Oans, zwoa, Budern!

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 21. MärzAnsteckendes aus Österreich oder Eine satirische Schutzimpfung gegen die volksdümmliche Zusammenrottung von Grausigkeit, Geilsein und Gier. Halli, Hallo! Wenn ich mir vorstelle, dass der ORF in einigen Jahren nicht mehr nur Peter Alexander, sondern auch Andreas Gabalier als einen Höhepunkt heimischer Kulturentwicklung lobpreisen wird, dann ist mir schon jetzt schlechter als mir gut tut. Und so wie ich leiden viele unter dieser Seuche, die das kommerziell Erfolgreiche ungeachtet jedweden (Nicht)Inhalts nachgerade zum Staatsziel erklärt. Scheißegal, obs unsere Kultur zergrunzt und zersetzt. Hauptsoch, es bringt wos ein. Hauptsoch, fest budert werd, weil Sex sells! Dabei hat Budern nichts mit Puderquastln zu tun, sondern kommt von Butter machen wie anno einst…

Oans, zwoa, Budern!Der deutsche Satiriker Jan Böhmermann hat jüngst am Beispiel Ischgl-Cluster den verbrecherischen Einfluss der Seilbahn- und Tourismuslobbyisten auf sämtliche natürlichen und kulturellen Ressourcen Österreichs offengelegt. Ischgl, dessen exzessive Après-Ski-Identität bereits als  “Alpen-Ballermann” firmiert, dient hierbei als besonders augenfälliges Beispiel für das weltweit zerstörerische Wirken einer “Wirtschaftsentwicklung”, die allein auf Wachstum abzielt – und der alle anderen Bedürfnisse und Interessen alternativlos untergeordnet werden. Was dabei heraus kommt? Fragen sie ihren Arzt

Naturgemäß ist auch die menschliche Sexualität eine natürliche Ressource – und die wird genauso rücksichtslos ausgeplündert wie die Berglandschaft, die Gesundheit, das Trinkwasser oder überhaupt die Zukunft. Und so wird das gegenständliche ZDF-Magazin-Royale auch mit dem Ruf des Animateurs “Oans, zwoa, Budern!” eröffnet. Was muss das für eine gefühllose, aufs rein Mechanische reduzierte Sexualität sein, die sich da nach alkoholschwangerem Chorgegröl in der anonymen Masse fett und verschwitzt abmüht, ihr Leistungsziel zu erreichen? In der E-Bühne der 80er Jahre beschrieb man derlei Inszenierungen trefflich: “Ficki-Ficki und dann abkassieren.”

Endgültig heilsam und erlösend wirkt allerdings Böhmermanns ultimativer Après-Ski-Hit “Ischgl Fieber” (Husti Husti Heh), den er als Höhepunkt seiner Einlassungen unter dem Pseudonym “Tommy Tellerlift und die Fangzauner Schneebrunzer” ins entfesselte Volk röhrt. Das ist “die Wirklichkeit bis zur Kenntlichkeit entstellen” vom Allerfeinsten, auch wenn ein offenbar besonders gewitzter Tourismusmanager aus Ischgl anderntags meinte: “Satire lebt von Überspitzungen, nicht von Tatsachen.” (ORF) Wir wünschen ihm viel Spaß beim Bleistiftspitzen, aber nicht von Bleistiften. Und Andreas Gabalier sollte sich schon mal sehr warm anziehen, weil nämlich …

Auf Niederschaun!

Ach, übrigens: In der Sendung “Hakuna Mutanta” haben wir, als eine Möglichkeit des Perspektivwechsels, davon gesprochen “was uns das Virus erzählen könnte”. Kurze Zeit später, am 2. März sendete ARTE den Dokumentarfilm “Corona: Sand im Weltgetriebe”, der in seiner Dramaturgie die Erzählperspektive des Virus einnimmt. Chapeau!

