the who the what the yeah – STROM

-> Download: Artarium vom Sonntag, 15. Dezember – Das ganze Album zum Schluss eines verwegenen Überlebensjahres! „Ich bin meiner Zeit weit voraus – ich lebe in der Vergangenheit“ Unlängst erst erschienen (22. 11.) wird das längst schon erwartete Opus Platzgumer der Wiener „Andersrocker“ ringsumher teils besprochen (ernsthaft: fm4, profil, wienerzeitung) und teils bequacksalbert (da halt ich mich heuer einfach mal fein raus 😛 ) Mit uns haben die Herrschaften bereits im Mai dieses Jahres anlässlich ihres Salzburg-Konzerts über das Werden und Verstehen von „Strom“ ausführlich gesprochen – auch dazu ist schon allerhand gesagt und geschrieben worden. Siehe -> Radiofabrik-Bandportrait. Jetzt so zu tun, als wären the who the what the yeah just für uns DIE absolute NEUentdeckung dieses Novemberdezembers – das wäre zeitgeisthuschige Pseudoneuigkeiterei. Um es mit Gunkl auszudrücken „obsolet bis zur Redundanz“ oder auf Deutsch: „Doss des gscheit krocht, des waß ma eh!“

STROMIch kann einzelne ewig wiedergekäute Review-Zitate zwecks Genre-Zuordnung nicht mehr ertragen! Und dass meine Phantasie so gesund ist, dass sie weder Kreisky noch Ja, Panik aus dieser im besten Sinne höchst eigensinnigen Musik heraus zu hören vermag, das rechne ich mir und ihr mittlerweile hoch an. Viel besser gefällt mir da schon dieses Zitat aus dem aktuellen Pressetext: „Etwas, das sich wenig scheißt …und das mit fast schon autistischer Unbeirrtheit seinen Weg geht.“ Chapeau! Da können wir weiter mitreden, wenn wir nämlich über den Aussagegehalt von Musikwerken philosophieren möchten. Im Hintergrund hören wir Thomas Oberender kichern, dem dabei gerade eine Idee zu seinem Theaterprojekt einfällt. Existenzialismus – das war einmal! Doch trotzdem – um es diesmal mit Rainald Grebe zu formulieren: „Wir werden in die Welt gevögelt und können nicht fliegen.“ Ziemlich angetrunken wackeln jetzt Thomas Bernhard und Pier Paolo Pasolini über den Friedhof unserer Wünsche – und schauen einander kurz fragend an. Unglaublich! Schon holen sie zeitgleich ihre Lulubären heraus und strullern gemeinsam frohgemut lachend mitten hinein ins noch offene Grab der kulturellen Individualität. Krank? Zynisch? Sarkastisch? Nein, es geht nicht darum, den Verhältnissen zu entfliehen! Es geht darum, sich noch darüber aufregen zu können. Sagte die Maus zum Elefanten…

Der umtriebige Frontman von the who the what the yeah, Martin Konvicka, gastiert übrigens (Solo + Geige) am Freitag, 13. Dezember als Support für Small Night Searching im mark.salzburg in der Hannakstraße. Dabei sollen auch einige Nummern vom Album „Strom“ zu hören sein! Ebenfalls in derselbigen Nacht werden Chriss und ich bei der Perlentaucher Nachtfahrt in der Radiofabrik (zwischen 22 und 02 Uhr) schon den einen oder anderen Titel daraus auflegen. 😉 Gut zu hören

 

Die Stimmen der Anderen

-> Download: Artarium vom Sonntag, 24. November – Wenn wir uns jenseits unserer eigenen Sendungen so umhören, dann stoßen wir mitunter auf akustische Kleinodien, die so gut zu hören sind, dass wir sie wiederum selbst gern mitteilen möchten. Seien es erstaunliche Stimmen und Texte, seien es freimütig vorgetragene Improvisationen, seien es sonstwie herzerwärmende Momente, Musikstücke, Mutausbrüche. In dieser Sendung erfreuen wir euch und uns mit einem saftig dampfenden Pott Püree aus Beiträgen von radiomachenden Kolleg_innen, gehaltvoll garniert mit eigenen Assoziationen und Spontanitäten. Denn jedwede Botschaft, die wir mit den Hörlöffeln aufnehmen, kann auch unserem Kopftheater Anlass geben, die eigenen Ideen wieder einmal ganz anders wahrzunehmen oder auch umzusetzen. Im besten Fall berühren sie uns einfach einen Moment lang im Inneren und lassen uns mit der Welt vereint entschweben. Wie würde der Fuchs gesagt haben? „Man hört nur mit dem Herzen gut.“ In diesem Sinne… 😉

