Musas von Natalia Lafourcade

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 11. MärzDie mexikanische Sängerin macht sich gemeinsam mit dem Duo Los Macorinos auf die Suche nach ihren Inspirationen aus der weiten Welt lateinamerikanischer Klänge, nach ihren Musen sozusagen. So hat sie denn auch ihre zwei jüngsten Alben betitelt, nämlich Musas, deren erstes wir heute voller Freude zu Gehör bringen. Natalia Lafourcade war in den letzten Jahren als innovative Interpretin des Latin-Pop überaus erfolgreich, als solche auch bei der aktuellen Oscarverleihung zu Gast (was wohl nicht jedermanns Mainstream ist). In ihrem “Back to the Roots”-Projekt Musas jedoch spürt sie ernsthaft und feinsinnig all den Einflüssen nach, die sie im Lauf ihres Lebens und ihrer Karriere geprägt haben. Und in der Vermittlung dieser Musikwelt offenbart sie sich als eine echte Künstlerin.

Musas von Natalia Lafourcade„war wohl wieder ein gestrandeter abend, betrunken beraucht, antheringabend in freundes wohnung und ich meine rolle als nachtwächter selbsterfreulich einnehmend, nämlich ein sitzen vor der weltenscheibe mit zunehmender gedankenschwere und weiterer berauschung innerwärts – was die nacht erträglich macht. vor mir des internets abgrundsweite, zuflucht in bekanntem, oftgehörtem, abermals aberwitzigem, dann die suche nach bestimmtem, unbestimmt in der anzahl, unbestimmt auch die ungestümen einfälle im kopf des rauschenden…

und da erschien sie mir : in magenta und trübem blau, mit geschlossenen augen, geflochtenem haar und sang von einsamkeit und dem meer, von bolero und errötendem licht. unendliche sanftmut. stürmende lebenslust. es war echte musik, die schweben blieb im raum, mit dem rauch tanzte, sich mir ins spüren legte, an meine haut schmiegte – versickerte in jeder pompösen pore.

als ich vertraute war zeit ein wort ohne sinn
als wir verschmolzen färbte der himmel sich neu
als ich verstand begann erst mein fragen

in jeder zauberzüngigen zelle –
dort lebt sie nun, diese glühende welt, diese fremde so vertraute landschaft, lebt und wächst, verwebt und wandelt sich, mich.“

 

Wilfried, Gut Lack!

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 11. FebruarIn unserer beleibten Reihe “Irgend so was wie ein Nachruf” würdigen wir diesmal Wilfried Scheutz, der vor nicht allzulanger Zeit “von uns gegangen” ist (wie man zu sagen pflegt). Mit seiner unverwechselbaren Reibeisenstimme durchpflügte er seit den frühen 70ern eine Vielzahl von musikalischen Genres. Dabei oblag er nie der bloßen Nachahmerei, sondern interpretierte jedes noch so geläufige Thema in seiner ganz eigenen, oft auch eigenwilligen Art und Weise. Das Reinheitsgebot des Hergebrachten blieb dem Urviech zeitlebens erfrischend fremd, und so ist es kein Wunder, dass Wilfried, in den mehr als 45 Jahren seiner aktiven Laufbahn, aus allem nur Erdenklichen wie etwa A Capella, Rock, Volksmusik, Dichtung und Pop fortwährend Neues erschuf.

Gut Lack WilfriedAngenehmerweise immer mit dem selbstironischen Augenzwinkern des sich selbst Spürens in einer Welt, die unvollkommen bleiben wird, aber zum Gestalten einlädt. Dies möge sich selbst erklären, zum Beispiel durch die Frühwerke “Ziwui Ziwui” oder “Orange”… Naturgemäß war für uns zwei die Hymne “Lauf Hase Lauf” ganz besonders bedeutsam, stellt sie doch die gewohnte Weltsicht auf den Kopf, indem sie den verfolgten Hasen zum Helden der Geschichte erhebt. Hier noch die Altersversion davon, dargeboten gemeinsam mit seinem Sohn Hanibal Scheutz (der im Hauptberuf Bassist bei 5/8erl in Ehr’n ist). Die Kunst der gepflegten Parodie (wofür Selbstironie ja die Voraussetzung ist) führte Wilfried schließlich mit dem A-Capella-Projekt 4Xang zu bislang unerhörten Höhen (und Bässen). Hierzu das rare Live-Video ihrer Version von Queens zeitlosem Mitgröhlhit “We Will Rock You”. Diese vier Wildererbuam brachten so ziemlich alles zu Gehirn und Hör, was nicht rechtzeitig (so ca. bis 3) vor ihnen auf den Baum floh. Und das war fürwahr nicht viel. Unter anderem verdanken wir den Herren eine grandiose Interpretation von Georg Kreislers Telefonbuchpolka, von welcher ich erstmals alle Namen mit V herunter transkribierte…

