Die Sendung mit der Wurst

-> Download: Artarium vom Sonntag, 18. Mai – Da haben wir jetzt also den Wurstsalat: Mal ganz abgesehen vom Neurovisions-Songcontest mit seinem musikindustriellen Massenmulm, sitzen wir auf einmal doch mit dieser verstörend betörenden Kunstfigur namens Conchita in einem Topf – und wundern uns. Nicht etwa darüber, dass wirklich jeder Unjedermann (und sei sie noch so Frau) seinihren Senf dazu quatscht. Das sind wir als gelernte Österreicher ja inzwischen gewohnt! Auch nicht so sehr über die interessante Polarisierung, die sich – von frenetischer Feude bis zu hochkochendem Hass – sogar in den Gesprächen von sonst zumeist schweigenden Mehrminderheiten auszubreiten scheint. Nein, eigentlich erstaunt uns das von Tom Neuwirth intelligent ausgedachte Irritationskonzept, mit dem die Vorstellung von gleichrangig vielfältigen Daseinsformen offenbar gerade bis in die allerhintersten Bewusstseinswinkel dringt.

Conchita WurstDa wollen wir diesmal (bei aller sonst gern geübten Kritik am konsumistischen Mainstream) in den Chor der Glückwünsche einstimmen und ein Lied für (nicht von) Conchita Wurst spielen. Wir sind das freie Radio 😉 Von einem der zahlreichen Gratulanten distanzieren wir uns aber gern und gründlich, denn der hat offensichtlich nichts von dem kapiert, was die Wurst vom Würstl gar so angenehm unterscheidet! Der selbstgebackene Retter des gottgefälligen Abendlandes und diensttuende Patriarch der wenig erfreuheitlichen Partei verfolgt ja ganz andere Ziele, wie Alexander Pollak auf derStandard.at genial ausführt: „Strache braucht Nationalismus und viel Opportunismus, um ausnahmsweise die Abweichung von Normen zu goutieren oder zumindest, wie im Falle von Conchita, schweren Herzens und wohl auch nur temporär, zu tolerieren. Doch die Abweichung von althergebrachten Normen ist nicht das, wozu Strache sie macht, sie ist nicht die seltene Ausnahme, sondern sie ist die Regel. Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, sieht eine Realität, die mit den Normvorstellungen, die in unseren Köpfen verankert wurden, vielfach nichts gemein hat. Das mag Herausforderungen mit sich bringen. Das mag für manche verwirrend sein. In erster Linie sollte es aber etwas ganz anderes sein, nämlich selbstverständlich, oder, wie es Conchita sagen würde, richtig, wurst.“

Blau ist eine warme FarbeWas läge also in dem Zusammenhang näher, als noch ein paar weitere schöne Möglichkeiten auszupacken, mit denen sich die eigenen Normvorstellungen anregend auf den Kopf stellen lassen. Wir wollen euch also von zwei Filmen erzählen und von den Büchern, aus denen heraus sie entwickelt wurden. Zwei verschiedene Geschichten, die aber beide dazu geeignet sind, die Welt des Gewohnten wieder mal anders zu erleben – überraschend, veränderbar, zuversichtlich. Zum einen ist hier die Rede von Jonas Jonassons „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“der jüngst stark gekürzt, doch durchaus sehr unterhaltsam verfilmt wurde. (-> Trailer) Zum anderen vom epischen Liebesfilm „Blau ist eine warme Farbe“, einer dreistündigen Bilderflut frei nach der Graphic Novel von Julie Maroh. Während das Vorstellungswelten sprengende Element in der ersten Erzählung die Aneinanderreihung der aberwitzigsten Wendungen in Geschichte wie Gegenwart des Protagonisten ist, so wird der entsprechende Erfrischungseffekt in der zweiten Story hauptsächlich durch die Darstellung von Sexualität erreicht. Ein Umstand, der bei aller Ästhetik und Intimität nicht unumstritten bleibt, wie dieser Artikel eindrücklich zeigt: “Clem hätte sich auch in mich verliebt, wenn ich ein Junge gewesen wäre.” Und darum scheint es Maroh auch in der Hauptsache zu gehen: Dass Liebe keine Geschlechtergrenzen oder sexuelle Orientierung kennt. “Die Liebe ist etwas so Abstraktes und Unergründliches. Sie hängt von unserer Wahrnehmung und unseren Erfahrungen ab”.