Willkommen!Nehmen wir erstmal die Herausforderung an, einer gelungenen Textübertragung aus der Sendung Battle and Hum noch eins drauf zu setzen. Venus in Furs 3.0 quasi und des friedlichsten Battelns in der Stadt wird noch lange kein Ende sein! Würdigen wir sodann die Poesie der Langsamkeit inmitten betriebsamer Zeiten, nämlich die schönste Schilderung eines klarkalten Herbstabends aus dem Stadtteilradio Aigen (eine Sondersendung vom November 2012). Wenden wir unsere Merksamkeit zu bester Letzt auf einen Meilenstein menschlichen Miteinanders im Programm der Radiofabrik – die Sendung Hallo Nachbarland und deren allerjüngste Ausgeburt Hallo PUNKERLAND.

Ach, übrigens: „Seit ich selbst sende (und zwar zu einem nicht unerheblichen Teil genau das, was ich im Staatsfunk gern auch gehört hätte, aber nie serviert bekam) würdige ich die Sendungen der Kolleg_innen oft nur sehr punktuell, zumeist auf Feedback-Anfragen oder anlässlich von Co-Produktionen. Und wenn ich nicht gerade selbst am Playlist-Eindampfen, Interview-Schnitzen oder Toncollagen-Basteln für die Nachtfahrt und fürs Artarium herum brüte, dann läuft nächtens gern mal das Musikprogramm der Radiofabrik. Warum? Weil wir daselbst einen der niveauvollsten Musikmixe zu bieten haben, dessen ich in nunmehr über 50 Jahren jemals anhörig wurde. Chapeau, liebe Musikredaktion! Mit ein wesentlicher Grund dafür, weshalb wir im Großraum Salzburg bei den 19 bis 24-jährigen fast schon das beliebteste Programm sind. Ein Jammer allerdings, dass es (noch!) nicht möglich ist, derartige Vorzüge auch überregional anzubieten, auf welchem Weg auch immer…“ Norbert im November 2012 – so kanns einem gehen! Prosit 😀

 

GELD MACHT WERTE (Ö1 Radiokolleg)

-> Download: Artarium vom Sonntag, 10. November – Wir präsentieren unser heuriges  Bildungsprojekt zur vorweihnachtlichen Denkanstiftung: GELD MACHT WERTE – eine Produktion aus dem Ö1 Radiokolleg, welche im Jahr 1999 erstmals ausgestrahlt wurde und die wir mit freundlicher Genehmigung des ORF zum 15. Geburtstag der Radiofabrik nunmehr ebenfalls senden. Vom 11. November bis 19. Dezember sind alle 24 Folgen dieser Sendereihe hier in Salzburg und als Livestream abermals gut zu hören – und zwar immer montags bis donnerstags zwischen 13:30 und 14:00 Uhr. Im Artarium spielen wir schon vorab ein paar Ausschnitte als Appetizer und erzählen auch, wie es ursprünglich zur Idee dieser journalistischen Qualitätsoffensive kam. Das vollständige Programm mit den Titeln/Themen der einzelnen Beiträge sowie den Begleittexten der jeweiligen Autor_innen haben wir zudem als PDF zum Download vorbereitet.

Warum aber ausgerechnet diese Produktion nach fast 15 Jahren noch einmal hören, wo doch beinahe im Wochenrhythmus neue Schreckensmeldungen aus der Finanzpolitik für Verunsicherung sorgen? Eben weil vieles davon gar nicht so „neu“ ist, wie es uns ein auf Tagesaktualität ausgelegtes Nachrichtenbusiness oft erscheinen lässt: Denn in einem geschlossenen System war, ist und bleibt nämlich die Summe aller Guthaben immer genau gleich hoch wie die Summe aller Schulden.

Und was wäre ein hochgradig globalisiertes Wirtschaftssystem mit seinen zunehmend grenzenlosen Geld- und Warenströmen denn anderes als ein in sich geschlossenes System? Oder, wie es bereits Bert Brecht prophetisch auf den Punkt brachte: „Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ In dieser hervorragenden Sendereihe wird also viel grundlegendes Wissen vermittelt über die Entstehung des Geldes, das Funktionieren der Märkte – und den zwangsläufigen Zusammenbruch von Spekulationsblasen. Die Produzent_innen gehen aber noch einen Schritt weiter – sie hinterfragen viele der vorgeblichen Wahrheiten, die uns permanent als unumstößlich (oder alternativlos!) dargestellt werden – und bürsten unsere Wahrnehmungsgewohnheiten ordentlich gegen den Strich. Auf diese Weise können wir uns dann wirklich bilden – eine eigene Meinung nämlich! Muss Wachstum immer sein? Ist es überhaupt gut – oder schlecht? Und unter welchen Bedingungen? Oder besteht ein von vorn herein anzunehmender Zwang zum Wachstum, der die einzelnen Volkswirtschaften weltweit in die Verschuldung treibt?