Zu guter Letzt erschien bei Monkey das Album “Gut Lack”, das wir hier und jetzt vorstellen und sehr empfehlen. Mit diesem im Wissen um den nahen Tod gezeugten Opus Ultimum begibt sich der Österreicher Wilfried in die Wesensnachbarschaft von Leonard Cohen und David Bowie. Die Würde des Menschen umfasst durchaus auch sein Leidenund Sterben.

Was wird?

 

In einem fort pflanzen

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 21. Januar – Wieder so ein Wortwitz, ein doppeldeutiger. Für die Postmodernde. Juhuu! Doch was soll sich da eigentlich fortpflanzen, über die Generationen hinweg – oder wollen die uns bloß in einem fort pflanzen, die Ehestandswahrer vom ewiggestrigen Familienbimbam? Diese fürwahren Fortpflanzerl. “Die Familie ist die Geheimzelle des Staates.” Und in dieser Black Site des Herrschtums verendet das Lebendigsein unzähliger Kinder. Ich habe mich auch in der Jugendarbeit immer dagegen gewehrt, an Menschen nachzubessern, damit sie vielleicht geschmeidiger in den Fleischwolf der Gesellschaft rutschen. Gerade heute sind an allen Ecken und Enden die Funktionalisierer unterwegs, und wer sich nicht frohgemut und brauchbar verwerten lässt, wird aus “der Gemeinschaft” entfernt

väter söhne pflanzenDagegen gilt es, mit all seiner Lebenskraft, anzugehen, anzustinken – und anzuschreien. Und sich nicht aufhalten oder gar pflanzen zu lassen von irgendwelchen Altvorderen und ihren Ideologien. Es heißt ja, die Pubertät sei so etwas wie eine generelle hormonbedingte Anpassungsstörung. Schon mal in Betracht gezogen, dass die Erwachsenenwelt, in die es sich da einzufügen gilt, ein vollkommener Schwachsinn sein könnte? Ein schwindlich machendes Kettenkarussell voller Dummheit und Niedertracht, das im Begriff ist, den Ast, auf dem wir alle sitzen, endgültig abzusägen? Wer also Schwierigkeiten hat, sich an so ein Idiotenkompott anzubiedern, ist keineswegs gestört – höchstens beim Gesundsein gestört worden! Die Störung beim Pubertier ist dann allenfalls Syptom einer zutiefst verstörten und zerstörerischen Weltordnung, an die sich anzupassen ohnehin nur mittels heftiger Hirnamputation möglich wäre. Dass es der überwältigten Mehrheit letztendlich doch gelingt, soll uns jedenfalls nicht am Denken hindern. Gerade weil wir die Sendungen oft aus Befindlichkeiten heraus gestalten, wie die hierzu passende Nachtfahrt “Aus dem Tod eine Jugend machen”, bei der uns die nicht eben unschräge Musik von Knorkator begegnet ist: Und ging. Deren unendlicher Ideenscheißer Alf Ator hat ja auch schon des öfteren seinen Sohn Tim Tom (als der noch ein Kind war) zum Singen angestiftet, etwa auf Arschgesicht.

Inzwischen hat Tim Tom (der auf dem Foto) seine eigene Band Black Monster Truck und die ist (wie das nächste Lied) ziemlich cool: Am Horizont (live). Von derartigen Übergängen lassen wir uns diesmal inspirieren, wenn es um die Vermächtnisse von entlegenen Ursassen geht. Pflanzerl und Pflanzungen, wir sind ein geiles Institut.