 

Laibach – Opus Dei

-> Download: Artarium vom Sonntag, 13. April – Willkommen zur etwas anderen Slowenien-Woche auf der Radiofabrik unseres Vertrauens! Radio Študent aus Ljubljana (gegründet 1969 und somit einer der ältesten freien Sender in Europa) ist im Rahmen einer Projektvisite zu Gast in Salzburg. Wir nutzen diese Gelegenheit, um selbst einige Programmschwerpunkte zu setzen: So wird bereits am Donnerstag Abend im Rahmen des Stammtischs der Freien Medien (Beginn 19 Uhr, ARGEkultur 1. Stock) ein Gespräch über das Kunstkonzept der Gruppe Laibach stattfinden, das zum Teil auch live aus dem Sendestudio übertragen wird. In der Nachtfahrtsendung am Freitag, 11. April zum Thema „Heimat under construction“ werden wir diese Unterhaltung mit unseren Gästen (von 22 bis 00 Uhr) weiter vertiefen können. Und zu guter Letzt spielen wir auf mehrfache Anregung noch ein frühes Laibach-Album in voller Länge!

laibach - opus dei (front)Und dieses Opus Dei von Laibach von anno 1987 vermag exemplarisch zu verdeutlichen, was uns am Konzept dieser Band und dem mit ihr verflochtenen Kunstkollektiv NSK (Neue Slowenische Kunst) derart interessiert. Slavoj Žižek, der weithin bekannte Kulturphilosoph aus Slowenien, hat dies in einem wunderbaren Video „What the hell is Laibach all about?“ auf den Punkt gebracht. Noch Fragen? 😀 Kurz skizziert – das herrschende System im künstlerischen Ausdruck noch ernster zu nehmen als es sich selbst jemals ernst nimmt, das führt zur Entlarvung der totalitären Mechanismen und ist somit zutiefst subversiv. Ein Konformist wäre somit jemand, der dem System gegenüber in ironischer Distanz lebt – ein Revolutionär dagegen eher so eine Art Übertreibungskünstler. Womit wir auch der Erforschung des Skandals einen großen Schritt näher gekommen sind. Hallo, Thomas Bernhard! Was darüber hinaus die kontroverse Kritik anbelangt, mit der Laibach wegen ihrer rauschhaften Verwendung (Entwendung/Verfremdung) von eklektisch zusammengeglaubten Herrschaftssymbolen immer wieder konfrontiert wurden, dazu wollen wir in unseren aktuellen Sendungen einiges an Anhörungsmaterial beisteuern. Zur Einführung in dieses Thema empfehlen wir die Videos „Geburt einer Nation“ sowie „Opus Dei“ vom gegenständlichen Album!

 

Sprache stehlen

-> Download: Artarium vom Sonntag, 30. März – Kann man das wirklich, eine Sprache stehlen? Oder eine Ausdrucksart, Sprechweise, Wörterwelt? Gibt es einen Tatbestand des Sprachdiebstahls – etwa im Urheberrechtsgesetz? Wie dachte und dichtete denn darüber Ernst Jandl, unser aller Großmeister des Nehmens und zerlegt Wiedergebens: „ich sein mein sprach, mein deutsch sprach, mein schön deutsch sprach, du wundern mein schön deutsch sprach?“ – so etwa im uns zu dieser Sendung inspiriert habenden Einakter „die humanisten“ (entstanden 1975) und dortselbst weiter: „den deutschen sprach mir heilig sein, sein mein muttersprach, sein mein und dein muttersprach, muttersprach heilig sein, mir heilig sein“ 😀 Also, da haben wirs! „Muttersprache“ eignet sich jedes Kind durch Ausprobieren an, durch Nachahmen und Herumspielen. Womit eins klargestellt wäre – wir sind alle Diebe – wir Strandpiraten der Sprache!

flammarionDaher sind die üblichen Vorwürfe, oft gegenüber sich in Sprachweisen just einübenden Menschen geäußert, man klinge wie der oder die, kupfere also ab und gehe mit deren Schmäh hausieren, ebenso sinn- wie substanzlos. Wer auch immer ein neues Ausdrucksmittel erlernt, wird dabei phasenweise um das Nachahmen seiner Lehrer und Vorbilder nicht herumkommen. Fad wirds bestenfalls, wenn jemand im lernenden Liebesrausch stecken bleibt und forthin nur mehr nach Kinski klingt. Oder nach Tolkien. Oder nach Hermann Hesse. 😛 Egal. Würde man derlei pingelige Kritik denn bei Komponisten und Musikern (natürlich immer auch _innen) anwenden, dann könnte man gleich 80% der Salzburger Bandszene wegen nachhaltigem Plagiatismus heimschicken. Bei jungen und in ihrer Entwicklung befindlichen Autor_innen und Vortragenden wird aber gleich gemeckert. Selbstredend heimlich und hintenrum, wir leben ja in einem nazikatholischen Friedhof der Phantasien. Welch ungeheuerliche Anmaßung ist das denn, wenn ein Mensch sich eine vorhandene Sprache einfach nimmt – und dann daraus etwas Eigenes macht? „Ketzerei!“ schreien sogleich die Verwalter der bisherigen Sprachmacht, und das war auch schon bei Martin Luther nicht anders! Das darf uns immerhin zu denken geben…

In dieser Sendung wollen wir alle Schreibenden und Sprechenden dazu ermutigen, ihre jeweilige Sprachwelt möglichst kreativ zu erweitern. Und sich alle dazu notwendigen „Sprachen“ (Text, Wortschatz, Vortragsstil) einfach anzueignen – ohne Rücksicht auf die allgemeinen Ehrwürdens ihrer eigenen Einteilungen. Denn Sprache lebt – in uns allen!

