PREIS WERT

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 26. April – Texte und Töne rund ums Wesentliche. Erlaubt? Verboten? Die Gewinner des Spiels stehen von vornherein fest – die Teilnahme ist aber für alle kostenpflichtig. Auf alles und jedes wird ein Preiszetterl geklebt, Kunst und Kultur werden zunehmend zerkauft. Die Wirrschaft muss wachsen! Und alles wird billiger, weils Geld kostet. Wie bitte? Vor allem das kreative Schaffen der Jugend wird ja dadurch angekurbelt, dass jede Schülerband und jeder Literaturzirkel sich eine Lizenz kaufen muss, sobald sie auch nur ein urheberrechtlich geschütztes Lied oder Gedicht vor mehr als eineinhalb Personen (also öffentlich) darbieten. Erkennen sie die Ironie? Oder die Absicht dahinter? Wir sind darob auf jeden Fall längst verstimmt!

kunstpreiswertDas wollen wir auch am Donnerstag, 7. Mai ab 18 Uhr bei der Civilmedia 15 (im Kunstquartier, Bergstraße 12) dokumentieren. COPY RIOT – A Barely Legal Artists‘ Rights Recycling heißt diese Word&Sound Performance – sie ist ein unterhaltsames Statement und ein Beitrag zur Diskussion um eine notwendige Neufassung des Urheberrechts, etwa an Werken der Kunst. Die Ursache (sic) dafür war das Verbot einer Thomas Bernhard Lesung im Salzburger Literaturhaus durch den Suhrkamp Verlag, und zwar im Auftrag von Bernhards Halbbruder Peter Fabjan, dem testamentignorierenden Erben der Verwertungsrechte (Standard-Artikel). Unser Standpunkt hingegen ist einfach, allerdings für die Arbeit in niederschwelligen, nichtkommerziellen Kultureinrichtungen wesentlich (eben auch in Freien Radios und anderen Community Medien). Veröffentlichte Werke stehen der Weiterverbreitung sowie interpretativen Bearbeitung unentgeltlich zur Verfügung, und zwar all jenen, die keinen materiellen Gewinn daraus erwirtschaften. Erst ab einem substanziell messbaren Profit seitens der Rechtenutzer sollen sie im Verhältnis dazu abgeltungspflichtig sein. Und solange die bestehenden Gesetze anwendbar bleiben, müssen für den dezidiert nichtkommerziellen Sektor in der Kulturvermittlung entsprechende Sonderregelungen (wie leistbare „symbolische“ Pauschalen etc.) auf Verbandsebene ausgehandelt werden.

A Mensch mecht i bleibn
und i wü net verkauft werdn
wie irgend a Stückl Woar
net olles wos an Wert hot
muaß a an Preis hobn
owa moch des amoi wem kloar

Wolfgang Ambros

 

Ottos Most

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 29. MärzAus den Bastelschachteln der Wiederverwurstung. Salzburg biedert sich an – wie eigentlich immer. Aber Achtung: Ab heute herrscht die Sommerzeit und seit zwei Uhr früh wird alles zurück geschossen, was die Technik nur hergibt! „I hea eich scho, es durchrationalisierte Leichenzüg, es Geldfratzen, klapper di klimper di klapper…“ Wobei – vom Schatten der Mozartkugel (demnächst auch der Thomas-Bernhard-Schnitte) aus betrachtet, ist es schon eine Überlegung wert, welche Art von Interpretation bloß der feilen Geldmehrung dient – und welche sich auch in Form des Zitierens vor der Kunnst ihres Schöpfers verneigt. Eine Sendung über Beiträge und Collagen aus dem öffentlichen Allgemeingut unserer Hör-, Seh- und Sprachwelten sowie über Urheberunrecht und Zernutzungszwang.

