Sexy Songs, seltsam…

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 8. September – Leider, leider zieht Teresa Reiter um – und weiter, nach England an die renommierte Kingston University, um sich dort ihren Master of Journalism zusammen zu brauen. Wir wünschen ihr dabei alles Gute – allerdings auch mit einem weinenden Auge, müssen wir doch deshalb die eigentlich für diesen Sonntag geplante gemeinsame Sendung über den Südsudan bis auf weiteres verschieben. Wir waren schon sehr neugierig auf ihre persönlichen Eindrücke aus dieser erst vor gut zwei Jahren entstandenen Republik in einer nach jahrzehntelangen Bürgerkriegen immer noch vor sich hin kriselnden Region – zwischen heftigem „United Nation Building“ und möglichem „Failed State Szenario“. Auf ihrem Blog hat sie schon mal einen appetitlichen Artikel darüber veröffentlicht. Auf Englisch natürlich 😉

Kleiner Mann, was nun?Aber verschoben ist nicht aufgehoben, versprochen! Und es wäre beileibe auch nicht das erste Mal, dass wir uns ein Kunnstbiotop quasi übernacht aus den Rippen schneiden. Wir sind nämlich – eh scho wissen – ein geiles Institut. Deshalb verlegen wir die Reisereportage einfach nach innen und berichten zum Beispiel aus der Autonomen Republik Perlentaucher: Für die nächste Nachtfahrt am – jawohl – Freitag dem 13. September haben wir uns schon eine ganze Menge vorgenommen. Zum Thema „verwandeln überwinden“ wollen wir vier Stunden auf den Spuren der Selbstwerdung verweilen – alt und jung, selbst und anders, Paradox und Parzival…

Um aber all den inwendigen Wandlungen auch außenweltlich gebührend Gestalt zu geben, befeiern wir bereits in aller Vorfreude das am 16. September erscheinen werdende Album „Loud Like Love“ von Placebo. EingeweihtInnen wissen, dass es sich hierbei um eine unserer absoluten Lieblingsbands handelt: „Brian Molko, du geile Sau – wir wollen ein Kind von dir!“ Doch auch jenseits bereits bereister Soundpfade und Genregegenden sind wir neugierig geblieben – und so ist es uns ein besonderes Volksfest, euch noch vor der Nationalratswahl Folgendes zu verkündigen: Der deutsche Sprechgesang, auch HipHop oder Rap geheißen, hat sich endgültig aus seinem schwanzschwingenden Herkunftsghetto emanzipiert und ist mittlerweile in den Zwirbeldüsen der Philosophen und Intellektuellen gelandet. Na, wenn das mal keine fette Erleuchtung ist: Shaban & Käpt’n Peng – „Sie mögen sich“ oder auch Käpt’n Peng & die Tentakel von Delphi – „Der Anfang ist nah“ Unbedingt anhören! 😛

 

Aufstand des Gewissens

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 25. August – In einer nie gehaltenen Rede heißt es: Die Musik, das Theater, die Poesie – kurz: die Kunst – transportieren die Menschen jenseits ihrer selbst. Die Kunst hat Waffen, welche der analytische Verstand nicht besitzt: Sie wühlt den Zuhörer, Zuschauer in seinem Innersten auf, durchdringt auch die dickste Betondecke des Egoismus, der Entfremdung und der Entfernung. Sie trifft den Menschen in seinem Innersten, bewegt in ihm ungeahnte Emotionen. Und plötzlich bricht die Defensiv-Mauer seiner Selbstgerechtigkeit zusammen. Der neoliberale Profitwahn zerfällt in Staub und Asche. Ins Bewusstsein dringt die Realität, dringen die sterbenden Kinder. Wunder könnten in Salzburg geschehen: Das Erwachen der Herren der Welt. Der Aufstand des Gewissens!“

