich erscheint. Aber ich lass jetzt lieber mal den Fachmann fürs „Eindrücke vermitteln“ ans Werk gehn:

immer nur rosinenEndlich!, rufe ich in die Nacht hinaus, in diese regenträge Nacht, und räume das Zimmer leer um Platz zu schaffen für die tausend Dinge, die ich schreiben möchte über dieses Album, welches schon viel zu lange auf der Vielleichtbank, der Irgendwanneinmalbank sitzt und der Gespieltwerdung harrt. Ich höre Dota Kehr, der Kleingeldprinzessin und ihren Stadtpiraten schon Jahre zu, ob es In anderen Räumen Blech + Plastik oder Immer nur Rosinen gibt, die jazzigen Klanggalaxien mit Bossa Nova und Klezmer-Einflüssen, umschließen mein Hörleben und zeigen immer wieder wie lebendig, wie lebhaft Liedermachen sein kann. Und wie so oft sind es die Texte, die mich von Anfang an aufhorchen ließen; die feinfühligen Beobachtungen, die zeitkritisch ziselierten Zusammenhänge in den vielschichtigen Geschichten, die umwerfende Umwälzung alltäglicher Wahrnehmungen, die Poesie flüchtiger Augenblicke, die Worte – hinter dem Sinn.

dotaIch warte hier, und mein Schreibtisch, Zeittisch, bloß von einer Wandlampe erhellt, so dass er zu meinem Mittelpunkt wird, meinem einzigen Bezugspunkt im grenzenlosen Schwarz, und ich höre Dotas Stimme, diese freundliche, einladende Stimme, folge der Musik, wohin auch immer; nach Berlin, in die Erdumlaufbahn, hinter die Lider, durchs Schlaraffenland. Für Proviant ist gesorgt, für Gesprächsthemen und Konversationsfunken sowieso, meine Siebenmeilenstiefel tragen mich weiter als gedacht; eine Motte wirft ihre Schatten auf die Tastatur, von draußen kein Geräusch, hier drinnen nur das Klimpern meiner Finger, nur mein stetes Flattern beim Formulieren, das Annähern, Andeuten, Skizzieren einer ganz eigenen Welt, die vertrauter nicht sein könnte.

Am Ende bleibt nur zu sagen: Höret selbst und begebt euch mit uns auf eine Reise in die Zwischentöne, Zwischenzeilen und Zwischenschluchten dieser facettenreichen, phantasievollen, verbindungsstiftenden – immer unvollendeten Symphonie.

 

Howling Wuif Project

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 20. SeptemberZu Gast im Studio ist diesmal Wolfgang Maria Gran, und zwar als namensgebender Frontman der Bluesformation Howling Wuif Project, welche am Freitag, 25. 9. um 19:30 im Oval ihr brandneues Album “Gspusi mitn Teufl” darbieten wird, als Auftakt einer gröberen CD-Release-Tour. Wir haben es uns schon vorab angehört – und sprechen mit dem Wuif über allerlei Hintergründe, etwa die Entstehung von aufhorchenmachenden Dialektpassagen wie „Zündts mi on und rauchts mi, wonn i geh” oder “Des F konn wirklich nix dafia, dass es im Land so strachelt, und dass des F vom Faymann mit da weißen Fahne wachelt”. Letzteres Zitat stammt aus dem bereits veröffentlichten “Wenn die Effen kläffen”, einem bissigen Stück Strachsprachkritik in der Mundartblues-Tradition von Dr. Kurt Ostbahn & Co.