 

Midnight Oil

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 14. Januar – Der Kommissar entblößt seine persönlichen Musikvorlieben. Ein selbstgedrehtes Best Of aus den Midnight-Oil-Alben “Diesel and Dust”, “Blue Sky Mining” und “Capricornia”. Dieser Spazierflug durch 15 Jahre australisches Klangschaffen würdigt nicht nur die formal herausragende Band, er bietet zudem zeitgeschichtlich Einblick in eine Epoche, in der Inhalte und Botschaften sehr selbstverständlich Bestandteil von ordentlicher Rockmusik waren. Seitdem ist nicht wenig Wasser den Fluss der Verwandlung hinunter geronnen – und egal, wie gern Julian Assange “die Oils” in ihrer Frühzeit gehört oder wie “gut” sich deren Sänger Peter Garrett später als Labour-Minister ausgewirkt hat, Midnight Oil bleiben in ihrem Gesamtwerk politisch engagiert – und sogar kommerziell erfolgreich.

Midnight OilEs muss wohl so ungefähr 1989 gewesen sein, da wurde ich durch eine Album-Rezension in den SN auf Diesel and Dust aufmerksam gemacht, und zwar in einer Sprache, dass ich die Musik förmlich riechen, schmecken und spüren konnte. Im Detailgeschäft meines Vertrauens bestätigte sich sodann die Ahnung, all dies könnte zutiefst etwas mit mir zu tun haben. Natürlich erwarb ich das entsprechend besungene Werk, womit ein höchst ersprießliches Verhältnis seinen Anfang nahm. Ich war damals auf der Suche nach möglichen Synthesen von – nennen wir es mal – “widerstreitenden gesellschaftlichen Interessen”. In dem Zusammenhang verhieß die Musikwelt der Midnight Oil einiges an Anregungen – für die allgemeinheitstaugliche Darstellung von Minderheitenpositionen etwa, wie sie im Hinblick auf den unfairen Landraub an den Aborigines in ihrem Song “Beds Are Burning” zum Ausdruck kommt. Oder auch für die Seelenrettung des ausgepressten Buchhändlerlehrlings im stadtsalzburgischen Tourrorismusmarkt, der sich tagtäglich an den “Mountains Of Burma” festkrallte, um nicht vollends zu verschwinden im Sumpfstrudel des heimatseligen Mammonismus. Für mich also, aus eigener Erfahrung geprüft, die gute Ware, auch für schlechte Zeiten.

Bleibt die Frage, wo die eingangs erwähnten Inhalte und Botschaften heutzutag sind, und was der schwindlige Hund hier eigentlich mit “ordentlicher Rockmusik” meint? Das, liebe Junggurkerln jederlei Geschlechts, werdet ihr selbst beantworten müssen! Solang ihr aber noch den letzten Autotunedurchfall-Celebrityschlatz für bedeutsam erachtet, bloß weil ihn zweieinhalb Möchtegerns im Maschinenfunk nachdodeln, wird nicht viel daraus werden. Alles andere ist – abseits davon – eh gut zu hören … … ..

 

Charles Janko Nachruf

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 26. NovemberSchuld ist wie so oft der Berlinsalzburger Schriftsteller Peter Hodina, dem wir die überaus inspirierende Begegnung mit Charles Janko ursächlich verdanken. Denn am 27. 2. 2015 fand in Alrun Pachers literarischem Salon eine feine Zweierlesung von Peter Hodina und Christopher Schmall statt, welche der inzwischen völlig zu Unrecht verstorbene Charles mit meisterlichen Klavierimprovisationen umrahmte. Doch dieser ebenso banale wie hier angebracht erscheinende Begriff wird seiner tatsächlich ausgeübten Kunstfertigkeit eigentlich überhaupt nicht gerecht. Statt auf so eine rein äußerliche Funktions-Zuschreibung sollte sich unser Augen- und Ohrenmerk doch viel mehr auf die innere Haltung von Charles‘ spontan-kreativem Musikausdruck richten.