AnbiederungDie gewählten Formulierungen sagen im Grunde auch schon alles zum Thema aus, was sich durch widmungsgemäßen Gebrauch seines Denkkübels zurechtdichten lässt. Wer allerdings nicht selbst (und somit selbstständig) zu solch eigener Anschauung über die Verfasstheit der Welt kommen möchte, der soll sich doch bitte vom oberen Huhu irgendeine absolute Wahrheit auf den Kopf scheißen lassen! Die gibts bei uns nämlich nach wie vor nicht – und das finden wir auch ganz ausgezeichnet. Vielmehr stellen wir hier wieder einmal eine Reihe von Beispielen zur geneigten Beselbstung in den Ohrzwischenraum, so etwa Remixe, Soundscapes und Spoken-Word-Music aus Berit Fridahls Klangwerkstatt. Oder hausgemachte Bearbeitungen aus Eigenem und Fremdem. Ein festfröhlicher Existenzess am Abgrund des Widerspruchs in sich 😉 Wer hats erfunden? Ja, genau! Aber deshalb der freien Menschheit besitzverkaufen? Schon ertönt inmitten unserer ach so putzigen Marktwirtschaft lauthals Dr. Joseph Klumpfuß-Hupfkasper mit dem knöchernen Jedermannruf: „Wollt ihr den totalen Kommerz?“ Wir halten entgegen: „Des geht überhaupst ned!“ Alles eine Frage des guten Geschmacks. Und pfui 😛

Link zu Berit Fridahls SigneyLimeRemix von Games without Frontiers (Peter Gabriel)

 

Neben dem Thron

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 22. MärzVon der Schwierigkeit, eigene Sendungen für einen Wettbewerb auszuwählen. Ein Präsidentsfall. Irgendwann einmal fliegt einem im Zuge der mehrjährigen Radiomacherei zwangsläufig jeder Überblick um die Ohren. Auch wenn man gerade noch wiedergeben kann, worum es im Gesamtkonzept seiner Sendereihe eigentlich geht, so ist es doch ein annähernd unmögliches Unterfangen, dahingehend eine Entscheidung zu treffen, welche spezielle Ausgabe diesen Sinn und Gehalt am vortrefflichsten darzustellen vermag. Wir sind eben ein etwas anderes Kunnst-Biotop, dessen einzelne Beiträge sich fortwährend collagenhaft in einem Work in Progress zu einer Aussage verdichten. Und die ist naturgemäß wiederum mehr als die Summe ihrer Bestandteile. Was also tun? 😛

not just anotherMachen wir auch noch aus dieser Not eine Tugend – und entsprechen wir so unserem Selbstverständnis: Berichten wir also über das, was uns gerade beschäftigt – wir sind schließlich weder langweilig noch uninteressant, nur weil wir nie Teil jenes ekelhaft pseudowichtigen Kommerzkasperltums sein wollten, das tagtäglich den Breischleudern der gemainstreamten Medienwelt entschlatzt. Ganz im Gegendings! Bumms! Guten Morgähn 😀 wünsch ich! Aber jetzt mal Ernst beiseite und in medias Residenz – warum die ganze Aufregung mit der Qual der Wahl? Es ist nämlich so: Die CIVILMEDIA – UnConference for Community Media & Civil Society vergibt heuer erstmals den (noch dazu dotierten!) Civilmedia Award für Programme aus den freien österreichischen Radio- und TV-Stationen, und zwar in den Kategorien „Access & Empowerment“ sowie „Entertainment & Arts“. Hier schließt sich der Kreis wieder – mit den oberbei angestellten Überlegungen 😉 Denn beide Begriffspaare beschreiben Wesentliches aus den inhaltlichen Zielsetzungen unserer Sendereihen Artarium und Nachtfahrt/Perlentaucher. Doch in welcher der über 60 möglichen Sendungen kommt das wohl am Besten zum Ausdruck? Eben…

 