Howling Wuif GspusiDie allhier amtierenden Herren Blueswürdens des Howling Wuif Projects verfügen allesamt über bemerkenswerte Musikerfahrungund das hört man auch! Unter den Collaborations der Bandmitglieder finden sich so unterschiedliche Namen wie zum Beispiel: Willi Resetarits, Ray Charles, Göteborg Symphonie Orchester, Shakira, James Brown, Roger Chapman (um nur ein paar zu nennen) und – wie könnte es denn anders sein – der “Godfather des Austro-Blues“ Heli Deinboek. Der hat, wie man hört, wiederum einiges mit der Gründung des gegenwärtigen Wuifsrudels zu tun. Aber mindestens genauso interessant wie die musikalische Qualität der Mitwirkenden (vor allem für die nicht allzu eingefleischten Blues-Fans unter unseren Hörer_innen) dürfte die gesellschaftskritische Ausrichtung dieser Produktion sein. Hier wird der traditionelle Individualjammer eines an sich oft eher traditionslastig verhandelten Genres in den Spiegelwelten der uns umgebenden (familiären, medialen, politischen) Einwirkungen gebrochen, was sich speziell in der stilistischen Vielfältigkeit der Arrangements angenehm auswirkt. Schon Arno Gruen betonte ja, dass jedwede Therapie immer auch die Ursache des Leidens im sozialen Umfeld zu benennen habe. In diesem Sinne also – eine gute Katharsis!

 

Mey Wader Wecker – Das Konzert

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 13. September – Es haben ja andauernd irgendwelche Menschen oder Sendungen Geburtstag (Sieben auf einen Streich). Warum also nicht gleich auch noch ein „Happy Birthday, lieber Hannes“13 Jahre nach jenem legendären Konzert zu Hannes Waders 60. Geburtstag (gemeinsam mit Reinhard Mey, Konstantin Wecker und Jo Barnikel), das 2003 als über 2-stündiges Live-Doppelalbum erschienen ist – und einen einzigartigen Höhepunkt im Wirken der drei unverwüstlichen Veteranen darstellt. Denn in dieser Konstellation wächst nicht bloß jeder für sich über sich hinaus, sondern alle zusammen über das Gemeinsame. Da jammen an die 150 Jahre Bühnenerfahrung in einer harmonischen Vielstimmigkeit, dass es eine helle Freude ist! Wir spielen das Schlussdrittel einer Ausnahmesession:

albumcoverJetzt eine Insel finden, einen stillen Ort, mich zurückziehen können, vergessen welche Stürme mein Leben umgiften, und einfach schreiben – über dieses Album, dieses Konzert dreier Poeten, dreier so wichtiger Menschen, dreier grandioser Denker unserer Zeit. Was könnte ich sagen, was gäbe es zu berichten, wie könnte ich die Atmosphäre in Worte kleiden, was bewegte mich, was regte sich in mir beim Lauschen der handgemachten Klänge? Im Dunkel meines Zimmers schläft meine Nichte, die externe Festplatte summt, ich höre die Stimmen meiner Familie im Wohnzimmer über all das reden, diskutieren was heute binnen weniger Stunden über uns kam wie aus dem Nichts, während ich nur an die Musik denken kann, die mich so eigentümlich berührte, mich ruhig werden ließ, verträumt – und die mir manchmal eine Träne entlockte.

Ich möchte mich nicht ergehen in analytischem Gebrabbel oder unzulänglichen Beschreibungen, die niemals einfangen können worum es wirklich geht, möchte lieber über den Flügelschlag einer Libelle erzählen oder das Aufhorchen meiner Seele als der erste Akkord verklang, vielleicht sind es die Gedanken und Erinnerungen, die eruptiv in mir hervor traten, während Wader über seine Jugend sang, oder die Erkenntnis, dass es da draußen ja doch noch Menschen gibt, die Nein sagen oder authentisch über Liebe dichten, und mein Bauch vibriert, Ganzkörpergänsehaut, einmaliger Dreisang jener sprachverliebten Art, Eingesaugtwerden in einen Strom von Emotionen, eine Reise durch Schluchten der menschlichen Existenz, über Berge politischer Absurditäten, vorbei an den Häusern innerer Einkehr, hinein in die Boote, die uns tragen über stürmische Zeiten – und vielleicht singt Orpheus dann vom Frieden.