Das fatale DuettEine solche Rede hätte der Schweizer Soziologe und Globalisierungskritiker Jean Ziegler zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 2011 gehalten, wenn er nicht rechtzeitig und auf die allerpeinlichste Weise daran gehindert worden wäre. „Verhaften sie doch die üblichen Verdächtigen!“ möchte man dem Polizeichef von Kassablanca heute noch zurufen, doch „die höchste Stufe des organisierten Verbrechens ist der Kapitalismus“ wie Jean Ziegler bereits 1999 in einem ORF-Interview feststellte. Und auch die Repressitanten und Repräsidentinnen dieses höchststaatslegalen Geldverschwindungstheaters der globalen „Bank-Halunken und Spekulations-Banditen“ scheinen für das gemeine Traumvolk des Friedens seltsam ungreifbar zu bleiben. Gut, die eine hat sich ja erst kürzlich selbst auch wieder unter die Ausgeladenen eingereiht. Und die andere outet sich seit jenem Sommer mit Sprüchen wie „das ist nicht das Theater, das wir hier in Salzburg haben wollen“ – als eine letzte Ignoranzinstanz gegenüber den gesellschaftlichen Wirklichkeiten in der Kunst.

Niveau ist keine HautcremeDie von ihr dergestalt abgefertigte Performance „Das ehemalige Haus“ von SIGNA thematisierte etwa Frauenhandel und Zwangsprostitution. Und Jean Ziegler wollte die Festspielprominenz mit dem tatsächlichen Skandal des Welthungers und der Verteilungsungerechtigkeit konfrontieren. Zudem noch mit gebotenem Realismus: „Aber keine Angst, dieses Wunder wird in Salzburg nicht geschehen! Ich erwache. Mein Traum könnte wirklichkeitsfremder nicht sein! Kapital ist immer und überall und zu allen Zeiten stärker als Kunst. „Unsterbliche gigantische Personen“ nennt Noam Chomsky die Konzerne. – „L’art pour l’art“ hat Théophile Gautier Mitte des 19. Jahrhunderts geschrieben. Die These von der autonomen, von jeder sozialen Realität losgelösten Kunst, schützt die Mächtigen vor ihren eigenen Emotionen und dem eventuell drohenden Sinneswandel.“ 

So billig hätten sie es dann von mir aber nicht bekommen: „Das letzte Licht ist verlöscht. Kein Raunen geht durch die Menge. Regungslos sitzen die Festspielgäste auf ihren Polstersesseln. Sie sind in diesem einzigen, unendlich lang atmenden Augenblick endgültig ganz und gar zu Stein geronnen. Und niemand vermisst sie. Wenn in hundert Jahren ein neugieriger Mensch die Saaltüren öffnen wird und wenn der erste Sonnenstrahl mit einem Hauch frischer Luft ihre erstarrten Körper berührt, dann werden sie zu Staub zerfallen und sich im Wesen ihres Nichts auflösen.“

 

Spiel vom Sterben

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 18. August – Die Festspiele gehen in die Verlängerung und wir nehmen Anstoß an ihrem Zentralspektakel. Seit nunmehr über 90 Jahren verstopft uns Hofmannsthals frömmelnd gereimter Holzschnitt-Jedermann allsommerlich Herz, Hirn und Domplatz. Das hätte sich selbst Max Reinhardt in seinen übelsten Albdrücken nicht träumen lassen, dass sich nämlich die tanzenden Grunzbesitzer auf dieser Ganzstadtbühne alljährlich ein immer noch bigotteres Memento mori leisten würden – zu ihrer perpetuierten katholischen Selbstbefriedung. Denn dass man ihn als Begründer der Festspiele damals nie zu ihrem Präsidenten machte, nur weil er Jude war, das wäre allein schon fieberwahnhafte Realitätsübersteigerung genug – für ein einzelnes Vorstellungsvermögen. Ein sehr lesenswerter Artikel dazu ist übrigens hier im profil erschienen! Aber jetzt ist ja eh unsere Zupfhelga die Redundantin der Fett- und Fetzenspiele – und wie man hört, demnächst auch Intendunst 😀 „Ein zänkisch Weib. Ich kann ausweichen.“

TischgesellschaftDa schaut sie aber, die Tischgesellschaft! Und der allererste Jedermann, Alexander Moissi, der die Rolle bereits von 1920 an verkörperte? Auch er ein Jude und längst vor Hitlers Machtergreifung aus der Mozartstadt der Ursachen und Andeutungen hinaus gehetzt und – vertrieben. Dazu noch einmal der profil-Artikel von Andrea Hager:

Dass der Antisemitismus in Salzburg erst zu lodern begann, als der „größte Führer aller Zeiten“ …. in unheilvolle und später unausweichliche Nähe rückte, ist dennoch ein Mythos, den man bei der kosmetischen Geschichtsvertuschung der Nachkriegszeit gerne bemühte. Bereits ein Jahr vor dem Beginn des Dritten Reichs und sechs vor dem Anschluss wurde gegen den ersten „Jedermann“-Darsteller, den katholisch getauften Juden Alexander Moissi, in Salzburg eine bespiellose Hetzkampagne eröffnet, die dazu führte, dass er 1932 nicht mehr auf dem Domplatz sterben durfte und unter Baron Puthon hinauskomplimentiert wurde. Reinhardt galt zwar als künstlerische Seele des Festivals, durfte aber als Jude nicht offiziell zum Festspielpräsidenten ernannt werden. Moissis Kommentar, ehe er 1932 von Paul Hartmann ersetzt wurde: „Ich habe den Verdacht, dass die Rufmordkampagne nicht mir alleine gilt, sondern dass auch Max Reinhardt damit getroffen werden soll. Es gibt in Salzburg Kreise, denen Reinhardts Tätigkeit schon lange ein Dorn im Auge ist. Freilich wagt man es nicht, ihn direkt anzupöbeln.“

Ab 17:06 Uhr wird also jetzt zurück gepöbelt. Und zwar auf die kultivierteste Weise! 😉

 

Dichterwerdung und Sprachfaszination (Chriss)

Stream/Download: Die Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 9. August verdichtet sich zu einem dichten Gedicht, welches die Dichtheit der Sprache auf dichterische Weise abdichtet und sich fasziniert von den schier unendlichen Möglichkeiten der Dichtung in eine Textase stürzt, die dichter nicht sein könnte! Zumal es endlich wieder an der Zeit ist der Sprache zu huldigen und sie gleichzeitig in ihre Einzelteile zu zerlegen, neu zu formen, sie umzugestalten und kreativ mit Wörtern zu spielen! Also, willkommen im Einmachglas der Möglichkeiten! 😀 

blätterfallenWir wachsen so selbstverständlich mit der Sprache auf, dass uns teilweise gar nicht mehr auffällt, wie zauberhaft und magisch sie sein kann. Sie kann Welten öffnen -fantastisch und traumhaft; sie vermag es aber auch uns zu verletzen, hässlich zu sein, widerlich und ekelerregend. Sie ist unendlich weit, farbenfroh und so facettenreich; dennoch stoßen wir hin und wieder an ihre Grenzen. Sprache kann wirklich sprachlos machen. Manchmal verschlagt es uns die Worte, wir können nichts mehr sagen, bringen keinen Satz mehr hervor, als hätten wir verlernt zu sprechen…

Ich als Dichter lebe von ihr. Ich liebe und ich hasse sie; und bin auf sie angewiesen. Es ist schon merkwürdig wie ein Wort den Sinn eines ganzen Satzes verändern kann. Es ist ein ständiges Abwiegen, ein andauerndes Überlegen und Feilen, eine Arbeit, eine Beschäftigung, die niemals aufhört, immer weiter geht. Ich bin im Bann der Worte. Und kann doch über sie bestimmen! Ich glaube, es ist eine Art Symbiose. Ohne Worte könnte ich nicht meine Gedanken nieder schreiben und ohne mich blieben sie nur seltsame Hieroglyphen…

Ich werde versuchen mich der Sprache anzunähern, doch sie wird sich mir wohl nie ganz erschließen. Es ist ein Mysterium, genauso wie die Zeit. Sprache verbindet und Sprache unterscheidet. Sie stiftet Missverständnisse und schließt Freundschaften. Sie lebt und verändert sich unaufhaltsam. Genauso wie wir Menschen, denn wir lassen sie erst lebendig werden, hauchen ihr Magie ein und sollten sie auch vor Verfall und Zersetzung bewahren. Denn ich glaube immer noch und mehr denn je, dass Worte zaubern können.