 

Kunnstpause

-> Download: Artarium vom Sonntag, 19. Januar – Schneller, höher, weiter – und vor allem besser, immer noch ein klein wenig besser als beim letzten Mal! Jede(r) Kunstschaffende und Projektgestaltende kennt das doch – und trägt etwas von dieser ewig antreibenden Unzufriedenheit mit sich herum. Die derzeitige Erscheinungsform des von einem selbst und aus einem selbst Hervorgebrachten erscheint schon nach einer Nacht, spätestens aber nach ein paar Tagen erheblich verbesserbar. Schön und gut – sich nie auf den Lorbeeren des bisher Erreichten ausruhen zu mögen und daher stets nach der Erweiterung eigener Ausdrucksmöglichkeiten zu streben, das macht nun einmal eine schöpferische Persönlichkeit aus, das ist auch im Sinne einer eigenen Entwicklung stimmig und sympathisch. Was aber, wenn dieses innere Streben nach Perfektion unter die Zwänge der Burnout-Gesellschaft und zur Selbstausbeutung gerät?

The Angry BirdSomit setzen wir mit der sonntäglichen Sendung zwischen Weihnachtszeit und neuen Projektideen ein deutliches Zeichen fürs Herunterschrauben eigener Erwartungen und fürs dringende Druckentlüften des inneren Leistungsboilers. Denn kein Mensch kann sich ständig steigern, egal wie selbstbestimmt seine Ziele auch sein mögen… Fortwährendes Wachstum führt unausweichlich zum finalen Zerplatz und andauernde Beschleunigung zum ungebremsten aus der Kurve fliegen. Nicht jede neue Sendung muss intensiver, komplexer, präziser – genau gesagt also besser – geraten als die jeweils vorherige. Nein, eine Sendung ist gut, indem sie stattfindet. Das ist nämlich auch ihr ureigentlichster Zweck! Oder wie wäre etwa ein längerfristiges Liebesleben auch nur ansatzweise vorstellbar, in dem jeder Höhepunkt ein noch höherer und jeder Orgasmus ein noch multiplerer sein MÜSSTE? Auch Sex ist halt gelegentlich nichts anderes als „einander den Rücken kratzen“ – und genau so etwas in der Art wollen wir in dieser Sendung zelebrieren. Ein paar liebenswerte Freundlichkeiten in Wort und Musik austauschen – und einfach mal die ganz großen Ansprüche auf sich beruhen lassen! Werden wir denn nicht alle mit der Zeit älter – und sterben zum Schluss? Na also 🙂

 

the who the what the yeah – STROM

-> Download: Artarium vom Sonntag, 15. Dezember – Das ganze Album zum Schluss eines verwegenen Überlebensjahres! „Ich bin meiner Zeit weit voraus – ich lebe in der Vergangenheit“ Unlängst erst erschienen (22. 11.) wird das längst schon erwartete Opus Platzgumer der Wiener „Andersrocker“ ringsumher teils besprochen (ernsthaft: fm4, profil, wienerzeitung) und teils bequacksalbert (da halt ich mich heuer einfach mal fein raus 😛 ) Mit uns haben die Herrschaften bereits im Mai dieses Jahres anlässlich ihres Salzburg-Konzerts über das Werden und Verstehen von „Strom“ ausführlich gesprochen – auch dazu ist schon allerhand gesagt und geschrieben worden. Siehe -> Radiofabrik-Bandportrait. Jetzt so zu tun, als wären the who the what the yeah just für uns DIE absolute NEUentdeckung dieses Novemberdezembers – das wäre zeitgeisthuschige Pseudoneuigkeiterei. Um es mit Gunkl auszudrücken „obsolet bis zur Redundanz“ oder auf Deutsch: „Doss des gscheit krocht, des waß ma eh!“

STROMIch kann einzelne ewig wiedergekäute Review-Zitate zwecks Genre-Zuordnung nicht mehr ertragen! Und dass meine Phantasie so gesund ist, dass sie weder Kreisky noch Ja, Panik aus dieser im besten Sinne höchst eigensinnigen Musik heraus zu hören vermag, das rechne ich mir und ihr mittlerweile hoch an. Viel besser gefällt mir da schon dieses Zitat aus dem aktuellen Pressetext: „Etwas, das sich wenig scheißt …und das mit fast schon autistischer Unbeirrtheit seinen Weg geht.“ Chapeau! Da können wir weiter mitreden, wenn wir nämlich über den Aussagegehalt von Musikwerken philosophieren möchten. Im Hintergrund hören wir Thomas Oberender kichern, dem dabei gerade eine Idee zu seinem Theaterprojekt einfällt. Existenzialismus – das war einmal! Doch trotzdem – um es diesmal mit Rainald Grebe zu formulieren: „Wir werden in die Welt gevögelt und können nicht fliegen.“ Ziemlich angetrunken wackeln jetzt Thomas Bernhard und Pier Paolo Pasolini über den Friedhof unserer Wünsche – und schauen einander kurz fragend an. Unglaublich! Schon holen sie zeitgleich ihre Lulubären heraus und strullern gemeinsam frohgemut lachend mitten hinein ins noch offene Grab der kulturellen Individualität. Krank? Zynisch? Sarkastisch? Nein, es geht nicht darum, den Verhältnissen zu entfliehen! Es geht darum, sich noch darüber aufregen zu können. Sagte die Maus zum Elefanten…