Ich weiß nicht, worüber ich schreiben möchte, doch eines ist klar: Selten hat mich ein Album so in seinen Bann gezogen, selten haben es Künstler vermocht, mich so allumfassend zu rühren, selten hat Musik in mir so bleibende Spuren hinterlassen, farbenfrohe Narben voll Poesie.

Überzeugt euch sebst! Hier gibts nun Das Konzert CD1 sowie Das Konzert CD2

 

Abie Nathan – The Voice of Peace

> Artarium vom Sonntag, 30. August – Das Double-Feature hier zum Nachhören:

Erster Teil: From somewhere in the Mediterranean (Playing the Peace-Ship today)

Zweiter Teil: Abie Nathan – The Voice of Peace (Feature-Collage – Ein Vermächtnis)

Ein Mann und sein Lebenswerk, heute fast nur noch Eingeweihten oder Zeitzeugen bekannt, erfahren hier eine längst überfällige Würdigung. Denn der israelische Radiopirat und Friedensaktivist Abie Nathan betrieb zwischen 1973 und 1993 von seinem Sendeschiff aus die coolste Musikstation im östlichen Mittelmeer. The Voice of Peace hatte zu Spitzenzeiten über 30 Millionen Hörer_innen und wurde so schnell zum Soundtrack einer ganzen Generation. Ganz nebenbei pflanzte ihr umtriebiger Gründer auch seine Friedensvisionen in deren Ohren – und Herzen. Dies alles wäre wohl auch uns weithin unentdeckt geblieben, wenn nicht Eric Friedler 2014 den Grimme-Publikumspreis der Marler Gruppe erhalten hätte, für seinen genialen Dokumentarfilm The Voice of Peace – Der Traum des Abie Nathan:

The Voice of PeaceDadurch fand das für den NDR produzierte eineinhalbstündige Portrait seinen Weg in die üblich verdächtigen Fernsehkanäle und gelangte so letzten Endes auch zu uns. „Ich hätte Abie gern persönlich kennengelernt und wäre am liebsten auch beim Radiosender mit dabei gewesen.“ erklärt Eric Friedler in dem sehenswerten Interview zur Entstehung seines Films mehr als nur einmal. Dem haben wir nichts hinzuzufügen – das unterschreiben wir sofort – mit unserem Herzblut! Also verwandeln wir uns in der ersten Stunde unserer Hommage an den versenkten Sender einer nicht totzukriegenden Botschaft zeitlos in zwei Voice-of-Peace-DJs und senden aus dem Dampfraum der Radiofabrik als wärs im Hochsommer vor Tel Aviv. Dabei wollen wir aber nicht mit der Musik von damals dem Geist jener verflossenen Zeit nachweinen, sondern uns mit Phantasie in die Situation versetzen, wir seien ungeachtet jedweder Realität wirklich auf dem Friedensschiff und spielten die Musik, die uns dazu einfällt. So entsteht eine Verbindung aus historischen Jingles und Songs mit ganz neuen thematischen Assoziationen rund um die eisernen Vorhänge in unserer Vorstellung. Und eine Atmosphäre von Zeitlosigkeit, die es uns ermöglicht, das Wesentliche an Abie Nathans Peace-Messages zu erspüren – von gestern – für heute – und morgen

Abie Nathan 1961In der zweiten Stunde stellen wir den Menschen hinter seinem Projekt vor – und wundern uns, weshalb dieser radikale Visionär einer friedlicheren Welt heute fast schon mit Vehemenz verdrängt und vergessen wird. Es ist mit Sicherheit der überragende Verdienst von Eric Friedlers Dokumentation, dass sie den Politpoeten, den Provokations- und Aktionskünstler Abie Nathan solchem Vergessen entreißt und darüber hinaus dessen Lebenswerk einem erweiterten Kreis von potenziellen Mitstreiter_innen nachvollziehbar macht. Auch wir im Freien Radio können uns zum Beispiel fragen, was uns dieser verspielte Bruder eines glückhaften Zeitfensters so hinterlassen hat. Kann es genügen, um die eigene Existenz zu kämpfen, damit es einen halt gibt? Was ist unsere Botschaft? Wovon sind wir besessen, wofür sind wir bereit, im Wortsinn alles zu riskieren? Worin besteht die große Spaltung unserer Gesellschaft? Ist unsere Wirtschaft nicht längst Krieg? Krieg zwischen Arm und Reich? Die einen gehen daran zugrunde, die anderen gewinnen alles? Und dann? Wenn wir nicht über das scheinbar Unhinterfragbare hinaus zu denken wagen, dann wird uns das tatsächlich Unvermeidliche einholen. Alternativlos! Fragen zu stellen ist also schon mal ein guter Anfang. Und auch, etwas zu hören, das nicht in unseren Geschichtsbüchern steht.