 

Hakuna Mutanta

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 21. Februar – Die Idee zu dem titelgebenden Wortspiel verdanken wir einer Szene aus dem Disney-Epos “König der Löwen”, die ewig Junggebliebenen werden sich erinnern, “Hakuna Matata” ist Swahili und heißt soviel wie “Es gibt keine Probleme.” Hier zur Entspannung die polnische Variante. Nun mag “Hakuna Matata” für den Hausgebrauch eine ebenso nützliche Philosophie sein wie “Probiers mal mit Gemütlichkeit”, nichtsdestotrotz leben wir in verseuchten Zeiten und draußen vor der Tür mutieren die Viren, dass einem schwindlig wird. Zeit, dem Leben auch unter veränderten Bedingungen wieder eigeninitiativ entgegen zu treten. Etwa mit John Steinbeck, Bruce Springsteen und Tom Morello. “The Ghost of Tom Joad” stellt einmal mehr die Frage: Was will uns der Dichter damit sagen?

Hakuna MutantaUnd überhaupt, was will uns die derzeitige Situation sagen, die wir zwar nicht direkt verändern, aber durchaus wahrnehmen, verstehen und zum Anlass für unsere eigene Geschichte nehmen können? Was mutiert da alles vor sich hin, wenn wir “das Virus” als das begreifen, was es in seinem Wesen zutiefst ist: Information, die bei kleinster Veränderung bereits völlig neue Eigenschaften ausbildet? Die sich, wie im Fall des Influencer (Grippe) Virus jedes Jahr “in einem völlig anderen Gewand” zeigt? Mutieren nicht auch ganze Gesellschaften sowie ihre Staatsformen und Wirtschaftssysteme auf ähnliche Weise? Bisweilen kommt es mal zu einer Revolution gegen Gewalt und Unterdrückung – an der zugrunde liegenden Information wird etwas verändert und schwuppdiwupp – das gewalttätige Machtkonstrukt hat einen neuen Namen, aber es besteht weiter, erzählt viel von Freiheit und unterdrückt andersoder Andere.

Seit Jahrhunderten wird immer wieder aufs neue an einem Impfstoff gegen diese Art von Machtmutation gearbeitet, er heißt Demokratie, und er muss genauso ständig weiter entwickelt werden, wie das Machtvirus, schwuppdiwupp, vor sich hin mutiert. Der Vortrag “Demokratie erneuern” von Prof. Rainer Mausfeld bietet einen Einblick in diese Vorgänge. Sein erster Abschnitt trägt den Titel: “Das gesellschaftliche Gift unersättlicher Machtgier und das zivilisatorische Gegengift Demokratie.” Schön! Und wie wir unter diesen Vorzeichen leben könnenund wollen, das entwickelt Prof. Hartmut Rosa in seiner “Soziologie der Weltbeziehung” rund um den essentiellen Begriff “Resonanz”. Zum Schluss unserer heutigen Mutation noch die entsprechende Literatur/Filmempfehlung: Früchte des Zorns. Macht macht mobil

PS. Das Virus und das Immunsystem. Von Karl Lauterbach auch für “interessierte Nichtspezialisten” empfohlen. Na ja, ein bisserl Fachenglisch sollte man da schon …

PPS. In der Sendung haben wir, als eine Möglichkeit des Perspektivwechsels, davon gesprochen “was uns das Virus erzählen könnte”. Kurz darauf, am 2. März sendete ARTE den Dokumentarfilm “Corona: Sand im Weltgetriebe” von Alain de Halleux, der in seiner Dramaturgie just die Erzählperspektive des Virus einnimmt. Chapeau!

 

Wunst kommt von wönnen

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 24. Januar“Kunst kommt von können, wenn sie von wollen käme, würde sie Wunst heißen.” Dieses Zitat, das allen möglichen Hervorhebern zugeschrieben wird, hörte ich einst aus dem beruflichen Mund des Kunstprofessors Oswald Oberhuber. In dem Fall vom oberlehrernden Hervorhuber höchstselbst. Vom Urhuber sozusagen. Was auch immer man vom staatsamtlich verbrämten Gschaftln und Hubern halten mag – mich erzürnt diese oberheblich herabgelassene Innungsmeierei grundsätzlich. “Kunst ist, was wir mit unserer Oberschrift als Kunst beglaubigen. Alles andere ist von Dilletanten und wird röcksächtslos ausselektiert!” Hätten die alten Herren von der Akademie das 1907/08 anders interpretiert, dann wären uns wohl Millionen Tote erspart geblieben…