Der umtriebige Frontman von the who the what the yeah, Martin Konvicka, gastiert übrigens (Solo + Geige) am Freitag, 13. Dezember als Support für Small Night Searching im mark.salzburg in der Hannakstraße. Dabei sollen auch einige Nummern vom Album „Strom“ zu hören sein! Ebenfalls in derselbigen Nacht werden Chriss und ich bei der Perlentaucher Nachtfahrt in der Radiofabrik (zwischen 22 und 02 Uhr) schon den einen oder anderen Titel daraus auflegen. 😉 Gut zu hören

 

Ein Fest der Liebe

> Download: Nachtfahrt der Perlentaucher im Dezember 2013 (Part 1) und/oder Nachtfahrt der Perlentaucher im Dezember 2013 (Part 2) – Ein feuchtfröhlicher Seelenstriptease durch alle 24 Fenster des Adventskalenders. Wir öffnen eins nach dem anderen und uns/euch einander Aussichten und Einblicke hinter die verchristlichte Betriebsamzeit dieses stilldunklen Übergangs vom Friertod ins Neuleben. Freilich zaubern wir dabei auch Verborgenes hervor, längst vergessen Geglaubtes, vielschichtig Verwobenes oder überhaupt vollkommen Verrücktes. Keine Ahnung, was sich daraus dann im Verlauf der Sendung ergeben wird – aber irgendeinen dramaturgisch roten Faden braucht es halt immer, auf dass sich all unsere konfusen Mitbringsel daran zu mitteilender Gestalt kristallisieren. Alles weitere werden wir erleben, hören, sehen, spüren. In diesem Sinne „Keine Macht der Seistaadsgewalt!“ und „Wir sind ein geiles Medium…“

Schnaitl SpiritIch weiß nicht, seit wann dieses Bild dort schon herum hängt (aber es kommt mir vor, als wäre es mindestens eine Ewigkeit) oder wer es überhaupt gemalt hat (auf jeden Fall ist es saugut und verkörpert für mich den Spirit jenes Ausnahmelokals, das seit den späten 80ern dem „etwas anderen Publikum“ in Salzburg Herberge bietet). Beginnen wir also hier diesmal unsere Adventreise. Man sollte eh viel öfter mal wieder ins Schnaitl schaun! Eine jener Perlen, die ich unlängst entdeckt habe, ist übrigens der Song „Gilead“, den der sonst aberwitzig schnellsprechende und -singende Rainald Grebe über seinen 15-monatigen Zivildienst in einer deutschen „Nervenheilanstalt“ gemacht hat – oder besser, über die Stimmen der dort von ihm angetroffenen Insassen, Patienten, „Verrückten“ (und was ist bitte „normal“ ??) – sehr betroffen, sehr innerlich – und eben unaufgelöst. Hier schon mal ein Textauszug:

am eingang, an der pforte saß ein mann, der war schon alt.

„treten sie ein, ich bin der förster vom silberwald. ich wünsche ihnen einen schönen arbeitstag. und jetzt stecken sie ihren penis nach links. das linke hosenbein ist weiter, hat ein weiser schneider gesagt.“

wahnsinn, wahnsinn, wahnsinn, wa-wa-wa-wa-wa-wahnsinn.
wahnsinn, wahnsinn, wahnsinn, absurdes theater.

„gott sei dank – ich bin entmündigt! fotze fotze fotze fotze fo…! na, verhaften sie mich doch! fotze fotze! die gedanken sind frei!“

manisch heißt konkret, dass du sieben tage nicht mehr pennst. sie betreten den platz des himmlischen friedens und landen in der wannsee-konferenz.

und als ich ging, da war ich guter dinge. ich vergess‘ euch nie, ich steig jetzt in mein boot. und ich hab gesagt, ich will immer für euch singen. mein katamran steht vor der tür und der ist feuer-, feuerrot. gilead…