 

Sommer Textase Reloaded

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 28. Juli – Ja, liebe Leute, es ist Sommer und wir sollten eigentlich auch schon längst urlaubend unterwegs sein – doch nix da! Aus querwissenschaftlich noch zu untersuchenden Gründen halten wir die eine oder andere Stellung – und beliefern euch auch diesmal wieder livehaftig mit Nektar und Ambrosia aus dem Äther, der die Welt erleuchtet. Immerhin umtoben uns pünktlich zur Hitzewelle nicht nur die üblichen unüberschaubaren Touristenströme, sondern auch die unausweichlichen Sommerfestspiele nebst ihrer ebenso unvermeidlichen weil überallgegenwärtigen Präsidentin. Da ist es dann fast schon verpflichtend für ein „etwas anderes Kunnst-Biotop“, aus den ihm innewuchernden Verschlingpflanzen ein hochpotentes Heiltrünklein zu destillieren – gegen Ekel und Überdruss der schwindligen Hochzeit von Hochfinanz und Hochkultur. Zupfen wir es uns also selbst zurecht…

In vino veritasWohnen wir also einer wunderlichen Weinprobe bei, welche von Jochen Malmsheimer und Thomas C. Breuer als Radioratgeber vorgetragen wird und abschließend (natürlich) illuminös ins Absurde ausartet. Lauschen wir der von Christian Brückner meisterlich rezitierten Übersetzung des Charles Bukowsky Klassikers „The Last Generation“ und beginnen wir dabei zu verstehen, was „unconveyable“ bedeutet. Hören wir ein Streichquartett, das wirklich jeder kennt (weil es Pink Floyd spielt) sowie ein Cello-Solo, das zu den besten der Welt gehört (jedenfalls auf Rockmusik-Bühnen) und lassen wir uns von Lou Reed beraten:

When you’re growing up in a small town
you know you’ll grow down in a small town
there is only one good use for a small town

You hate it and you’ll know you have to leave

In diesem Sinne versuchen wir uns wieder einmal am angewandten Paradoxon des Thomas Bernhard’schen „in die entgegengesetzte Richtung“ Gehens – und bleiben dabei doch, wie wir gekommen sind – erst einmal da. Und wir machen ein wenig Werbung in eigener Sache – für die nächste Nachtfahrt am 9. August nämlich, die irgendwie auch der Dichterwerdung von Sprachfaszinierten gewidmet sein wird. Sind wir nicht ein noch geileres Institut? 😀

 

Deutsch für deutsche Ausländer

Zum Download: Artarium vom Sonntag, 21. Juli – Unser sommerliches Sonderservice zur Festspieleröffnung! Das Zitat „Was Deutschland und Österreich trennt, ist die gemeinsame Sprache“ wird nicht nur hierzulande meist Karl Kraus zugeschrieben, dürfte allerdings doch nicht von ihm stammen, wie neuere Forschungen nahelegen. Ob die Feststellung allerdings erst in den 50er Jahren vom Kabarettisten Karl Farkas geprägt wurde, der sie als Abwandlung von George Bernhard Shaws „England and America are two countries divided by a common language“ aus den USA importiert haben soll, das bleibt noch zu überprüfen. Jedenfalls ist es nicht Jedermanns Sache, das jenseits der Hochsprachbühnen hierzulande jeweils gepflogene Idiom zu enträtseln, wiewohl es sich doch jeweiligenfalls um, sagen wir wohlwollend, „Deutsch“ handelt.

Der kleine Wappler„Säckelwart unseres mehr oder weniger schon seit Jahren unter pseudosozialistischer Präpotenz in sich selbst delirierenden Kleinstaates: Thomas Bernhard über Franz Vranitzky, damals (1985) Finanzminister. Vranitzky hatte zuvor die Aufführung von Bernhards Theatermacher bei den Salzburger Festspielen als Skandal bezeichnet.“ Derlei wundersame Perlen gepflegten Geschimpfes typisch österreichischer Gestalt versammelt dieses Bändchen im Taschenwörterbuch-Format zwischen gängigeren Derb- und Direktheiten wie etwa Arsch vulgo Oasch, Beidl oder Fut. Wobei die Stärke des Kompendiums eindeutig in seinen sprachlüsternen Worterklärungen und bildgewaltigen Beispielwendungen liegt…