Märzhasen

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 13. März – Mein Herz schlägt mich innerlich tot. Mein Hasenherz? Mein Fluchtreflex lässt mich überleben. Frühling, Frohsinn, Fruchtbarkeit. Vom Hakenschlagen querfeldhasenein in die tiefsten Tiefen des Kaninchenbaus. Angst, Liebe, Drogen. Wollen wir wieder einmal in jene Hirnregionen reisen, in welchen sich die existenzielleren Zustände abspielen, gleichsam erleuchtend wie auch gefährdend. Aus dem Vergehen kommt Neues hervor, das ist ein Geheimnis des Hasen, der als Tsuki no Usagi im Mond sitzt und das Elixier der Unsterblichkeit zubereitet. So wie der Märzhase aus Alice im Wunderland oder das White Rabbit von Collide (Jefferson Airplane Cover), so sind auch wir Hasen Boten von Veränderung – des Bewusstseins, der Lebensumstände, der Wahrnehmung, whatsoever…

Wir HasenHerzrasen. Spürst du schon, wie sich die Welt ringsumher verändert? Ist es plötzlich in dir – das Andere? Vielleicht hättest du doch lieber die blaue anstelle der roten Kapsel nehmen sollen – oder den Keks nicht ganz so intensiv anschauen. Wie dem auch sei – von nun an gibt es für dich kein Zurück mehr. Du bist jetzt bei den Hasen und bleibst daher im Wunderland. Wir führen dich in die tiefsten Geheimnisse deines eigenen, dir unbekannten Innenseins. Herzlich willkommen – bei sich selbst 😀 Der Schleier ist zerrissen, die Schiffe sind verbrannt, die Brücken sind eingestürzt. Wir sind unterwegs. Doch wohin, das bleibt ungewiss. Aber wissen zu wollen und sich fragen zu trauen, das genügt allemal als Eintritt ins magische Theater. „Ich seh dein Hasenherz schlägt bis zum Hals und nasenwärts. Sag, schlägt dein Hasenherz seine Haken nur zum Scherz?“

HerzhasenFluchtreflex und Kaninchenbau. Hasen sind vor allem anderen Fluchttiere. Hier scheint es angebracht, einen wesentlichen Unterschied zu den Kaninchen zu vermerken: Hasen haben keine Höhlen, um sich bei drohender Gefahr zu verkriechen. Ähnlich wie Menschenwelpen sind sie Angriffen schutzlos ausgeliefert. Anders als diese können sie jedoch wegrennen. Was aber machen dann wir als kleine Kinder, wenn wir weder beschützt werden, noch uns verstecken oder verteidigen können? Wir erschaffen uns einfach eine andere Welt, in der wir trotz tatsächlichem Terror sicher sind, in der es weder böse Menschen gibt noch anderes Unheil, statt dessen Märchen und Marzipan und Mehlspeis zum Wohlsein! Ebenso genial einfach wie trickreich vertrackt (was sich aber erst später im Leben zeigt) sind wir Erfindlinge unserer eigenen Einsiedelei. „Ja/ Nein/ Vielleicht stand auf dem Zettel, aber kein Zettel reicht für keine Antwort und ich hab mich erweicht und gab dir Zeit und ein paar Seiten Raum für eigene Notizen. Nicht im Traum dachte ich, du würdest mich gleich siezen. Und zwischen Referenzen und post-postmodernen Witzen mich scheuen Blicks drum bitten, deinen Stift neu anzuspitzen…“ Judith Holofernes