Abie Nathan starb am 27. August 2008. We give voice to forgotten memory. Shalom!

Eine ausführliche Artikelserie von Hans Knot beleuchtet noch weitere Hintergründe…

 

Thunder and Consolation

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 16. August – Das ganze Album zum Ende der Hitzeperiode heißt also “Donner und Trost”. Wie wahr, wie wahr. Gutes Gewitter! New Model Army haben wir wohlbegründet schon wiederholt zu Gehör gebracht, etwa als Raw Melody Men oder Live …& Nobody Else. Nunmehr ein 1989 erstmals veröffentlichtes Studiowerk, welches wir genau in der Tracklisting-Reihenfolge seiner Vinyl-Erstausgabe spielen werden, nebst zweier Bonus-Tracks der 2005 erschienenen Remastered-Doppel-CD. Dies unternehmen wir aber nicht aus reiner Sentimentalität oder Vergangenheitsverklärung, sondern weil wir davon ausgehen, dass die Magie dieser Musik für den einen oder die andere von erheblichem Nutzen sein könnte, so sie nur gut aufbewahrt – und in Zeiten des Bedarfs mit Bedacht angewandt wird…

Thunder and ConsolationMeine persönliche Geschichte mit diesem Album reicht in die frühen 90er zurück, als mir eine sehr gute Freundin eins ihrer kostbaren Tapes anvertraute. Damals wohnte ich im Wald und kochte auf offenem Feuer. Und ich hatte den Trost der schwer einzuordnenden Lieder aus Wut und Ergebung in den Gewittern meiner Einsamkeit bitter nötig. Sie berührten und begleiteten mich von da an über 15 Jahre hinweg. Ich begriff den Wert unverstellter Emotionen – und fing selbst wieder mit dem Schreiben an. Mehr noch, ich konnte mich durch das Einfühlen in die emotionale Ausdruckswelt von “Thunder and Consolation” als einen Menschen erfahren, der ein Lebensrecht auf Übereinstimmung seiner inneren mit der äußeren Welt besitzt. Und ich konnte mir auf einmal auch eine ganz andere Welt vorstellen, als die der käuflichen Realitäten und erzwungenen Prostitution, die mich tagtäglich bis zum Zerbrechen umflutete und in den Abgrund ihres Widersinns hinunter zog. Ich hegte also wieder Hoffnung, dass es Hoffnung gibt. Und das hält einen Menschen bekanntlich am Leben. Gelinde gesagt verdanke ich dem Erleben dieser Musik 20 Jahre Perspektive und geistige Gesundheit, aller Verneinung zum Trotz. Daher auch meine berechtigte Hoffnung, solches Erleben möge sich – für die eine oder den anderen – ganz ähnlich auswirken…

 

Die Strandpiraten

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 26. JuliWir spielen die Hitz! Und während uns die Salzburger Saunatemperaturen von Strandbädern und Karibikurlauben träumen lassen, durchstöbern wir Strandpiraten das angeschwemmte Treibgut der Kulturgeschichte auf der Suche nach Sinn und Zusammenhang. Vielleicht lässt sich aus einigen Perlen unserer Sammlung sogar etwas Erfrischendes basteln, das uns Erleichterung verschafft beim schweißnassen Dahinschmelzen. Wie dem auch sei, dieserlei Fundkünste unserer Hirnwanderung gießen wir euch fein vermischt in den Äther, der die Welt bedeutet. Und wir hoffen dabei durchaus, dass die kryptischen Botschaften aus der Flaschenpostille zu so manch erquicklicher Erheiterung bei unseren geneigten Mitschwitzenden führen. Nun also dann, Vorhang zu, Getränke auf – und: „Allora, andiamo, ventilazione“