Wunst Bonusmaterial“Als glöckliche Bestämmung gält es mir heute, dass das Schäcksal mir zom Gebortsort gerade Braunau am Inn zowies.” Der Sprachkunstpreis für geschriebene Hörbarmachung geht hiermit an Walter Moers, heute als Schöpfer von Zamonien weithin berühmt, dem wir darüber hinaus so legendäre Figuren wie das Kleine Arschloch, Adolf die Nazisau oder Käpt’n Blaubär verdanken, was wir in dieser Sendung würdigen wollen. Als Begröndung sei hier ein Artikel der Mainpost zitiert, der Lust und Tücke des Autors auf den sprachlich springenden Punkt bringt: “Walter Moers hat die Gabe, menschliche Verhaltensweisen, fast bis zur Unkenntlichkeit zugespitzt, in die Region der Groteske zu katapultieren. Wer über seine Karikaturen und Texte lacht, lacht eigentlich über die wirkliche Welt und – vielleicht ohne es gleich zu merken – auch über sich selber. Moers ermöglicht eine Art von intuitiver Wahrheitserkenntnis unter Umgehung des rationalen Großhirns. Genau so muss gute Satire funktionieren.” Die Wirkung aufs Publikum ist damit beschrieben…

Naturgemäß interessiern wir uns noch viel mehr für das innere Wirken im Gehirn des Autors, also zwischen den Kontinenten Ganglien und Neuronien, wo das verborgene Zamonien vermutet wird. Dort, wo das geheime Volk der Synapsen haust und braust. Um diese kreative Welt querassoziativ hervorsprudelnder Neurologismen näher zu beleuchten, haben wir die Bildergeschichte “Der Fönig” ausgewählt, die von Michael Krowas kongenial umtont und behörbart wurde. Die hierzutage tretende Sprachlust bewirkt, dass Haschisch ficken im Reich des Fönigs meist ganz Andreas bedeutet. So wie bei uns etwa wönnen. Das kann ein Verb zu Wunst sein (wie gönnen ja auch zu Gunst gehört). Es könnte allerdings genauso gut (reflexiv) von Wonnen kommen. Ob es das Wort wirklich gibt, ist dabei egal. Wir betreten den Kosmos der Phantastik

Ob wir uns da etwas abgewönnen?

 

Kein Jahresrückblick

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 27. Dezember – Wenn wir auf das demnächst vergehende Jahr zurückblicken, dann sehen wir da so einiges, das wir lieber nicht gesehen (oder überhaupt erlebt) hätten. Und inmitten des ganzen Schlamms einer zunehmend aus den Fugen geratenen Welt entdecken wir durchaus noch das eine oder andere kostbare Kleinod, das uns wieder aufbaut und uns das Herz wärmt. Also doch ein Jahresrückblick? Derer gibts ja derzeit aufdringlich viele, zumeist klingelnder Quotenbimbam und semantischer Quatsch, aber auch ein paar sehr gelungene, wie etwa der von Jan Böhmermann oder jener von Werner Doyé und Andreas Wiemers. Da wollen wir jetzt aber nicht hintanstehen und auch den einen oder anderen Scheißhaufen prämieren. Oder das eine oder andere Wunderding