So unter anderem: „Wenn mei Tant an Beidl hätt, warads mei Onkel, sagt man hierzulande statt eines schlichten Wenn das Wörtchen wenn nicht wär“ – oder auch: „Wann i so an Oasch hätt wia du a Gsicht, tät i hintern Schleier scheißen! ist eine geradezu pittoreske Variante wesentlich simplerer Beschimpfungen mit analoger Aussage wie etwa Arschgesicht oder Arsch mit Ohren“ – Man merkt also schon, es geht hier weniger um dialektologisches Fachwissen oder enzyklopädische Umfassendheit, sondern wohl eher um die freundliche Einladung zur kreativen Selbstanwendung und Weiterentwicklung von dergestalt vielsagenden Wortschöpfungen wie zum Beispiel Kniaschussduttl, Ölbergindianer und Wischerlwasser. Letzteres wird folgendermaßen erläutert: „Alkoholfreies Getränk der unbekömmlicheren Art (wischerln bedeutet urinieren)“ Soviel vorab zum Inhalt 😉

Der nunmehr seit geraumer Zeit im schönen St. Pölten residierende Residenz Verlag hat uns auch freundlicherweise einen kleinen Wappler zum Vorlesen und Besprechen überlassen. Dortselbst ist Selbiger überdies wohlfeil zu erwerben! Und in der Sendung werden wir ihn mit geeigneten Spaßetteln artverwandter deutsch- oder ähnlichsprachiger Mundartisten garniert servieren. Die Festspiele sind also hiermit eröffnet: „Jeeedeeermaaaaann!!!“

 

Überraschung…

Zum Download: Artarium vom Sonntag, 14. Juli – Afro Celt Soundsystem!

Das Überraschungs-Album aus dem Hause „Hör selbst, dann wirst du sehen“ oder auch „Wehret der Vorausplanung“ – denn warum sollten nicht auch wir einmal in der Nacht vor der Sendung die Musik dafür aussuchen? Also gibt es diesmal eine ausgezeichnete Reisemusik zum sich vorstellen, wohin das alles vielleicht führen könnte 😉

das kreative vakuum

 

 

 

 

 

 

 

Kleiner Tipp unter Befreundeten: schau dir das Bild oben lang genug an, denk an unsere Nachtfahrt-Sendung „Woher Wohin“ und lies nochmal dem Chriss seinen oder auch meinen Artikel. Dann erinnere dich daran, welche Themen uns in letzter Zeit besonders beschäftigt haben und welchen Musikschaffenden und Labelgründer wir schon öfter als „den Meister“ bezeichnet haben. Und geh wieder mal ins Jambo! Oder hör uns halt einfach gut zu…

Wir sind das geile Überraschungsinstitut 😀

 

0613

Stream/Download: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 14. Juni – Nur eine Nummer? Nicht wirklich. Doch unseren recht zeitaufwändigen Arbeiten am Marko Feingold Projekt (Interviews) nebst dem abschließenden 2-stündigen Zeitzeugen-Portrait sei es diesmal gern geschuldet, dass wir uns hier nicht auch noch für ein assoziativ sprachkreatives Thema entscheiden wollten. Nein, in aller Unbenanntheit sollen Musik- und Textbeiträge einander abwechseln und sich so wie von selbst zu einem roten Faden verzwirbeln, der durch die noch zu erfindende Geschichte führt, deren Titel sich dann – vielleicht – ganz am Schluss wie von selbst ergibt. Insoweit wir uns darauf einen Reim zu machen verstehen – oder aber auch nicht. Jedenfalls werden wir nach diesen 3 Stunden wieder Klang- und Wortwelten durchreist haben, die sich so noch nie zuvor ereignet haben. Und wir werden um eine Nachterfahrung reicher sein, unbeschadet…

