Die wahren Abenteuer sind im Kopf

Artarium am Sonntag, 26. März um 17:06 Uhr (ACHTUNG Sommerzeit)70 Jahre André Heller – und für uns eine gute Gelegenheit, einigen Aspekten seines überaus vielschichtigen Schaffens nachzuspüren. So wiederhallt etwa der titelgebende Satz aus einem seiner bekanntesten Chansons wöchentlich schon seit 8 Jahren in unserer Artarium-Signation: “Die wahren Abenteuer sind im Kopf, in euren Köpfen, und sind sie nicht in euren Köpfen, dann suchet sie!” Es handelt sich hierbei um den Schluss einer Neu-Interpretation von The Waxolutionists aus dem Dreifachalbum Ruf und Echo, von uns liebevoll garniert mit dem Warnhinweis “Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage und fragen sie ihren Arzt oder Apotheker.” Denn fürwahr, es sind echte Abenteuer in unseren Köpfen, und die sind ebenso bereichernd wie gefährlich.

Abenteuer StimmenhörenNaturgemäß können (und wollen) wir in einer knappen Stunde kein Portrait dieses hierzuland unübertroffen  genresprengenden Multikünstlers zeichnen, das in irgendeiner Form umfassend oder vollständig wäre. Die Anekdoten und Seelensplitter zu seiner Person sind ja inzwischen nachgerade unzählig. Hingeneigten Enzyklopäden der Lebensspur sei zu diesem Behufe die Biographie Feuerkopf von Christian Seiler an ihr bebend Herz gelegt, sie versammelt in dieser Hinsicht Mannigfaches. Wir hingegen konzentrieren uns auf jene Abenteuer des André Heller, die auch in unseren Köpfen stattfinden. So wie Inspirierendes aus seinen frühen Liedern und Texten, “Goschertes” aus seiner Zeit als Radiomacher, oder geradezu Prophetisches, als er einst im Café Hawelka den Autor_innen der Wiener Gruppe verkündete “Bob Dylan ist der Rimbaud des 20. Jahrhunderts!” So kanns gehen. Und noch einen Berührungspunkt mit Ärzten und Visionen gibt es – das politische Engagement im Sinne einer gesellschaftlichen Entwicklung hin zum Gerechten und Gewaltfreien. Seine Freundschaft mit Bruno Kreisky überdauerte auch ihre zunehmenden inhaltlichen Kontroversen. Als Widmung auf ein gemeinsames Foto schrieb dieser: “Der alte und der junge Rabbi beim Klären”

Dazu auch unsere Sendung “Shades of Red – 100 Jahre Bruno Kreisky” (Jan. 2011)

Die Wirklichkeit, die Wirklichkeit
trägt wirklich ein Forellenkleid
und dreht sich stumm, und dreht sich stumm
nach anderen Wirklichkeiten um

André Heller – Die wahren Abenteuer sind im Kopf

 

Artariumgeburtstag! 10 Jahre!

> Sendung: Artarium am Sonntag, 19. MärzAm 11. März vor 10 Jahren ging Peter.W. mit der ersten Ausgabe einer Kunst- und Kultursendung namens Artarium Live On Air. Und sogleich rief ein verstörter Zuhörer an und brachte alle Beteiligten durcheinander, weil er sich zu der Stunde etwas anderes erwartet hatte. Und Peter entgegnete: “Ich kann nichts dafür, beim besten Willen nicht.” Sehr schön geantwortet! Genau 69 Jahre vorher (also auch an einem 11. März) hat ja schon mal einer dauernd angerufen und alle Beteiligten durcheinander gebracht, zwar nicht in der Radiofabrik, sondern in der Republik, und die Folgen waren auch viel gravierender, siehe Anschluss Österreichs. Wir werden uns in historischen Tonaufnahmen ergehen und so diesen Artariumgeburtstag gebührend würdigen. Lobende Worte spricht Angela Merkel