In diesem Zusammenhang sei zum Beispiel auf den österreichischen Ökonomen und Kapitalismuskritiker Erhard Glötzl hingewiesen, dessen 1998 publizierte, wegweisende Arbeit „Wechselfieber der Volkswirtschaften – Anamnese, Diagnose, Therapie“ bei der Gestaltung dieser Radiokolleg-Reihe eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben dürfte. Die Hauptthesen werden in der Folge „Schuldner, Gläubiger, Philosophie des Geldes“ im Rahmen eines überaus witzigen Interviewgesprächs von ihm selbst erläutert. Und so wie meine Begegnung mit Erhard Glötzls einleuchtenden Gedanken für mich damals beim ersten Hören ein plötzliches Verstehen der komplexen Materie Geldwirtschaft bewirkt hat – so geht es seitdem vielen, vor allem jungen Hörer_innen bei der einen oder anderen nonchalant aufbereiteten Information aus diesem schier unerschöpflichen Fundus der denkmöglichen Querverbindungen. „Das hätt ich nie gedacht, dass das so einfach ist!“, oder: „Unglaublich, wie alles zusammenhängt!“, so lauten dann typische Bemerkungen.

Wir bringen GELD MACHT WERTE allerdings noch mit ein paar weiteren Absichten gerade jetzt ins tägliche Programm der Radiofabrik: Zum einen wollen wir der jüngst mit einem Radioschorsch ausgezeichneten administrativen und journalistischen Arbeit unseres langjährigen Programmkoordinators Georg Wimmer ein unentrinnbares Hörmal widmen, das seinem Bemühen um handwerkliche Qualität und technische Perfektion gerade in der Ausbildung und Ermutigung von freien Sendungsmacher_innen veranschaulichen mag. Zum anderen wollen wir damit einen Grundgedanken unseres 15-jährigen Jubiläums pflegen, um ihn uns wiederum gemeinsam mit Schmackes ins Bewusstsein zu pflanzen: Unser Zukunftspotenzial hat im Wesentlichen mit der Leidenschaft zu tun, im Medium Radio Grenzen zu überschreiten, Neues auszuprobieren und Visionen zu verwirklichen. In diesem Sinne heißt das auch, Radiomachen von den Besten zu lernen. Also, wagen wir uns doch selbst ebenfalls immer wieder mal an komplexe, komplizierte und kontroverse Themen! 😉

 

Ö1 Radiokolleg Sendereihe GELD MACHT WERTE in der Radiofabrik Salzburg – Programm von 11. November bis 19. Dezember 2013 – jeweils Montag bis Donnerstag um 13:30 Uhr:

Woche 1 – „Die Ökonomie der Unersättlichkeit

Montag, 11. November – Die Weltbank Anschauungsschule
Dienstag, 12. November – Entschuldigung der Verschuldung am Beispiel von Schwellenländern
Mittwoch, 13. November – Die Ökonomie der Unersättlichkeit
Donnerstag, 14. November – Politisches Kapital – Kapitalistische Politik

Woche 2 – „Börsenfieber und Börsencrash

Montag, 18. November – Ein Tag an der Börse
Dienstag, 19. November – Das größte Casino der Welt: die intemationalen Finanzmärkte
Mittwoch, 20. November – Einzelaktien, Fonds oder Dachfonds? Eine Orientierung
Donnerstag, 21. November – Krisen und Systemdefizite der internationalen Finanzmärkte

Woche 3 – „Vom Marktplatz zum Finanzmarkt

Montag, 25. November – Kapitalismus: Was ist das?
Dienstag, 26. November – Vom Markt zur Marktwirtschaft
Mittwoch, 27. November – Das organisierte Verbrechen: die höchste Stufe des Kapitalismus?
Donnerstag, 28. November – Makroerfolge und Mikroelend