Bonaire„A story of aspiration and salvation, the spirit of 2008 revived and taken to the max. Let Oberbama amaze you, take you on a journey to understanding. Many are called, chosen are few. Ask yourself „Why me? What part can I play?“ The answer is easy: Share with your loved ones as well as your enemies. For Oberbama is the light.“ Wers gern mag, dass ihm/ihr die Erlösung vom Himmel hoch geradewegs vor die Füße fällt: Oberbama – Barack Obama Dildulo

Was für ein Video! In dem einen oder anderen verschrobenen DJ-Set soll ja sogar schon die gleichnamige (als Single produzierte) Radio-Version aufgetaucht sein. Der Text dürfte wiedererkennbar sein, besteht er doch ausschließlich aus dem Titel selbst … Wohingegen der Text von Was tut man um zu sein (das meines Erachtens mit Abstand schrägste der “Vorletzten Lieder” von Georg Kreisler) durch seine fast schon atemlose Komplexität besticht. Wem bis jetzt noch nicht heiß oder schwindlig geworden ist, möge sich mit diesem Aufguss zur Einstimmung anschütten:

Was tut man, um zu sein?
Man schaltet’s Fernsehn ein
und setzt sich in den Sorgensitz
und sorgt sich über Fernsehwitz
und lässt das Fernsehn schrein.
Das tut man, um zu sein!

Ist das Leben ein Schlauch,
füll dir mit Coca Cola den Bauch.
Wodka tut’s auch!
Hey!

Wo im Mai schon der Schnee fällt,
fahr’n die Eskimos Ski.
Ein vierblättriges Kleefeld
garantiert den Treffer in der nächsten Lotterie.

Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein
Bockwurst, Bier und Brüder Grimm…
Mandelbaum und Kohn und Goldstein
schlummern tief in Oświęcim…

 

Αγγελική Ιονάτου

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 14. Juni – Wir spielen das ganze Album O Erotas der griechisch-französischen “Compositrice et Chanteuse” Angélique Ionatos, das der gute Christopher unlängst im H.C. (Artmann) Café des Literaturhauses zu Salzburg entdeckt hat. Die bei uns weithin unbekannte Künstlerin verbindet in ihrem musikalischen Werk verschiedenste Einflüsse mediterraner Kulturtradition zu einer ganz eigenen, berührend faszinierenden Klangwelt. Wir fühlen uns da in einen lyrischen Kosmos entführt, in dem „das Bittere stets mit dem Süßen vermengt ist“, wie es bereits in einem altgriechischen Sprichwort heißt. Das titelgebende Lied des Albums O Erotas ist übrigens ein von ihr vertontes Gedicht des griechischen Literaturnobelpreisträgers Odysseas Elytis. „Kunst und Liebe sind stets auch politisch“, so empfinden es wir…

o erotas cover„Die Schwarzweiß-Photographie einer herzhaft lachenden Frau mit lockigem Haar und Lederjacke. Darunter blassblaue Zeichen, die einen Namen formen: Angélique Ionatos. Die Engelhafte.

Und daneben in kleiner weißer Schrift: O Erotas. Die Liebe. Ich stöberte im Regal mit den CDs, die über die Jahre von verschiedenen Menschen zusammengetragen worden sind und entdeckte dabei dieses sommernachtstraumhafte Album.