Hinter der FassadeDerlei bedenkend ergeht es einem kaum besser mit anderen ausgelöschten Existenzen, auf deren Luftgräbern diese Stadt aufgebaut wurde – und immer noch wird! In dem Zusammenhang sei an ein Salzburger Musikprojekt erinnert, das wie kein anderes den hierorts herrschenden Gewaltsinn der Gleichgültigkeit in Liedern und Texten darstellen – und somit entlarven konnte: Rotz! 😉 Eine Band, die besagte Ausnahmequalität in den Jahren ihres vierköpfigen Auftretens (und bei ihrer Teilnahme am FM4 Protestsong-Contest) in einem solch erheblichen Ausmaß erreichte, dass wir hier schon von einer (längst vermissten und schlechterdings für unmöglich erachteten) „Salzburger Schule“ des Sehens und Aussagens sprechen müssen – zumal die Rotz’schen Songstrukturen nie nachgebastelt wirken, sondern stets eigensinnig selbsterdacht daher kommen. Auch hierzu ein Textauszug aus Faule Wörter:

Ja dein Urteil kennt keine Gnade
Deine Botschaft hat viel Biss
Dabei weißt du doch genau
Nichts ist für immer, nichts gewiss
Ich sehne mich nach dem in dir
Der nichts beweisen muss
Weil wir alle Schatten sind
Und gar jämmerlich zum Schluss
Und du siehst mir in die Augen
Doch du erkennst mich nicht
1000 Welten voneinander entfernt
1000 Wörter – und jedes sticht

Faule faule Wörter

Du spuckst auf deine Liebe
Nennst dich selbst Rebell
Du kennst die beste, neue Mode
Mit deinem Urteil bist du schnell

Bruder komm befreie mich
Mit deinem zarten Kuss
Weil wir sonst Schatten bleiben
Und Idioten bis zum Schluss

Faule faule Wörter

Noch Fragen? Dann einfach einschalten, mitleben, zuhören… 😛 Und keine Angst – das Witzige am wirklichen Frohsein ist ja doch, dass es unvermittelt aus den Trümmern des Abgrundstürzens auftaucht. So auch in dieser Sendung, versprochen! Tjo, tjo, tjodürü… Und jetzt Muuuuuuuh!

 

Das etwas andere Punk-Biotop

-> Download: Artarium vom Sonntag, 8. Dezember – Haben wir ihn nicht allzu oft gehört, gelesen, von Mauern bleichen und bröckeln gesehen, den ewigen alten Kampfruf, der sich auch nie ganz entscheiden konnte zwischen Pose und Poesie? PUNX NOT DEAD meist knallrot in krakeligen Schnellstbuchstaben und ambivalent wie wir selbst – bloß ein weiteres hirnlos hinbrunzertes Oaschloch oder doch wieder Hoffnung auf das Zufleiß des Widerstands, auf Menschennestwärme gegen die Funktionskälte da draußen? Mich rührts dann doch immer wieder aufs Neue an, wenn die Buntkinder, Drauflospiraten und Scheißdirnixen spontan ohne Hintergedanken ihr eigenes Punkrevival ausrufen – zumal, wenn es dabei nicht nach sonstüblichem Eventkasperltum fäult, sondern sich offenbar gesund gesellschaftskritische Geister an den krankmachenden Kränkungen einer völlig aus dem Ruder laufenden Funktionärsversammlung abarbeiten, welche allgemein als „angepasst und anständig“ bezeichnet wird. Ich bin doch nicht blöd!

3deutige AussageSo ist es uns gerade in dieser stillsten Zeit zwischen Glühwurst und Weihblech ein besonderes Vergnügen, die Kolleg_innen der neuen Radiosendung Hallo Punkerland live im Studio zu begrüßen – und gleichsam als Double-Feature auch noch die mit dieser garantiert befleckten Empfängnis verquickte Musikkapelle 3deutige Aussage, deren Bandmotto nichts geringeres verheißt als „Liebe & ein bisschen Punkrock“ – Wenn uns also da nicht das Häferl übergeht, dann weiß ich auch nicht (aber das hab ich ja ohnehin nicht wirklich behauptet) 😛 Abgesehen davon soll hier festgestellt sein, dass mein Fernseher kaputt ist, was zu alledem wohl erschwerend hinzu kommt.

Doch nun genug des Philosophischen und des Seelenstriptease! – Ihr Kinderlein, kommet! Und das zu Hauf – es ist immerhin Radio Empfängnis und wir sind gut zu hören. Unsere kleine sonntagnachmittägliche Adventandacht aus der Bastelbude der Möglichkeitsform verbindet wieder einmal das Ungesagte mit dem Überraschenden. Kein Salzburger Trummblasen nebst Lebkuchen und Leberkassemmel – ein feines Aufspüren des Atypischen in der Kreativität des zusammen Spielens und Lebens! Und eine augenzwinkernde Suche nach dem Sinn (den Wurzeln, der Idee) hinter dem Punk. Ich würde ja vorschlagen, dass, wenn man es auch nur irgendwie ansatzweise definieren kann, es ganz bestimmt kein Punk im ursprünglichen Erscheinugszustand sein kann, entzieht sich doch diese Kunnst-Form schon aus ihrem Selbstverständnis von vornherein jedweder Genrefizierung. Allein die Bezeichnung „Punk“ in einem einschlägigen Fanzine ging den Kunstschaffenden im CBGB’s der späten 70er Jahre zu weit – und auf den Geist! 😀 Da haben wir also jetzt den Salat. Und Mahlzeit!