Auch wenn ich gemeinhin nicht auf den Mund gefallen bin und böse Zungen sogar behaupten, selbigen müsse man nach meinem Ableben noch separat erschlagen – es gibt durchaus Situationen, in denen es mir bustäblich die Rede verschlägt und ich nachhaltig verstumme. So erging es mir zum Beispiel mit den dreieinhalb Stunden Tonmaterial, das wir in der Woche vor seinem 100. Geburtstag an zwei aufeinander folgenden Nachmittagen mit Marko Feingold aufgenommen hatten – und dessen Aufbereitung und Veröffentlichung mir anschließend oblag. Ich kann euch jedenfalls eines sagen – die detaillierte Geschichte eines solchen Überlebens von fast 5 Jahren Nazi-KZ-Terror anhörend mitzuerleben und dann nach Hause zu gehen, das ist eine Sache. Die selbe Geschichte aber danach wieder und wieder anzuhören, stundenlang und über mehrere Nächte verteilt, beim Zusammenstellen und Schneiden, beim Bearbeiten und Auszüge auswählen – das ist nochmal ein ganz anderer Abgrund. Du kannst plötzlich nicht mehr ausweichen, stehst fassungslos fühlend inmitten all der absurden Brutalität und weißt nicht mehr so richtig, wo die Geschichte anfängt und deine Person aufhört. Zuletzt hatte ich schon einigermaßen bizarre Albträume – unter anderem reiste ich von einer KZ-Gedenkstätte zur nächsten und wurde überall im Zuge der jeweiligen Museums-Neugestaltung zur Weinverkostung eingeladen. Dachau-Wein, Mauthausen-Wein, Buchenwald-Wein, Auschwitz-Wein, jede Mahnmal-Betreiberfirma hatte ihre eigenen Gedenk-Bouteillen im Programm. Mitten in so einer degoutanten Degustation (ich glaube, ich betrank mich allein schon aus Überforderung zusehends) wuselte plötzlich ein kleiner weißhaariger Mann quer durch uns peinlich Berührte und rief empört: „Ich war aber in Auschwitz! In Auschwitz hat es nie Wein gegeben!“

Auch den Chriss hat die Beschäftigung mit Marko Feingolds erlebter (und mitfühlbar gemachter!) Geschichte offensichtlich erschüttert. Man konnte seine Verstörung mitunter fast schon mit den Händen greifen, so etwa auch bei seinem letzten Auftritt im Literaturhaus zum Thema „Von Menschen und Unmenschen“ – Doch wie schön und erfrischend ist das eigentlich, wenn man jemand seine innere Bewegtheit noch abspüren kann! Vor allem bei einer öffentlichen Lesung, wo einem sonst hauptsächlich gut eingeölte Funktionsprofis entgegen quellen. Oder halt von der Formvollendung ihres Auftretens derart Vereinnahmte, dass sie es darob versäumen, die Perfektion ihrer Pose hinreichend mit Poesie auszufüllen. Aufmarsch der Klassengesellschaft! Hmm – welch neugestaltes Machtunrecht schleicht uns da schon wieder von hinten ins Haus – dessen Vordertür wir soeben gründlich gegen die „alten“ Nazis verrammelt haben? Wir möchten euch dazu noch einmal unsere gesammelten Beiträge zu Marko Feingolds 100. Geburtstag ans Herz legen – vier Interviews/Erzählungen und zwei Sendungsaufzeichnungen. 😉 Doch lassen wir das jetzt – und uns mit einem Gedicht vom Chriss auf diese Nacht ein:

Körpersingen

Die Sonne stirbt vor unseren Augen. Das Meer erwacht. Der Wind leitet unsere Gedanken. Wir brauchen kein Licht um uns zu erkennen.

Umarmung. Tief wie Wurzeln. Umfassen wir einander. Du flüsterst mir zu. Ich werde zu Wachs. Du wirst zu Honig. Gemeinsam verlieren wir die Zeit und die Sinne.

Mein Blick wird dir Boden. Auf dem du lebst. Auf dem du atmest. Meine Wurzeln werden dein Bett. Du schläfst in meinem Anfang.

Deine Stimme wird mir Haut. Ich kleide mich in deine Worte. Schließe mich ein in deinen Herzschlag. Male uns eine Welt mit deiner Berührung.

Wir können versinken wenn wir es wollen.

Wir sind frei zu leben.

Wir können uns fallen lassen.

Ins Jetzt.