ArtariumgeburtstagArtarium, das etwas andere Kunnst-Biotop im Schatten der Mozartkugel. Wer hätte denn 2007, als ich zur Sendung stieß, gedacht, dass sich ein Satz von den Böhsen Onkelz aus unserer späteren Signation als so hartnäckig prophetisch erweisen würde: “Wir ham noch lange nicht, noch lange nicht genug!” Aber so ist es wohl nach wie vor. “Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage und fragen sie ihren Arzt oder Apotheker.” Und auch wenn das Artarium inzwischen nicht mehr aus Peter, mir und den Buben besteht, sondern seit 2011 aus Chrissobert Schmallnigg, der Festspielpräsidentin sowie den Hasen (also der heiligen Dreifaltigkeit vom Chriss und mir), so gilt doch stets: “Wir sind ein geiles Institut.” Soviel erstmal. Und zum Artariumgeburtstag beleuchten wir gemeinsam mit Peter.W. die Geschichte dieser Sendung, um den roten Faden der Kreativität in ihr sichtbar zu machen. Von ihren Anfängen über die Nachtfahrt-Perlentaucher bis ins Hier und Jetzt. Freut euch also auf spontan-assoziative Beiträge aus dem Schöpfwerk unserer Selbst. Oder wie sagte schon Bernd Begemann anlässlich von Freddy Quinn: “Am besten, man imitiert schwule schwarze Künstler.”

PS. Verwirrt? Verstört? Verlesen? Kunnst dich auch gern orientieren in unserem Radiofabrik-Sendungsprofil (mit Photostream!) oder in diesem Hör-Kunnst-Biotop

 

DAS LYRISCHE WIR – TENEBRA

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 12. MärzVor genau 79 Jahren “döppelte der gottelbock mit hünig sprenkem stimmstummel pirsch!” nämlich “von Sa-Atz zu Sa-Atz” und “den weibern ward so pfingstig ums heil zumahn: wenn ein knie-ender sie hirschelte” Soweit Ernst Jandl in dem genialen Gedicht wien : heldenplatz, worin er seine an jenem 12. März 1938 als 12-jähriger selbst gesammelten Eindrücke verarbeitet. Es war jener Tag, an welchem der später als Gröfaz bekannte schnauzbärtig deutschdeutsche Hupf- und Brüllkasper aus Braunau pathetisch die Einverleibung seiner “Heimat” vermeldete, während es dabei “im männechensee balzerig würmelte”. Soviel erst einmal zum historischen Bezug dieser Sendung, in der das hervorragende Album TENEBRA aus der Wort- und Klangwerkstatt der so vielseitigen ONchAIR Bros. vorgestellt wird.

tenebra“Mit dem Album starten wir in den Zyklus Das lyrische Wir: Gedichte aus verschiedenen Epochen, inhaltlich einem übergeordneten Thema entsprechend, interpretiert in Stimme und klassischer Musik”. So liest sich die Selbstbeschreibung des ambitionierten Projekts der beiden Styrnol-Brüder aus Lahr im/am Schwarzwald auf ihrer gut durchstrukturierten Homepage. Und es ist nur eines von vielen, neben Filmen wie “Der geflohene Boxer” oder “Winter in Lviv” (Ukraine) gibt es noch allerlei Glossen, Hörspiele und Radioserien wie zum Beispiel die legendären “Momente des Sports”, deretwegen unser länderübergreifendes Zusammenwirken ursprünglich begann. Deutschland ist eben nicht Österreich (oder umgekehrt), doch das kreative Myzel der wechselseitigen Inspiration unterwuchert naturgemäß jede gesetzte Grenze (zwischen Genres, Generationen oder Weltgegenden), so dass auch auf friedlichem Weg ein sprichwörtliches Best of Both Worlds entstehen möge! Vorläufiger Höhepunkt dieser Kunnst-Fertigkeit ist nun TENEBRA, wo nicht nur Texte von Matthias Claudius, Friedrich Nietzsche, Paul Celan und Marie Luise Kaschnitz zu ebenso zeitlosen wie zeitgemäßen Melodramen ver-be-arbeitet wurden, sondern auch “letzter wille” aus dem Gedichtband seelen.splitter von Christopher Schmall:

wir haben uns zu tode verwaltet
und alles brav protokolliert
sind uns am ende selbst im weg gestanden
und erklärten uns zum feind

Geschrieben für und gelesen in “Sarajevo, nicht nur 1914” (ab Min. 22:15 gut zu hören)