Die HasenWildzärtlich. Warum nun eigentlich diese Hasennachtfahrt? „Wir sind die Hasen!“ ist längst ein Stehsatz in unseren Sendungen geworden. Er beschreibt irgendwie unser Verhältnis zwischen nahem Beschnuppern und freiem Herumsausen. Und als die sich wandelnden Boten eines sich ebenfalls stets verändernden Lebens wollen wir just in dieser zachen Zeit des Restwinters dem schon überall umhier anklopfenden Frühling unsere Vorfreude entbieten. Und ihn begrüßwünschen, vervielzaubern, zubeizelebrieren. Wir würdigen diese mehr als nur das Bewusstsein umwälzende Lebendigkeit mit einer Lesung von Misha G. Schoeneberg aus seinem neuen Manuskript „Das Lied sind wir“, die wir im Nachfeld unserer gemeinsamen September-Nachtfahrt „Poem – Leonard Cohen auf Deutsch“ aufgenommen haben. „Ich seh dein Hasenherz schlägt bis zum Hals und nasenwärts. Sag schlägt dein Hasenherz seine Haken nur zum Scherz? – Mein, was du sagst. Sag, was du meinst. Mein, was du sagst. Sag…“ Judith Holofernes – Hasenherz

Wir sind ein Haseninstitut 😉 Was immer das bedeuten mag. Find es doch heraus

 

Frauentag im Hasenstall

> Sendung: DIE ARTARIA vom Sonntag, 8. März (zum Internationalen Frauentag) – Wir sind nach wie vor die Hasen, doch heut gehn wir als Mädchen! 😉 Wieso nicht einmal andere Assoziationen erzeugen? Ein Neutrum Artarium bleibt zwischen Atrium und Aquarium doch immer „der Raum für“ und „das Ding mit“„Kunnst“, allerdings mit zwei „n“ wie in „Könntestform und Möglichkeit“. Eine Femina Artaria hingegen bewegt den Lufthauch ihres Ausdrucks vom Kunstlied über den Musenkuss bis hin zum Opernsolo. Wohlan, das will uns doch durchaus gefallen! Zumal das Artarium just seinen 8. Geburtstag feiert (es ging am 7. März 2007 mit Peter.W. erstmals On Air) und seither noch dazu bereits in 300 Ausgaben zu hören war. Unsere nunmehr 301. Artarium-Sendung soll deshalb etwas ganz Besonderes sein…

KopflosDazu haben wir als Mitgestalterin unsere höchst umtriebige Kollegin Sabaha Sinanovic eingeladen, die unter anderem seit 2005 im Rahmen der angesehenenen Sendereihe Radiofabrik-Frauenzimmer (CBA) das oft zweisprachige zenska soba betreibt. Sie wird uns etwas über die beklemmenderen Hintergründe dieses eigentlich ganz „normal“ wirkenden Begriffs erzählen, der ja wörtlich übersetzt einfach „Frauenzimmer“ oder „Raum für Frauen“ bedeutet. Dazu passend ein Live-Telefonbericht zur gleichzeitig stattfindenden Frauendemo unter dem Motto „My Body is not your Battleground“ von den Kampfschwimmerinnen des feministischen Frauenkollektivs sisterresist. Das gleichnamige radio ist eine weitere Sendung aus dem Frauenzimmer und widmet sich inzwischen sogar der gepflegten Sportreportage auf unterhaltsamste Weise  > Frauenfußball Sondersendung. 🙂

Kim Gordon

Kim Gordon 2007 wikimedia commons

Doch was ist jetzt das ureigene Interesse von uns zwei Hasen –  am Thema Emanzipation im Sinne von Selbstermächtigung?  Women aren’t allowed to be kick-ass. I refused to play the game.“ Das Zitat aus der soeben erschienenen Autobiographie von Kim Gordon (Sonic Youth) gilt doch gewiss genauso für all die anderen Mitglieder 😛 die sich gegen das Eingepresstsein in gesellschaftliche Stereotype, Normen und Klischees wehren müssen, weil ihnen sonst noch alles Leben abstirbt! Und auch aus dem wunderbaren Gedicht „My Body is not your Battleground“ der syrisch-amerikanischen Autorin Mohja Kahf kann Mann der Befreiung so einiges von den Gewaltbildern „heiliger“ Schriften erfahren, die uns so gern untertan machen. Die Verwandtschaft von Tora, Bibel und Koran tritt hier offen zu Tage, ebenso wie die sexualisierten Besitzphrasen aus den vielen Hoheliedern der Vaterlandsschwüre.