Kein Jahresrückblick

ein passendes Foto von Bernhard Jenny

Einige der vergessenen sowie von der medialen Wichtigwelt oft kaum beachteten Aspekte dieses speziellen Jahres 2020 wiederum ins gemeinsame Bewusstsein befördern, das unternimmt unser etwas anderer Jahresrückblick, der eben keiner (daher der Titel) im herkömmlichen Sinn ist. Vor allem ein solcher Aspekt ist in der überbordenden Pandemie-Panik geradezu “untergegangen” – die eigentliche Bedeutung von Kunst und Kultur für das Wohlergehen der Menschheit. Andauernd wird  fast nur noch von Arbeitsplätzen, Einkommen und wirtschaftlicher Relevanz gesprochen, von “Kunstmarkt” und “Kulturindustrie” – allein die Wortwahl beweist, wie verblendet (oder verbrecherisch?) die offiziell Hampelnden generell sind. Sogar die Kunstschaffenden selbst scheinen ob ihrer Existenzbedrohung schon zu vergessen, was ihre Arbeit für das Menschsein leistet. In der Auseinandersetzung mit Musik, Literatur, Theater, Film, bildender Kunst jeglicher Art, mit Brauchtum wie mit Hochkultur, entwickelt ein Mensch seine Identität, lernt sich von anderen zu unterscheiden und erwirbt somit die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen. Und pflegt und trainiert dadurch auch sein Leben lang diese Eigenschaften, die ihn (und sie!) erst dazu befähigen, ein für alle gedeihliches Gemeinwesen zu gestalten. Genau diese Lebenskunst brauchen wir doch in diesen Zeiten am notwendigsten!

Wer derart wesentliche Grundlagen – des Einzelnen wie der Gesellschaft – einem obskuren ökonomischen Imperativ unterwirft, ist in keiner Weise geeignet, für das Gemeinwohl Verantwortung zu tragen und sollte sofort aus jedem Regierungsamt entfernt werden. Wer durch politisches Handeln Kunst und Kultur zum optionalen Freizeitspaß herabwürdigt, begeht auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Demaskieren der Gesinnung!

PS. Alles Gute zum 40. Bandgeburtstag, New Model Army!

 

Irgendwas mit Georg Kreisler

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 20. Dezember – Eigentlich wollten wir in unserer vorweihnachtlichen Bastelsendung “Irgendwas mit Texten” machen und hatten dafür schon zwei Ideen des großen Heimatlosen in Vorbereitung. Doch dann entschlossen wir uns angesichts der Überfülle an abgründigem Wortwitz in seinem Lebenswerk, die gesamte Sendung mit musikalischen Sprachspielereien von und mit – und rund um Georg Kreisler zu bestreiten. Und selbst das kann nur eine Andeutung bleiben. Thomas Rothschild schrieb in einem Nachruf in der Zeit, “dass der, neben Robert Gernhardt, die komischsten Reime seit Wilhelm Busch erfunden habe.” Das ist die eine Seite. Die andere beruht auf seiner zutiefst anarchistischen Weltsicht und bringt so eine geradezu prophetische Ablehnung der “herrschenden Verhältnisse” hervor.

Alles nicht wahr - Ein Georg Kreisler Abend

Salzburger Kulturvereinigung 10. 10. 2020 Foto: Franz Neumayr

Man braucht Kesselflicker
und Autobuslenker,
Elektrotechniker
und Serviettenschwenker,
vor Gericht braucht jeder
einen Verteidiger,
dieser Verteidiger
ist Akademiker.
Ich bin kein Zyniker
und kein Polemiker,
ich verehre diese Leute
wirklich sehr!
Aber was für Ticker
ist ein Politiker?
Eines Tages gibts den sicherlich nicht mehr!

Wir beleuchten also einerseits den phonetischen Sprachspaß, wie er in diesem Lied (und auch in anderen) vorkommt, anderseits die radikal zugespitzten Aussagen zum Zustand der menschlichen Gesellschaft. Wir erspüren die vielfältigen Inspirationen des Georg Kreisler, sowohl die ihn prägenden als auch die von ihm ausgehenden, von seiner Zusammenarbeit mit Charlie Chaplin in den 40ern bis zu ihm posthum gewidmeten Bühnenwerken von Nikolaus Habjan und Franui. Und mit dieser dichten Collage möchten wir insgesamt eines bewirken – dass zu diesen heurigen von Corona überwölkten Feiertagen ein altbewährtes Überlebensmittel des Menschseins nicht in Vergessenheit gerät – der Humor. Wir möchten dazu anstiften, Georg Kreisler und seinen Witz als ein Lachenkönnen auch in schwierigsten Verhältnissen zu feiern.