Und hier die Liste aller im Album TENEBRA dargestellten Texte (mit Entstehungsjahr):

01 Hiroshima – Marie Luise Kaschnitz 1957
02 Letzter Wille – Christopher Schmall 2014
03 Vereinsamt – Friedrich Nietsche 1887
04 Todesfuge – Paul Celan 1944-45
05 Kriegslied – Matthias Claudius 1778
06 Arabeske zu einer Handzeichnung von Michelangelo – J.P. Jacobsen 1873
07 Der Gefangene – Rainer Maria Rilke 1906
08 Das Lied der Verzweiflung – Pablo Neruda 1924
09 Im Klang der Nacht – Albert Vöhringer 2011
10 Traurigkeit – Hermann Hesse 1944

 

Bittersüßvermischt

> Sendung: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. MärzIm Leben, so übersetzte es der Professor für Altgriechisch einmal, sei das Bittere stets im Süßen enthalten – und umgekehrt. Also quasi vermischt, wie es in zahllosen Zitaten aus verschiedenen Kulturkreisen seit Anbeginn der Aphoristik überliefert ist. Das kommt unserem Interesse am Zweideutigen im Zwischen naturgemäß entgegen, so dass wir uns sogleich (gibts eigentlich auch “soanders”?) eine Sendung daraus drehen, die wir mit euch zusammen verrauchen lassen und/oder inhalieren. Nicht ohne die nötige Drogenwarnung, liebe Kinder, das muss schon sein, Finger weg von die Drogen! Eine alte Frau kocht nämlich Rüben. Und so ergehen wir uns alle in Fragen, auf die es keine vorgefertigten Antworten gibt, außer man macht sich selbst einen Reim

Bittersüßvermischt neu UND schönUnd so ergingen wir uns neulich auch in der Josefiau-Siedlung zwischen Überfuhrsteg und Membergerstraße, um die bauliche “Entwicklung” (!) derselben zu dokumentieren. Was der Gestalt gewordene Zeitgeist da ringsum in die Gegend scheißt, das strapaziert noch die hartgesottensten Geschmacksnerven. Das einstmals von vielen kleinen Häusern mitten in den Gärten drum herum geprägte Ensemble mit seinen verschlafenen Gassen und oft uralten Obstbäumen atmete eine ebenso schräge wie heimelige Atmosphäre, die dort wohnenden Menschen wurden gemeinsam mit ihren Geräteschuppen und Komposthaufen alt, ungepflegt, verworren und windschief. Alles in allem ein Szenario, in dem man auch der eigenen Lebenszeit entspannt beim Vergehen zuschauen konnte. Unbezahlt – und zudem unbezahlbar, wo doch heute die Zeitkomprimierung (immer noch mehr in immer noch kürzerer Zeit) das idiotische Unmaß allen Dingens zu sein hat: Homo rotationis in turboladrioh

Bittersüßvermischt FlaggschissDer gelungene Flaggschiss einer vom Verwertzweck nutzschwindlig gepuderten Arschitektur ist dieses gestrandete Dumpfschiff (sogar mit Fahne) in der Josefiaustraße. Auf dem diesem Bauklotz geopferten Grunz-Stück befand sich ehemals ein winziges Häuschen sowie eine große Wiese mit vielen Bäumen… Doch aus sowas kann man ja Geld quetschen, indem man möglichst zahlreiche Zahlende zum “Wohnen” (im Klonzoo) zusammen zwängt. Schöne neue Lebenswelt für ferngesteuerte Konsumtrotteln, deren Selbstverstand nicht über ihr Hochglanzbild vom Realitätenbüro hinaus reicht. Keine Realität ohne Realitäter! Wenn ich mir überlege, wen aller “der Blitz beim Scheißen treffen” sollte, dann sind diese Zerschandler alles Gewachsenen im Namen der Gewinnsucht ganz vorn dabei. Denn deren Auswirkung tötet das gedeihliche, sich langsam lohnende Leben ab, sie löscht zudem durch die Verbauung des Freiraums jede Erinnerung daran aus