Woche 4 – „Strategien für ein Leben ohne Geld und Zinsen

Montag, 2. Dezember – Das Phänomen der Tauschring-Bewegung
Dienstag, 3. Dezember – Geld ist, was Geld bewirkt
Mittwoch, 4. Dezember – Konflikte mit der Normalität – rechtliche Grauzone
Donnerstag, 5. Dezember – Wirtschaftliche Integration und Regionalökonomie

Woche 5 – „Kulturphänomen eines Zahlungsmittels

Montag, 9. Dezember – Von den Anfängen des Geldes bis zur Einheitswährung
Dienstag, 10. Dezember – Geldgeschichte und Herrschaftsgeschichte
Mittwoch, 11. Dezember – Geldwirtschaft als System
Donnerstag, 12. Dezember – Schuldner, Gläubiger und die Philosophie des Geldes

Woche 6 – „Der tägliche Umgang mit dem Geld

Montag, 16. Dezember – Bewegungsspielräume und Abhängigkeiten
Dienstag, 17. Dezember – Die Extreme von Arm und Reich und ihre Wahrnehmung
Mittwoch, 18. Dezember – Die Metamorphosen des Geldes
Donnerstag, 19. Dezember – Geldinteressen – Kommunikation/Suggestion – Wahrnehmung/Verschleierung

 

Geschlecht und Gartenzwerg

Download: Artarium vom Sonntag, 27. Oktober – Nun ist es also amtlich, die Radiofabrik ist 15 und darf jetzt auch schon allein Mopedfahren. Vor lauter Freude darüber haben wir heuer gleich 3 Sendungen für ihre zukunftsweisenden Inhhalte/Konzepte mit dem seit 2008 vergebenen Medienpreis „Radioschorsch“ ausgezeichnet. Und ebenso einen ehemaligen Kollegen, der sich seit der Gründung des Senders jahrelang mit Hingabe um diese Zukunftsfähigkeit verdient gemacht hat – als Journalist, Programmkoordinator und Vereinsmitbegründer – nämlich Georg Wimmer (nach dem der Radioschorsch allerdings NICHT benannt ist). Der ist wiederum einem geschäftigen Gartenzwerg nachempfunden, einem mythischen Wesen, das wie kein zweites für heimliches Schaffen im Untergrund steht. So weit, so verständlich. Doch haben Gartenzwerge eigentlich ein Geschlecht? Wenn ja – welches? Und überhaupt – wer ist Henry Lûmí?

Radioschorsch 2008Es war eine grandiose Zeit, als die Artarium-Crew den allerersten Radioschorsch für die gelungenste Sendung zum 10-jährigen Jubiläum der Radiofabrik verliehen bekam. Keineswegs weniger grandios gestaltete sich die heurige Preisvergabe, über die wir hier ebenfalls als allererste berichten wollen:

„And the Schorsch goes to…“ 😀 Die ausgezeichneten Sendungen und ihre Gestalter_innen: Robert Schromm und Hans Peter Reuber für „Hallo Nachbarland“ in der Kategorie „Networking und Community-Building“ – Gunther Engetsberger für „Soundburg Radio“ in der Kategorie „Technologische Pionierleistung“ – Die Literaturgruppe Lachmeer mit Rosi Krenn und Robert Presslaber für „Radio Stachelschwein“ in der Kategorie „Soziale Visionen und deren Verwirklichung“. Wir gratulieren abermals allerartigst und schwelgen in den Nachbeben eines gelungenen Abends. Merci euch allen! Was wir jedoch schmerzlich vermissen, das sind ein paar Songs der fabulösen Sheepbrothers zum im Radio spielen. 😉 Für uns waren sie menschlich wie musikalisch eine ordentliche Offenbarung…

IntersexAnd now to something completely difficult: Ein Thema, das uns immer wieder in neuer Gestalt unterkommt, ist die selbstbestimmte Suche nach der eigenen sexuellen Identität. Fast genauso kompliziert wie das Geschlecht des Gartenzwergs zu definieren, gestaltet sich meist auch der Weg in ein erfülltes Leben für Menschen mit nicht eindeutig zuordenbaren Geschlechtsmerkmalen oder Geschlechtsvorlieben. Dass dies auf vielerlei Ebenen (und nicht nur rein körperlich) eine wichtige Rolle spielt, das erklärt uns etwa dieses Video mit dem vielsagenden Titel „Human Sexuality is Complicated“. 😛 Wir empfehlen es hiermit uneingeschränkt, auch zur Einstimmung auf unsere Sendung.