 

GELD MACHT WERTE (Ö1 Radiokolleg)

-> Download: Artarium vom Sonntag, 10. November – Wir präsentieren unser heuriges  Bildungsprojekt zur vorweihnachtlichen Denkanstiftung: GELD MACHT WERTE – eine Produktion aus dem Ö1 Radiokolleg, welche im Jahr 1999 erstmals ausgestrahlt wurde und die wir mit freundlicher Genehmigung des ORF zum 15. Geburtstag der Radiofabrik nunmehr ebenfalls senden. Vom 11. November bis 19. Dezember sind alle 24 Folgen dieser Sendereihe hier in Salzburg und als Livestream abermals gut zu hören – und zwar immer montags bis donnerstags zwischen 13:30 und 14:00 Uhr. Im Artarium spielen wir schon vorab ein paar Ausschnitte als Appetizer und erzählen auch, wie es ursprünglich zur Idee dieser journalistischen Qualitätsoffensive kam. Das vollständige Programm mit den Titeln/Themen der einzelnen Beiträge sowie den Begleittexten der jeweiligen Autor_innen haben wir zudem als PDF zum Download vorbereitet.

Warum aber ausgerechnet diese Produktion nach fast 15 Jahren noch einmal hören, wo doch beinahe im Wochenrhythmus neue Schreckensmeldungen aus der Finanzpolitik für Verunsicherung sorgen? Eben weil vieles davon gar nicht so „neu“ ist, wie es uns ein auf Tagesaktualität ausgelegtes Nachrichtenbusiness oft erscheinen lässt: Denn in einem geschlossenen System war, ist und bleibt nämlich die Summe aller Guthaben immer genau gleich hoch wie die Summe aller Schulden.

Und was wäre ein hochgradig globalisiertes Wirtschaftssystem mit seinen zunehmend grenzenlosen Geld- und Warenströmen denn anderes als ein in sich geschlossenes System? Oder, wie es bereits Bert Brecht prophetisch auf den Punkt brachte: „Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ In dieser hervorragenden Sendereihe wird also viel grundlegendes Wissen vermittelt über die Entstehung des Geldes, das Funktionieren der Märkte – und den zwangsläufigen Zusammenbruch von Spekulationsblasen. Die Produzent_innen gehen aber noch einen Schritt weiter – sie hinterfragen viele der vorgeblichen Wahrheiten, die uns permanent als unumstößlich (oder alternativlos!) dargestellt werden – und bürsten unsere Wahrnehmungsgewohnheiten ordentlich gegen den Strich. Auf diese Weise können wir uns dann wirklich bilden – eine eigene Meinung nämlich! Muss Wachstum immer sein? Ist es überhaupt gut – oder schlecht? Und unter welchen Bedingungen? Oder besteht ein von vorn herein anzunehmender Zwang zum Wachstum, der die einzelnen Volkswirtschaften weltweit in die Verschuldung treibt?

In diesem Zusammenhang sei zum Beispiel auf den österreichischen Ökonomen und Kapitalismuskritiker Erhard Glötzl hingewiesen, dessen 1998 publizierte, wegweisende Arbeit „Wechselfieber der Volkswirtschaften – Anamnese, Diagnose, Therapie“ bei der Gestaltung dieser Radiokolleg-Reihe eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte. Die Hauptthesen werden in der Folge „Schuldner, Gläubiger, Philosophie des Geldes“ im Rahmen eines überaus witzigen Interviewgesprächs von ihm selbst erläutert. Und so wie meine Begegnung mit Erhard Glötzls einleuchtenden Gedanken für mich damals beim ersten Hören ein plötzliches Verstehen der komplexen Materie Geldwirtschaft bewirkt hat – so geht es seitdem vielen, vor allem jungen Hörer_innen bei der einen oder anderen nonchalant aufbereiteten Information aus diesem schier unerschöpflichen Fundus der denkmöglichen Querverbindungen. „Das hätt ich nie gedacht, dass das so einfach ist!“, oder: „Unglaublich, wie alles zusammenhängt!“, so lauten dann typische Bemerkungen.

Wir bringen GELD MACHT WERTE allerdings noch mit ein paar weiteren Absichten gerade jetzt ins tägliche Programm der Radiofabrik: Zum einen wollen wir der jüngst mit einem Radioschorsch ausgezeichneten administrativen und journalistischen Arbeit unseres langjährigen Programmkoordinators Georg Wimmer ein unentrinnbares Hörmal widmen, das seinem Bemühen um handwerkliche Qualität und technische Perfektion gerade in der Ausbildung und Ermutigung von freien Sendungsmacher_innen veranschaulichen mag. Zum anderen wollen wir damit einen Grundgedanken unseres 15-jährigen Jubiläums pflegen, um ihn uns wiederum gemeinsam mit Schmackes ins Bewusstsein zu pflanzen: Unser Zukunftspotenzial hat im Wesentlichen mit der Leidenschaft zu tun, im Medium Radio Grenzen zu überschreiten, Neues auszuprobieren und Visionen zu verwirklichen. In diesem Sinne heißt das auch, Radiomachen von den Besten zu lernen. Also, wagen wir uns doch selbst ebenfalls immer wieder mal an komplexe, komplizierte und kontroverse Themen! 😉