Eigentlich wollte er ja selbst einmal in unsere Sendung kommen. Doch dann ist er unvorteilhafterweise gestorben, bevor wir das realisieren konnten. Traurig besuchten wir sein Grab am Aigner Friedhof. Was uns allerdings immer bleibt, ist sein Humor.

Frohes Fest oder was auch immer …

Schuldig!

 

Euer Pestilenz

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 22. November“Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.” Dieses von Goethe her rührende Zitat würde ich wahrscheinlich verwendet haben, wenn ich damals den Beitrag des Schülers Sebastian Kurz zu beurteilen gehabt hätte. Ein Siegerbeitrag wäre es damit wohl auch nicht geworden. Der aktuelle Bundeskanzler soll nämlich erstmals damit aufgefallen sein, dass er einen Redewettbewerb gewann. Seitdem galt er in der ÖVP als herausragendes rhetorisches Talent. Mein zutiefst empfundenes Mitgefühl! Wenn das die Krönung der politischen Ambitionen dieser Partei darstellt, dann ist Niveau eventuell doch eine Hautcreme. Der traurige Umgang seiner Regierung mit der Corona-Pandemie beweist allerdings: Selbst der gewiefteste Populismus zerbröselt an der Pestilenz.

Euer PestilenzIn Zeiten wie diesen braucht es Politiker, die darin glaubhaft sind, Verantwortung für das Gemeinwohl zu tragen und nicht endlos zugecoachte Imagetandler, die sich (und uns) noch das offensichtlichste Versagen als großen Erfolg verkaufen. Wer “schön reden” zum Hauptmerkmal seines Karrierewegs machen möchte, der soll Schauspieler werden – und besser nicht als Bundeskasperl herumhupfen. Wer als Politiker “schön reden” betreibt, der wird sich (und uns) früher oder später selbst den größten Scheiß schönreden. Nur, auch kein noch so schöner Schein übertüncht derzeit das Scheiße sein … Genau diese Diskrepanz zwischen “gewählten Worten” und “unausgesprochenen Inhalten” hätte ich als Jurymitglied des damaligen Redewettbewerbs aufgezeigt. Mir wäre die Eleganz der äußeren Form künstlich erschienen, die Eloquenz der Performance abgespalten von den zugrunde liegenden Emotionen, alles in allem zusammenhanglos, unstimmig, nicht nachvollziehbar, irgendwie irritierend. Und wenn sich mir nicht und nicht erschließt, was der da eigentlich will während er mich mit Schöngetön salbt, dann vermute ich dahinter schnell mal eine Hidden Agenda. Auf gut Deutsch, der erzählt da was vom duftenden Topfenstrudel, aber eigentlich will er mir einen Versicherungsvertrag andrehen, ohne mich um Erlaubnis zu bitten. Meine Detonation, euer Pestilenz! Ja glaubst denn du, dass ich ein Depp – bist?

Nachdem bereits von vielen und weithin kritisiert wurde, dass der “Bundeskasperl” bei seinen inflationären Pressekonferenzen immer viele schöne Worte machen und dabei nicht wirklich viel sagen würde (abgesehen von “ich habe”, “ein großer Erfolg” oder “ich sehe ein Licht”), ist nun endgültig der Punkt erreicht, an dem Realität und Satire ineinander übergehen: In der ZiB 1 vom 14. 11. sollte seine Ankündigung des neuerlichen Lockdown gesendet werden – doch wahrlich, ich sage euch, es begab sich ohne Ton. Und zwar dreimal. Man sah ihn dreinschaun, man sah ihn hampelnaber man hörte nichts. So wie einst bei Frau Lehmann-Brak auf dem Klo (Missfits)

Nicht ohne Augenzwinkern: ICH WILL NICHT MEHR

 