Bittersüßvermischt NutzmenschentumDoch dieser Wahnsinn hat längst noch nicht genug von sich. Schon protzt der nächste werbefeuchte Weihrauchschwall seine perfide Ideolügie in unsere Wahrnehmung: Der ultimative Menschenkäfig mit Erlebnisklo und Lifestyletribüne für die Normlebensdarsteller aus der globalisierten Statistiktrommel. Der beigespiebene Text entlarvt sich als genau das Auseinander von Sein und Schein, welches er doch eigentlich so behübscht zu verbergen sucht. Oder nicht einmal mehr? Wir sind diesfalls auch demnächst bezucksfertig. Bis dahin fahren wir aber noch mit aller Ambivalenz durch die Nacht – und euch um die Ohren. Nicht nur im Erinnern geht es nämlich bittersüßvermischt zu, feiern Wahnheit oder Lücke fröhliche Zuaständ, auch im Entäußern unserer Überdrücke begegnen sich scheinbare Gegentümer und Sätze zu überraschend neuen Geschmacksrichtungen. Ganz zu schweigen von unseren Musik- und Textbeiträgen, doch ganz gut zu hören

Wie dem auch immer sein mag – Es muss auf jeden Fall weitergehn!

 

Mir ist der Falco Wurst

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 26. FebruarMehrdeutiges in der Kunstfigur oder Image essen Seele auf. Vom Pferdefuß der Popkultur sowie einer möglichen Vermeidung, sich selbst damit unsterblich tot zu treten. Bereits am Beispiel eines Sendungstitels lassen sich die Potenziale des Ungefähren aufzeigen. Ob einem etwas oder jemand wurst ist (und was genau bedeutet “is ma wuascht” im diesem Fall?) oder ob damit nicht doch Conchita gemeint sein könnte (immerhin eine weitere “Kunstfigur”), und wie sich eine Bedeutung nach der anderen ins Mehrdeutige eindeuten lässt – davon handelt unser Ausflug ins Unbewussteunter anderem. Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Oder doch nicht? Der Markt der Möglichkeiten” ist womöglich ja ganz was anderes als “die totale Vermarktung” jeder künstlerischen Selbstaussage!

santa conchita wurstWir zwei Hasen bewahrheiten hier wieder einmal einen Untertitel der Sendereihe, indem wir Brücken schlagen “zwischen Genres und Generationen”. Während meine Kleinigkeit den Hans Hölzel noch persönlich angetroffen hat im Wien der 1980er, kam unser dichtender Junghase just im Jahr von Falcos legendärem Donauinselkonzert auf die Welt (die nicht wenigen bloß die Bretter bedeutet, in denen sie dann vor sich hin bohren). Woraus sich schlussfolgern lässt, dass an einem von uns das Gesamtwerk der Kunstperson Falco quasi “vorbeigegangen” ist, ohne gröberen Eindruck zu verursachen. Was wohl auch an der kommerzversessenen Musik von damals liegt, die selbst ich für inzwischen nur noch schwer vermittelbar halte. Anders hingegen beim textlichen Nachlass vom Herrn Falcohölzel, den etwa Rudi Dolezals neurecycelte Dokumentation “Falco der Poet” formschön aufbereitet. Das ringelreihernde Leichenfleddern und Posthumverramschen wurde “anlässlich seines 60. Geburtstags” wie gewohnt bis zum Überdruss auf allen Kanälen gepflogen, was uns unweigerlich zur Entdeckung des Monats führt: Tom Neuwirth, der Mann hinter (oder auch in) Conchita Wurst, kündigte unlängst in einem Interview an, er werde die von ihm erschaffene (und gelebte) Kunstfigur “umbringen”. Das ist doch eine Idee

Ich bin es
und ich bin es nicht
geblendet vom grellen
Scheinwerferlicht
seh ich mich selber nicht

 

Ginsberg und Gainsbourg

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 19. Februar – Warum diese beiden Personen? Wegen der Namensähnlichkeit? Weil Allen Ginsberg und Serge Gainsbourg beide in den 1920er Jahren zur Welt kamen und in den 1990ern starben? Weil sie in ihrem Werk jeweils Grenzen überschritten, Tabus brachen und somit Skandale auslösten? Ach, wie leicht ging das noch in den 50ern und 60ern, nur mit etwas Geheul und Gestöhn brachte man ganze Gerichtssäle zum Zähneknirschen. Doch geht es uns wirklich bloß darum, dass der eine homosexuelle Ausdrücke in die amerikanische Dichtung brachte, der andere das Kindfrau-Musentum und sogar Inzest in die französische Popmusik? Wer uns ein wenig kennt, weiß: Die bloße Empörung ist unsere Story nicht. Denn wir sind nicht von Auflagen abhängig – und können somit unter der Oberfläche stöbern.