My body is not your battleground
How dare you put your hand
where I have not given permission
Has God, then, given you permission
to put your hand there?

Sich emanzipieren heißt ja im Wortsinn „sich aus der Hand, die Macht hat und somit Gewalt ausübt, heraus zu nehmen“ Allein schon deshalb ist „die Emanzipation“ eine Aufgabenstellung für uns alle. Die Kunnst der Selbstbefreiung hieß denn auch eine frühere Radiosendung zum Internationalen Frauentag 2009. Wollen wir einander dabei weiterhin (und jetzt erst recht) auf Augenhöhe begegnen – und beistehen!

 

Gepflegte Koinzidenz

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 13. Februar – Ein sprachverliebt soundpoetischer Rundflug durch den Chaosmos unserer vielleicht doch nicht so zufälligen Begegnungen. Was berührt uns, was hinterlässt Spuren und stiftet uns zu Eigenem an – sowohl im künstlerischen als auch im zwischenmenschlichen Ausdruck? Welche Aufgaben stellen wir uns selbst, bewusst oder unbewusst, wenn wir ein Thema beackern, eine Textsammlung herstellen, eine Sendung vorbereiten? Und wie funktioniert das, inmitten einer Sprachwelt, die fast nur noch auf das funktionale Übermitteln von Anweisungen und deren Bestätigung ausgelegt ist? Was halten wir den Verschluckungen des alltäglichen Humpftraras entgegen – in unserem verletzbaren Wesen, unserer gefährdeten Kreativität, unserer bedrohten Feinheit?

Norbert K.HundBeim Entstehen dieser Sendung zum Beispiel kommt schon ein recht komplexes Geflecht aus Anstößen und Assoziationen zur Anwendung. Zuerst die Einigung zweier Personen auf das eigentliche Thema, in diesem Fall die „Gepflegte Koinzidenz“. Wie oft beschäftigt uns im Hinterstübchen oder im Keller des Bewusstseins eine bestimmte Überlegung, der wir jedoch, auch bei allem Drängen, noch keine genaue Gestalt zuordnen können. Und dann ruft der andere, der mit uns verbundene Mensch auf einmal an und erzählt von – Musik etwa – päng, schon hat unser Gefühl eine Form, unsere Idee einen Klang und unser Gedanke ein Gesicht. Zeitgleich, ohne von einander zu wissen, haben zwei Verschiedene an einem Gemeinsamen gearbeitet. Die momentane Erkenntnis dieses Vorgangs bewirkt sogleich eine weitere Stufe in der Gestaltung der eigenen Welt – und zwar für beide Beteiligten.

Gedenken SplitterDann die Namensgebung für die drei Stunden – „denkengrenzen, körpernwärmen, seelensplittern“ – sie symbolisiert unterschiedliche Anwendungen des einen roten Fadens, der wieder dem Leitthema innewohnt. In welchen Aspekten pflegen wir also unsere Koinzidenz, unsere Kongenialität, unsere Kooperation? Um uns nämlich durch sie zu schützen – und mit ihr bewaffnet dem allumverschlingenden Einheitsbrei der niedersprachlichen Funktionäre und ihrer ferngesteuerten Funktionswichtel entgegen zu treten. Denn Inseln zu stiften und zu bewahren für eine zweckfreie Sprachkunst diesseits der kommerziellen Gefälligkeit, das ist wohl bitterer nötig denn je, wo ringsumher eine erfolgsorientierte Beschleunigung sonder gleichen im Interesse gottähnlich bestaunter Großkopfzerne alles verspielt Schöpferische schon in den kleinsten Kindern auszumerzen trachtet.