Charles Janko Literaturhaus Salzburg Nov 2016Erzählen wir die Geschichte: Während das Publikum den Lesenden andächtig lauschte, saß Charles meditativ in sich versunken am Flügel, um in den Pausen augenblicklich zu seiner ganz eigenen Verdichtung der zuvor offenbar gesammelten Eindrücke anzuheben. Und was er da improvisierend wiedergab, war nicht einfach nur Begleitung, Behübschung, tonale Garnierung – nein, es war in höchstem Maß die erweiternde Teilwerdung am Moment des Geschehens, eine nachgerade organische Verganzheitlichung dessen, was rund um ihn im Hier und Jetzt vor sich (und bestimmt auch durch ihn hindurch) ging. Wollen wir das aber nicht verkehrt verstehen: Die dargebotenen Texte an sich waren schon ganz, deren Vortrag in Resonanz mit dem Publikum erst recht, die ganze Inszenierung dieses Literarischen Salons sowieso, alles war ganz und gar ganz (im Sinn von vollkommen). Und doch – wenn Charles‘ Musik nicht hinzu gekommen wäre, hätte der gesamten Darbietung etwas gefehlt. Was wiederum nur dadurch erkennbar wurde, dass er sie spielte! Mich erinnerte dieses Geschehen an Gefühlseindrücke, die ich vor Jahren beim gemeinsamen Hören von Keith Jarretts “The Köln Concert” gehabt hatte, und eben darauf sprach ich ihn (nach dem Ende der Veranstaltung) an. Es entspann sich sofort eine derart befreiende, einfühlsame, weltoffene Unterhaltung, dass sich nur eins sagen lässt: Charles Janko war ein Mensch, der ganz in seiner Kunst lebte.

Ausgehend davon kam es auch dazu, dass sich Charles im November 2016 bereit erklärte, “auf splitterwegen und zerbrochener zeit”, die Geburtstagslesung von Chriss im Literaturhaus Salzburg, kongenial musikalisch zu “illustrieren”. Davon haben wir eine recht improvisierte Aufnahme hergestellt, bei der man die Lesenden trinken und tuscheln hört, ganz im Sinn einer spontan-assoziativen Gesamtkunst. Jetzt gibts diese “Charles Janko Literaturhaus-Improvisationen” zum Nachhören.

“Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.”  Bertolt Brecht

 

Audiowastecooking

> Sendung: Artarium am Sonntag, 12. NovemberSeit 14:92 Uhr wird jetzt zurück entdeckt! Und seit 15:17 Uhr wird jetzt zurück gethesenanschlagt! 500 Jahre oder 500 Sendungen, Jubiläum hin oder her – wir lassen ungern was verkommen – von dem, was die Kulturgeschichte (geh bitte, ich brunz mich an vor Lachen!) uns an die Ufer des Bewusstseins schwemmt. Auch unter jenen Musikalien, die wir in vielen unserer Sendungen aus Gründen der Spontanität nicht mehr unterbringen konnten und die wir nur allzu gern noch gespielt hätten, finden sich appetitliche Überbleibsel, um die es schlicht zu schade wäre, wenn sie so ganz und gar ungehört verblieben. Daher gibts diesmal “Das ganze Album” zur selbstkreativen Resteverwertung – aus immerhin einer Hand voll “übriggebliebener” Songs und Sounds der Sendungsgeschichte.

AudiowastecookingNun ist ja “Wastecooking” an sich schon eine schöne Wortschöpfung, und ihre artivistische Auslegung durch den Koch- und Filmkünstler David Groß eine hoch ästhetische Ansage (die das Dumpstertum aus seinem Prekariats-Schmuddeleck befreit), aber im Hindenken an ein Hörperlenbuffet aus unberührten Ohrköstlichkeiten MUSS soo ein schöner Begriff geradezu erweitert werden – ins Audiowastecooking! Und deshalb lasst euch überraschen von unserem mehrgängigen Menü zum Hirnhören und Genießen. Nachdem wir ja naturgemäß zur Stunde noch nicht wissen können, was wir an klanglichem Rohmaterial in den Untiefen der Archive aufstöbern werden, seien hier auch weder Interpret_innen noch Songtitel angekündigt. Doch wer uns kennt, weiß längst, wie sich unsere Geschmäcker in ihrer Kombination auswirken: Immer wieder neu zu entdeckende Verbindungen aus Unerhört und Altvertraut bewirken feine Klang-Farben-Harmonien zum Kauen und Verdauen. In diesen Sinnen – “Besten Appetit beim Audiowastecooking-Festbeschmausen!”