Allen Ginsberg HowlDer Künstler schöpft in seiner Phantasie immer auch aus all dem, was er ringsum an der Realität der Gesellschaft aufs gröbste vermisst. Daraus entwirft er Anstöße, wie sich etwa Brücken bauen ließen über die Schlucht der Verzweiflung an Anspruch und Wirklichkeit, oder über den Abgrund zwischen Idee und Gestalt hinweg zum Ganzen. Uns interessiert, wie sich die Arbeit dieser Avantgardisten, Pioniere wie Propheten, im Lauf der Zeit weiter entwickelt hat, im Spiegel anderer Interpret_innen – oder auch in uns selbst. Was vermittelt uns die vortreffliche Verfilmung von Howl – Das Geheul (ausführlicher Trailer auf Deutsch) nebst dem bizarren Gerichtsspektakel rund um dessen angebliche “Obszönität” heute, wo der Wutbürgermeister im Weißen Haus angekommen ist und von dort die Verbreitung des schlechten Geschmacks als sein Programm propagiert? Was wäre Ginsberg dazu eingefallen? Oder Gainsbourg? Von einer heftigen posthumen Rotation dieser beiden ist jedenfalls auszugehen. (Sie drehen sich sozusagen gröber im Grab um). Patti Smith hingegen nicht, genausowenig wie Asia Argento, Brian Molko, The Young Gods oder auch ….. “Verdammt, wir leben noch!”

 

Bettie Serveert – Venus in Furs

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 12. Februar“Bettie Serveert plays Venus in Furs and other Velvet Underground Songs” heißt der tatsächliche und auch unsäglich lange Titel des ganzen Albums, welches wir vorzustellen die durchaus erhebliche Freude haben. Denn auf unserer Suche nach besonderen, gelungenen oder sonstwie aus dem Standardsumpf kommerziösen Nachklapperns herausragenden Coverversionen haben wir ja schon jede Menge Scheißdreck nicht angehört (oder halt nur fast). Dabei fällt auch auf, dass die sonst so hyperaktiv hechelnde Zuplärre der üblichen Industrie-Promotoren sich genau dort lauthals ausschweigt, wo unserwelchen außerohrentliche Variationen der interpretativen Genussküche entgegenschwelgen. Soll heißen, dass kaum irgendwo verhandelt wird, was nicht auf die Seichtbahn des Schachterlns passt.

Bettie Serveert ArtworkSo auch im Fall der längst arrivierten und dabei überaus schaffensfrohen Indie-Band Bettie Serveert aus den Niederlanden. Anbei Aufnahmen aus ihrem Video Had2Byou – produziert von Tinca Veerman und Hannelore De Decker. Zum gegenständlichen Cover-Album mit den 1997 live im Paradiso aufgenommenen zehn Velvet-Underground-Songs findet sich kaum ein etwas Substanzielles aussagender Artikel. – Halt, doch, dieser hier auf INK19 sagt sogar etwas höchst Interessantes zum Thema Coverversionen im allgemeinen aus: “…at least I know what it is about these Dutch and Belgian bands I like.Despite a willingness to stick to traditional guitar/bass/drum forms, the bands seem to have a unique melodic character that sets them apart from British and American counterparts, using these tried-and-true formulas as a basis for experimentation, rather than simply parroting what’s cruising up the charts.”Parroting bringts aber sowas von auf den Punkt! Ich übersetze es daher mit “nachpapageien” und es versinnbildlicht mir augenblicks, was ich speziell auch im österreichischen “G’schäft” oft so unsäglich vermisse. Just neulich fiel mir da wieder einmal entsetzlich entgegen, was für schlechte Schauspielchargen die hiesigen Provinzpoptrotteln doch sind. Dann schon lieber was Wesentliches: Bettie Serveert – gut zu hören.