Was uns darüber hinaus in Erstaunen versetzt und zu zarten Anflügen von Hoffnung Anlass gibt, ist der Umstand, dass ausgerechnet im gesellschaftlich nicht gerade als progressiv verschrieenen Salzburg seitens der Hosi die österreichweit erste Stelle einer eigenen Intersex-Beauftragten eingerichtet wurde. Aber Hallo! Demnächst outet sich noch der Erzbischof als evangelisch und die Festspiele werden zum Forum für Armutsbekämpfung und Globalisierungskritik? Doch lassen wir die Kirche erstmal im Kraut und folgen wir unserer bewährten Neugier. Wir haben Gabriele Rothuber (so heißt die neue Fachfrau für Geschlechterfragen) zu einer unserer kommenden Sendungen eingeladen, weil wir mehr über ihre Arbeit sowie das eben nicht gerade übersichtlich erscheinende Thema Intersexualität erfahren möchten. In der Zwischenzeit laden wir zum Intersex Solidarity Day am 8. November (ab 18 Uhr im Unipark Nonntal), Flyer/Programm gibts als Download.

 

There must be some way out of here

-> Download: Artarium vom Sonntag, 20. Oktober – Fast schon totgecovert, die Nummer! Und seit Jimi Hendrix gabs auch kaum mehr Erleuchtendes, schon gar nicht vom Zimmerman(n) selbst. Die Version im deutschen Film „Bandits“ fand ich immerhin erfrischend, jene von Thea Gilmore im Rahmen ihrer Gesamtalbum-Interpretation von Dylans „John Wesley Harding“ angenehm klassisch. Ein Herr Lämmerhirt allerdings erschafft „nur“ mit akustischen Gitarren und Querflöte (!) eine unverwechselbare Songpersönlichkeit. Kein lyrischer Text besteht nämlich beim Anhören ohne eine ihm inhaltlich entsprechende Stimme, darin besteht die Vortragskunst – die hier ist also geradezu unüberbietbar kongenial: „Werner Lämmerhirt – All Along The Watchtower“ vom 1991 bei Stockfisch erschienenen Album „Die frühen Jahre“. Der Gitarrensound erinnert stark an Leo Kottke, doch die Stimme – wo soll ich die jetzt hin tun? Eben 😀

Menschen begeisternWeshalb sich einem (oder einer anderen) überhaupt einzelne Zeilen aus Songs und Texten einbrennen, einfräsen, das ist schwer zu erklären. Überhaupst bei Bob Dylan, dessen Poesie sich so dermaßen jeglicher eindeutigen Deutung verweigert, dass es schon wieder genial ist, sich in seiner lyrischen Krypta der Bedeutungen zu verirren.

Ich kenne einen Mariazeller Bierbrauer, der zu jeder nur erdenklichen Livedarbietung dieses Metaphernmeisters wallfahrtet und dortselbst akribisch allfälligen Textvarianten nachspürt. Anschließend katalogisiert er die von ihm wahrgenommenen Versionen und vergleicht sie in einem weltweiten Kreis Gleichgesinnter mit den davon verschiedenen aus anderen Konzerten. So entsteht in einem allseits lustvollen „never ending Work of Progress“ ein Verzeichnis jener Möglichkeiten, wie man etwa als Bob Dylan Bobdylan’sche Lyrik interpretieren kann. Wobei ihrem Schöpfer nie auch nur ein Sterbenswort darüber zu entlocken ist, was dieselbe denn nun eigentlich bedeuten soll. Versuchen wir es nun unsererselbst mit der Technik der „Interpretativen Übertragung“ sowie unter Zuhilfenahme oben erwähnter CoverversionenAll along the Watchtower! 😉

 

Placebo – Loud Like Love

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 15. September – Das aktuelle Placebo-Album „Loud Like Love“ erscheint am Montag, 16. September. Wir stellen es euch aber schon heute vor, wir wollen ja auch einmal so richtig top-aktuell sein – bei aller Zeitlosigkeit 😛 Zudem laden wir hiermit in Brian Molkos Namen all unsere Salzburger Hörer_innen zur feierlichen Online-Release-Show auf LOUD LIKE LOVE TV ein – „a unique and candid 90 minute online TV show streamed LIVE globally from YouTube Space London“ – die jedoch hierzulande eine Stunde später beginnt und daher von etwa 21:00 bis 22:30 zu sehen sein wird, wenns denn die Server, wie wir stark hoffen, auch aushalten. Kritik und Presse reagierten wieder einmal (wie bei Placebo auch nicht anders zu erwarten) höchst zweischneidig aufs jeweilige Probehören, vom Lob der Reife bis zum Verriss war alles dabei. Der ORF brachte gar einen Beitrag in der ZiB 24 und schloss mit den Worten: „…auch wenn die alten Fans sie heute als bieder bezeichnen.“ Doch hören wir selbst:

placebo_loud_like_love

 

Es fällt mir persönlich nie wirklich leicht über ein Album zu schreiben, und vor allem dann, wenn es sich um ein Album wie „Loud Like Love“ handelt, welches sich jeglicher Formulierung zu entziehen scheint, sei es durch die Ambivalenz der Texte oder durch die Instrumentierung, welche man nur allzu gut von den rostigblutige Rasierklingen schwingenden Melancholierockern namens Placebo kennt.