Wir sind ein geiles Institut.

 

Jazz erst recht

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 29. Oktober – Unlängst – oder war es neulich – wurde auf 3sat der saugute Dokumentarfilm “Der Preis der Anna-Lena Schnabel” gezeigt. Und dadurch wurden wir schon wieder einmal in die – zugegeben eigenartige – Welt des Jazz hineingesaugt. Denn das rundum gelungene Filmportrait bietet nicht nur eine höchst zugängliche Darstellung des inneren wie äußeren Werdegangs der jungen Solistin (Saxophon, Querflöte), sondern auch erschreckende Einblicke in die Gepflogenheiten der Musikindustrie sowie in den peinlichen Eiertanz der öffentlich rechtlichen Sender zwischen Bildungsauftrag und Massengeschmack. Alles weitere dazu lässt sich in diesem erfrischend spitzzüngigen Artikel von Ulrich Stock nachlesen. Jazz ist also ein Minderheitenprogramm. Doch findet er im Freien Radio genug Platz?

jazz erst recht professor kerschekZur näheren Beleuchtung dieser Umstände haben wir den Radiofabrik- Musikredakteur und ausgewiesenen Jazzdoktor Nikolaj Fuchs ins Studio eingeladen. Und gemeinsam mit ihm wollen wir die diesbezügliche “Luft nach oben” einmal versuchsweise ausloten. Dem Thema entsprechend spielen wir dieses Mal ausnahmslos Virtuos_innen der etwas anderen Blasmusik, und zwar Herbert Könighofer mit K3, Anna-Lena Schnabel und ihr Quartett, den Soundrevolutionär Nils Petter Molvaer sowie Ian Anderson (von Jethro Tull) auf seiner legendär queren Flüüte, ein lebendes Relikt jener höchst ungrauen Vorzeit, in der die Musikgenres noch viel einträchtiger beisammen wohnten als dies heutigentags marktkonform zu sein hat. Viel Harmonie!

Es sei unserem Publikum hier nicht vorenthalten, wie der im eingangs erwähnten Film kritisierte NDR reagiert. Darauf kann man sich einen Reim machen – oder auch nicht. Ein gewisser medienpolitischer Nachgeschmack (wie von allerlei Wahlkrämpfen her) bleibt im Abgang haften. Irgendwie metallisch, so zwischen Kleingeist und Kleingeld. Wir jedenfalls finden die Zweckzwangsjacke merkantiler Verbenutzbarkeit scheiße.

Stattdessen wollen wir Projekte wie die Radiofabrik-Jazznacht weiter ausbauen, und setzen in dem Zusammenhang auf die Unterstützung unserer Hörer_innen, die das Freie Radio beim Wort nehmen – und selbst produzieren, was sie gern hören wollen.

Wir sind nämlich ein geiles Institut.

 

Bist du moped

> Sendung: Artarium vom Sonntag, 22. Oktober – Wir haben die Wahl überstanden, mit einem weinenden und einem blauen Auge. Und mit ganz viel Humor, den braucht man grad jetzt wie einen Bissen Moped. Die nämlichen Gebrüder waren sogleich als Kommentatoren des austriakischen Volksaufstoßens im ARD-Morgenmagazin zu erleben, was dem hierorts stattgehabten Kasperltheater durchaus gerecht wurde. Auch ihre satirischen “Wahlplakate, die fehlen wie ein Bissen Brot” wurden dadurch einer um diese Uhrzeit gewiss ziemlich breiten Öffentlichkeit bekannt. Auf die Frage, was sie dem Wahlsieger jetzt empfehlen, kam reflexhaft die Antwort Stimmbruch”. Da wurde mir schlagartig bewusst, welch hohe Kunnst es erfordert, die Wirklichkeit (im Brecht’schen Sinn) bis zu ihrer Kenntlichkeit zu entstellen. Herzliche Glückwurst!