Christopher SchmallUnd auch das Zustandekommen der Wortbeiträge und Musikstücke für ein immerhin dreistündiges Programm, das nicht festgeschriebene Wissensvermittlung sein will, sondern vielmehr Hörwelt, Kopftheater – und Überraschung, auch für uns! Wie viele eigene Entscheidungen und gegenseitige Einflüsse stecken hinter der Auswahl der vorzutragenden Textbeispiele. Und welch eine thematische Dichte erwächst aus dem dazu stimmigen Sound, wenn er spontan aus der jeweiligen Situation des Gesprächs heraus eingespielt wird. An diesem Punkt endet der Plan – und das Leben geschieht. Hören wir also SpokenWord von Georg Danzer, Franzobel, Ludwig Laher, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker – sowie Christopher Schmall, der seinen als Work in Progress entstandenen Gedichtband „seelen.splitter“ vorstellt. Lassen wir uns unsere Zeit nicht stehlen – denn nur allzu schnell sind wir sprachlos gemacht – und gehen schweigend unter!

Wir sind ein geiles Institut. Und wir haben Klang
😀
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Nach dem Untergang

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 25. Januar – Sollen wir uns gleich in den Kopf schießen – oder doch erst etwas später? Am besten überhaupt nach dem Tod, sofern sich das terminlich noch ausgeht heutzutage. Es ist ja auch gar nicht so leicht, den Sinn für das eigene Weitertun zu entdecken, wenn man sich in der Weltpolitik umschaut und in der Nachbarschaft, wo sich diese Weltpolitik oft gerade am Widerlichsten zeigt. „Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch…“, also sprach Theodor W. Adorno einst zu seinen Mitdeutschen, und legte mit „Alle Kultur nach Auschwitz ist Müll.“ pointiert und provokativ nach. Vor allem mit seiner „Todesfuge“ belehrte ihn der deutsch-jüdische Dichter Paul Celan über viele Jahre hinweg eines Lebendigeren. Zumindest solange, bis sein Davonkommen auch an der Unweigerlichkeit zerschellte.

Sticht Alles!Und in diesem Zwischen stehen auch wir und ringen, nicht selten ratlos, nach den richtigen Worten. Dabei begleiten uns zum Glück die Gedanken der selbst in ihrem Überleben so Gefährdeten wie schwimmende Rettungsinseln auf den entseelten Weltmeeren, wo ringsumher längst ganze Gesellschaften untergehen. Und wir danken es ihnen – meist atemlos, aber immer berauscht – und verzaubert! 🙂 „Wir müssen uns die vergewaltigten Begriffe zurück erobern.“ So in etwa formulierte es Konstantin Wecker schon in den 90ern. „Mit Geschichte umgehen bedeutet, sie zugleich anzunehmen wie auch abzulehnen, und aus dieser Ambivalenz heraus wieder etwas Eigenes, Neues auszusagen.“ So übersetzten wir ein Statement von Patti Smith, welches sie im Dokumentarfilm Dream Of Life vor nicht allzulanger Zeit dazu abgab. „Manchmal hält sich ein Wort, das in der Öffentlichkeit missbräuchlich verwendet wird, vor Schreck die Hand vor den Mund. Unsere Sprache hat sich womöglich von etwas blenden lassen, sich zu sehr in den Dienst nehmen lassen, und leidet wie die Menschen an Sinnentleerung, an Müdigkeit und Erschöpfung.“ Das konstatiert Maja Haderlap in ihrer Eröffnungsrede zum diesjährigen Radiopreis der Erwachsenenbildung, den übrigens unser lieber Kollege Matteo Coletta für seine „Stimmen aus den Schützengräben“ gewonnen hat 😉 Wir gratulieren also inmitten der sich aufdrängenden Lebensmüdigkeit recht absichtsvoll – und ganz herzlich! Zudem hören wir Auszüge der ziterten Rede sowie zu diesem Wahlsonntag griechische Musik.