Sie sind ruhiger geworden, haben sich ein wenig zurückgelehnt und die Welt ein bisschen nüchterner betrachtet. Natürlich findet man die altbewährte Traurigkeit und die Feststellung, dass nur ein schmerzendes Herz richtig funktioniert, ohne aber auf Hoffnung und Lebensenergie zu verzichten. Perspektive und Zukunft, Liebe und Hingabe, himmelhoch jauchzend, am Boden liegend, verzweifelt, aussichtslos und doch weiter rudern, obwohl man das Licht am Ende des Tunnels nicht sieht…

Wie schon gesagt: ambivalent, so wie das Leben halt. 😉 Fazit: Ein durchaus tanzbares Album, welches sich allerdings nicht am äußersten Rand des brodelnden Vulkans Ekstase bewegt, doch schöne treibende Parts hat, wie auch Verschnaufpausen und überhaupt Passagen zum Wegträumen und Zerschmelzen. Review von Christopher Schmall

 

Ist das jetzt Kunst oder kann das weg? Auf Videoschaun: Too Many Friends Mystery Edit 😀

 

Spiel vom Sterben

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 18. August – Die Festspiele gehen in die Verlängerung und wir nehmen Anstoß an ihrem Zentralspektakel. Seit nunmehr über 90 Jahren verstopft uns Hofmannsthals frömmelnd gereimter Holzschnitt-Jedermann allsommerlich Herz, Hirn und Domplatz. Das hätte sich selbst Max Reinhardt in seinen übelsten Albdrücken nicht träumen lassen, dass sich nämlich die tanzenden Grunzbesitzer auf dieser Ganzstadtbühne alljährlich ein immer noch bigotteres Memento mori leisten würden – zu ihrer perpetuierten katholischen Selbstbefriedung. Denn dass man ihn als Begründer der Festspiele damals nie zu ihrem Präsidenten machte, nur weil er Jude war, das wäre allein schon fieberwahnhafte Realitätsübersteigerung genug – für ein einzelnes Vorstellungsvermögen. Ein sehr lesenswerter Artikel dazu ist übrigens hier im profil erschienen! Aber jetzt ist ja eh unsere Zupfhelga die Redundantin der Fett- und Fetzenspiele – und wie man hört, demnächst auch Intendunst 😀 „Ein zänkisch Weib. Ich kann ausweichen.“

TischgesellschaftDa schaut sie aber, die Tischgesellschaft! Und der allererste Jedermann, Alexander Moissi, der die Rolle bereits von 1920 an verkörperte? Auch er ein Jude und längst vor Hitlers Machtergreifung aus der Mozartstadt der Ursachen und Andeutungen hinaus gehetzt und – vertrieben. Dazu noch einmal der profil-Artikel von Andrea Hager:

Dass der Antisemitismus in Salzburg erst zu lodern begann, als der „größte Führer aller Zeiten“ …. in unheilvolle und später unausweichliche Nähe rückte, ist dennoch ein Mythos, den man bei der kosmetischen Geschichtsvertuschung der Nachkriegszeit gerne bemühte. Bereits ein Jahr vor dem Beginn des Dritten Reichs und sechs vor dem Anschluss wurde gegen den ersten „Jedermann“-Darsteller, den katholisch getauften Juden Alexander Moissi, in Salzburg eine bespiellose Hetzkampagne eröffnet, die dazu führte, dass er 1932 nicht mehr auf dem Domplatz sterben durfte und unter Baron Puthon hinauskomplimentiert wurde. Reinhardt galt zwar als künstlerische Seele des Festivals, durfte aber als Jude nicht offiziell zum Festspielpräsidenten ernannt werden. Moissis Kommentar, ehe er 1932 von Paul Hartmann ersetzt wurde: „Ich habe den Verdacht, dass die Rufmordkampagne nicht mir alleine gilt, sondern dass auch Max Reinhardt damit getroffen werden soll. Es gibt in Salzburg Kreise, denen Reinhardts Tätigkeit schon lange ein Dorn im Auge ist. Freilich wagt man es nicht, ihn direkt anzupöbeln.“