You’re Fired

> sendung: Artarium vom Sonntag, 8. November – Amerika ist anders. Allerdings anders anders als Wien. “Schleich di, du Oaschloch!” Im Land der Unbegrenzten heißt das “You’re fired!” There’s no Business like Showbusiness. Für Masochisten hier noch einmal die Zusammenfassung. Dieser Mensch ist eine Dauerbeleidigung für jedwede Regung intelligenten Lebens auf dem gesamten Planeten. Intelligenz ist fürwahr nicht die Fähigkeit, sich listig auf Kosten anderer Vorteile zu verschaffen oder sich hinterfotzig in ein hohes Staatsamt zu schwindeln. Vielmehr Gefühlsintelligenz, das Erkennen von Schönheit und Stimmigkeit, der Respekt vor dem Anderssein der Anderen, das Eintreten für die Bedürfnisse von Schwächeren, kurz gesagt Interesse am Gedeihen der Welt. Wer rücksichtslos Gewalt ausübt, soll sich bitte schleichen.

You're FiredUnd wer andauernd andere aus seinem Umfeld rausschmeißt, der soll endlich zu sich selbst sagen: “You’re fired.” Und sich aus dem Weg räumen, den andere gehen wollen. Die globale Verstopfung durch egoistsches Trotteltum ist dieser Welt nicht länger zuzumuten. Und bitte um Verzeihung, Bernd, dass wir dich hier zur Illustration von “Dumm wie Brot” verwenden, doch bei der Sprachsuche nach Beschreibungen für den unerträglichen Krawattenquader sind wir tatsächlich am Ende unserer Ausdruckskraft angekommen. Auch hier kann uns nur noch die Mundart retten: “Do schloft ma beim Speibn des Gsicht ein.”, soll einst Werner Geier auf Ö3 gesagt haben. Das waren Zeiten! Das war noch Radio! Gute Nacht, Österreich. Keine Realität ohne Realitäter.

Scheiße. Der Machtwechsel als Stoffwechsel. Ein quälend langsamer Prozess wird uns von allen Seiten tagelang live übertragen und dazu noch in Gesprächsrunden redundant kommentiert. Schon klar, wir sind alle froh, dass uns wenigstens irgendwas mal vom Dauerthema Pandemie ablenkt. Aber doch bitte nicht in allen grauslichen Einzelheiten. “Ich wähle Trump, weil Amerika sonst ein kommunistisches Land wird.” Bei dergleichen Schwachsinn mussten wir fortwährend schnappatmen, während wir eigentlich nur erfahren wollten, ob das Bemmerl endlich draußen ist. Ganz Amerika sitzt am weißen Häusel – und die Welt schaut dabei zu. Naturgemäß selten gab es erheiternde Momente wie etwa jene Replik von Gayle Tufts: “Wenn Joe Biden ein Kommunist ist, dann ist Florian Silbereisen der nächste Sänger von Rammstein.”

An dieser Stelle wünschen wir Till Lindemann lieber auch weiterhin alles Gute.

 

Rotweißrot Schwarzweiß

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 25. Oktober – Ein farbenfrohes Fest zum dräuenden Tag der Fahne – so rotweißrot hieß unser Nationalfeiertag nämlich vor 1965 – vom Schneeweißchen (Lisa Eckhart) übers Rosenrot (Georg Kreisler) bis ins dunkelgraue Schwarz (Ludwig Hirsch) und zum Salzburger Lokalkolorit. “Die Kunst muss manchmal zuspitzen.” Das wusste bereits Claus Peymann, als er in Wien einst den Burgtheaterdirektor gab und zusammen mit Thomas Bernhard den legendären Heldenplatz-Exorzismus veranstaltete: “Das ist das Naziland. Das sind alles Nazis. Die warten ja nur auf den neuen Hitler.” Wollt ihr das totale Schwarzweiß? Ja? Nein? Dann halt vielleicht doch lieber blaun, brün – oder bürkis? “Nein, ich liebe euch!” Was steckt da eigentlich in wem – und wenn ja, wieviel? Und überhaupt – warum?