Bist du mopedWobei, manchmal besorgts einem die Wirklichkeit selbst, wie diese Momentaufnahme des Wahlabends illustriert, welche hier auch nicht weiter kommentiert werden muss. Die Realitäter entlarven sich ja selbst und ringsum gegenseitig. Was nichts daran ändert, dass man mitunter doch ein Schauferl Satire nachlegen muss, um das eh schon Offensichtliche noch zu verdichten. An die AfD-geschockte deutsche Politlandschaft: “13 Prozent Rechtspopulisten – das wäre in Österreich der reinste Linksruck.” Und erst das geniale Video “Sebastian” mit dem Refrain “Ich will ein Kind von dir!” Dort heißt es: “Die inhaltliche Linie kann ich ihnen sagen – der erste Punkt ist Sebastian Kurz…” Die Gebrüder Moped kann man einfach nur liebhaben. Wir werden einiges von ihnen zu Gebräu bringen, bevor uns das Ohrenlicht ausgeht. Apropos, naturgemäß haben die Nebenwirkungen dieser Nationalratswahl (fragen sie doch ihren Wahlarzt) gerade auch bei uns ihre seelischen Spuren hinterlassen, weshalb wir versuchen, dagegen im Sinne erfolgreicher Verdauung anzudichten. Dazu haben wir den legendären Fred Sinowatz ausgegraben, weil ja oft alles noch viel komplizierter ist, als man es jemals nicht erklären kann…

WARNHINWEIS: Die Sendung enthält Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung, wodurch humorallergischen Person_innen das Lachen im Hals stecken bleiben kann. Wie heißt es bei Apocalypse Now: “Das Grün ist gegangen – der Schmerz bleibt.”

 

Deprogramming Division

> Sendung: Das Artarium zum Wahlsonntag, 15. OktoberAlle wählen vom Reden. Wir aber spielen dem schwindlichmachenden Anlass entsprechende Musik. Nämlich die “Underwater Serenades” von Deprogramming Division, einem der vielfältigen Soundprojekte des umtriebigen Salzburgsohns Herwig Maurer, der einst aus seiner Heimatstadt auszog, um die dekadente Westwelt mit seinen Musikalien anzureichern. Nebst immer unzähliger werdenden Filmarbeiten (IMDb) sowie Veröffentlichungen von Alben und Soundscapes gibt es von ihm auch noch Kunstfotographie und demgemäß durchkonzipierte Bilderfluten zu entdecken – und zu erforschen. Dem kreativen Umtrieb so eines über die kommerzfeile Nachdepperei der allgemeinen Untenhaltung hinaus wollenden Menschenkinds kann die “Provinzkunstmetropole” halt nicht entsprechen.

Deprogramming DivisionWarum allerdings ausgerechnet der Titel Deprogramming Division und somit auch die Musikwahl auf unser Thema passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge aller abgründlich genervten Betrachter? Na, weil die Ferngesteuerten, Programmierten oder eben “populistisch verblökten Mund auf und bitte schiab mas eini Schafe” selten so wahrnehmbar tief durch die Republik fliegen wie an diesem wahnsinnigen Wahlabend. Stermann und Grissemann werden forthin als Gute Nacht, Österreich auftreten und Thomas Bernhard hat mit “fürchterlicher Friedhof der Phantasien und Wünsche” aber noch sowas von untertrieben. Eine Erregung zur Beruhigung oder The Idiots are taking over von NOFX. Es ist alles schon oftmals ausgesagt worden, doch die Quasselödien glauben lieber den Massenblödien und Kassenschmähdien. Der Urheber ächzt: “Streit” und wir verklagen uns schon mal vorsorglich selbst. Seids ihr noch zu retten? Na guat, donn ned. Es is jo sowiaso olles ned woa oder vielleicht doch? Wir tauchen jedenfalls erstmal ab. Und wir laden euch ein, diese spirituelle Atempause mit uns gemeinsam zu verbringen. Mit einzusinken in diese instrumentale Phantasiewelt, erschaffen von einem, der wie wir davon überzeugt ist, dass jeglicher Kunst eine wesentliche soziale Funktion innewohnt. Siehe > Pacific Nexus Media

Am Freitag, 13. Oktober gibts unsere Perlentaucher-Nachtfahrt mit dem ebenso schönen wie passenden Titel “Unendlichkeitsversuch” – Guten Morgen, liebe Welt!