 

Sammelsurdistan

> SENDUNG: Perlentaucher Nachtfahrt vom Freitag, 10. FebruarWillkommen in dem Land, das es nicht gibt und für das Google bis dato noch keinen Eintrag fand. Worauf wir übrigens stolz sein dürfen. Inspiriert von “Sammelsurium” (als was unsere Sendungen häufig bezeichnet werden) und der einst legendären Radiofabrik-Sendung namens “Willkommen in Absurdistan” sowie naturgemäß auch von Rio Reiser oder Karl May (Ardistan und Dschinnistan) haben wir dieses Kunnstwort zum Sendungstitel gemacht. Derlei Quellenstudium zwischen Artefakten und Artefiction soll uns ja noch öfter begegnen, wie Figura und Dramaturgia zeigen. Mit dem Affenschrei wird es also Umpf Uhr. Und schon befindet ihr euch gegen alle Hörgewohnheiten in diesem etwas anderen Geschmacksbiotop namens Sammelsurdistan. Mahlzeit und Guten Morgen!

Bettie Serveert Zur Erinnerung: Als Perlentaucher wollen wir aus realexistierendem Informationsvielflat jene seltenen Kleinodien ans Licht befördern, die uns deshalb sinnvoll erscheinen, weil sie nahrhaft, förderlich und inspirierend sind, wenn es um ein friedvolles und gerechtes Leben geht, in einer Welt, die eben auch ein nichtnachwachsender Planet ist. Und als kunnst-schöpferische Menschen mit Ambitionen zur Weltrettung (oder zumindest Verbesserung) wollen wir diese von uns gesammelten Kleinodien in neue Gestalten überführen und in unübliche Zusammenhänge stellen, so dass wir mit euch gemeinsam die Hoffnung hegen und das Plänzchen Perspektive begießen können. Die heiligen Collagen von Sammelsurdistan, nur durch Verwendung zu verehren, ein fröhliches Vernügen inmitten von Dreck und Tristesse. Schpritzmajim und Amen.

SammelsurdistanZudem auch eine etwas andere Spurensicherung quer durch alle Ursachen: “Wollt ihr die globale Seppublik des Humpfhiasltums? Oder darfs a bissal mehr sein?” Wenn Dummheit grenzenlos wird und Ignoranz international, dann ist es höchste Zeit, Inseln des Echten zu stiften, vom Guten, Wahren und Schönen ganz zu schweigen! Oder kreativ zu sein mit dem Eigenen im angeblich Fremden, so wie unsere unendlich produktiven Kollegen von der drittbesten Sendung der Radiofabrik (nach Artarium und Nachtfahrt) “Battle & Hum”, die in ihrer 52. Ausgabe (ab Minute 10 gut zu hören) eine Mundartübertragung des Velvet Underground Klassikers “Venus in Furs” zum Allerbesten gaben, das sich nur vorstellen lässt. Und die zudem einen Sendungsblog haben, der Phantasie und Wortwitz zu literarischer Qualität malmt. Almdudler akbar!

Mathias EnardEin weiteres Kleinod werden wir diesmal als Mittsendungseinlage vorstellen, ein Interview aus dem schier unerschöpflichen Fundus von Druckfrisch (ARD Das Erste) dem wir immer wieder inhaltliche wie musikalische Anregungen verdanken. “Sie betreiben hier in Barcelona auch ein libanesisches Restaurant…” Und schon gewinnt ein Gespräch Geruch, Geschmack, Gestalt. Da unterhält sich nämlich der Frontman der deutschen Literaturkritik, Denis Scheck, mit dem französischen Autor Mathias Enard über dessen Roman Kompass – im besten Sinne zur Lektüre appetitanregend. Wir senden dies mit Erlaubnis der Produzenten im Radio – für die Hör_innen unserer Aufzeichnung verweisen wir auf die ungemein übersichtlich gestaltete Mediathek von Druckfrisch sowie den entsprechenden Beitrag allhier. Wie schon gesagt, Mahlzeit

und Guten Morgen!