Spätestens als Ionatos den ersten Ton freigab, war ich verzaubert, wurde verwandelt, fiel in ihren Bann. Es liegt auf der Hand: Mischt man eine dunkelwarme Stimme, welche griechische Poesie wie Beschwörungen singt, mit einer eigensinnlichen Musik, die manches Mal auch in den Hintergrund tritt, wie um die Worte zu stärken, so kann daraus eigentlich nur ein außergewöhnlicher Genuss entstehen.

Also, lasst uns ein Stück Hörwelt teilen und gemeinsam Klangwege beschreiten. Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik!

 

Deine Stimme, die zählt!

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 31. MaiJournalismus und Märchenwelt, passt sowas denn zusammen? Romana Stücklschweiger geht diesmal mit uns auf die Suche nach ein paar magischen Geheimnissen zwischen Phantasie und Professionalität, die das Selbstsenden im freien Medium gar wundersam verzaubern. Denn das, was uns als Community der vielen verschiedenen Stimmen ausmacht, das entzieht sich seiner systematischen Dingfestmachung oft ähnlich wie die überraschenden Wendung eines Märchens – oder Traums. Sind wir also auch so etwas wie eine andersweltliche Erscheinung inmitten des Realitätsalltags, die sich nur durch ihr Dazwischensein definieren – und so von den anderen Erscheinungsformen abgrenzen kann?

Machtkunst„Wer kann beweisen, dass der sogenannte normale Zustand nicht ein Wahn ist – ein süßer Wahn vielleicht, aber ein Wahn. Dass ich in Wahrheit verzaubert oder gar verflucht bin. Dass ich weit von mir selbst entfernt, also verwandelt, bin?“ So formuliert es Michael Köhlmeier im Vorwort zu einem Kapitel seiner „Märchenwelt“. Und wie definieren wir „Wirklichkeit“? Etwa als Sachzwang oder Gewohnheit, als das normative Gewicht des Faktischen? In dem Zusammenhang fragen wir uns zum Beispiel auch, ob nicht mit dem Begriff „Journalismus“ im freien Radio noch etwas Anderes gemeint sein könnte als das im allgemeinen Sprachverbrauch weithin Übliche. Oder wie das engagierte Eintreten für lokale Musiksschaffende hinter den Kulissen funktioniert. Zwischen Handwerk und Idealismus. Zwischen Tagtraum und Technik. Zwischen Weltverbesserung.

KunstmachtDazu wollen wir von Romana einiges erfahren, ist sie doch ihres Zeichens Mitgestalterin des ab Oktober in der Radiofabrik angebotenen Lehrgangs für Musikjournalismus. Überhaupt ist sie ja auch selbst eine seit Jahren erfahrene Musikredakteurin und als solche der geneigten Gehörschaft aus diversen Sendungen stimmlich wohlbekannt. Ja, diese Stimme… Damit kommen wir zurück zu einem wesentlichen Merkmal der freien und selbstbestimmten Community-Radios: Hier ist die Vielfalt der unterschiedlichsten Stimmen in ihrer ganzen Bandbreite zu erleben. Und man merkt, es sind die Stimmen der Menschen, die man auch beim Einkaufen und beim Spazierengehen antreffen kann. Deine Stimme, meine Stimme, unsere Stimmen. Echtheit, nicht Verkaufsprodukt. Das ist das Geheimnis. Denn „Something is happening here, but you don’t know what it is. Do you, Mister Jones?“ (Bob Dylan)

 

Alles Gute!

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 24. Mai„Ja, so sind die Menschen, sie sind unterschiedlich – manche sind zart, und andere sind unverwüstlich.“ Mit diesem Zitat der Wiener Kapelle Das trojanische Pferd eröffnen wir die heutige Veranstaltung der Aktion „Das Gute Lied“. Darüber hinaus wollen wir uns ganz entschieden dem Guten, Wahren und Schönen in unserer eigenen Welt zuwenden, allein schon aus Gründen gesundheitlicher Generalprävention, in diesen Zeiten, wo die Euro-Video-Songcomtess ausgerechnet in Wien hofhält UND dazu noch ringsum das katholische Firmbimbam vor sich hin dröhnt. Jössasmarandjosef, da werden einem zwischen Parfum und Pailetten, Pfingstochs und Pfaffenspray die Außenweltnachrichten einfach zu unschön. Also ziehen wir uns zurück – auf ein gutes Buch, eine gute Idee, einen guten Menschen.