„Ich hegte die Hoffnung, dass es Hoffnung gibt. Das hält einen Mann am Leben.“ (Sean Connery in „The Rock“)

 

Abendländische Hörgewohnheiten

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 18. JanuarSymphonische Rockmusik als ein Experiment zwischen Musiktradition und Moderne. Die Mischung machts – oder die Collagenkompetenz, auch Verstörendes in Verbindung mit Vertrautem darzubieten. Und wir meinen mit „Symphonic Rock“ schon jene schöpferische Symbiose aus den verschiedensten Stilelementen, die seit Anfang der 70er Jahre durch Bands wie King Crimson, Genesis, Pink Floyd oder Yes etabliert ist – und nicht diese langweilenden Aufgüsse von x-beliebigen Rockhadern durch x-beliebige Symphonieorchester. Soweit erstmal zur nötigen Klarstellung 😉 Was uns interessiert, ist die im Umfeld des Progressive Rock (Art-, Classical-, Experimental- und Psychedelic Rock) stattfindende Kulturvermittlung von innovativen Ideen in einem gewohnheitsgeprägten Umfeld.

Abendländische HörgewohnheitenWenn wir uns nun den Ausschnitt einer Bruckner-Symphonie oder Wagners Walkürenritt aus dem Soundtrack von Apocalypse Now anhören – und gleich darauf einen Titel von Porcupine Tree oder von Yes, dann verstehen wir sofort, wie diese abendländische Prägung unseres Gehörs funktioniert. Und wie durch die subtile Balance von Wiedererkennbarem und bisher völlig Unerhörtem so etwas wie eine angenehme Bekannschaft mit dem Anderen, dem Fremden und Neuartigen entsteht. Dieser geniale Lernprozess findet auch weiterhin statt, solange sich die gewachsene Musiksprache unseres Kulturkreises in der Alltagsakustik eines erheblichen Teils der Bevölkerung widerspiegelt. Das trifft immer noch zu, wie etwa die Gestaltung vieler Filmmusiken zeigt. Oder der Umstand, dass die heute Erwachsenen stark von klassischen Konzerten und Radiosendungen geprägt sind. Wenn man sich allerdings die zukünftige Hörwelt aus dem ableitet, was heutigentags allzuland die Gewohnheiten bildet, dann wird man mit einem gscheiten Tinnitus noch vergleichsweise gut bedient sein…

Lasset uns eine Insel stifteneine Insel aus Schönheit und Vergnügeninmitten von Werbedreck, Sounddesign, Klingelschasund trullerndem Formatradio! 😀

 

Schluss mit Schluss!

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 28. DezemberWir sind noch da 😀 und das bleiben wir auch im kommenden Jahr! Also, keine Widerrede – wer nicht hören will, muss eh nicht. Doch wer da kann – soll auch wollen dürfen! Und umgekehrt. Oder möchte jemand das Gegenteil von sich selbst behaupten? Na also. Wir können jedenfalls nichts dafür – wir sind halt einmal so. Schwierig genug in Gezeiten wie diesen, wo allenthalben uns der Dosenmüll umblubbert – und die Häppchenkultur uns zunehmend Abmerksamkeit verlangt. Zwing Zwang Zweck und funktionieren, Zeit ersparen, einsortieren, nichts verstehen, alles glauben, Damenmoden, Daumenschrauben! Um mir immerhin einen Reim auf diese Gegangenheitsverbewaltigung gemacht zu haben. Selbst natürlich, selbstverständlich. Und ihr seid unser Welpenkorb. In Nämlichkeit,