Ab 17:06 Uhr wird also jetzt zurück gepöbelt. Und zwar auf die kultivierteste Weise! 😉

 

Wir sind Helden – Soundso

Stream/Download: Artarium vom Sonntag, 11. August – Das ganze Album zum Höhepunkt der Hitzewelle. Also nachträglich. Doch warum gerade jetzt? Erschienen, gepushed, kontrovers diskutiert und vielfach auch verrissen – so entstand und verschwand „Soundso“ als einstweiliger Höhepunkt in der Schaffensgeschichte von Wir sind Helden – im Sommer 2007. Jetzt tauchen wir es wieder herauf. Denn dieses Album lässt sich durchaus als ein in sich geschlossenes Konzeptwerk verstehen, dessen durchgängiges Thema eben ein uns derzeit auch besonders beschäftigendes ist: Die Widersprüchlichkeit von Selbstsicht und Fremdwahrnehmung. Unter diesem Gesichtspunkt also – zum Wiederhören!

soundso coverWeil wir zudem auch unsere helle Freude an der kratzig-verschrobenen und lustvoll-metaphorischen Lyrik von Judith Holofernes haben (ganz abgesehen von ihrer unschuldig angerauhten Stimme, die wir schlichtweg lieben), wollen wir hier noch ein paar intuitiv willkürliche Auszüge von Songtexten dieses Albums vorab zur Einstimmung bringen 😉 Wer Ohren hat zu spüren oder der Hund hat Arbeit:

1)
Meinst du mich wirklich
Meinst du wirklich mich

Du sagst, du willst
dass ich so bleibe
und zwar für immer
Ich sag: Nicht immer

2)
Bist du zu schlau
Um nicht unangenehm aufzufallen?
Und nicht schön genug
Um damit durchzukommen?

Weißt du genau
Wie es ist, immer rauszufallen?
Nur nicht weit genug
Um woanders anzukommen?

Es tut weh, so zu sein, wie du solltest
Es tut weh, zu sein, wie du bist

3)
Ich bin nicht stiller
nur die Worte fehlen
Ich bin nicht stiller
nur die Worte verfehlen ihr Ziel

4)
Das wäre ich
Oder auch nicht
Oder auch du
Und ich schaute zu

Sie würden fragen: Wo sind sie hin?
Der Hund wird nicht sagen, wo ich bin…

 

Deutsch für deutsche Ausländer

Zum Download: Artarium vom Sonntag, 21. Juli – Unser sommerliches Sonderservice zur Festspieleröffnung! Das Zitat „Was Deutschland und Österreich trennt, ist die gemeinsame Sprache“ wird nicht nur hierzulande meist Karl Kraus zugeschrieben, dürfte allerdings doch nicht von ihm stammen, wie neuere Forschungen nahelegen. Ob die Feststellung allerdings erst in den 50er Jahren vom Kabarettisten Karl Farkas geprägt wurde, der sie als Abwandlung von George Bernhard Shaws „England and America are two countries divided by a common language“ aus den USA importiert haben soll, das bleibt noch zu überprüfen. Jedenfalls ist es nicht Jedermanns Sache, das jenseits der Hochsprachbühnen hierzulande jeweils gepflogene Idiom zu enträtseln, wiewohl es sich doch jeweiligenfalls um, sagen wir wohlwollend, „Deutsch“ handelt.

Der kleine Wappler„Säckelwart unseres mehr oder weniger schon seit Jahren unter pseudosozialistischer Präpotenz in sich selbst delirierenden Kleinstaates: Thomas Bernhard über Franz Vranitzky, damals (1985) Finanzminister. Vranitzky hatte zuvor die Aufführung von Bernhards Theatermacher bei den Salzburger Festspielen als Skandal bezeichnet.“ Derlei wundersame Perlen gepflegten Geschimpfes typisch österreichischer Gestalt versammelt dieses Bändchen im Taschenwörterbuch-Format zwischen gängigeren Derb- und Direktheiten wie etwa Arsch vulgo Oasch, Beidl oder Fut. Wobei die Stärke des Kompendiums eindeutig in seinen sprachlüsternen Worterklärungen und bildgewaltigen Beispielwendungen liegt…