Guter HaseGönnen wir uns eine hasenreiche Auszeit von den vielen Anlässen und Aufmärschen des allweiligen Reizreaktionstrullala. Und widmen wir uns doch den Kunstgenüssen, die so überhaupt nichts mit all dem anstrengenden Plärr, Blink und Blah zu tun haben, dem die volksfesch zurechtgezupften Mitlinge fromm johlend und andachtsvoll nachhupfen. Brimborium in Schubidu Trihulliö! Ob Stadthalle oder Dom, ob Pfarrkirche oder TV – alles ein veritables Hochamt des Mitdazugehörens, des sich Auflösens in der anonymen Knetmasse der allallerweil Gleichklingenden. Nein, wir sind angewidert vom scheinewigen Immerdar und von der jährlichen Wiederkehr des uns zur Hingabe Verordneten. Es ist genug, oder? „Jetzt kann nur noch die Phantasie die Sterbenden vom Eis befrein.“  Konstantin Wecker Zum Schluss die Lesung aus dem Buch der Weisheit. Möge die Wurst mit euch sein!

Ich ziehe meinen Hut vor jedem heterosexuellen Menschen, der bei der Klärung seiner diesbezüglichen Identität/Orientierung einen genauso anspruchsvollen Weg zurückgelegt hat wie etwa ein Homosexueller…

 

Steve Howe Symphony

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 10. MaiIn Würde altern mit dem Vollblutmusiker und langjährigen Yes-Gitarristen, der bei uns ob seines nunmehrigen Aussehens den liebevollen Spitznamen „Mäusegroßvater“ trägt. Wir gratulieren zum 68. Geburtstag (am 8. April) und wünschen weiterhin gutes Gelingen beim alterslosen Abviechern mit so legendären Zupfrumpeln wie der Gibson ES-175 oder Fender Dual 8 Lap Steel 😉 Wie unschwer zu bemerken, würdigen wir diesmal allerlei Facetten des gepflegten Gitarrenspiels. Dergleichen betreibt gerade Steve Howe rund um das auch von ihm selbst Anfang der 70er mitgeprägte Genre des Prog-Rock bis heute aufs Allerfeinste – sei es gemeinsam mit seinen früheren Weggefährten (Yes Live at Montreux 2003) – sei es zusammen mit seinen Söhnen Dylan und Virgil als Steve Howe’s Remedy

Steve Howe TimeAuch abgesehen von den diversen Bandprojekten hat dieser Vollfreak der Virtuosität und Klangkulissen seit 1975 seine solide Solokarriere. Das erste diesbezügliche Album „Beginnings“ war anstoßgebend für die Musikzusammenstellung dieser Sendung, in der wir seinen Entwicklungsweg von frühen Yes- sowie Soloarbeiten über spätere Live-Interpretationen und ein sehr eigenes Bob Dylan Coveralbum bis zur schon erwähnten, Generationen vereinenden Remedy nachzeichnen:

Die Sätze und ihre Bezeichnungen 😀 lauten also:

01 Artarium – Mäusegroßvater-Signation feat. Jon Anderson „Love is everything“

02 Steve Howe – Lost Symphony (Beginnings 1975)

03 Steve Howe – Will O‘ the Wisp (Beginnings 1975)

04 Yes (Steve Howe) – Clap (Studio Version, Yessongs 1971)

05 Yes – Starship Trooper (Life Seeker; Disillusion; Würm; Yessongs 1971)

06 Yes – And You And I (Keys to Ascension Live 1996)

07 Steve Howe – Don’t Think Twice It’s All Right (Portraits of Bob Dylan 1999)

08 Steve Howe’s Remedy – Lost Symphony (Live 2004)