AUFS OHRAmen. Denn wir haben nicht nur (wie immer) noch lange nicht genug – wir hauen euch gerne auch aufs Ohr – und uns dabei nach Möglichkeit weg. Humor ist, wenn man trotz all dem Wahnsinn in der Welt nach Kräften lacht. Ernst ist sowieso fürn August und bis dahin noch eine lange Weile! Die feine Klinge aus Wort und Witz verstehen wir wohl zu unserem Selbstschutz zu gebrauchen, jedoch manch groben Klötzen verlangt es allzusehr nach einem ebensolchen Prügel. Denen darf dann schon mal der Hammer unseres Zorns die Unwucht ihrer Existenz aufzeigen. Wir nehmen wahr, wir drücken aus – wiewohl, nicht ohne zu verdichten. Wir leben immer Eigenes dar in unseren Themen und Geschichten. Und seien wir einmal ganz ehrlich, wo in all dem Medienvielflat gibt es heute noch Originäres, Unorthodoxes, Verqueres und Widerborstiges? Staat dessen macht uns, Code sei Dank, Kommerz an Herz und Seele krank. Aber wir machen nicht mit bei den Gelalldudlern monoklon klingelnden Österreichts. Retzt erst lechz! Die Freien Medien sind für die freien Meinungen da – und nicht fürs imitatorische Nachwappeln von andernorts quotengeil längst bis zum Anspeiben ausgelutschten Einheitsdrecks. Formate Fadessadenverbehübschung…

Mit ohne uns! Wir sind ein geiles Institut 😛

 

Herbergsuche

> Sendung: Artarium vom vierten Adventsonntag, 21. DezemberAsylsuchende und Zivildiener – eine vorweihnachtliche Betrachtung von Gefühlen, Lebenssituationen, Sprachproblemen – und zugleich unser dritter Beitrag zur Grundtvig-Lernpartnerschaft „Memory under Construction: Giving Voice to Forgotten Memories“. Für diese zwei Jahre lang andauernde Kooperation von 12 europäischen Community-Radios haben wir bereits im September die dreistündige Perlentaucher-Nachtfahrt „Auf der Flucht“ sowie die einstündige Zusammenschau zum „Langen Tag der Flucht“ produziert. Ging es dabei thematisch um die alltägliche „Binnenflucht“ von mitten unter uns lebenden Menschen, die aus verschiedensten Gründen in dieser Gesellschaft keine Heimat finden, so wenden wir uns diesmal jenen zu, die auf ihrer Flucht aus anderen Ländern bei uns in Österreich gestrandet sind und hier – oft verzweifelt – Schutz zu finden hoffen…

HerbergsucheZudem auch den weitgehend zwangsverpflichteten jungen Männern, die ihnen als Zivildiener begegnen – in Beratungsstellen und Betreuungseinrichtungen: Gerade die stehen nämlich den Flüchtlingen oft zwischenmenschlich am nächsten – weil sie ebenfalls (in den allermeisten Fällen) nicht freiwillig da sind! Geteiltes Schicksal verbindet: „Die Verletzten sollen die Ärzte sein“ Die eigene emotionale Erfahrung des Fremd- und Ausgeliefertseins kann das Einfühlungsvermögen für Menschen in vergleichbaren Lebenslagen durchaus befördern 😉 Doch leben wir leider (noch) nicht in einer inklusiven Gesellschaft, und so erleben sich viele Zivildienstleistende im Zusammentreffen mit asylwerbenden Klient_innen recht zwiespältig als „hilflose Helfer“. Zwischen der Ohnmacht eines „kleinen Rädchens im Getriebe“ der undurchschaubaren Bürokratie – und der Möglichkeit, ein menschlicher Bezugspunkt und Rettungsanker sein zu können – für einen wichtigen Augenblick. Im Studiogespräch spiegeln sich Geschichten von Geflüchteten in den Gedanken und Gefühlen eines ehemaligen und eines zukünftigen Zivildieners. Und im Interview erzählt Emanuel Hinterbauer von seiner etwas anderen Arbeit beim Verein Ute Bock.

Dieses echt unbockbare Flüchtlingsprojekt verdient jedenfalls unsere Unterstützung!