So unter anderem: „Wenn mei Tant an Beidl hätt, warads mei Onkel, sagt man hierzulande statt eines schlichten Wenn das Wörtchen wenn nicht wär“ – oder auch: „Wann i so an Oasch hätt wia du a Gsicht, tät i hintern Schleier scheißen! ist eine geradezu pittoreske Variante wesentlich simplerer Beschimpfungen mit analoger Aussage wie etwa Arschgesicht oder Arsch mit Ohren“ – Man merkt also schon, es geht hier weniger um dialektologisches Fachwissen oder enzyklopädische Umfassendheit, sondern wohl eher um die freundliche Einladung zur kreativen Selbstanwendung und Weiterentwicklung von dergestalt vielsagenden Wortschöpfungen wie zum Beispiel Kniaschussduttl, Ölbergindianer und Wischerlwasser. Letzteres wird folgendermaßen erläutert: „Alkoholfreies Getränk der unbekömmlicheren Art (wischerln bedeutet urinieren)“ Soviel vorab zum Inhalt 😉

Der nunmehr seit geraumer Zeit im schönen St. Pölten residierende Residenz Verlag hat uns auch freundlicherweise einen kleinen Wappler zum Vorlesen und Besprechen überlassen. Dortselbst ist Selbiger überdies wohlfeil zu erwerben! Und in der Sendung werden wir ihn mit geeigneten Spaßetteln artverwandter deutsch- oder ähnlichsprachiger Mundartisten garniert servieren. Die Festspiele sind also hiermit eröffnet: „Jeeedeeermaaaaann!!!“

 

Zupfgeigenhansel – Jiddische Lieder

Podcast/Download: Artarium vom Sonntag, 16. Juni – Ein wichtiger Wegbegleiter im persönlichen Widerstand war dieses erstmals 1979 erschienene Album des deutschen Folkduos Zupfgeigenhansel für so einige, denen ich in den letzten gut drei Jahrzehnten begegnet bin. Zudem auch ein damals noch recht prophetisches Zeichen für die natürliche Zugehörigkeit jüdisch-traditionellen Liedguts zum etwas weiter gefassten Kanon wie auch immer „deutscher“ Volksmusik. Dafür wurden Erich Schmeckenbecher und Thomas Friz (auch Fritz) entsprechend gewürdigt und gefeiert und gelten seither auch als wesentliche Wegbereiter der Klezmerbewegung im deutschsprachigen Raum. Kritiker schrieben über sie unter anderem: „Heino möge diese Lieder hören, damit er aufhört, seine zu singen.“ Wir spielen für euch also die Neuauflage von 1985 mit drei zusätzlichen Titeln und einem überarbeitetem, etwas melancholischerem Arrangement.

zupfgeigenhansel-jiddische-liederWie bereits in unserem Zeitzeugen-Portrait mit Marko Feingold erwähnt, ist es diese ganz besondere Gleichzeitigkeit von starken Gefühlen des Schmerzes wie der Extase, die wir speziell der jüdischen Musik, doch auch allgemein jüdischer Kulturtradition verdanken. Christlich-abendländische Traditionen unterscheiden jedoch in ernst und heiter, fröhlich und besinnlich, ja sogar in die akademischen Genres E- und U-Musik. Warum das ursächlich so gekommen ist, das stellt an sich schon eine recht interessante kulturgeschichtliche Frage dar. In Salzburg jedenfalls – das bestätigen die Wahrnehmungen besonders sensibler Jugendlicher ebenso wie jene kürzlich zugereister Südostösterreicher – verdichtet sich diese allgemeine Grundtendenz zur Abgrenzung und Einteilung noch mit einer eigentümlichen emotionalen Reserviertheit. Starke Gefühle in der Öffentlichkeit und dann vielleicht auch noch spontan zu zeigen – das ist der Salzbürger Sache nicht. Denn hier haben Emotionen im Funktionskontext stattzufinden, erwartungskonform und auf „höheren“ Zuruf. „So, Kinder, jetzt freuen wir uns alle!“ Wer hier seine Innenwelt im Überschwang nach außen trägt, womöglich in aller hochambivalenten Glückstraurigkeit (himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt), eckt unweigerlich an und wird befremdelt. Dass man jedoch dafür benachteiligt und bestraft wird, wenn man gesunderweise seine Gefühle mitteilt – das hat Thomas Bernhard zutreffend mit dem Wort „Niedertracht“ bezeichnet!

Wir sind ein geiles Institut – Schpritzmajim! 😛

-> Das könnenkannst dusiewirihr auch in der Perlentaucher-Nachtfahrt nachspüren!