 

Ö1 Radiokolleg Sendereihe GELD MACHT WERTE in der Radiofabrik Salzburg – Programm von 11. November bis 19. Dezember 2013 – jeweils Montag bis Donnerstag um 13:30 Uhr:

Woche 1 – „Die Ökonomie der Unersättlichkeit

Montag, 11. November – Die Weltbank Anschauungsschule
Dienstag, 12. November – Entschuldigung der Verschuldung am Beispiel von Schwellenländern
Mittwoch, 13. November – Die Ökonomie der Unersättlichkeit
Donnerstag, 14. November – Politisches Kapital – Kapitalistische Politik

Woche 2 – „Börsenfieber und Börsencrash

Montag, 18. November – Ein Tag an der Börse
Dienstag, 19. November – Das größte Casino der Welt: die intemationalen Finanzmärkte
Mittwoch, 20. November – Einzelaktien, Fonds oder Dachfonds? Eine Orientierung
Donnerstag, 21. November – Krisen und Systemdefizite der internationalen Finanzmärkte

Woche 3 – „Vom Marktplatz zum Finanzmarkt

Montag, 25. November – Kapitalismus: Was ist das?
Dienstag, 26. November – Vom Markt zur Marktwirtschaft
Mittwoch, 27. November – Das organisierte Verbrechen: die höchste Stufe des Kapitalismus?
Donnerstag, 28. November – Makroerfolge und Mikroelend

Woche 4 – „Strategien für ein Leben ohne Geld und Zinsen

Montag, 2. Dezember – Das Phänomen der Tauschring-Bewegung
Dienstag, 3. Dezember – Geld ist, was Geld bewirkt
Mittwoch, 4. Dezember – Konflikte mit der Normalität – rechtliche Grauzone
Donnerstag, 5. Dezember – Wirtschaftliche Integration und Regionalökonomie

Woche 5 – „Kulturphänomen eines Zahlungsmittels

Montag, 9. Dezember – Von den Anfängen des Geldes bis zur Einheitswährung
Dienstag, 10. Dezember – Geldgeschichte und Herrschaftsgeschichte
Mittwoch, 11. Dezember – Geldwirtschaft als System
Donnerstag, 12. Dezember – Schuldner, Gläubiger und die Philosophie des Geldes

Woche 6 – „Der tägliche Umgang mit dem Geld

Montag, 16. Dezember – Bewegungsspielräume und Abhängigkeiten
Dienstag, 17. Dezember – Die Extreme von Arm und Reich und ihre Wahrnehmung
Mittwoch, 18. Dezember – Die Metamorphosen des Geldes
Donnerstag, 19. Dezember – Geldinteressen – Kommunikation/Suggestion – Wahrnehmung/Verschleierung

 

Geschlecht und Gartenzwerg

Download: Artarium vom Sonntag, 27. Oktober – Nun ist es also amtlich, die Radiofabrik ist 15 und darf jetzt auch schon allein Mopedfahren. Vor lauter Freude darüber haben wir heuer gleich 3 Sendungen für ihre zukunftsweisenden Inhhalte/Konzepte mit dem seit 2008 vergebenen Medienpreis „Radioschorsch“ ausgezeichnet. Und ebenso einen ehemaligen Kollegen, der sich seit der Gründung des Senders jahrelang mit Hingabe um diese Zukunftsfähigkeit verdient gemacht hat – als Journalist, Programmkoordinator und Vereinsmitbegründer – nämlich Georg Wimmer (nach dem der Radioschorsch allerdings NICHT benannt ist). Der ist wiederum einem geschäftigen Gartenzwerg nachempfunden, einem mythischen Wesen, das wie kein zweites für heimliches Schaffen im Untergrund steht. So weit, so verständlich. Doch haben Gartenzwerge eigentlich ein Geschlecht? Wenn ja – welches? Und überhaupt – wer ist Henry Lûmí?

Radioschorsch 2008Es war eine grandiose Zeit, als die Artarium-Crew den allerersten Radioschorsch für die gelungenste Sendung zum 10-jährigen Jubiläum der Radiofabrik verliehen bekam. Keineswegs weniger grandios gestaltete sich die heurige Preisvergabe, über die wir hier ebenfalls als allererste berichten wollen:

„And the Schorsch goes to…“ 😀 Die ausgezeichneten Sendungen und ihre Gestalter_innen: Robert Schromm und Hans Peter Reuber für „Hallo Nachbarland“ in der Kategorie „Networking und Community-Building“ – Gunther Engetsberger für „Soundburg Radio“ in der Kategorie „Technologische Pionierleistung“ – Die Literaturgruppe Lachmeer mit Rosi Krenn und Robert Presslaber für „Radio Stachelschwein“ in der Kategorie „Soziale Visionen und deren Verwirklichung“. Wir gratulieren abermals allerartigst und schwelgen in den Nachbeben eines gelungenen Abends. Merci euch allen! Was wir jedoch schmerzlich vermissen, das sind ein paar Songs der fabulösen Sheepbrothers zum im Radio spielen. 😉 Für uns waren sie menschlich wie musikalisch eine ordentliche Offenbarung…

IntersexAnd now to something completely difficult: Ein Thema, das uns immer wieder in neuer Gestalt unterkommt, ist die selbstbestimmte Suche nach der eigenen sexuellen Identität. Fast genauso kompliziert wie das Geschlecht des Gartenzwergs zu definieren, gestaltet sich meist auch der Weg in ein erfülltes Leben für Menschen mit nicht eindeutig zuordenbaren Geschlechtsmerkmalen oder Geschlechtsvorlieben. Dass dies auf vielerlei Ebenen (und nicht nur rein körperlich) eine wichtige Rolle spielt, das erklärt uns etwa dieses Video mit dem vielsagenden Titel „Human Sexuality is Complicated“. 😛 Wir empfehlen es hiermit uneingeschränkt, auch zur Einstimmung auf unsere Sendung.

Was uns darüber hinaus in Erstaunen versetzt und zu zarten Anflügen von Hoffnung Anlass gibt, ist der Umstand, dass ausgerechnet im gesellschaftlich nicht gerade als progressiv verschrieenen Salzburg seitens der Hosi die österreichweit erste Stelle einer eigenen Intersex-Beauftragten eingerichtet wurde. Aber Hallo! Demnächst outet sich noch der Erzbischof als evangelisch und die Festspiele werden zum Forum für Armutsbekämpfung und Globalisierungskritik? Doch lassen wir die Kirche erstmal im Kraut und folgen wir unserer bewährten Neugier. Wir haben Gabriele Rothuber (so heißt die neue Fachfrau für Geschlechterfragen) zu einer unserer kommenden Sendungen eingeladen, weil wir mehr über ihre Arbeit sowie das eben nicht gerade übersichtlich erscheinende Thema Intersexualität erfahren möchten. In der Zwischenzeit laden wir zum Intersex Solidarity Day am 8. November (ab 18 Uhr im Unipark Nonntal), Flyer/Programm gibts als Download.

 

There must be some way out of here

-> Download: Artarium vom Sonntag, 20. Oktober – Fast schon totgecovert, die Nummer! Und seit Jimi Hendrix gabs auch kaum mehr Erleuchtendes, schon gar nicht vom Zimmerman(n) selbst. Die Version im deutschen Film „Bandits“ fand ich immerhin erfrischend, jene von Thea Gilmore im Rahmen ihrer Gesamtalbum-Interpretation von Dylans „John Wesley Harding“ angenehm klassisch. Ein Herr Lämmerhirt allerdings erschafft „nur“ mit akustischen Gitarren und Querflöte (!) eine unverwechselbare Songpersönlichkeit. Kein lyrischer Text besteht nämlich beim Anhören ohne eine ihm inhaltlich entsprechende Stimme, darin besteht die Vortragskunst – die hier ist also geradezu unüberbietbar kongenial: „Werner Lämmerhirt – All Along The Watchtower“ vom 1991 bei Stockfisch erschienenen Album „Die frühen Jahre“. Der Gitarrensound erinnert stark an Leo Kottke, doch die Stimme – wo soll ich die jetzt hin tun? Eben 😀

Menschen begeisternWeshalb sich einem (oder einer anderen) überhaupt einzelne Zeilen aus Songs und Texten einbrennen, einfräsen, das ist schwer zu erklären. Überhaupst bei Bob Dylan, dessen Poesie sich so dermaßen jeglicher eindeutigen Deutung verweigert, dass es schon wieder genial ist, sich in seiner lyrischen Krypta der Bedeutungen zu verirren.

Ich kenne einen Mariazeller Bierbrauer, der zu jeder nur erdenklichen Livedarbietung dieses Metaphernmeisters wallfahrtet und dortselbst akribisch allfälligen Textvarianten nachspürt. Anschließend katalogisiert er die von ihm wahrgenommenen Versionen und vergleicht sie in einem weltweiten Kreis Gleichgesinnter mit den davon verschiedenen aus anderen Konzerten. So entsteht in einem allseits lustvollen „never ending Work of Progress“ ein Verzeichnis jener Möglichkeiten, wie man etwa als Bob Dylan Bobdylan’sche Lyrik interpretieren kann. Wobei ihrem Schöpfer nie auch nur ein Sterbenswort darüber zu entlocken ist, was dieselbe denn nun eigentlich bedeuten soll. Versuchen wir es nun unsererselbst mit der Technik der „Interpretativen Übertragung“ sowie unter Zuhilfenahme oben erwähnter CoverversionenAll along the Watchtower! 😉