-> Zum Auftauchen gibts dann das ganze Album „Jiddische Lieder“ von Zupfgeigenhansel

 

Osterbrot in Rotweißrot

Podcast/Download: Artarium vom Ostersonntag, 31. März – Liebe Freunde der seichten Bespaßung – bis zum Eintreffen der Rettungskräfte in ungefähr einer Stunde verlässt niemand den Raum! Wir werden euch die Zeit bis dahin schon möglichst unorthodox – totschlagen. Auch wenn die meisten assoziativen Doppeltheiten zum Ostertamtam schon verbraucht erscheinen – wir finden sicher noch ein paar fiese Vieldeutungen jenseits von Auferstehung und Eierausblasen. urbi@orbit? Geschenkt! Der Segen dieser urmenschlichen Frühlingsorgie erschließt sich erst jenseits von Habemus Papperlapapp. Das Führerfest der Volksmusik explodiert in unseren Ohren und die Braunauer Osterhasen scheißen uns ihre blauen Wahlkrampfeier vor die Himmelstür. Knallelujah! Doch seit früh um fünfundvierzig wird jetzt zurück gejodelt…

le baguette magiqueIm Zwischenfeld von Frühlings Erwachen und christlich verbrämter Fruchtbarkeit ergehen wir uns einfach einmal in den satirischen Osterchorälen heimischer Berufsmusizierer. Denn Volkes Musik ist nicht notwendigerweise zum Fußeinschlafen blöd und wahre Heimatliebe hat immer noch mehr mit dem ehrlichen Verzweifeln am bestehenden Missverhältnis zu tun, als uns das Fäkalpatridiotentum politisierender Blut- und Lodensäcke glauben machen will. Denn die da zur Jagd auf vermeintliche „Nestbeschmutzer“ blasen, die sind es auch, die den größten Kackhaufen an Neid, Missgunst und Gewalt in eben diese Heimat scheißen, die sie zu „schützen“ vorgeben.

Schauen wir einmal, was uns dazu an Schmutz und Schund, ketzerischem Gedankengut und sonstwie entarteter Kunst einfällt, wenn wir in diesem Kulturkampf um das Salzburger Seelenheil den allseits abgedroschenen Phraseologen ein Gegengewicht an Geistreichem zu verpassen versuchen. Manch Witz mag dabei Blödsinn bleiben – doch das ist noch allemal nahrhafter als jeder im Namen der Vernunft begangene Sozialbetrug am Menschsein! Bedienen wir uns also bei den zweifellosen Größen volkstümlicher Heilseligkeit, den unerschrockenen Rettern des christlichen Abendlands vor außerehelicher Hirnaktivität und traditionsferner Sexualakrobatik, etwa bei Alf Poier, der Ersten Allgemeinen Verunsicherung oder Das Balaton Combo. Und glaubt uns – es kann nur besser werden!

Im Anschluss (nicht schon wieder!) verbrennen die Herren Brandt & Schneider live in ihrer Sendung m4quadrat soviele Silben, dass nur noch ein einziges (nicht einsilbiges, jedoch einvokaliges) Wort übrig bleibt. Das ist dann auch gut zu hören! Und wir selbst gehen um 19:06 Uhr sogar ein zweites Mal auf Sendung – zusammen mit einer lieben Kollegin vom Top Alba Radio, die wir technisch unterstützen wollen. Wenn es die Zeit erlaubt, dann werden wir dazu noch passende Musik der kosovarischen Band The Freelancers spielen. Deren ganzes Album N’Kuti – übrigens ein Geheimtipp unserer Balkanexpertin Teresa Reiter – haben wir auch schon im Artarium vorgestellt. Wir wünschen euch allen jedenfalls frohe – achwasauchimmer! 😛

 

In eigener Sache

Zum Download: Artarium vom Sonntag, 24. Februar – „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage oder fragen sie ihren Arzt oder Apotheker“ – Diese schöne richtige Ansage beschließt nunmehr schon seit Jahren (fast) jede Artarium-Signation, zusammen mit dem nicht minder programmatischen Satz „Wir sind ein geiles Institut“ von Andreas Spechtl. Was das alles bedeuten soll? DMD KIU LIDT bis nach Port Bou, Oida! Das Selbstdenken und zwischen die Zeilen spüren muss manfrau bei uns halt schon im eigenen Gefühlgehör vollziehen. Denn das zu Verstehende bequem portioniert zum Arsch getragen bekommt frann eh sonstwo andauernd, dort wo immer von vornherein feststeht, was geglaubt und kapiert, nachgehupft – und dabei nicht begriffen  – werden soll. Wir allerdings fragen eher: „Was hörst du? Was fällt dir dazu ein? Was möchtest du damit machen? Und – wer könntest du sein, wenn du dürftest, was du möchtest?“ Hähä! 😀 Auf jeden Fall gibts ab jetzt wirklich eine Packungsbeilage zu unseren Sendungen:

Artarium Download Initiative-001Weil wir finden, dass unsere Gefühlswelten, Hörtheater und Ideenstiftungen zu höchst sinnvoller Verwirbelung der Wirklichkeit beitragen können, also schon ein bisserl sowas wie bewusstseinserweiternde Rauschzustände darstellen, in (und vor allem nach!) deren Einwirkung sich die gewohnte Welt einmal mit ganz anderen Augen betrachten lässt und durch deren erwartungsüberraschende Gewohnheitsaufhebung ein mitunter noch undefinierter Raum entsteht – in welchem dann endlich wieder einmal sehr kindlich spontan schöpferische Selbstideen zustande kommen können, aus denen so etwas wie Eigenart, Kunnstsinn und Neugier wächst.

„be promosexual, infect your friends“

Artarium Download Initiative-005Für alle, die unsere diesbezüglichen Blödeleien, Musikergüsse, Textasen und Trancephilosophien schon einmal (oder öfter) ausprobiert und genossen haben und daher ihren Mitmensch_innen auch gern ein paar der geilen Nebenwirkungen des Artarium oder der Perlentaucher-Nachtfahrt zuteil werden lassen möchten, haben wir einen übersichtlichen PDF-Folder zum Download bereit gestellt, um das Empfehlen und Weiterverbreiten unserer Sendungen zu erleichtern. Vor allem das Downloaden von der CBA-Seite und die Verwendung des Passworts zum Hören der ungekürzten Sendung werden hier ausführlich erklärt!

„artarium – lesen sie die packungsbeilage“

Artarium Download Initiative-006Vor allem aber haben wir in diesem neuem Kompendium einmal alle wesentlichen Links zu unseren Radio-Blogs und Facebookseiten, zur CBA-Sendungsübersicht und sogar zum Radiofabrik-Livestream zusammen gestellt. Wenn du also diesen PDF-Folder am Computer aufmachst, dann kannst du von dort aus direkt per Hyperlink zu allen Stationen im Internet weiter reisen. Und weshalb jetzt die ganze Freundlichkeit? Naja, wir würden uns schon freuen, wenn unsere radiotischen Ergüsse und Erleuchtungen noch mehr Zuhörfreund_innen fänden – und wenn gerade du persönlich unsere Sendungen nachträglich runterlädtst und sie dann auch weiter empfiehlst… 😉

„das etwas (sehr) andere kunnst-biotop“

Und worum solls jetzt in der aktuellen Artarium-Ausgabe gehen? Nur ums Sendungen-Weiterverbreiten – oder unser grundlegendes Konzept des „sich entwickeln lassens“ von Gedanken, Bildern und Assoziationen? Weit gefehlt. Ha! Das alles und noch viel mehr, zusammenverdichtet zu einer Schnur aus vielen roten Fäden in eigener Sache: Im Oktober des letzten Jahres beteiligten sich Chriss und ich an einer Open-Atelier-Lesung im Rahmen der jährlich stattfindenden „Wanderbleibe“ (Atelier Fritz Rücker, Künstlerhaus) – und wir berichteten darüber in der Sendung „Wanderbleibe und Trommelfeuer“. Im Zuge dieser überaus angenehmen Veranstaltung (und vor allem beim Abschlussfest im Künstlerhaus) entstand dann die Idee, zum heurigen Nationalfeiertag (26. Oktober) auch das Radiofabrik-Studio als Wanderbleibe-Station für interessierte Besucher_innen zu öffnen und dort den ganzen Nachmittag lang gemeinsam spontanes Live-Radio zu gestalten. Nun nimmt dieses Konzept konkrete Formen an – als „Studio der offenen Tür“ zum 15-jährigen Jubiläum der Radiofabrik! Was machen wir also? Wir berichten wie immer vom Entstehenden…

Nochmals zur freundlichen Entnahme – unser PDF-Folder: Artarium Download Initiative