Rotweißrot Almduludl

Rotweißrote Kuh von Kurt Tutschek

Das Schwarzweiß ist allerdings auch ein Merkmal von Satire, wie das Bertolt Brecht so zutreffend beschrieben hat: “Die Wirklichkeit entstellen – und zwar bis zu ihrer Kenntlichkeit.” Also Zuspitzung, Überhöhung, Abstraktion und Karrikaturdas Nachzeichnen wesentlicher Eigenschaften mit dem schwarzweißen Strich der pointierten Betrachtung. So wie wir das heute im Hinblick auf das Rotweißrot des Fahnenfests tun wollen. Achtung: Satire! Schwarzweiß gesehen ist der Salzburger Stier inzwischen eine rotweißrote Kuh geworden, Stierwascher hin, Lederhosen her. Kritik ist keine Majestätsbeleidigung, sondern ein Aufzeigen von Unfertigkeiten und Widersprüchen in der Darbietung des/der Kritisierten. Durch Bedachtnahme darauf könnte jedwedes tatsächliche Ergebnis verbessert werden. Wer jedoch seine Kritiker mundtot macht, lässt dadurch erkennen, dass es ihm/ihr gar nicht um ein möglichst gutes Ergebnis geht, sondern vielmehr darum, auch vollkommen grundlos Macht zu besitzen oder sonst irgendein soziopathisches Verhalten auszuüben – naturgemäß auf Kosten anderer. Eins sollte man dabei aber nicht übersehen: Die Anderen – das sind wir!

Dass wir angefühls allzu täglicher Babyelefantenauftriebe und Türkelbärenauslösen noch nicht vollends schwarz sehen, das verdanken wir unter anderem Künstlern wie Nikolaus Habjan oder der Musicbanda Franui, welche das Werk eines viel zu oft im dümmlichen Gunstbetrieb als “Schwarzmaler” verunglimpften “Liedkomponisten, Menschenkenners und Wortakrobaten” dergestalt zeitlos ins Leben spielen, dass es vor lauter Freude weh tut. Ein Aspekt des Gedenkens ist das Aushebeln der Zeit. Und – wie würde Georg Kreisler heute kritisieren?

“Schlagt sie tot!”

 

Volkstrottel

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 27. September Der Volkstrottel – er bietet sich als Steigerungsform des Trottels geradezu an: Trottel, Volltrottel, Volkstrottel. Das liegt sogar sprachgeschichtlich nahe, zumal die Etymologie den Begriff “Volk” von einer indoeuropäischen Wurzel herleitet, die “Menge, Fülle” sowie “(ein)füllen” bedeutet. Von da her riechen Kirtag und Zeltfest sowie die sprichwörtliche “breite Masse” gleich etwas mehr nach Erbrochenem. Wes das Volk voll ist, des geht der Mund über. Eine umfassende Bestimmung aller hier angeführten Begriffe würde allerdings den Rahmen (der Sendung wie auch des Artikels) sprengen. Weshalb wir uns auf den Trottel an sich beschränken wollen, der ohne eigenes Hinterfragen dem jeweils vorherrschenden Trend seines Umfelds nachtrottelt. Eben dem Volkstrottel.

Idioten und VolkstrottelDoch Vorsicht! Ein Idiot ist kein Trottel. Und so manches Zitat ist auch nicht von Franz Kafka. Ein hierbei besonders herausragender Satz ist dieser: “Viele falsche Zitate entstehen aus Satiren, die nicht als Satiren erkannt werden.” Derlei ist zumeist dort zu beobachten, wo ein starres und vorgefertigtes Weltbild das selbständige Denken verdrängt und somit auch das Empfinden, das Einfühlenkönnen (also das, was wir Phantasie nennen) zerhindert. Nun ist zwar “Volkstrottel” eine beliebte Bezeichnung für vielerlei Nationalpatridioten bis hin zu jenen völkischen Popolisten, deren Vogel Nazi heißt und seit tausend Jahren ins deutsche Erfolgreich scheißt, doch die Art und Weise, wie Feindbilder hergestellt und Unwillkommene ausgemerzt werden, ist auch in ganz gegenteiligen Gesellschaftskreisen zu bemerken: Da wird aus vermeintlicher Rechtgläubigkeit reflexhaft reagiert, ohne Gefühl und Verstand, werden Menschen zur Unperson erklärt, aus der Wahrnehmung verbannt und aus der Geschichte getilgt. Vorprogrammierte Verhaltensweisen sind allerdings ihrem Wesen nach immer vertrottelt, ganz egal, aus welcher Weltsicht sie herrühren. Der Friede unter den Menschen, Gerechtigkeit und “eine bessere Welt” werden nicht dadurch erreicht, dass man alle vernichtet, die von irgendeiner Norm abweichen.

Und nun, liebe Links- wie Rechtgläubige, verehrtes Volk, liebe Trottel: Wer sich im Dickicht unserer Andeutungen und Assoziationen zu verlaufen droht – oder ein für alle Mal wissen will, worum es in dieser Sendung eigentlich geht, derdiedas möge zur weiteren Vor- und Zubereitung diesen subtilen Kommentar von Prof. Dr. Gernot Hassknecht zu sich nehmen. Wir wünschen guten Appetit.

 

Der Tod

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 30. August“Grüß Gott, ich bin der Tod.” Dergestalt stellt sich der Sensenmann in einem feinen Kunstlied der EAV vor, und das naturgemäß mit einigem Salzburg- und Jedermannbezug. Dass diesem (fast) alljährlichen Mysterienspiel wegen seiner zentralen Thematisierung des Tods (in einem erzkatholischen Umfeld) schon einmal Mut und Fortschrittlichkeit attestiert wurden, das war uns bisher unbekannt. Wenn man allerdings bedenkt, wie sehr Tod und Sterben in unserer Gesellschaft ausgeblendet, verdrängt und wegritualisiert werden, dann scheint da durchaus etwas dran zu sein. Karl Kraus störte sich wohl eher an der allzu flotten Entschuldung des eiskalten Profiteurs Jedermann kurz nach dem Millionentod des ersten Weltkriegs mit all dem “katholischen Bumsti”

Andreas Vitásek - Der TodDer Tod und das mit ihm einher gehende Memento mori sind ein wesentliches Thema bei diesen Salzburger Festspielen, die für manche die Welt bedeuten – für manche auch nur die Bretter, die sie so gern vor dem Kopf haben, nur damit sie nicht weiter denken müssen als bis zum Rand ihrer wohlgefüllten Suppenschüssel. Dort endet ihre Welt und dort endet auch ihr Theater. Alles hat ein Ende – auch die Reichen und Schönen. Und sssippe sssappe! Womit wir bei Andreas Vitásek und bei seiner Personifikation des Todes angekommen wären. Eine Unterhaltung mit der eigenen Vorstellung vom Tod ganz in der Tradition “sich darüber lustig zu machen”, nicht ohne auch den Todernst aufblitzen zu lassen… Offenbar ist dem Tod in unserer Kultur am besten indirekt beizukommen, allegorisch, ironisch, surreal. Bei einem Gespräch über die Verdrängung des Sterbensthemas meinte der Hase, dass dadurch den einzelnen Menschen “das Werkzeug fehle”, um mit ihrem eigenen Ende klarzukommen. Ich wunderte mich zunächst über die Wortwahl, begriff jedoch dann ihre Bedeutung: Das Werkzeug, das man benötigt, um die eigene Endlichkeit überhaupt zu “bearbeiten” sowie das eigene Sterben, den eigenen Tod irgendwie friedlich, versöhnt und in Würde zu vollziehen – was könnte das sein?

Die grenzgeniale Orgel-Improvisation über den Bach-Choral “Komm o Tod, du Schlafes Bruder”, die mir immer als Orgel-Orgasmus (le petit mort) und logischer Höhepunkt der Filmhandlung erschien, sie heißt bei ihrem Komponisten Norbert J. Schneider “Der letzte Wille des Elias Alder” und trägt dessen baldigen Tod bereits machtvoll in sich. Dazu empfehlen wir nachdrücklich das zugrundeliegende Buch Schlafes Bruder von Robert Schneider. Und, über die Grenzen der Grausamkeit hinaus selbst Fragen zu stellen …